Interview: „Das Bauvorhaben Museum der Moderne gehört gestoppt“

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Jürgen Lauber, Bild: privat

Neues Museum der Moderne, Berlin. Drei Mäzene – zwei davon aus dem Bauwesen – spendieren Kunstwerke. Die Bundesrepublik den Bau. Den Betrieb zahlt Berlin. 200 Mio für 14.000 m², vom Bundestag beschlossen ohne Plan. Es fängt schon wieder schief an! ÖPP 2.0 kommt.

Der Unternehmer und Publizist Jürgen Lauber im Gespräch mit GiB-Kulturreferentin Ulrike von Wiesenau

Der Bund hat per Bundestagsbeschluss im November 2014 die Finanzierung von 200 Mio. Euro für das neue Museum der Moderne aus eigenen Haushaltmitteln zugesagt. Doch nicht das Bundesamt für Bauwesen soll Bauherr werden. Die Partnerschaft Deutschland AG soll es richten. Dieses Unternehmen gehört zu 53% dem Bund und zu 47% der Bauwirtschaft. Es wurde zur Förderung von ÖPP unter Federführung des Finanzministeriums gegründet. Personell gibt es enge Verknüpfungen. Die Partnerschaft Deutschland AG hat das Projekt „Museum der Moderne“ in einem 17-seitigen Gutachten als grundsätzlich PPP-tauglich erklärt. Das Dokument ist als vertraulich klassifiziert.

Ulrike von Wiesenau: Als Bauexperte haben Sie immer wieder auf die Merkmale ineffizienten, überteuerten Bauens aufmerksam gemacht und als Ursache dafür Fehlanreize im „System“ und mangelnde Transparenz benannt, zum Schaden des Gemeinwohls, u.a. bei ihrem Vortrag im Mai letzten Jahres im Deutschen Bundestag, in diversen Fernsehbeiträgen und in Ihrem Buch „BauWesen/BauUnwesen“. Wie aber wurden Sie als Schweizer Bürger mit deutschen Wurzeln auf das Bauvorhaben „Neues Museum der Moderne“ aufmerksam?

Jürgen Lauber:

Am 28. Oktober letzten Jahres durfte ich in der Heilig-Geist-Kirche in Berlin anlässlich eines Festaktes einen Eröffnungsvortrag zum Thema „Staatlich reglementiertes, praktiziertes deutsches BauUnwesen“ halten. Nach dem Vortrag kam ein Bürger mit Insiderwissen aus dem Finanzministerium auf mich zu und schilderte mir das Bauvorhaben.

Wie stehen Sie nun zu dem Bauvorhaben Museum der Moderne?

Ich bin vollkommen dagegen. Es gehört gestoppt. Es ist ein genauso schief aufgesetztes Bauprojekt wie alle grösseren öffentlichen Bauprojekte, nur dieses Mal mit umgekehrten Vorzeichen. Üblicherweise werden die Bauprojekte mit einem 30-50% zu tiefen Budget gestartet und geraten deshalb ausser Kontrolle. Dieses Bauprojekt aber ist mit 3.5-fach so hohen Mitteln ausgestattet, wie es sinnvoll wäre. Ganz im Gegenteil zu den unterfinanzierten öffentlichen Bauprojekten handelt es sich hier um ein Projekt bei dem die Steuerverschwendung wohl schon einkalkuliert ist. Oder man ist eben wieder einmal beim Bausoll nicht ehrlich.

Wie kommen Sie zu dieser Sicht einer Überbudgetierung?

Durch einen Informanten bekam ich Einsicht in den „geheimen“ ÖPP Eignungstest für das Neue Museum der Moderne. In diesem Bericht steht als einzig wirklich substantielle Information die geplante Grösse des Bauwerkes: 14.000 m2. Ein luxuriöses Museum dieser Grösse kostet 60 Mio Euro. Die 14.000 m2 Nutzfläche des Berliner Museums aber sollen mit 200 Mio Euro das 3.5-fache des von der Krupp-Stiftung gebauten Folkwang Museums in Essen kosten. Dieses neue Museum ist mit 14.000 m2 gleich gross. Es ist eine Schande, daß der Bundestag für solch einen kleinen Bau 200 Millionen Budgetmittel ohne vorliegende Planung, quasi blanko, bereit gestellt hat. Man wollte wohl sicher gehen, dass es dieses Mal keine Budgetüberschreitungen gibt.

Was ist daran zu bemängeln, wenn mit einer Reserve von 140 Mio.Euro gebaut wird?

So viel Geld setzt kriminelle Energien frei. Jeder will sich das „unnötige“ Geld holen. Genauso ist es bei Bauprojekten in denen am Start alle Beteiligten wissen, dass beim Budget eine Milliarde fehlt (Beispiel BER). Nur die Bürger werden im Unklaren gelassen bis der Bau läuft.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum beim Neuen Museum alles auf ÖPP,   also auf sogenannte öffentlich-private Partnerschaften ausgerichtet ist?

Das liegt daran, dass die Politiker sich darauf eingestellt haben, dass der Staat selbst nicht mehr sinnvoll bauen kann. Deshalb lassen sie nun bauen. Bequem und sicher für die Politiker und auch attraktiv für die Auftragnehmer. Die müssen sich dann nicht mehr mit der öffentlichen Hand als unberechenbarem und unzuverlässigen Bauherren rumschlagen.

Als Positivbeispiel für staatliches Bauen wird oft das neue Berliner Stadtschloss genannt, wie beurteilen Sie dieses Projekt?

Beim Bauvorhaben   des neuen Berliner Stadtschlosses kann man von einem Potemkinschen Dorf sprechen. Die Fassaden stehen, das Innere aber fehlt noch vollständig. Die Gebäudetechnik, die 30-40% der Bausumme ausmacht, ist noch nicht einmal fertig geplant, geschweige denn ausgeschrieben. Die einzigen Kabel im Gebäude sind für die Beleuchtung der zahlreichen Baustellenführungen. Die Politiker wissen um die Schieflage des Bauprojektes. Es geht die Angst um, dass der 73-jährige italienische Architekt, der durch Täuschung als Einmann-Unternehmen den Architekturwettbewerb gewann, bald ausfallen könnte. Dann könnte das Bundesamt für Bauwesen getrost in Bundesamt für BauUnwesen umbenannt werden. Niemand würde diesem Amt mehr ein Projekt zutrauen. Deshalb wollen die Politiker es weit weg vom Neuen Museum der Modern halten.

Wie soll es nach Ihren Vorstellungen beim öffentlichen Bauen weiter gehen. Wie kommt Deutschland da wieder raus?

Die Lösung ist einfach. Es muss bei öffentlichen Bauprojekten und Bauwerken für komplette Informationstransparenz gesorgt werden. Das heisst, alle Kosten für Bau und Betrieb müssen öffentlich gemacht werden. Damit würden sich endlich Regelkreise schliessen, die zu sinnvollem öffentlichen Bauen auch ohne ÖPP führen. Damit wird der Missbrauch von Bauprojekten zur Bereicherung am Gemeinwohl nicht mehr möglich. Dann wird es sicher keine weiteren finanziellen Baudesaster wie die Elbphilharmonie, Stuttgart 211 und BER geben.

(UvW)

 

Links:

Engagement gegen das BauUnwesen

Persönliche Website Jürgen Lauber

 

 

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