Volksinitiative „Unsere Schulen“ zulässig. Berliner Senat muss sich der Kritik an der Schulprivatisierung stellen

Pressemitteilung von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB):

Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) nimmt zur heutigen Presseinformation des Abgeordnetenhauses von Berlin „Volksinitiative „Unsere Schulen“ rechtlich zulässig“ wie folgt Stellung:

„Wir warten derzeit noch auf das offizielle Schreiben des Präsidenten des Abgeordnetenhauses, das heute oder morgen per Post kommen soll. Mit der Presseinformation des Abgeordnetenhauses ist jedoch jetzt schon sicher, dass unsere Volksinitiative zulässig ist. Mit 28.070 gültigen Unterschriften haben wir das erforderliche Quorum um 40 Prozent übertroffen! Das zeigt, wie wichtig es den Menschen ist, dass im Schulbau nicht privatisiert wird. Neben allen bekannten negativen Folgen von Privatisierung würde das in diesem Fall die dringend erforderliche Sanierung der Schulen erheblich verzögern und auch den Schulneubau behindern statt beschleunigen.

Nun muss das Abgeordnetenhaus kritische BürgerInnen in den zuständigen Ausschüssen anhören. Konkret halten wir dreizehn Ausschüsse für zuständig, siehe unten. Die Aktiven der Volksinitiative von GiB, dem Berliner Schultisch, der GEW, attac und weiteren sind schon gestern Abend zu einem ersten Vorbereitungstreffen zusammengekommen. Wir planen, die Anhörung sorgfältig vorzubereiten und intensiv zu begleiten. Denn leider hat die Landesregierung die Menschen in Berlin bei diesem Thema in vielen wichtigen Details nicht informiert. Wir hoffen, durch die Anhörungen Licht in dieses Dunkel bringen zu können. Wir sind uns sicher: Wenn es breit bekannt wird, dass nicht nur im besonders sensiblen Bereich Schule privatisiert werden soll, sondern dass damit alles viel langsamer und erheblich teurer würde, wird dieser Teil des Regierungsvorhabens undurchsetzbar.“

Carl Waßmuth, Vorstand von Gemeingut in BürgerInnenhand und Vertrauensperson der Volksinitiative „Unsere Schulen“

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Aus dem Schreiben von Gemeingut in BürgerInnenhand zur Anerkennung der Volksinitiative „Unsere Schulen“ vom 3. Juli 2018 an den Präsidenten  des Abgeordnetenhauses von Berlin, Ralf Wieland:

„Wir halten den Hauptausschuss für zuständig, denn es geht um die Auslagerung von Schulden aus dem regulären Haushalt und um die Wirtschaftlichkeit (oder eben Unwirtschaftlichkeit) eines Vorhabens in der Größenordnung mehrerer Milliarden Euro.
Zuständig ist aus unserer Sicht auch der Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie, denn es geht um den Schulbau und –betrieb, um die Beteiligung der Schulgremien an der Ausgestaltung von Bauvorhaben und insgesamt um die Zukunft von Schule in Berlin.
Der Ausschuss für Sport ist ebenfalls zuständig, denn mit der möglichen Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an vielen Sporthallen an GmbHs könnte die bisher kostenfreie Nutzung der Sporthallen für Vereine gefährdet werden.
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen ist zuständig, die vorgesehenen Bauvorhaben im Schulbau sollen sich zu einem der größten öffentliche Investitionsprojekte der letzten Jahre summieren.
Da auch eine teilweise Beschneidung der faktischen Mitsprache der Schulkonferenzen, der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bezirkseltern- und Lehrerausschüsse drohen könnte, halten wir auch den Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation zuständig.
Der Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung ist unter anderem zuständig für Informationsfreiheit. Da das Informationsfreiheitsgesetz nicht für GmbHs gilt, ist der Zuständigkeitsbereich dieses Ausschusses ebenfalls betroffen.
Der Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ist zuständig, da es mit der Sanierung und dem Neu- und Ausbau von Dutzenden Schulen und Sporthallen um die Chance auf eine ökologische Bauweise sowie einen energetisch sinnvollen anschließenden Betrieb geht. Von der Auslagerung über Erbbaurecht oder andere Formen der Abgabe des wirtschaftlichen Eigentums an Schulen und Schulgrundstücken wäre zudem der vielfach alte Baumbestand auf den Schulhöfen betroffen, ein Teil der grünen Lunge Berlins.
Da es mit der BSO um erhebliche Verschiebungen in den Zuständigkeiten gehen soll (jetzt Bezirke, später auch das Land Berlin oder die BIM oder HoWoGe), ist auch der Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten zuständig. Bisher im Wesentlichen in der  Schulträgerschaft enthaltene Aufgaben sollen aufgespalten werden in eine Bedarfs-, eine Aufgaben- und eine Bauträgerschaft.
Der Hauptausschuss hat zudem noch Unterausschüsse, die wir ebenfalls für zuständig halten: Der Unterausschuss Beteiligungsmanagement und –controlling ist zuständig, denn es sollen 25-Jahresverträge geschlossen werden, die nicht kündbar sind und deren Vertragscontrolling sowohl die Beteiligungen des Landes als auch das Land selbst betreffen. Der Unterausschuss Bezirke ist zuständig, denn die Bezirke sollen einerseits in großem Umfang das Land um Amtshilfe ersuchen, gleichzeitig sollen die Bezirke umfangreiche Verträge abschließen und erhebliche Zahlungsverpflichtungen eingehen, die in ihrer Höhe heute noch nicht bekannt sind. Der Unterausschuss Haushaltskontrolle ist aus unserer Sicht zuständig, denn die Haushaltswahrheit und -klarheit könnte durch die Abwanderung ins Privatrecht gestört werden, darauf weisen auch jüngere Prüfanmerkungen des Landesrechnungshofes hin. Der Unterausschuss Personal und Verwaltung sowie Produkthaushalt und Personalwirtschaft ist zuständig, denn es sollen statt eines Personalaufbaus in öffentlicher Hand nur wenige Stellen in der privatrechtlichen HOWOGE geschaffen werden, das Gros der Planung, Vergabe und Steuerung erfolgt demnach von Privatfirmen, die damit erhebliches derzeit öffentliches Knowhow übertragen bekommen. Der Unterausschuss Vermögensverwaltung ist zuständig, denn durch die Erbbauverträge, die geplanten Stundungen sowie die Deckungszusagen für die Schulmieten der Bezirke wären die Vermögensgegenstände des Landes betroffen.“

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Drucksache 18/1238 des Abgeordnetenhauses zur Volksinitiative unsere Schulen.

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Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) tritt ein für die Bewahrung und Demokratisierung öffentlicher Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Gemeingüter wie Wasser, Bildung, Mobilität, Energie, öffentliches Grün und vieles mehr soll zurückgeführt werden unter demokratische Kontrolle. Ein inhaltlicher Schwerpunkt unserer Arbeit gegen Privatisierung ist die Aufklärung über ÖPP.

6 Kommentare

  1. Seit 25. 07. 2018 : Professoren und Politiker kreieren neues Ö Ö P !

    Alter Wein in neuem Schlauch ? Oder ultimatives Ö-Modell ?

    In einem neuen Papier unter der Überschrift „Zukunftsinvestitionen ermöglichen – Spielräume der Schuldenbremse in den Bundesländern mit neuen öffentlichen Partnerschaften nutzen“ argumentieren nämlich Sebastian Dullien, Dierk Hirschel, Jan Priewe, Sabine Reiner, Daniela Trochowski, Axel Troost, Achim Truger und Harald Wolf dafür, dass
    „sogenannte Öffentlich-Öffentliche-Partnerschaften (ÖPP) offensiv genutzt werden“…“der entscheidende Unterschied zu den zu Recht viel kritisierten Öffentlich-Privaten-Partnerschaften liegt darin, dass profitorientierte Investoren außen vor bleiben. Es werden somit keinerlei Gewinne in private Taschen fließen.“

    Es muss damit gerechnet werden, dass der Senat mit diesem und weiteren Beschwichtigungsaktionen auf die so erfolgreiche Volksinitiative reagiert, um die Öffentlichkeit mit immer neuen wissenschaftlichen Begriffen und kompliziert klingenden Argumentationen zu beruhigen.

    Den gesamten Text mitsamt altbekannten ÖPP-Schwachstellen, aber auch mit neu vorgebrachten fragwürdigen Unterschieden zwischen ÖÖP und ÖPP sollten sich die Vertreter der Volksinitiative genau ansehen, um rechtzeitig kontern zu können.

  2. Seit 25. 97. 2018 :
    Professoren und Politiker kreieren Ö Ö P statt Ö P P ! *)

    Alter Wein in neuem Schlauch ? Oder ultimatives Ö-Modell des Senats ?

    In einem neuen Papier unter der Überschrift „Zukunftsinvestitionen ermöglichen – Spielräume der Schuldenbremse in den Bundesländern mit neuen öffentlichen Partnerschaften nutzen“
    argumentieren acht Professoren und Politiker für ihr ÖÖP im Berliner Schulbau, damit
    „sogenannte Öffentlich-Öffentliche-Partnerschaften (ÖPP) offensiv genutzt werden“…“der entscheidende Unterschied zu den zu Recht viel kritisierten Öffentlich-Privaten-Partnerschaften liegt darin, dass profitorientierte Investoren außen vor bleiben. Es werden somit keinerlei Gewinne in private Taschen fließen.“

    In dem Papier sollen die von der Volksinitiative aufgeschreckten Berliner Bürger durch wissenschaftlich klingendes Vokabular, durch nebulöse Begrifflichkeiten und durch beeindruckende akademische Titellisten vor Ehrfurcht erstarren und das smarte ÖÖP gutheißen.

    Die Aktiven der Volksinitiative sollten sich den ganzen Text dieser ÖÖP-Pläne für den Berliner Schulbau genau ansehen und sich darauf einstellen, dass der neoliberale Rot-Rot-Grüne Senat noch weitere Beschwichtigungsaktionen für die Öffentlichkeit aus dem Hut zaubern wird, um die 28.070 Unterschreiber als naiv hinzustellen.

    *)
    Prof. Dr. Sebastian Dullien, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, Senior Policy Fellow beim
    European Council on Foreign Relations sowie Senior Non-Resident Fellow am American Institute for Contemporary German
    Studies in Washington, DC.
    Dr. Dierk Hirschel, Bereichsleiter für Wirtschaftspolitik, Europa und Internationales der Gewerkschaft ver.di.
    Prof. Dr. Jan Priewe, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin)
    von 1993 -2014. Seitdem im Ruhestand, Mitglied des Forschungsclusters „Money, Trade, Finance and Development“ an der
    HTW; Senior Research Fellow am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung.
    Dr. Sabine Reiner, Ressortkoordinatorin bei ver.di Ressort 12; stellv. Vorstandsvorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
    Daniela Trochowski, Staatssekretärin im Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg.
    Dr. Axel Troost, Senior Fellow für Wirtschaftspolitik beim Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung;
    stellvertretender Vorsitzender der Partei DIE LINKE; Mitglied im Vorstand des ISM – Institut Solidarische Moderne; 2005-
    2017 finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE.
    Prof. Dr. Achim Truger, Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Makroökonomie und Wirtschaftspolitik, an der
    Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Vorher leitete er das Referat Steuer- und Finanzpolitik des Institutes für
    Makroökonomik und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.
    Harald Wolf, Mitglied des Abgeordnetenhaus von Berlin; seit Juni 2018 Bundesschatzmeister der Partei DIE LINKE; von
    2002 bis 2011 Bürgermeister von Berlin (d. h. einer der beiden Stellvertreter des Regierenden Bürgermeisters) und Senator
    für Wirtschaft, Technologie und Frauen.

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