Pressemitteilung von Attac Freiburg zur Veröffentlichung des Vertragstextes zum Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada durch die ARD

Bild: The Council of Canadians, Kampagne gegen CETA

Freiburg, den 19.8.2014. Auch ohne ausführliche Analyse des Dokuments werden folgende Aspekte deutlich:

Das Auftauchen des Investorenschutz-Kapitels in CETA, ohne dass die Auswertung der Konsultation der Öffentlichkeit zum Thema ISDS abgewartet wurde, bedeutet, dass dieses Konsultationsverfahren von der Kommission nicht ernst gemeint gewesen sein kann, möglicherweise sogar eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit war.

Es bedeutet weiterhin, dass US-Firmen nun über ihre kanadischen Tochterfirmen gegen EU-Staaten klagen können. US-Konzerne brauchen also das Investorenschutzkapitel im TTIP-Abkommen nicht; es könnte dort theoretisch sogar gestrichen werden, womit dem Protest der Öffentlichkeit dann – allerdings nur scheinbar!  – Genüge getan wäre.

Der Verlauf der gleichzeitigen Geheimverhandlungen der EU von drei Freihandelsabkommen zeigt außerdem, dass es ein Irrtum ist zu glauben, Einzelaspekte könnten aus einem einzelnen Abkommen wie z.B. TTIP herausgenommen werden. Sie werden dann eben im Geheimen in einem anderen Abkommen wieder eingeführt und damit auf Umwegen dennoch bindend. „Deshalb müssen alle diese Geheimverhandlungen gestoppt werden. Völkerrechtsverträge verpflichten und binden Völker, sie sollten in einer Demokratie daher von ihnen bzw. ihren Vertretungen, den Parlamenten verhandelt werden“, so Barbara Volhard von Attac Freiburg.

Attac Freiburg warnt besonders vor dem Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen TiSA (Trade in Services Agreement), das derzeit – ebenfalls im Geheimen – verhandelt wird. Den Völkern der 50 beteiligten Länder (darunter EU, USA, Kanada, Australien, Neuseeland und mehrere asiatische Länder) droht durch TiSA der weitgehende Verlust ihrer Gemeingüter. TiSA zielt besonders auf die Liberalisierung und Privatisierung der Öffentlichen Dienstleistungen einschließlich der Daseinsvorsorge. Dabei sollen Stillhalte- und Sperrklauseln jede Rekommunalisierung verbieten: einmal privatisiert, immer privatisiert. Betroffen sind Versorgungsbetriebe der Wasser-, Elektrizitäts-, Fernwärme- und Gasver­sorgung, der Abfallwirtschaft und des Wohnungsbaus, der öffentliche Nahverkehr, das kommunale Beschaffungswesen, sogar Gesundheit und Bildung. Der Inhalt von TiSA ist offenbar so brisant, dass die USA seine Geheimhaltung sogar noch für 5 Jahre nach Vertragsabschluss fordern: wir sollen nicht merken, wie wir enteignet werden!

Weitere Informationen:

Die derzeit im Rahmen des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA anhängigen Verfahren von Konzernen gegen Kanada belaufen sich auf 2,5 Milliarden Dollar Schadenersatzforderungen aus Steuermitteln. Gezahlt wurden bereits 157 Millionen Dollar, und ein bereits beschlossenes Gesetz musste zurückgezogen werden:

„Under NAFTA alone, successful suits against Canada have resulted in payouts worth $157-million, and the repeal of one law. Of greater concern are the nine ongoing cases claiming $2.5-billion in damages.“http://fullcomment.nationalpost.com/2014/08/15/versteegh-and-al-attar-we-are-assured-ceta-is-a-historic-win-for-canada-why-cant-we-judge-for-ourselves/?__federated=1

(Bei der „National Post“ handelt es sich um eine konservative überregionale Tageszeitung Kanadas, vergleichbar mit der FAZ).

Zwar ist das ISDS-Kapitel in CETA entschärft durch die Bestimmung, dass Unternehmen substanzielle Geschäftsaktivitäten („substantial business activities“) in der EU oder Kanada unterhalten müssen, um als Investoren zu gelten. Es ist jedoch nicht sicher, dass mit dieser Klausel Briefkastenfirmen ausgeschlossen werden: Was genau eine substanzielle Geschäftsaktivität sein soll, ist nämlich nicht weiter präzisiert und entsprechend interpretationsfähig.

Sowohl der konsolidierte CETA-Vertragstext von 521 Seiten wie auch knapp 1000 Seiten Fußnoten und Anhänge findet man auf: http://eu-secretdeals.info/ceta/

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