Faktenblatt Nr. 15: Projekt-Bond-Initiative

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Bild: Ralf Roletschek/ CC-BY-SA 3.0

Faktenblatt Nr. 15 • Hrsg. Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e.V.
Zusammengestellt von Carl Waßmuth – Juli 2014
Zum Herunterladen: FB-15 Projekt-Bond-Initiative

Auf europäischer Ebene wird im Zuge der „Projekt-Bond-Initiative“ PPP massiv gefördert. Zunächst sollen in einer Pilotphase Projekte für 4,6 Milliarden Euro gestartet werden.
Projekt-Bond-Initiative = Projektanleihe = PPP

Den Zusammenhang zwischen PPP und dem nahezu inhaltsfreien Namen „Projekt-Bond-Initiative“ oder „Projektanleihe“ hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung 2012 hergestellt:

Ein solcher Pakt für Wachstum und Beschäftigung ist gestern bzw. heute vom Europäischen Rat verabschiedet worden, nicht nur in den klassischen Schlussfolgerungen, sondern als Entscheidung, um unsere Bestimmtheit deutlich zu machen, die darin genannten Ziele auch wirklich umzusetzen. Meine Damen und Herren, wir werden hierfür in etwa 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union in die Hand nehmen, nämlich 120 Milliarden Euro: durch eine verbesserte Anwendung von Strukturfondsmitteln in Höhe von 55 Milliarden Euro, durch Investitionen in Höhe von 60 Milliarden Euro, die wir durch eine Aufstockung des Kapitals der Europäischen Investitionsbank erreichen, und durch eine Pilotphase und später erweiterte Anwendung von sogenannten Projektanleihen. Das kann man sich vorstellen wie Public Private Partnerships.“ ((Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/17/17188.pdf, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Juni 2012))

5 Prozent Eigenkapital, 95 Prozent Kredite

Mit den Projektanleihen soll mit wenig Eigenkapital viel Geld bewegt werden. Schenkt man Angela Merkel glauben, so beträgt der Eigenkapitalanteil 20 Prozent:

Schließlich gehört auch die Pilotphase zu der Projektanleiheninitiative dazu. Sie muss zügig begonnen werden. Wenn es geeignete Projekte gibt, können wir sie bis 2013 aufstocken. Mit einer Absicherung von 1 Milliarde Euro aus dem EU-Haushalt könnten, so die Kommission, Investitionen in Höhe von bis zu 5 Milliarden Euro mobilisiert werden. ((Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/17/17186.pdf, Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 186. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 27. Juni 2012))

Tatsächlich beträgt der Eigenkapitalanteil nur 5 Prozent, wie ein Bericht der Deutschen Bank aufzeigt:

Für die Pilotphase der Project Bond Initiative werden der EIB aus dem bis Ende 2013 laufenden langjährigen Finanzrahmen der EU Mittel in Höhe von EUR 230 Mio. als Einlage zur Verfügung gestellt. […] Die EIB rechnet damit, dass sie aufgrund dieser Einlage in die Lage versetzt wird, etwa EUR 750 Mio. an PBCE-Mitteln zur Verfügung zu stellen. Damit sollen wiederum bis zu EUR 4,6 Mrd. an Fremdkapitalmitteln von institutionellen Investoren mobilisiert werden. Insgesamt – so die Hoffnung der Politik und der EIB – würden die EUR 230 Mio. aus dem EU-Haushalt durch die PBI also um das bis zu 20-fache gehebelt.“ ((Deutsche Bank AG DB Research, „Project Bond Initiative: Projektauswahl für Erfolg entscheidend“, 23. August 2013, http://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_DE-PROD/PROD0000000000318854/Project+Bond+Initiative%3A+Projektauswahl+f%C3%BCr+Erfolg+entscheidend.PDF))

Im gleichen Text ist ein Hinweis zu finden, nachdem das Rating von PPPs über den Umweg über die Europäische Investitionsbank EIB und vermittels eines „Durchrühren“ verschiedener Kreditwürdigkeiten zu einer Erhöhung der „Bonität der Projekte“ führen soll:

Durch beide Varianten der von der EIB bereitgestellten PBCE soll das Ziel verfolgt werden, das Risiko-Rendite-Profil eines Infrastrukturprojekts aus Sicht institutioneller Investoren derart zu verbessern, dass es ihnen ermöglicht zu investieren. Denn grundsätzlich werden etwa bei Zahlungsschwierigkeiten des Infrastrukturprojekts zunächst immer die finanziellen Ansprüche der institutionellen Investoren bedient, was deren Projektrisiko verringert. Für die Investoren wirkt die PBCE wie eine „First-Loss-Tranche“, die sie nicht tragen müssen. Bezüglich der Bonität streben EU-Kommission und EIB mindestens ein Single-A-Rating für die Projekte an. Dies gilt als wichtige Schwelle für institutionelle Investoren, die aufgrund ihrer Anlagerichtlinien oftmals ein solches Rating benötigen, um überhaupt in Infrastrukturprojekte (oder andere Assets) investieren zu können.

Eine vergleichbare Vermischung unterschiedlicher Kreditrisiken war Auslöser der US-Immobilienkrise 2007, die mittelbar zur Weltwirtschaftskrise führte. Nach dem Willen der EU-Kommission soll das nun mit der Infrastruktur der Daseinsvorsorge in Europa wiederholt werden.

Die europäische PPP-Agentur EPEC hat früher schon mal darauf hingewiesen, wie riskant PPPs ohne solche Vermischung aus Sicht von Kreditgebern sind:

[…] the typical PPP project is structured to achieve a BB+ or BBB- rating […] ” ((“Financing PPPs with project bonds Issues for public procuring authorities”, European PPP Expertise Centre (EPEC), 10/2012, http://www.eib.org/epec/resources/Financing%20PPPs%20with%20project%20bonds%20-%20October%202012.pdf))

Wirtschaftsjournalisten sprechen in diesem Zusammenhang von der Nähe zum „Ramsch-Status“. Man könnte auch sagen: PPP-Projekte sind hochriskant.

Weiter Informationen auch unter:
http://www.eib.org/epec/resources/publications/financing-ppps-project-bonds-in-germany-DE.pdf

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