Texte aus der Taz-Sonderbeilage: „Besser mobil statt mehr Verkehr“

Monika Lege, Foto: Walter Keber
Monika Lege, Foto: Walter Keber

Warum Ökos ihre Autobahnen behalten wollen. Von Monika Lege

Autobahnen als Teil der Daseinsvorsorge? Da sträuben sich der Umweltbewegten erstmal die Nackenhaare. Autobahnen sind aus Umweltsicht eher ein Problem. Sie zerschneiden Naturräume, sind die Rollbahn für Blechlawinen. »Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten«, so das Credo kritischer Verkehrswissenschaft.

Ein Fünftel der energiebedingten Treibhausgase emittieren wir in Deutschland durch unsere Wege von A nach B und das Herumfahren von Sachen. Ohne den von Deutschland ausgehenden Luft- und Seeverkehr ist es ganz überwiegend der Straßenverkehr, der die Klimabilanz belastet. Zum Schutz von Umwelt und Klima müssen wir Verkehrspolitik anders denken.

Vor allem das alte Dogma, Verkehrswachstum sei ein Zeichen volkswirtschaftlicher Prosperität, ist längst überholt. Verkehrswachstum gehört so wenig zum guten Leben wie Müllwachstum. Dekarbonisierung bedeutet auch für unsere Mobilität, weg von fossilen Kraftstoffen zu kommen. Die effektivste Form der E-Mobilität sind nicht hochsubventionierte E-Autos, Lkw und Busse. Sie rollt auf der Schiene. Viel wirksamer für den Klimaschutz wäre es also, endlich das gesamte Schienennetz zu elektrifizieren.

Der Business Plan privatisierter Autobahnen ist darauf nicht angelegt. Als Anlageoption für privates Kapital müsste die Immobilie Autobahn Gewinn abwerfen. Dieser Gewinn soll über Nutzungsgebühren reinkommen, also eine Maut für alle Fahrzeuge. Während eine Maut, die in den Bundeshaushalt geht, für ein postfossiles Umsteuern der Verkehrsströme genutzt werden könnte – runter von der Straße, rauf auf die Schiene – hat eine Autobahn AG das Interesse, dass möglichst viele Kunden ihre Immobilien und nicht die der eisernen Konkurrenz nutzen.

Schon mit der Umwandlung von Bundes- und Reichsbahn in die privatrechtlich verfasste Deutsche Bahn AG hat der Bund viel Gestaltungspotential aus der Hand gegeben. Auch hier war der Immobilienschatz der Bahn, besonders in Innenstadtlagen, eine treibende Kraft für die Verfechter von Börsengang und Anteilsverkäufen an Privatanleger. Aus dem Privatisierungskurs bei der DB AG lässt sich viel für die Folgen privatisierter Autobahnen lernen:

  • Die planerische Trennung von Nah- und Fernverkehr bevorzugt den Fernverkehr und vernachlässigt das nahräumliche Netz.
  • »Cashcow« sind die Einnahmen aus den Trassenpreisen, vergleichbar der Maut.
  • Das Sachziel – ein funktionierender inländischer Eisenbahnbetrieb nicht nur im ICE, sondern im ganzen Netz – ist dem Gewinnziel einer privatrechtlichen AG nachgeordnet.
  • Die Vertretung des Bundes als Eigentümer hat keine Kontrolle über das Unternehmen. Teils fehlt die Transparenz, weil die DB AG extensiv auf die Geheimhaltung von Unternehmensdaten pocht. Teils fehlt der Wille.

Deutschland wird das Klimaziel von Paris nur mit einer ökologischen Verkehrswende erreichen. Teil davon ist die Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Dafür brauchen wir nicht nur das Schienennetz, sondern auch die Straßen in öffentlicher Hand. Deshalb gehören Autobahnen auch aus Umweltsicht zur Daseinsvorsorge.

Monika Lege ist Verkehrsreferentin bei der Umweltorganisation ROBIN WOOD e.V. und hat das Bündnis »Bahn für Alle« (www.bahn-fuer-alle.de) mitgegründet. Sie ist Politikwissenschaftlerin und arbeitet seit dem Jahr 2000 zu Klima, Energie und Mobilität.

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