Teure ÖPP-Verschuldung „wirtschaftlich“: Kann Dobrindt nicht rechnen?

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Bild: Paul Gola / pixelio.de

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt vertritt im Interview in der „Welt am Sonntag“ die Auffassung, Öffentlich-private Autobahnbau-Partnerschaften wären wirtschaftlicher als wenn sich als Staat das Geld zum Nulltarif leiht.Dazu Carl Waßmuth, Infrastrukturexperte  von Gemeingut in BürgerInnenhand:

„Alexander Dobrindt kann oder will nicht rechnen. Leiht sich der Staat das Geld zum Nulltarif, bezahlt er für 10 Milliarden Euro an Investitionen auch nur genau 10 Milliarden Euro. Bezahlt er hingegen Versicherungen für die 30-Jahres-Verträge sieben Prozent Zinsen, so muss er zusätzlich 14,2 Milliarden Euro an Zins und Zinseszins ausgeben! Bund und  Autofahrer würden für die ÖPP-Pläne das 2,4-fache der eigentlichen Kosten bezahlen.“
Dobrindt argumentiert, die Straßen wären bei ÖPP schneller verfügbar, die Bauqualität hoch und weitere Staus sowie der damit verbundene volkswirtschaftliche Schaden würden vermieden. Das kommentiert Laura Valentukeviciute, Sprecherin von Gemeingut in BürgerInnenhand:
„Die Effekte „schneller und besser“ belegt Dobrindt nicht und kann sie auch nicht belegen, schließlich weigert sich die Bundesregierung, ÖPP-Projekte auszuwerten und so gibt es keine belastbaren Daten dazu. Aber auch ohne Auswertung ist völlig offensichtlich: So viel schneller und besser baut keine Baufirma der Welt, dass dadurch Kosten jenseits der eigentlichen Investitionssumme eingespart werden.“
Dobrindt vertritt die Auffassung, ÖPP lohne sich für Bund, Autofahrer und Investoren. Gemeingut In BürgerInnenhand meint: Daran ist nur eines zutreffend: ÖPP lohnt sich für Investoren. das zeigt die einfache Zinseszinsrechnung. Ein Rechenbeispiel ist nachfolgend beigefügt. Die betreffenden Formeln sind bei Wikipedia zu finden – dort könnte auch der Minister nachsehen.
Die Höhe einer jährlich zu zahlenden Annuität bei bekannter Laufzeit und konstantem Zinssatz und die Summe der zu leistenden Zinszahlungen bis zur Tilgung des Annuitätendarlehens berechnen sich wie folgt:

 

Die Grundlage zur Annahme „sieben Prozent“ ist ebenfalls dem Welt-Artikel vom 14.02. zu entnehmen: „Die Projekte müssen eine sichere Rendite abwerfen, die deutlich über den mit ihren Kunden vereinbarten Garantiezinsen liegen. Was das bedeutet, hat Markus Faulhaber kürzlich im „Tagesspiegel“ präzisiert: „Wenn wir Eigenkapital einsetzen, erwarten wir schon etwa sieben Prozent, bei riskanten Investments auch mehr“, sagte der Chef der Allianz Lebensversicherung.“

Zinssatz

i

7

Prozent

Zinsfaktor

q

1,07

Laufzeit

n

30

Jahre

Kreditsumme

S0

10

Mrd. Euro

Annuität

R

0,806

Mrd. Euro

Zins über die gesamte Laufzeit

Zcum

14,176

Mrd. Euro

Kreditsumme + Zinssumme

S0 + Zcum

24,176

Mrd. Euro

 

Erläuterung: Ein Annuitätendarlehen ist ein Darlehen mit konstanten Rückzahlungsbeträgen (Raten). Im Gegensatz zum Tilgungsdarlehen bleibt die Höhe der zu zahlenden Rate über die gesamte Laufzeit gleich (sofern eine Zinsbindungsfrist über die gesamte Laufzeit vereinbart wurde). Die Annuitätenrate oder kurz Annuität setzt sich aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil zusammen. Damit jeder Rate ein Teil der Restschuld getilgt wird, verringert sich der Zinsanteil zugunsten des Tilgungsanteils. Am Ende der Laufzeit ist die Kreditschuld vollständig getilgt.

1 comment

  1. Sehr geehrter Herr Dobrindt,
    der Staat darf sich nicht immer mehr zurück ziehen. Muss mit allem immer viel verdient werden? Wo führt das alles noch hin? Profit Profit. …schauen Sie doch auf nachhaltiges und vernünftiges…. wir Bürger dürfen beim Rubel rollen nicht auf der Strecke bleiben. Moral und Ethik müssen wieder einen Stellenwert einnehmen. Ich hoffe, die Politik begreift ihre Stellung und ihre eigentliche Aufgabe wieder. Die Balance läuft immer mehr aus dem Ruder. Wir brauchen unbequeme Politiker, die der Wirtschaft auch mal nein sagt. Demokratie muss gefördert werden. Keine Taschenrechner im Herzen sind gefragt. Ich hoffe auf Politik mit Herz am rechten Fleck….

    Es grüßt Petra Herrmann

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