GiB-Infobrief „Den Sommer nutzen: Material gegen die Krankenhausreform verbreiten“

Liebe Freundinnen und Freunde der öffentlichen Daseinsvorsorge,

wir waren dort: In Friedrichshafen, vor den Türen der Gesundheitsministerkonferenz, haben wir zahlreich und lautstark gegen die zerstörerische Krankenhausreform protestiert. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach haben wir den Schmähpreis die „Goldene Abrissbirne“ verliehen. Dass Lauterbach nicht die Größe hatte, den Preis persönlich entgegenzunehmen, steht auf einem anderen Blatt. Wahr ist leider aber auch: Bund und Länder haben drei Tage später einen tragischen Kompromiss geschlossen.

Lauterbach ist es leider gelungen, sein Prinzip von der Verwaltung des Mangels durchzusetzen. Zuvor hatte er in den Haushaltsberatungen des Bundes ohne mit der Wimper zu zucken so massive Kürzungen hingenommen wie kein anderes Ressort. Dem Gesundheitsbereich fehlen künftig weitere 8 Milliarden Euro*. Auf unserer Kundgebung kommentierte eine Pflegekraft Lauterbachs Kürzungen mit verzweifeltem Humor: „Wir haben doch noch jede Menge Applausreserven.“ Aber auch der Bund-Länder-Kompromiss, festgehalten in einem „Eckpunktepapier“, hat es in sich: Sogenannte anteilige Vorhaltepauschalen bewirken, dass die eigentlich als schädlich erkannten DRG-Fallpauschalen beibehalten werden können. Die Kommerzialisierung im Krankenhaussektor wird damit zementiert, Dutzende weitere Krankenhäuser werden demnächst pleitegehen. Dauerhaft überlastet und unterbezahlt geben viele Pflegekräfte den Beruf auf. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Auszubildenden drastisch. Und in von der Politik aufgegebenen Regionen fehlen tausende Ärztinnen und Ärzte. Auf zynische Weise passt dazu die neue Richtlinie zur Ersteinschätzung in der ambulanten Notfallversorgung: Künftig dürfen in Rettungsstellen Patienten ohne ärztliche Begutachtung abgewiesen werden.

Der Bund-Länder-Kompromiss zu den Krankenhäusern bedeutet ein Kliniksterben in zwei Stufen. Bis 2026 werden wir ein regelloses Sterben unter den sechzig Prozent der Kliniken erleben, die seit Jahren rote Zahlen schreiben. Mit Inkrafttreten der Reform kommt die Phase des geregelten Kliniksterbens – dann steuert der Bund die Schließungen über seine Qualitätsvorgaben, die festlegen, dass kleine Krankenhäuser zumachen und ihr Personal an Großkliniken abgeben müssen.

Wir geben nicht auf. Der Wahnwitz von Lauterbachs Vorhaben ist zu gewaltig, um geräuschlos über die Bühne gehen zu dürfen. Was wir benötigen, sind sachkundige, kritische Informationen, die breite Kreise der Bevölkerung erreichen. Die Menschen sollen wissen, dass sie diese Reform nicht nur mit steigenden Krankenkassenbeiträgen bezahlen, sondern unter Umständen mit der eigenen Gesundheit. Dazu haben wir eine aktualisierte Ausgabe unserer Krankenhauszeitung drucken lassen, die Sie kostenlos zum Verteilen bei uns bestellen können. Für knappe Infos zum Thema haben wir ein Faltblatt erstellt, das ebenfalls gratis bezogen werden kann. Zum Bestellen schreiben Sie uns an info@gemeingut.org und geben Sie Ihre Postadresse und die Menge der erwünschten Zeitungen und Flugblätter an.

Für GiB und das Bündnis Klinikrettung grüßen herzlich
Laura Valentukeviciute und Carl Waßmuth

PS:         Im Sommer erarbeitet das Gesundheitsministerium das Kahlschlag-Gesetz, und ab Herbst wird es im Bundestag und im Bundesrat diskutiert. Wir können mit Ihrer Hilfe eine breitere Öffentlichkeit erreichen und in diesen Prozess eingreifen. Bestellen Sie die Zeitung und das Flugblatt, und unterschreiben und verbreiten Sie unsere Petition in Ihrem Bekanntenkreis: https://www.openpetition.de/petition/online/stoppen-sie-lauterbachs-katastrophale-reformplaene-fuer-eine-echte-krankenhausrevolution

* In einer früheren Version des Infobriefs stand hier fälschlicherweise 16 Milliarden Euro. Das wurde nun korrigiert (7.8.23).

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Presseschau (Auswahl)

Neues auf der Gemeingut-Website

10. Juli: Der Bund und die Länder haben sich auf die Eckpunkte für die geplante Krankenhausreform geeinigt. In einer Pressemitteilung kommentierte das Bündnis Klinikrettung: „Die Eckpunkte lösen kein einziges der grundlegenden Probleme der Krankenhäuser – Unterfinanzierung, Personalmangel, Klinikschließungen“. https://www.gemeingut.org/vereinbarte-eckpunkte-fuer-die-krankenhausreform-loesen-die-kernprobleme-im-krankenhauswesen-nicht/

6. Juli: Anlässlich der Gesundheitsministerkonferenz protestierte das Bündnis Klinikrettung heute gemeinsam mit weiteren Initiativen in Friedrichshafen gegen die geplante Krankenhausreform. Das Bündnis kürte Karl Lauterbach zum Preisträger der „Goldenen Abrissbirne“, dem Schmähpreis für Klinikschließer. https://www.gemeingut.org/protest-zur-gesundheitsministerkonferenz-2023-schmaehpreis-goldene-abrissbirne-fuer-karl-lauterbach/ Die Laudation kann hier nachgelesen (https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/07/Laudatio_Lauterbach_GiB.pdf) und hier nachgeschaut werden (https://www.gemeingut.org/infothek/audiovideo/)
Über die Aktion berichteten folgende Medien:
Die Schwäbische Zeitung (Druckvariante, Beitrag vom 7.7.2023 „Sechs Streitpunkte am See“) hat den Arzt Joachim Flämig vom Bündnis Klinikrettung und der Initiative RUK Rosmann-Breisach zitiert: „Politiker wie Herr Lauterbach und Herr Lucha haben keine Ahnung von den Menschen auf dem Land“ […] „Die brauchen in der Nähe gute Krankenhäuser, denen sie vertrauen. Sonst werden Krankheiten verschleppt.“ Weite Berichte erschienen in Nordkurier (https://www.nordkurier.de/politik-wirtschaft/streit-um-kliniken-in-deutschland-geht-weiter-1742452), Seemotz (https://www.seemoz.de/lokal_regional/gmk-protestaktionen-von-ver-di-und-dem-buendnis-klinikrettung/) und in der jw (https://www.jungewelt.de/artikel/454154.gesundheitsversorgung-lauterbachs-pleiteplan.html)
SWR und ARD haben einen Videobericht veröffentlicht: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/friedrichshafen/gesundheitsministerkonferenz-in-friedrichhshafen-geht-weiter-100.html , https://www.ardmediathek.de/video/swr-aktuell-baden-wuerttemberg/sendung-18-00-uhr-vom-6-7-2023/swr-bw/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE4ODUyOTE

29. Juni: Am 29.6. tagte die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die die Weichen für die Krankenhausreform stellen sollte. Lauterbach befürwortet die Schließung von 20 Prozent der Krankenhäuser. Gesundheitsökonom Reinhard Busse schlägt vor, 50 Prozent aller Kliniken schließen. Das Bündnis Klinikrettung hält dagegen und veröffentlichte zusammen mit dieser Pressemitteilung seine Analyse zur aktuellen Debatte und seine Vorschläge für notwendige Veränderungen. https://www.gemeingut.org/krankenhausreform-bund-laender-arbeitsgruppe-verkuemmert-zum-schliessungsbasar/

10. Juni: Das Bündnis Klinikrettung veröffentlichte unter dem Titel „Krankenhausreform: Bayern droht Kahlschlag“ eine Sonderzeitung mit dem Fokus auf Bayern. Darin geht es u.a. um den Scheinwiderstand von dem Bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek, der gegen die aktuellen Klinikschließungen keinen Finger krumm macht. https://www.gemeingut.org/bayerische-sonderzeitung-zur-krankenhausreform/ Die Zeitung kann kostenlos bestellt werden.

Weitere Berichte in den Medien

17. Juni, junge welt: Im Interview unter dem Titel »Lauterbach kann sich hinter Lindner verstecken« sprach Laura Valentukeviciute von Gemeingut über die angekündigte Erhöhung der Kassenbeiträge und wie das mit der geplanten Krankenhausreform zusammenhängt. https://www.jungewelt.de/artikel/452973.austerit%C3%A4t-im-gesundheitswesen-lauterbach-kann-sich-hinter-lindner-verstecken.html

Krankenhausreform

Viele Zeitungen und Nachrichtensendungen durchschauen die Reform von Lauterbach nicht und berichten weitgehend regierungstreu. Aber auch Journalistinnen und Journalisten bekommen unsere Informationen. Und so wächst die Zahl derer, denen schwant, dass da etwas Ungeheuerliches im Gange ist. Im Spiegel kam es auf diesem Weg zu folgendem aufschlussreichen Interview: https://www.spiegel.de/wirtschaft/krankenhausreform-von-karl-lauterbach-so-warnt-ein-krankenhaus-chef-vor-den-risiken-a-4b3b5d61-8555-4b19-a174-be519599295e Insbesondere am Ende des Interviews entkräftigt Michael Decker, Chef des Diakoniekrankenhauses in Freiburg, die Argumente zur Konzentration der Kliniken:
„SPIEGEL: […] Würden Krankenhäuser schließen, könnte mehr Personal dem Markt zur Verfügung stehen.
Decker: Glauben Sie das ernsthaft? Es sprechen mehrere Punkte dagegen. Wenn ich an anderer Stelle mehr Patienten behandle, benötige ich dort auch mehr Personal. Sonst werden die Vorgaben      zur Betreuung nicht erfüllt. Viele Pflegekräfte etwa wollen aber gar nicht woanders hin wechseln. Die Universitätsklinik wirbt damit, dass man bis zu 18 Prozent mehr bei ihnen verdient als etwa bei uns. Es wechselt trotzdem keiner. Arbeitsbedingungen sind ein wichtiges Thema. Bei größeren Konzentrationsprozessen werden viele Beschäftigte den Krankenhausbereich verlassen. Hinzu kommt: Wir werden in Zukunft schon etliche Krankenhäuser brauchen. Dafür spricht die Demografie der Patienten. Sie werden immer älter und können deshalb auch mehr Krankheiten bekommen, die eine stationäre Versorgung erfordern.“
[…]
„SPIEGEL: Nochmal: Dann würde doch ausgerechnet die Schließung von Krankenhäusern helfen, um das Geld an weniger Einrichtungen verteilen zu können.
Decker: Das ist Quatsch, auch wenn es immer gesagt wird. Bezogen auf das Bett wird das benötigte Geld kein bisschen weniger. Ein Maximalversorger, der alle Leistungen auf sich konzentrieren      würde, wird mindestens die gleichen Summen brauchen. Es ändert sich nichts, außer das Krankenhäuser verschwinden werden. Und genau das werfe ich Lauterbachs Reform vor: Er tönt, alles werde jetzt besser. Eine wissenschaftliche Begründung hat er nicht vorgelegt. Und die Öffentlichkeit glaubt ihm das.“

7. Juli, tagesspiegel.de: Die Antwort auf eine Anfrage der Grünen in Brandenburg ergab, dass in Notfällen viele BrandenburgerInnen schon heute weite Strecken fahren müssen. Im Land ist die Sorge groß, dass durch die Krankenhausreform die Lage sich noch verschlimmern wird. https://www.tagesspiegel.de/potsdam/brandenburg/krankenhauser-in-brandenburg-schon-heute-weite-wege-zum-nachsten-maximalversorger-10106557.html Die brandenburgische Gesundheitsministerin Ursula Nonnenmachen stimmte Lauterbachs Eckpunktepapier zur Reform trotzdem zu.

Kritik an der Reform kam auch von der Verband der Unfallchirurgie, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Caritas:

3. Juli, www.aerzteblatt.de: Auch die UnfallchirurgInnen kritisieren die Reform: „Wir befürchten einen deutlichen Qualitätsrückschritt“, warnte Dietmar Pennig, stellvertretender DGOU-Generalsekretär. „Alle Initiativen, die zur Verbesserung der Versorgung von Verletzten in den letzten Jahren aufgebaut wurden, drohen verloren zu gehen“. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/144345/Unfallchirurgen-fuehlen-sich-bei-Krankenhausreform-uebergangen

29. Juni, dkgev.de. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft kritisierte die Reform wie folgt: „Die Ideen des Bundesgesundheitsministers werden die Qualität der Krankenhausversorgung nicht verbessern, sondern tatsächlich in vielen Regionen massiv verschlechtern und Lücken reißen.“ https://www.dkgev.de/dkg/presse/details/patientinnen-und-patienten-sind-keine-ware/
Auch Caritas übte Kritik: „Die Reform ist eine verdeckte Rationierung von Gesundheitsleistungen, die den massiven Abbau von Krankenhausbetten zum Ziel hat.“ https://www.caritas-berlin.de/krankenhausreform

13. Juni, Südkurier: Im Interview unter dem Titel „Warum sterben immer mehr Krankenhäuser?“ erläuterte Dr. Thomas Strohschneider (auch aktiv im Bündnis Klinikrettung) die Gründe für die Misere in vielen Kliniken. https://www.suedkurier.de/ueberregional/politik/warum-sterben-immer-mehr-krankenhaeuser-ein-chirurg-hat-antworten;art410924,11603840 (Bezahlschranke)

Jetzt bestellen: neue Zeitung zur Krankenhausreform

Das Bündnis Klinikrettung hat unter dem Titel „Krankenhausreform. Verordneter Kahlschlag“ eine neue Ausgabe der Zeitung zu der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Krankenhausreform veröffentlicht. Im Titelbeitrag der Redaktion werden die aktuellen Reformvorschläge analysiert und die Rolle der Landespolitiker kritisch beleuchtet. Die weiteren Beiträge befassen sich mit:

  • den Entwicklungen, die zu der aktuellen Misere geführt haben (Dr. med. Bernd Hontschik)
  • den Problemen, mit denen das Krankenhauspersonal im Zuge der Reform konfrontiert wird (Interview mit Anke Görtz und Sandra Braun von der Initiative Pro Krankenhaus Havelberg)
  • der Lage in Dänemark, wo der Abbau der Nahversorgung in der Kritik steht (Jorinde Schulz)
  • der Lage in Bayern, beispielhaft für die Flächenländer, die der Abbau der wohnortnahen Krankenhausversorgung besonders hart trifft (Klaus Emmerich) und mit
  • dem Konzept der Selbstkostendeckung als Alternative zur Fallpauschalenfinanzierung.

Außerdem gibt es eine aktualisierte Übersicht der seit dem Jahr 2020 geschlossenen Krankenhäuser und der aktuell von Schließung bedrohten Kliniken.

Zeitungen können kostenfrei, auch in größerer Stückzahl, bestellt werden. Selbstverständlich freuen wir uns auch über Spenden. Schicken Sie Ihre Bestellungen an info@gemeingut.org und geben Sie bitte Ihre Postadresse für den Versand und die Menge der gewünschten Exemplare an.

Selbstverständlich steht die Zeitung auch online als PDF-Datei zur Verfügung.

Vereinbarte Eckpunkte für die Krankenhausreform lösen die Kernprobleme im Krankenhauswesen nicht

Pressemitteilung vom Bündnis Klinikrettung

Vereinbarte Eckpunkte für die Krankenhausreform lösen die Kernprobleme im Krankenhauswesen nicht
Das Bündnis Klinikrettung fordert einen Neustart bei der Erarbeitung der Krankenhausreform

Das Bündnis Klinikrettung kritisiert die heutige Einigung zwischen Bund und Ländern auf Eckpunkte für die geplante Krankenhausreform.

Laura Valentukeviciute, Bündnis Klinikrettung:

„Die Eckpunkte, auf die sich die MinisterInnen heute geeinigt haben, lösen kein einziges der grundlegenden Probleme der Krankenhäuser – Unterfinanzierung, Personalmangel, Klinikschließungen. Sie werden die Notlage der Krankenhausversorgung zum Teil sogar verschärfen. Mit den vorgesehenen anteiligen Vorhaltepauschalen und der Beibehaltung der DRG-Fallpauschalen werden Ökonomisierung und Kommerzialisierung im Krankenhaussektor nicht überwunden, sondern zementiert. Die geplanten Leistungsgruppen werden zu massiven Schließungen führen. Die Konzentration von Personal wird zur Folge haben, dass viele Beschäftigte den Beruf aufgeben werden.“

Valentukeviciute weiter:

„Statt Verschlimmbesserungen brauchen wir die Selbstkostendeckung der Krankenhäuser und die Kommunalisierung aller Krankenhäuser, um den Renditeabfluss zu stoppen – beides ist kein Thema bei den aktuellen Reformvorschlägen. Deswegen fordern wir den Stopp der Verhandlungen und einen Neustart unter Einbeziehung der Betroffenen.“

Klaus Emmerich, Klinikvorstand i. R.:

„Die große Chance, mehr Personal für die PatientInnenbehandlung bereitzustellen, wurde vertan. Stattdessen wird weiter der Mangel verwaltet und verschärft. Wenn die Krankenhausfinanzierung wieder auf Selbstkostendeckung umgestellt würde, könnten 15 Prozent der Arbeit, die jetzt für die Verwaltung der Fallpauschalen verschwendet wird, der Behandlung und Pflege von PatientInnen zugutekommen. Das macht 122.000 klinische Vollzeitkräfte bzw. 158.900 Beschäftigte aus.“

Hintergrund
Der Umstieg auf die Selbstkostendeckung würde Folgendes bewirken:
1. Sowohl kleine als auch große Krankenhäuser würden exakt die Mittel erhalten, die sie für ihren Klinikbetrieb brauchen.
2. Es würde ohne Mehrkosten zusätzliche Arbeitszeit von 122.000 Vollzeitkräften für die Behandlung von Patienten entstehen, weil ein großer Teil unproduktiver Dokumentation, die jetzt für die Fallpauschalen-Verwaltung verschwendet wird, wegfallen würde. Es gäbe genügend Personal und damit bessere Qualität.
3. Die Klinikschließungen in Folge der Finanzierungsprobleme wären gestoppt.
4. Die Menschen in den ländlichen Regionen würden ein Allgemeinkrankenhaus binnen 30 Fahrzeitminuten erreichen.

Unser Finanzierungskonzept für die Selbstkostendeckung (darin enthalten ist auch die Berechnung zu 143.000 Beschäftigten im Jahr 2020 bzw. 122.000 Vollzeitkräften im Jahr 2021, aktualisierte Tabelle unter: https://www.gemeingut.org/beschaeftigtenzahlen_dgr-kodierung/)
https://www.gemeingut.org/buendnis-klinikrettung-veroeffentlicht-studie-zur-selbstkostendeckung-als-alternative- zu-fallpauschalen/

Unser Strukturkonzept:
https://www.gemeingut.org/buendnis-klinikrettung-stellt-vorschlag-fuer-eine-bedarfsgerechte-krankenhausstruktur-vor/
Unsere Kritik an der geplanten Krankenhausreform:
https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2_Beurteilung_BKR_Krankenhausreform_2022-12.pdf

Protest zur Gesundheitsministerkonferenz 2023: Schmähpreis „Goldene Abrissbirne“ für Karl Lauterbach

Pressemitteilung vom Bündnis Klinikrettung

Anlässlich der Gesundheitsministerkonferenz protestierte das Bündnis Klinikrettung heute gemeinsam mit weiteren Initiativen in Friedrichshafen gegen die geplante Krankenhausreform („Rettet unser Rosmann-KKH-Breisach“, „Bündnis für KKH und gute Arbeit Neckartal-Odenwald“, „Bunte Kittel“, „Pro KKH Schongau“, „Aktionsbündnis „Das Geislinger Krankenhaus muss bleiben“, Attac).

Das Bündnis kürte Karl Lauterbach zum Preisträger der „Goldenen Abrissbirne“, dem Schmähpreis für Klinikschließer.

Laura Valentukeviciute, Bündnis Klinikrettung:

Karl Lauterbach wird mit seiner Reform als Klinikschließer in die Geschichte eingehen. Noch im Jahr 2019 befürwortete er Krankenhausschließungen, dann leugnete und verharmloste er sie. Jetzt versucht er, Schließungen als unausweichlich darzustellen. Dabei treibt er sie maßgeblich voran, indem er die Krankenhäuser trotz inflationsbedingter Hilferufe finanziell verhungern lässt und mit seiner Reform den flächendeckenden Kahlschlag in ein Gesetz gießt. Dieses Spiel ist eines Ministers unwürdig. Die ‚Goldene Abrissbirne‘ soll Lauterbach eine Warnung sein, dass die Menschen in diesem Land seine Täuschungsmanöver durchschauen und ablehnen.“

Die satirische Laudatio für den Gesundheitsminister steht hier zum Nachlesen bereit: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/07/Laudatio_Lauterbach_GiB.pdf

Mit der Reform werden 20 Prozent der Krankenhäuser zu ambulanten Gesundheitszentren degradiert, die keine Notfallversorgung leisten. Weitere 20 Prozent der Krankenhäuser sind schon heute reine Fachkliniken, die ebenfalls keine Notfallversorgung anbieten und beispielsweise in der Pandemie keine Covid-PatientInnen aufgenommen haben. Durch die geplante Reform wird der Abbau der Krankenhausversorgung in der Fläche vorangetrieben und die Lage in ländlichen Räumen beim Eintreten eines Notfalls lebensbedrohlich.

Joachim Flämig, Facharzt für Allgemeinmedizin, Vorstandsmitglied der Initiative „Rettet unsere Krankenhäuser Rosmann Breisach“:

In vielen Notfällen ist eine Versorgung innerhalb von 30 Minuten lebensentscheidend. Sei es, weil nur die schnelle Erstversorgung das Überleben sichern kann, wie bei inneren Blutungen oder Herzinfarkt. Oder sei es, weil nur die zügige Erstuntersuchung eine lebensgefährliche Verschlimmerung verhindern kann, wie bei Blutvergiftung oder Gehirntrauma. Nur wohnortnahe, rund um die Uhr geöffnete Allgemeinkrankenhäuser bieten hierfür das Notwendige: Erfahrung, technische Ausstattung, Rettungswagen, Notaufnahmestation und Intensivmedizin. Ambulante Einrichtungen können das nicht ersetzen.“

Klaus Emmerich, Klinikvorstand i. R.:

„Eine Krankenhausreform ist überfällig, aber die aktuellen Vorschläge gehen besonders in ländlichen Regionen nur in eine Richtung: Verringerung klinischer Leistungen oder verordnete Schließung von Klinikstandorten. Mit Klinikschließungen aber gehen Personal und Ausbildungsstätten verloren. Das sture Festhalten am DRG-System bedeutet ein Weiter-So bei Fehlanreizen und bei der Unterfinanzierung der allerwichtigsten Versorgung wie Geburtsstationen oder Kinderkliniken. Die Vorhaltepauschalen, welche die Fallpauschalen nur anteilig ersetzen sollen, sind eine Mogelpackung. Zudem sollen sie erst 2025 kommen. Bis dahin werden unzählige weitere Krankenhäuser allein aus finanzieller Not schließen.

Emmerich weiter:

„Solche großen Reformen finden nur alle 20 Jahre statt. Wenn wir jetzt nicht die richtigen Weichen stellen – weg von der Kommerzialisierung und Privatisierung des Krankenhauswesens hin zur Begrenzung der Profite der privaten Klinikketten und der Private Equity Fonds –, werden wir unser Krankenhaussystem in den nächsten 20 Jahren völlig gegen die Wand fahren.“

Forderungen vom Bündnis Klinikrettung:
Wir brauchen eine Krankenhausreform, aber die aktuellen Reformvorschläge werden die herrschenden Probleme nicht lösen. Um die Debatte wieder auf den Kern zurückzuführen, weist das Bündnis Klinikrettung erneut auf die Ursachen der Finanzierungsprobleme der Krankenhäuser hin und schlägt folgende Reformschritte vor:
1. Fehlende Finanzierung der Bundesländer beenden – die Länder müssen Geld ab sofort bereitstellen.
2. DRG-Fallpauschalensystem abschaffen – Einführung der Selbstkostendeckung.
3. Renditeabfluss durch die privaten Klinikträger verbieten – Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit der Krankenhäuser.
4. Die parallelen Strukturen bei der privaten und öffentlichen Krankenversicherung sowie die problematisch hohe Zahl der Kassen beseitigen – eine öffentliche Krankenversicherung.

Die Lösungen für diese Probleme müssen zusammen mit den Betroffenen ausgearbeitet werden. Die jetzige Regierungskommission ist dafür nicht geeignet und muss neu zusammen gesetzt werden. Bis die neuen Vorschläge erarbeitet werden, muss der Bund die Gelder für den Inflationsausgleich bereitstellen und die Kliniken vor der Schließung retten.

Hintergrund/Materialien in der Pressemappe:

  1. Beurteilung der Krankenhausreform: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2_Beurteilung_BKR_Krankenhausreform_2022-12.pdf
  2. Warum wohnortnahe Krankenhäuser unersetzbar sind. Redebeitrag von Joachim Flämig (Initiative Rettet unser Rosmann-KKH-Breisach): https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/07/Redebeitrag_Joachim_Flaemig.pdf
    Das Faltblatt „Fehlende Notfallversorgung gefährdet Ihre Gesundheit“.
  3. Redebeitrag von Dr. Fabian Becker (Bunte Kittel): https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/07/Rede_Dr_Fabian_Becker.pdf
  4. Laudatio an Karl Lauterbach: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/07/Laudatio_Lauterbach_GiB.pdf
  5. Kurzrede von Irmgard Schreiber-Buhl (Pro Krankenhaus Schongau): https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/07/Kurzrede_Irmgard_Schreiber-Buhl_Friedrichshafen-2023_07_06.pdf
  6. Für die aktuell gravierenden Probleme der Krankenhausversorgung gibt es Lösungen: die Selbstkostendeckung der Krankenhäuser als Finanzierungsmodell und eine bedarfsgerechte Krankenhausstruktur statt rigider Level und Leistungsgruppen. Das Bündnis Klinikrettung hat hierfür Konzepte ausgearbeitet.
    Konzept zur Selbstkostendeckung: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2022-10_Studie_Selbstkostendeckung_Buendnis_Klinikrettung_aktualisierte_Ausgabe_2022-12-12.pdf
    Bedarfsgerechte bundeseinheitliche Krankenhausstruktur: https://www.gemeingut.org/buendnis-klinikrettung-stellt-vorschlag-fuer-eine-bedarfsgerechte-krankenhausstruktur-vor/
  7. Gemeinsame Erklärung der Initiativen: „Das fordern wir von der Reform der Krankenhausfinanzierung“: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/01/2023-01-04_Erklaerung_von_9_Initiativen_zu_Krankenhausfinanzierungsreform.pdf

Bilder (alle von Lena Reiner):

Krankenhausreform: Bund-Länder-Arbeitsgruppe verkümmert zum Schließungsbasar

Pressemitteilung vom Bündnis Klinikrettung

Heute tagt die Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Sie soll noch vor der Sommerpause die Weichen für die Krankenhausreform stellen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach befürwortet die Schließung von 20 Prozent der Krankenhäuser. Gesundheitsökonom und Mitglied der Regierungskommission Reinhard Busse spricht sogar davon, dass 50 Prozent aller Kliniken in Deutschland geschlossen werden sollten. Es verblieben dann 850 statt 1.700 Kliniken.

Laura Valentukeviciute, Sprecherin vom Bündnis Klinikrettung:

„Wir sind auf keinem Basar, wo Bund und Bundesländer um die Zahl der Krankenhäuser feilschen können. Die Bundesländer dürfen nicht mit Lauterbach Schließungsdeals aushandeln. Es ist an der Zeit, die Grundübel bei der Wurzel zu packen: das Fallpauschalensystem, den Renditeabfluss an die privaten Klinikkonzerne und die unzureichende Finanzierung der Investitionen durch die Länder.“

Klaus Emmerich, Klinikvorstand i. R.:

„Wer – wie die Regierungskommission – in ihrer Fünften Stellungnahme selektive statistische Daten in Unkenntnis klinischer Abläufe interpretiert, kommt zu fatalen Fehlentscheidungen! Die von der Regierungskommission kritisierten Tumor-, Schlaganfall- und Herzinfarktbehandlungen in kleinen ländlichen Krankenhäusern sind durch Fallbeispiele erklärbar, sinnvoll und unvermeidbar. Forderungen nach Ausschluss selektiver Leistungen führen unvermeidbar in die Irre.“

Hintergrundinformationen:

Am 22. Juni 2023 veröffentlichte die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung die Fünfte Stellungnahme unter dem Titel „Verbesserung von Qualität und Sicherheit der Gesundheitsversorgung. Potenzialanalyse anhand exemplarischer Erkrankungen“[i]. Die Stellungnahme berücksichtigt aus Sicht vom Bündnis Klinikrettung die reale Behandlungspraxis und die Abläufe in den somatischen Krankenhäusern nicht ausreichend.

Unsere Kritikpunkte im Detail:

A) Aktuelle Qualitätsdiskussion anhand der Statistik und nicht des realen Alltags in den Krankenhäusern

Im Mai 2022 berief Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ mit VertreterInnen aus Großkliniken sowie mit den Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Boris Augurzky und Prof. Dr. Reinhard Busse. Beide Gesundheitsökonomen plädieren seit Jahren für 330 bzw. 600 statt 1.887Krankenhäusern bundesweit.[ii] Für die Notwendigkeit der Reduktion der Krankenhauszahl führt die Kommission verschiedene Gründe auf, in der aktuellen Debatte geht es um die angeblich schlechte Versorgungsqualität in kleineren Krankenhäusern der Allgemeinversorgung. Mit selektiven statistischen Analysen versucht die Kommission, die Qualität kleiner Krankenhäuser bewusst in Frage zu stellen. Schon in der Vergangenheit forderten Busse und Augurzky beispielsweise, kleine Krankenhäuser generell von Corona-Behandlungen und damit von der finanziellen Unterstützung auszuschließen. Andere Studien zur Qualität hingegen, wie zum Beispiel die Weiße Liste der Bertelsmann-Stiftung oder die Studie „Deutschlands beste Krankenhäuser 2023“ vom F.A.Z.-Institut, belegen eine oft überdurchschnittliche Qualität kleiner ländlicher Krankenhäuser. Insbesondere klinische Routinebehandlungen leisten kleine Krankenhäuser qualitativ oft besser als Großkliniken, weil sie diese häufiger durchführen. Es ist auch nicht sinnvoll, Routinebehandlungen in teuren Großkliniken durchzuführen und dadurch dort die Wartezeiten künstlich zu verlängern. Die Qualität der medizinischen Versorgung wird in OECD-Berichten auch daran gemessen, wie lange die Wartezeiten für Diagnose- und Behandlungstermine in den Kliniken sind. Deutschland hat in dieser Kategorie bisher im EU-Vergleich gut abgeschnitten. Die Schließungen der Kliniken werden an dieser Stelle das Ranking von Deutschland verschlechtern.

Das Bündnis Klinikrettung kritisiert, dass Statistiken die klinischen Abläufe nicht in Gänze abbilden können. Das führt zu folgenden Lücken bei der Gesamtbeurteilung der Qualität, einige Beispiele:

  • Entscheiden sich unheilbare Krebserkrankte in ihrer letzten Lebensphase gegen lebensverlängernde Maßnahmen und wählen für die notwendigste medizinische Behandlung ein wohnortnahes Krankenhaus, erhöht das die Todesrate in diesem Krankenhaus und „verschlechtert“ statistisch gesehen die Lebensdauer der dortigen PatientInnen.
  • Erkennt ein Patient seinen Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht, lässt er sich von den Angehörigen zunächst in ein kleines Allgemeinkrankenhaus fahren. Dort bekommt der Patient die Erstbehandlung und wird dann umgehend in ein geeignetes Krankenhaus verlegt. Die geleistete Erstbehandlung kann dem Allgemeinkrankenhaus nicht vorgeworfen werden. Im Rahmen zertifizierter Herzinfarkt- und Schlaganfallnetzwerke gibt es klare Abläufe, und die Erstbehandlung ist ein Teil davon. Alles andere wäre unterlassene Hilfeleistung.
  • Erleidet eine ältere Patientin, während ihres Aufenthalts in einem kleinen Allgemeinkrankenhaus aufgrund der Lungenentzündung einen Herzinfarkt, muss sie dort zunächst die Erstbehandlung bekommen und dann in das weiter entfernt gelegene Herzzentrum verlegt werden. Dem kleinen Allgemeinkrankenhaus darf das Recht auf die Erstbehandlung nicht entzogen werden.

Angesichts der wiederholten Aussagen zur alternden Gesellschaft müssen die Fälle bei denen es um die alltägliche Behandlung der hochbetagten multimorbiden PatientInnen geht, besonders berücksichtigt werden. Diese Menschen brauchen wohnortnahe klinische Versorgung, vielfach ohne Einsatz hochtechnisierter Medizin.

Das Bündnis Klinikrettung ist der Ansicht, dass sich aus selektiven Untersuchungen keine Schlüsse auf eine allgemeine Konzentration aller hochwertigen klinischen Leistungen ziehen lassen. Auch kann daraus keine allgemein schlechte Behandlungsqualität kleiner Allgemeinkrankenhäusern abgeleitet werden. Diese einseitige und unvollständige Qualitätsdebatte dient als Vorwand, die Krankenhausschließungen als notwendig darzustellen.

Zudem muss zur Fünften Stellungnahme der Regierungskommission kritisch hinterfragt werden: Warum wurde der Herzinfarkt nicht untersucht, warum nicht der traumatische Verkehrsunfall? Waren da kleine Krankenhäuser etwa besser?

B) Kosteneinsparung: das wahre Ziel der Krankenhausreform?

Das Bündnis Klinikrettung wirft Minister Lauterbach und seiner Regierungskommission vor, dass es ihnen gar nicht um Qualität, sondern um Kosteneinsparungen durch den Abbau von Klinikbetten und Klinikstandorten geht. Dass Kostengründe eine vorrangige Rolle spielen, geht nicht zuletzt aus den Interviews von Prof. Dr. Reinhard Busse und Prof. Dr. Karl Lauterbach hervor. Hierzu zwei Beispiele:

Prof. Dr. Reinhard Busse: „Je länger sich alles verzögert, desto mehr Krankenhäuser drohen insolvent zu gehen. Was den Ländern klar werden muss: Wenn die gleiche Summe Geld neu verteilt wird und die Anzahl der Krankenhäuser gleich bleibt, dann kann es am Ende nicht allen besser gehen. Die setzen immer noch drauf, dass es am Ende mehr Geld gibt. Wichtiger wäre jedoch eine konsensfähige Systematik, welche Häuser systemrelevant sind.“[iii]

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: „Nach einer Übergangsphase bezahlen wir nicht mehr, wo die Qualität schlecht ist.“[iv]

 C) Fazit

Das Bündnis Klinikrettung hat Fragen formuliert, deren Beantwortung durch Minister Lauterbach und seine Regierungskommission einem genaueren Gesamtbild der Situation in den Kliniken Rechnung tragen würden:

  • Sollen kleine Krankenhäuser PatientInnen nach erkanntem Schlaganfall oder Herzinfarkt abweisen, statt Erste Hilfe zu leisten?
  • Müssen kleine Krankenhäuser geriatrische PatientInnen, die während ihres Krankenhausaufenthaltes einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erleiden, aus der Klinik entlassen?
  • Plädieren die Autoren der Fünften Stellungnahme für eine Behandlung von Krebspatienten ausschließlich in Tumorzentren? Ist für sie die bewusste Entscheidung eines unheilbar Krebskranken irrelevant, die letzten Krebsbehandlungen lieber in einem kleinen wohnortnahen Krankenhaus im sozialen Umfeld zu verbringen? Und ist das dann schlechte Qualität?
  • Was helfen uns weit entfernte zentralisierte Kliniken, wenn die Patienten auf dem Weg dort hin versterben?

Um die Debatte wieder auf den Kern zurückzuführen weist das Bündnis Klinikrettung erneut auf die Ursachen der Finanzierungsprobleme der Krankenhäuser hin:

  1. Fehlende Finanzierung der Bundesländer
  2. DRG-Fallpauschalensystem
  3. Renditeabfluss durch die privaten Klinikträger
  4. Die parallelen Strukturen bei der privaten und öffentlichen Krankenversicherung sowie die problematisch hohe Zahl der Kassen.

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[i]Bundesgesundheitsministerium, Fünfte Stellungnahme der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“,  https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/potenzialanalyse-krankenhausreform.html

[ii]Prof. Dr. Boris Augurzky und Prof. Dr. Reinhard Busse in Bertelsmann-Stiftung 5.07.2019, Studie: Eine bessere Versorgung ist nur mit halb so vielen Kliniken möglich, https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2019/juli/eine-bessere-versorgung-ist-nur-mit-halb-so-vielen-kliniken-moeglich/, Prof. Dr. Reinhard Busse, Leopoldina Nationale Akademie der Wissenschaften, 330 reichen aus – Argumente für eine neue Krankenhaus-Struktur, https://www.static.tu.berlin/fileadmin/www/10002433/Vortraege/2019/2019.09.11_Busse.330reicht.pdf

[iii]Vgl. Zeit online, „Niemand sieht einem Krankenhaus an, ob es eine Dorfklitsche ist“, https://www.zeit.de/gesundheit/2023-06/krankenhausreform-karl-lauterbach-plaene-insolvenz/komplettansicht

[iv]ZDF, Debatte bei „Markus Lanz“ https://www.zdf.de/nachrichten/politik/lanz-lauterbach-krankenhaus-reform-100.html

Einladung zur Protestaktion und Preisverleihung der „Goldenen Abrissbirne“ am 6. Juli in Friedrichshafen

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

am 5. und 6. Juli tagen die GesundheitsministerInnen in Friedrichshafen am Bodensee. Sie wollen die Eckpunkte für eine Krankenhausreform festlegen, die unsere Gesundheitsversorgung massiv verschlechtern wird. Karl Lauterbach hat zusammen mit Beratern, Technokraten und Vertretern privater Krankenhauskonzerne eine Reform entworfen, die ein Aus der flächendeckenden wohnortnahen Krankenhausversorgung vorsieht: Knapp 360 Kliniken, ca. 20% aller Krankenhäuser, sollen zu bloßen ambulanten Einrichtungen degradiert werden, viele weitere müssen ihr Behandlungsspektrum einschränken. Der Privatisierung durch MVZ-Betreiber wird Tür und Tor geöffnet, die Möglichkeit, mit Krankenhäusern fette Rendite zu erwirtschaften, bleibt ungebrochen bestehen.

Dieses schlimme Ergebnis des Reformprozesses ist keine Überraschung, denn die Betroffenen – die örtliche Bevölkerung, Beschäftigte und VertreterInnen kleiner Allgemeinkrankenhäuser – wurden überhaupt nicht einbezogen! Dagegen wollen wir protestieren: mit einer lautstarken Kundgebung und der Verleihung unseres Schmähpreises für Klinikschließer, der „Goldenen Abrissbirne“, an Karl Lauterbach.

Kommt dazu!

Zeit: 6. Juli 2023, 10 Uhr Begrüßung, 10:30 Uhr Preisverleihung
    • Ort: Vor dem Graf-Zeppelin-Haus, Friedrichstraße/Uferstr., vor Restaurant Kommodore, 88045 Friedrichshafen
    • Redebeiträge von Initiativen
    • Satirische Laudatio für Karl Lauterbach vom Bündnis Klinikrettung

Wir fordern

• Abschaffung der Fallpauschalen – Selbstkostenfinanzierung jetzt! Die DRG-Fallpauschalenfinanzierung hat uns verheerende Fehlanreize und überbordende Bürokratie gebracht.
• Renditeverbot in der Krankenhausversorgung! Die Möglichkeit, Rendite zu erwirtschaften und diese dem Krankenhausbetrieb zu entziehen hat zu massiven Privatisierungen geführt.
• Bedarfsorientierte Krankenhausstrukturen, bei denen alle Menschen binnen 30 Minuten ein Allgemeinkrankenhaus mit mindestens den Bereichen Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie, Geburtshilfe, Intensivmedizin und Basisnotfallversorgung erreichen können.

Die Gesundheitsministerkonferenz ist einer der wichtigsten Termine des Jahres. Das heißt für uns: wir müssen dort zahlreich erscheinen und eine unüberhörbare Protestaktion veranstalten. Macht mit! Damit wir besser planen können, meldet euch bitte bei uns, wenn ihr kommen könnt: info@gemeingut.org

Mit solidarischen Grüßen,

die Vorbereitungs-AG vom Bündnis Klinikrettung

PS: Hier ist das Flugblatt zum Ausdrucken und Verteilen und zwei sharepics (Einladung und Karikatur) für die Verbreitung über socialmedia.

PPS: Unterzeichnet unsere Petition auf open Petition gegen die Reformpläne Karl Lauterbachs!
https://www.openpetition.de/petition/online/stoppen-sie-lauterbachs-katastrophale-reformplaene-fuer-eine-echte-krankenhausrevolution

Internationaler Tag der Pflege: Krankenhausreform wird die Situation in der Pflege weiter verschlechtern

Pressemitteilung vom Bündnis Klinikrettung

Internationaler Tag der Pflege: Krankenhausreform wird die Situation in der Pflege weiter verschlechtern

Dresdner Pflegebündnis demonstriert gegen Krankenhausschließungen und fordert eine bedarfsgerechte Krankenhausfinanzierung

Zum Internationalen Tag der Pflege, der am 12. Mai stattfindet, kritisiert das Bündnis Klinikrettung die Auswirkungen der geplanten Krankenhausreform für PflegerInnen.

Laura Valentukeviciute, Sprecherin Bündnis Klinikrettung: „Mit Lauterbachs Krankenhausreform sollen ein Drittel der Krankenhäuser zu ambulanten Gesundheitszentren werden und ein weiteres Drittel ihr Behandlungsspektrum stark reduzieren. Damit sind auch die Ausbildungsplätze für das medizinische Personal gefährdet. Nur circa ein Drittel der Krankenhäuser werden als vollwertige Ausbildungsstätten verbleiben. Angesichts des jetzt schon herrschenden Mangels insbesondere an Pflegekräften ist das ein Skandal!“

In Dresden bereitet sich das Bündnis für Pflege Dresden, Mitglied des Bündnis Klinikrettung, mit einem Countdown auf eine große Protestaktion gegen Klinikschließungen vor und fordert eine bedarfsgerechte Krankenhausfinanzierung.

Dorit Hollasky, Sprecherin vom Dresdner Bündnis für Pflege: „Auch diese Reform wird auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Das Erlernen des Pflegeberufs setzt die Ausbildung in verschiedenen Stationen eines Krankenhauses voraus. Wie soll man in Zukunft diesen Beruf adäquat erlernen, wenn der Ausbildungsplatz durch eine Klinikschließung einfach wegfällt, oder man von einer Ausbildungsstätte zur nächsten 50 Kilometer und mehr fahren muss? Welche Pflegekraft in Ausbildung soll das schaffen oder gar bezahlen?“

Demonstration zum Tag der Pflege: 12. Mai um 16.30 am Jorge-Gomondai-Platz, Dresden

Am 4. April berichtete die Tagesschau: „Im vergangenen Jahr haben etwa 4.000 Menschen weniger einen Ausbildungsvertrag in der Pflege abgeschlossen als im Jahr zuvor. Das entspricht nach vorläufigen Zahlen einem Rückgang von sieben Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.“

Dazu Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R.: „Immer weniger junge Menschen interessieren sich für eine Pflegeausbildung. Dieses Problem haben Lauterbach und seinen KollegInnen in den Ländern zu verantworten. In der Pandemiezeit wurden die PflegerInnen zu Helden erklärt, politisch folgte daraus sehr wenig. Die PflegerInnen wurden und werden bewusst verheizt. Jetzt kommt als Folge der geplanten Schließungen noch eine verschärfte Arbeitsplatzunsicherheit dazu. PflegerInnen sollen wie Schachfiguren aus ländlichen Regionen in die Ballungszentren verlagert werden, ohne Rücksicht auf familiäre und finanzielle Verhältnisse. Das macht die Arbeit in der Pflege unattraktiv.“

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Hintergrund

Mehr Informationen zur Demonstration in Dresden unter: https://www.facebook.com/events/529889316021578/?acontext=%7B%22event_action_history%22%3A[]%7D

Das Bündnis Klinikrettung fordert die Umstellung der jetzigen Fallpauschalenfinanzierung auf die Selbstkostendeckung der Krankenhäuser als Finanzierungsmodell. Damit würden Dokumentations- und Kodierungsaufgaben im Umfang von 143.000 klinischen Arbeitskräften gespart, davon 73.000 allein in der Pflege, die stattdessen der Patientenbehandlung zur Verfügung stehen könnten. Ein ausgearbeitetes Konzept für die Selbstkostendeckung ist hier zu finden: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2022-10_Studie_Selbstkostendeckung_Buendnis_Klinikrettung_aktualisierte_Ausgabe_2022-12-12.pdf

4. April, Tagesschau.de: „Weniger Auszubildende in der Pflege“ https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/pflege-ausbildung-103.html

Circa 1.300 Kliniken sollen laut der Reformvorschläge von Lauterbach zu Einrichtungen des Levels 1 werden. Das heißt, dass sie entweder zu reinen Gesundheitszentren ohne durchgehende ärztliche Versorgung und ohne Notfallversorgung werden (Level 1i) oder dass sie zukünftig nur noch Basisleistungen anbieten (Level 1n). In Notfällen, beispielsweise bei einem Herzinfarkt oder einem traumatischen Verkehrsunfall, ist dort keine Erstversorgung vorgesehen.

GiB bei Diskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Privatisierung der Daseinsvorsorge

Am 18. April 2023 veranstaltete die Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Gemeinwohl oder Rendite? Privatisierungen in Deutschland“. 

Die Podiumsgäste waren Dr. Marcel Bois (Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg), Nora Rohde (DGB), Ralph Spiegler (SPD, Vizepräsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds) und Laura Valentukeviciute (Gemeingut in BürgerInnenhand). Der Journalist Korbinian Frenzel vom Deutschlandfunk Kultur moderierte die Veranstaltung.

Auszug aus der Programmankündigung: „‚Weniger Staat, mehr Markt‘ lautete 1982 das Credo der neuen christlich-liberalen Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl. Ein Element dieser Politik war die zunehmende Privatisierung: Der Staat verkaufte (Anteile) öffentlicher Unternehmen und übertrug öffentliche Aufgaben an private Dienstleister. Die Liste der privatisierten Unternehmen reicht von den großen Konzernen Bundesbahn und Bundespost über Energieversorger bis hin zu kommunalen Einrichtungen, wie Krankenhäusern und Wohnungsgesellschaften.“

Die Veranstaltung wurde aufgenommen und kann hier nachträglich geschaut werden: https://www.fes.de/geschichte/veranstaltungen/privatisierung

Weltgesundheitstag: Bündnis Klinikrettung warnt mit zahlreichen Beispielen vor Unterversorgung bei Notfällen

Pressemitteilung vom Bündnis Klinikrettung

Im Hinblick auf den Weltgesundheitstag, der sich am 7. April zum 75. Mal jährt und in diesem Jahr unter dem Motto „Gesundheit für alle“ steht, kritisiert das Bündnis Klinikrettung die Entwicklungen im Gesundheitsbereich in Deutschland.

Laura Valentukeviciute, Sprecherin Bündnis Klinikrettung:

„Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angestrebte Krankenhausreform wird zu zahlreichen Krankenhausschließungen führen. Dadurch drohen auf dem Land zu weite Fahrtwege zum nächsten Krankenhaus, in den Ballungsgebieten wird die Reform zu unzumutbaren Wartezeiten in den schon jetzt vollen Kliniken der Allgemeinversorgung führen. Bessere Gesundheitsversorgung für alle geht anders.“

Um die Folgen der Schließungen deutlich zu machen, hat das Bündnis Klinikrettung eine Liste mit Beispielen für Notfälle, für die eine wohnortnahe Krankenhausversorgung unabdingbar ist, zusammengestellt und sie den GesundheitsministerInnen der Bundesländer zugeschickt. Hier kann die Liste eingesehen werden: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/04/Beispiele-fuer-Notfaelle-bei-fehlender-wohnortnaher-Krankenhausversorgung.pdf

Die Liste ist auch in Form eines attraktiven Faltblatts erscheinen. Interessierte können dies von Gemeingut in BürgerInnenhand zum Verteilen beziehen – einfach eine Email schreiben an: info@gemeingut.org mit Adresse und gewünschter Stückzahl. Die Druckdatei steht hier zum Download bereit: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/05/Fehlende-Notfallversorgung-Faltblatt_GiB.pdf

Joachim Flämig, Facharzt für Allgemeinmedizin, Vorstandsmitglied der Initiative „Rettet unsere Krankenhäuser Rosmann Breisach“:

„In vielen Notfällen ist eine Versorgung innerhalb von 30 Minuten lebensentscheidend. Sei es, weil nur die schnelle Erstversorgung das Überleben sichern kann, wie bei inneren Blutungen oder Herzinfarkt. Oder sei es, weil nur die zügige Erstuntersuchung eine lebensgefährliche Verschlimmerung verhindern kann, wie bei Blutvergiftung oder Gehirntrauma. Wohnortnahe Allgemeinkrankenhäuser bieten hierfür das Notwendige: Erfahrung, technische Ausstattung, Rettungswagen, Notaufnahmestation und Intensivmedizin. Außerdem sind sie täglich 24 Stunden erreichbar. Deswegen brauchen wir das Krankenhaus vor Ort – es geht um Leben und Tod.“

In diesem Zusammenhang hat das Bündnis Klinikrettung ein Konzept für eine flächendeckend bedarfsgerechte Krankenhausversorgung veröffentlicht als Gegenentwurf zu den Reformvorschlägen der Regierung. Das Konzept ist hier zu finden: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/03/2023-03-13_Buendnis-Klinikrettung_Modell_bedarfsgerechte_Krankenhausstruktur.pdf

Klaus Emmerich, Klinikvorstand i. R.:

„Unser Konzept macht deutlich, welche Krankenhausversorgung flächendeckend nötig ist. Die von der Regierungskommission vorgesehene Einteilung in Levels und die Einführung der Leistungsgruppen gefährdet die klinische Versorgung. Dadurch müssten circa ein Drittel der Krankenhäuser schließen und ein weiteres Drittel ihr Angebot massiv einschränken. Besonders auf dem Land droht damit eine medizinische Versorgung zweiter Klasse.“

Hintergrund

Circa 1.300 Kliniken sollen laut der Reformvorschläge Einrichtungen des Levels 1 werden. Das heißt, dass sie entweder zu reinen Gesundheitszentren ohne durchgehende ärztliche Versorgung und ohne Notfallversorgung werden (Level 1i) oder dass sie zukünftig nur noch Basisleistungen anbieten (Level 1n). In Notfällen, beispielsweise bei einem Herzinfarkt oder einem traumatischen Verkehrsunfall, ist dort keine Erstversorgung vorgesehen. Auch Geburten sollen laut der Reformvorschläge nur in den Kliniken der Level 2 und 3 erfolgen. Die Zahl der Geburtsstationen soll damit von den aktuell schon sehr knappen 810 auf nur 428 Einrichtungen sinken.

In ihren Zielen formuliert die WHO Folgendes: „die Gesundheit fördern, die Welt sicher halten und den Schwachen helfen, damit alle Menschen ein Höchstmaß an Gesundheit und Wohlbefinden erreichen können“. Im Jubiläumsjahr 2023 führt die WHO diese Zielstellung unter dem Motto „75 Jahre Verbesserung der öffentlichen Gesundheit“ („75 years of improving public health“) zusammen. https://www.weltgesundheitstag.de

Wann eine wohnortnahe Krankenhausversorgung nötig ist: die Liste vom Bündnis Klinikrettung

Die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach geplante Krankenhausreform wird gravierende Auswirkungen für die klinische Versorgung der Menschen vor allen in Notfällen haben. Von derzeit knapp 1.890 Krankenhäusern soll circa ein Drittel geschlossen und ein weiteres Drittel in seinem Spektrum massiv eingeschränkt werden. Damit geht der Verlust der Kapazitäten für die Notfallversorgung einher. Um die Auswirkungen der geplanten Reform auf die Notfallversorgung deutlich zu machen, hat das Bündnis Klinikrettung eine Liste mit Beispielen für Notfälle, für die eine wohnortnahe Krankenhausversorgung unabdingbar ist, zusammengestellt. Die Liste hat das Bündnis den GesundheitsministerInnen der Bundesländer geschickt. Hier kann die Liste eingesehen werden: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/04/Beispiele-fuer-Notfaelle-bei-fehlender-wohnortnaher-Krankenhausversorgung.pdf

Die Liste ist auch in Form eines attraktiven Faltblatts erscheinen. Interessierte können dies von Gemeingut in BürgerInnenhand zum Verteilen beziehen – einfach eine Email schreiben an: info@gemeingut.org mit Adresse und gewünschter Stückzahl. Die Druckdatei steht hier zum Download bereit: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/05/Fehlende-Notfallversorgung-Faltblatt_GiB.pdf

Die GesundheitsministerInnen der Länder haben die jeweils an sie persönlich adressierte E-Mail bekommen. Hier ist der gleichlautende Brief:

Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrter Herr Minister [jeweils persönliche Anrede],

seit Jahren schließt in Deutschland ein Krankenhaus nach dem anderen. Betroffen sind vor allem kleinere Krankenhäuser der Allgemeinversorgung in ländlichen Gebieten. Sie sind systematisch unterfinanziert, denn die Bundesländer kommen ihrer Verpflichtung nicht nach, den Krankenhäusern Mittel für notwendige Investitionen bereitzustellen. Hinzu kommt die Benachteiligung kleiner Allgemeinkrankenhäuser und essenzieller medizinischer Abteilungen wie Geburtshilfe, Pädiatrie oder Notfallambulanz durch das Fallpauschalensystem. Die 1985 gesetzlich eingeführte Erlaubnis, mit dem Betrieb von Krankenhäusern Gewinne zu machen, verschärft die Lage zusätzlich. Enorme Mittel gehen seither der öffentlichen Gesundheitsversorgung verloren, da sie in privaten Taschen landen. Privatinvestoren wählen ihr Leistungsspektrum nicht bedarfsorientiert, sondern nach Gewinnaussichten aus und wandeln viele Allgemeinkrankenhäuser in Fachkliniken um.

Mit der von Bundesgesundheitsminister Lauterbach angekündigten Krankenhausreform ist eine Verschärfung des flächendeckenden Kahlschlags und der flächendeckenden Privatisierung zu erwarten. Das wird die Gesundheitsversorgung vor Ort empfindlich verschlechtern. In der Debatte um die Reformvorschläge wird immer wieder behauptet, dass ambulante Einrichtungen in Kombination mit Schwerpunktkrankenhäusern in weiterer Entfernung die wohnortnahen Allgemeinkrankenhäuser ersetzen könnten. Wir möchten Ihnen anhand konkreter Szenarien zeigen, warum das eine gefährliche Fehleinschätzung ist. Wir haben mit Hilfe ärztlicher Expertise fiktive, aber realistische Szenarien auf Grundlage echter Notfälle entwickelt und sie in einer Liste dargestellt. Sie finden diese Liste hier: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/04/Beispiele-fuer-Notfaelle-bei-fehlender-wohnortnaher-Krankenhausversorgung.pdf
Diese Beispiele zeigen, dass bei  vielen alltäglichen Unfällen und Krankheitsverläufen eine kurze Entfernung zu einem Allgemeinkrankenhaus lebensentscheidend ist. Ergänzt wird die Liste durch das Beispiel “Geburt”, das sich bereits ereignet hat und belegt, dass die Lage schon jetzt bedrohlich ist.

Wir bitten Sie: Machen Sie sich ein realistisches Bild von den zu erwartenden Folgen der Krankenhausreform. Können Sie verantworten, zur Schließung unabdingbarer Krankenhäuser beizutragen – Krankenhäuser, für die genügend Geld da wäre, wenn nicht Private mit dem Krankenhausbetrieb enorme Gewinne einfahren würden?

Es ist noch nicht zu spät. Als BürgerInnen und Krankenhausbeschäftigte erwarten wir von Ihnen, dass Sie sich einer Reform in den Weg stellen, die unsere Gesundheitsversorgung lebensgefährdend bedroht. Setzen Sie sich stattdessen für eine echte Revolution ein: Gemeinwohlorientierung, Gewinnverbot und Bedarfsgerechtigkeit im Krankenhaus. Die Finanzierungskonzepte dafür gibt es – nun braucht es den politischen Mut.
Unser Konzept zum Finanzierungsmodell der Selbstkostendeckung haben wir Ihnen vor weniger Tagen per Post zugeschickt. Hier finden Sie es in digitaler Form: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2022-10_Studie_Selbstkostendeckung_Buendnis_Klinikrettung_aktualisierte_Ausgabe_2022-12-12.pdf

Außerdem hat das Bündnis Klinikrettung ein Konzept für eine flächendeckende, bedarfsgerechte Krankenkenhausversorgung veröffentlicht. Das Konzeptpapier mit dem Titel “Ja zur besseren Krankenhausstruktur – nein zu Lauterbachs Leveln” ist hier zu finden: https://www.gemeingut.org/buendnis-klinikrettung-stellt-vorschlag-fuer-eine-bedarfsgerechte-krankenhausstruktur-vor/

Mit freundlichen Grüßen

Laura Valentukeviciute,
Joachim Flämig und
Klaus Emmerich

für das Bündnis Klinikrettung