Schulbau Berlin: neue Koalition soll Howoge-Schulbau stoppen

Zum Schulbau in Berlin haben wir CDU und SPD einen Brief geschickt. Wir fordern die beiden Parteien auf, die Einbindung der Howoge auf die laufenden Neubauprojekte zu begrenzen – und die Howoge mit sofortiger Wirkung von ihren Verträgen zur Schulsanierung zu entbinden.

An die CDU Landesverband Berlin, Parteivorstand

Mit einer neuen Koalition Schulbau und Schulsanierung zukunftsfest ausrichten

Sehr geehrter Kai Wegner,
sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben sich als CDU mehrfach kritisch mit der sogenannten Berliner Schulbau-Offensive und der Einbindung der Howoge in den Schulbau auseinandergesetzt. Wichtige Informationen zum Thema wurden erst durch Ihre parlamentarischen Anfragen publik, zuletzt durch die Anfrage Ihrer Parteikollegen Danny Freymark und Dr. Martin Pätzold vom 8. Februar diesen Jahres.

Es steht wohl außer Frage: In Berlin bedürfen hunderte der öffentlichen Schulen kurz- oder mittelfristig einer baulichen Sanierung. Um den Schülerinnen, Schülern und den Lehrkräften nicht weitere Jahre in baufälliger Umgebung zuzumuten, ist Schnelligkeit vonnöten. An immer mehr Schulen verzögern sich zunächst überschaubare Sanierungen wie die Erneuerung von Fenstern und werden dann zu Großschadensfällen.

Über die Schule am Europasportpark berichteten Medien bundesweit, vor der Wahl versprach die rot-grün-rote Koalition zur Sanierung des Objektes 40 Millionen Euro. Ganz in der Nähe der Schule am Europasportpark hatte 2018 die Berlin Bilingual School ein Gebäude vom selben Bautyp für nur 5,2 Millionen Euro saniert (barrierefrei, Erneuerung Fenster, Schallschutzmaßnahmen, Toiletten und Fassade, Neubau Sonnenblenden, Schulcafeteria und Fahrstuhl, Umsetzung der Schule für die Bauzeit). Insgesamt 290 Schulplätze wurden dort für 17.931 Euro pro Schulplatz saniert.[i]

Die Howoge hat seit 2018 einen Rahmenvertrag mit Berlin zu Schulsanierungen, die Fertigstellung gibt sie im Durchschnitt für 2029 an, bisher wurde von der Howoge noch keine Schule saniert. Die Kosten prognostiziert die Howoge mit circa 75.000 Euro pro saniertem Schulplatz, fast fünfmal so viel wie im Bundesdurchschnitt. Man sieht: Die Howoge ist langsam und teuer.[ii]

Entbinden Sie die Howoge mit sofortiger Wirkung von ihren Verträgen zur Schulsanierung.

Gleichzeitig werden im Laufe der kommenden fünf Jahre 25.000 neue Schulplätze benötigt. In den letzten fünf Jahren wurden bereits 25.000 neue Schulplätze bereitgestellt – die Bezirke und die Senatsverwaltung für Bauen haben sich als leistungsfähig erwiesen. Demgegenüber hat die Howoge noch keinen einzigen Schulplatz fertiggestellt. [iii] Vier Schulen sind im Bau, ein weiterer Bau soll dieses Jahr starten. Die Kosten pro Schulplatz veranschlagt die Howoge mit über 90.000 Euro, damit fallen für die fünf Schulen Baukosten von 405 Millionen Euro an. Davon sind aktuell 112 Millionen Euro verbaut, also nur knapp ein Viertel. Auch hier zeigt sich, dass die Howoge langsam und teuer ist.

Zu den bisherigen Kostenrisiken kommen nun erhebliche neue Wagnisse. Die Verdreifachung der Zinsen für Baukredite führt nach Berechnungen des BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen dazu, dass sich die Finanzierungskosten für den Wohnungsbau erheblich verteuern. Die Verteuerung der Baukredite wird sich auch auf die Baukosten der Howoge im Schulbau auswirken.

Vor einer Unterschrift unter Erbbauverträge ist die Wirtschaftlichkeit zu prüfen, dies fordert auch der Landesrechnungshof seit 2020. Die 25.000 durch Land und Bezirke neu gebauten Schulplätze hatten im Durchschnitt 35.000 Euro gekostet, also deutlich weniger als nach den Howoge-Prognosen. Mit der Verteuerung der Baukredite wird sich das Kostenverhältnis noch weiter verschlechtern.

Begrenzen Sie die Einbindung der Howoge auf die laufenden Neubauprojekte.

Mit freundlichen Grüßen
Vorstand Gemeingut in BürgerInnenhand

Carl Waßmuth      Laura Valentukeviciute

 

Quellen

[i] Privatschule in Friedrichshain: Eltern nehmen Sanierung selbst in die Hand, Berliner Zeitung vom

20.08.2018, https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/privatschule-in-friedrichshain-eltern-nehmen-sanierung-selbst-in-die-hand-li.42563

[ii] Kosten der Berliner Schulbauoffensive (BSO), Studie von GiB 2022,  https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/10/GiB-Studie_BSO_Kosten_2022_10_24.pdf

[iii] Antwort der Senatsverwaltung für Bauen auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Danny Freymark (CDU) und Prof. Dr. Martin Pätzold (CDU) vom 08. Februar 2023 zum Thema: Schulbauinvestitionen durch die HOWOGE

 

An die SPD, Parteivorstand des Landesverbands Berlin

Mit einer neuen Koalition Schulbau und Schulsanierung zukunftsfest ausrichten

Sehr geehrte Franziska Giffey,
sehr geehrte Damen und Herren,

in Berlin bedürfen hunderte der öffentlichen Schulen kurz- oder mittelfristig einer baulichen Sanierung. Um den Schülerinnen, Schülern und den Lehrkräften nicht weitere Jahre in baufälliger Umgebung zuzumuten, ist Schnelligkeit vonnöten. An immer mehr Schulen verzögern sich zunächst überschaubare Sanierungen wie die Erneuerung von Fenstern und werden dann zu Großschadensfällen.

Über die Schule am Europasportpark berichteten Medien bundesweit, vor der Wahl versprach die von Ihnen geführte Koalition 40 Millionen Euro. Ganz in der Nähe der Schule am Europasportpark hatte 2018 die Berlin Bilingual School ein Gebäude vom selben Bautyp für nur 5,2 Millionen Euro saniert (barrierefrei, Erneuerung Fenster, Schallschutzmaßnahmen, Toiletten und Fassade, Neubau Sonnenblenden, Schulcafeteria und Fahrstuhl, Umsetzung der Schule für die Bauzeit). Insgesamt 290 Schulplätze wurden dort für 17.931 Euro pro Schulplatz saniert.[i]

Die Howoge hat seit 2018 einen Rahmenvertrag mit Berlin zu Schulsanierungen, die Fertigstellung gibt sie im Durchschnitt für 2029 an, bisher wurde von der Howoge noch keine Schule saniert. Die Kosten prognostiziert die Howoge mit circa 75.000 Euro pro saniertem Schulplatz, fast fünfmal so viel wie im Bundesdurchschnitt. Man sieht: Die Howoge ist langsam und teuer.[ii]

Entbinden Sie die Howoge mit sofortiger Wirkung von ihren Verträgen zur Schulsanierung.

Gleichzeitig werden im Laufe der kommenden fünf Jahre 25.000 neue Schulplätze benötigt. In den letzten fünf Jahren wurden bereits 25.000 neue Schulplätze bereitgestellt – die Bezirke und die Senatsverwaltung für Bauen haben sich als leistungsfähig erwiesen. Demgegenüber hat die Howoge noch keinen einzigen Schulplatz fertiggestellt.[iii] Vier Schulen sind im Bau, ein weiterer Bau soll dieses Jahr starten. Die Kosten pro Schulplatz veranschlagt die Howoge mit über 90.000 Euro, damit fallen für die fünf Schulen Baukosten von 405 Millionen Euro an. Davon sind aktuell 112 Millionen Euro verbaut, also nur knapp ein Viertel. Auch hier zeigt sich, dass die Howoge langsam und teuer ist.

Zu den bisherigen Kostenrisiken kommen nun erhebliche neue Wagnisse. Die Verdreifachung der Zinsen für Baukredite führt nach Berechnungen des BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen dazu, dass sich die Finanzierungskosten für den Wohnungsbau erheblich verteuern. Die Verteuerung der Baukredite wird sich auch auf die Baukosten der Howoge im Schulbau auswirken.

Vor einer Unterschrift unter Erbbauverträge ist die Wirtschaftlichkeit zu prüfen, dies fordert auch der Landesrechnungshof seit 2020. Die 25.000 durch Land und Bezirke neu gebauten Schulplätze hatten im Durchschnitt 35.000 Euro gekostet, also deutlich weniger als nach den Howoge-Prognosen. Mit der Verteuerung der Baukredite wird sich das Kostenverhältnis noch weiter verschlechtern.

Begrenzen Sie die Einbindung der Howoge auf die laufenden Neubauprojekte.

Mit freundlichen Grüßen
Vorstand Gemeingut in BürgerInnenhand

Carl Waßmuth      Laura Valentukeviciute

Quellen

[i] Privatschule in Friedrichshain: Eltern nehmen Sanierung selbst in die Hand, Berliner Zeitung vom

20.08.2018, https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/privatschule-in-friedrichshain-eltern-nehmen-sanierung-selbst-in-die-hand-li.42563

[ii] Kosten der Berliner Schulbauoffensive (BSO), Studie von GiB 2022,  https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/10/GiB-Studie_BSO_Kosten_2022_10_24.pdf

[iii] Antwort der Senatsverwaltung für Bauen auf eine Anfrage der CDU am 20. Februar 2023

Brief an CDU und SPD Berlin: S-Bahn retten!

In Berlin sind Koalitionsverhandlungen. Wir haben an die Koalitionäre in spe aus CDU und SPD geschrieben und sie aufgefordert, die Berliner S-Bahn zu retten. Wann, wenn nicht jetzt!

Nachfolgend dokumentieren wir die Schreiben.

An den CDU Landesverband Berlin, Parteivorstand

Mit Koalitionsvertrag neue Zeichen setzen und die Zukunft der Berliner S-Bahn als leistungsfähigen Verkehrsakteur sichern

Sehr geehrter Kai Wegner, sehr geehrte Damen und Herren,

die Zukunft der Berliner S-Bahn ist in den kommenden Jahren eines der maßgeblichen verkehrs- und investitionspolitischen Themen Berlins. Sie haben dazu bereits Stellung genommen, wir teilen Ihre Kritik am bisherigen Vorgehen der Grünen, das SPD und Linke unterstützt hatten. Angeblich durch äußere Zwänge (EU, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) und um preisliche Vorteile zu forcieren, wurde die Ausschreibung so angelegt, den Betrieb der S-Bahn zu zerschlagen und für die Beschaffung und Instandhaltung der Wagen ein ÖPP-Projekt mit 30 Jahren Laufzeit zu kreieren.

Mit einer neuen Koalition, angeführt von der CDU, wird auch ein Wechsel der Politik zur S-Bahn möglich. Dabei geht es nicht nur um Verkehrspolitik, sondern auch um die Gesamtkosten. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde von den Grünen nie vorgelegt. Aber bereits aus wesentlichen Parametern lässt sich ableiten, dass statt Kosteneinsparungen Mehrkosten sehr wahrscheinlich sind:

  1. Der künftige Betrieb ebenso wie die Wagenbeschaffung werden von den Bietern kreditfinanziert. Die Rückzahlung erfolgt dann mit Hilfe der vereinbarten regelmäßigen öffentlichen Zuschüsse. Mit dem Ende der Niedrigzinsphase fallen jedoch nun erheblich höhere Zinsen an – vermutlich mehrere Milliarden Euro.
  2. Angeblich um keinen Bieter zu bevorzugen, macht die Ausschreibung mit bestehenden Strukturen Tabula rasa: Werkstätten, die bestehen und funktionieren, dürfen nicht angesetzt werden, sie müssen stattdessen neu gebaut werden – aus Steuergeldern. Eine neue S-Bahn-Baureihe, die fertig entwickelt wurde und sich in der Auslieferung befindet, kann faktisch nicht verwendet werden. Stattdessen muss wieder eine neue Reihe entwickelt werden – aus Steuergeldern.
  3. Die Dreiteilung des Netzes ist nicht vollzogen. Um rein technisch zu ermöglichen, dass drei Bieter die S-Bahn gleichzeitig betreiben, sind erhebliche Neubauten erforderlich. Eine davon ist die Diagonalquerung des Karower Kreuzes, aber auch zusätzliche Ausfahrten und Nachabstellgleise – entsprechend den Anforderungen von drei statt einem Betreiber – wären neu zu bauen. Diese Bauten haben keinen nennenswerten Mehrwert für die Berlinerinnen und Berliner, wären aber von ihnen ebenfalls zu bezahlen.

Dazu kommen die Interessen der Beschäftigten; Sie haben zu Recht die Sorge vor tausenden Entlassungen, Fachkräftemangel, Tarifflucht und Subunternehmerpyramiden geäußert. Die Ausschreibung zielt darauf ab, Kosten einzusparen, und das ist vor allem beim Personal möglich. Die laut Angabe der Grünen in der Ausschreibung außergewöhnlich gut geregelten Bedingungen für die Beschäftigten stellen einen schwachen Schutz dar, denn sie können zum Beispiel durch Insolvenz der Betreiber ausgehebelt werden. Das hat zuletzt die Abellio-Pleite eindrücklich belegt.

Die Koalitionsverhandlungen sind nun der richtige Zeitpunkt, um die jüngste Politik zur S-Bahn zu korrigieren. Werden Sie am Abbruch der Ausschreibung festhalten und die Chance für einen Neustart einer S-Bahn in einer Hand im Vertrag verankern?

Freundlich grüßen

Carl Waßmuth | Laura Valentukeviciute | Katrin Kusche

Bahn für Alle | Gemeingut in BürgerInnenhand | EINE-S-Bahn für ALLE

 

PS: In Fragen rund um die S-Bahn-Organisation stehen wir Ihnen gern beratend zur Seite.

Unter dem folgenden Link finden Sie zum Beispiel das von RA Benno Reinhardt im Jahr 2021 erstellte „Juristische Positionspapier zur Aufhebung der S-Bahn-Vergabe Berlin-Brandenburg“, https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2021/06/Benno_Reinhardt_Positionspapier_Vergabe_S-Bahn_Berlin.pdf

PPS: Nachfolgend fügen wir Ihr Schreiben zur S-Bahn vom 09.02.23 an den Aktiven R. B., an:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie sich wegen der S-Bahnausschreibung an mich wenden. In den letzten Tagen haben mich viele Bürgerinnen und Bürger in dieser Angelegenheit kontaktiert, das zeigt die Bedeutung des Anliegens. Aufgrund der großen Anzahl von Anfragen erhalten Sie von mir eine allgemeine Antwort.

Wir als CDU teilen Ihre Bedenken und Sorgen hinsichtlich der vom SPD-Grünen-Linken-Senat konzipierten S-Bahnausschreibung für die Teilnetze 2 und 3. Wir kritisieren das Konzept schon seit 2 Jahren. Die Ausschreibung ist viel zu umständlich, kleinteilig und langwierig. Zudem birgt sie die Gefahr der S-Bahnnetz-Zerschlagung.

Mit dieser Ausschreibung drohen viele ineffiziente Strukturen zwischen den Akteuren zu entstehen. Dies gilt insbesondere im Betrieb und der Instandhaltung der verschiedenen Teilnetze sowie der Infrastruktur und im Verhältnis mit dem Verkehrsverbund. Das Land Berlin sollte seinen Einfluss, auch mit Blick auf das Mobilitätsinteresse der Berliner und die Nachhaltigkeit unserer Stadt, nicht aus der Hand geben. Darüber hinaus droht eine „Zerstörung“ des bestehenden einheitlichen Berlin-Brandenburger S-Bahnnetzes.

Weiterhin besteht aus unserer Sicht die begründete Gefahr der Entlassung tausender Mitarbeiter. Aufgrund der befristeten Ausschreibungsdauer besteht für die Mitarbeiter keine langfristige Beschäftigungsperspektive, was zu einem Fachkräftemangel, insbesondere im Fahrdienst, führen könnte. Es ist zu befürchten, dass sich die Arbeitsbedingungen durch Tarifflucht, massiver Erschwerung zur Durchsetzung gewerkschaftlicher Rechte sowie diverser Möglichkeiten zum Aufbau von Subunternehmerpyramiden deutlich verschlechtern.

Aus den genannten Gründen muss intensiv geprüft werden, ob und wie die aus grüner Hand mit Billigung der SPD entstandene S-Bahnausschreibung gestoppt und die S-Bahn in einer Hand bleiben kann. Das Einheitsnetz der S-Bahn Berlin GmbH und die S-Bahn Berlin müsen erhalten werden. Die CDU Berlin steht fest an der Seite der Beschäftigten.

Mit den besten Grüßen

Kai Wegner

An die SPD Berlin, Parteivorstand

Die Berliner S-Bahn als leistungsfähigen Verkehrsakteur im Koalitionsvertrag sichern

 

Sehr geehrte Franziska Giffey, sehr geehrte Damen und Herren,

die Zukunft der Berliner S-Bahn ist in den kommenden Jahren eines der maßgeblichen verkehrs- und investitionspolitischen Themen Berlins.

Seit 2016 hatten die Grünen in diesem Bereich die Federführung. Dort hatte man sich für ein außerordentlich neoliberales Vorgehen entschieden. Angeblich durch äußere Zwänge (EU, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) und um preisliche Vorteile zu forcieren, wurde die Ausschreibung so angelegt, den Betrieb der S-Bahn zu zerschlagen und für die Beschaffung und Instandhaltung der Wagen ein ÖPP-Projekt mit 30 Jahren Laufzeit zu kreieren.

Mit einem Wechsel der Koalitionspartner wird auch ein Wechsel dieser Politik möglich.

Dabei geht es nicht nur um Verkehrspolitik, sondern auch um die Gesamtkosten. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde von den Grünen nie vorgelegt. Aber bereits aus wesentlichen Parametern lässt sich ableiten, dass statt Kosteneinsparungen Mehrkosten sehr wahrscheinlich sind:

  1. Der künftige Betrieb ebenso wie die Wagenbeschaffung werden von den Bietern kreditfinanziert. Die Rückzahlung erfolgt dann mit Hilfe der vereinbarten regelmäßigen öffentlichen Zuschüsse. Mit dem Ende der Niedrigzinsphase fallen jedoch nun erheblich höhere Zinsen an – vermutlich mehrere Milliarden Euro.
  2. Angeblich um keinen Bieter zu bevorzugen, macht die Ausschreibung mit bestehenden Strukturen Tabula rasa: Werkstätten, die bestehen und funktionieren, dürfen nicht angesetzt werden, sie müssen stattdessen neu gebaut werden – aus Steuergeldern. Eine neue S-Bahn-Baureihe, die fertig entwickelt wurde und sich in der Auslieferung befindet, kann faktisch nicht verwendet werden. Stattdessen muss wieder eine neue Reihe entwickelt werden – aus Steuergeldern.
  3. Die Dreiteilung des Netzes ist nicht vollzogen. Um rein technisch zu ermöglichen, dass drei Bieter statt einer die S-Bahn betreiben, sind erhebliche Neubauten erforderlich. Eine davon ist die Diagonalquerung des Karower Kreuzes, aber auch zusätzliche Ausfahrten und Nachabstellgleise – entsprechend den Anforderungen von drei statt einem Betreiber – wären neu zu bauen. Diese Bauten haben keinen nennenswerten Mehrwert für die Berlinerinnen und Berliner, wären aber von ihnen ebenfalls zu bezahlen.

Dazu kommen die Interessen der Beschäftigten. Die Ausschreibung zielt darauf ab, Kosten einzusparen, und das ist vor allem beim Personal möglich. Die laut Angabe der Grünen in der Ausschreibung außergewöhnlich gut geregelten Bedingungen für die Beschäftigten stellen einen schwachen Schutz dar, denn sie können zum Beispiel durch Insolvenz der Betreiber ausgehebelt werden. Das hat zuletzt die Abellio-Pleite eindrücklich belegt.

Die CDU hat sich für eine einheitliche S-Bahn unter öffentlicher Kontrolle ausgesprochen. Zudem steht sie nach eigener Aussage für einen Schutz der Beschäftigten. Die Schnittmenge mit der SPD müsste also groß sein.

Wir fordern Sie auf, entsprechend der eigenen sozialen Grundsätze im Koalitionsvertrag festzuhalten, dass die aktuelle, neoliberale Ausschreibung der S-Bahn abgebrochen wird und die Koalition stattdessen einen Neustart für die S-Bahn vornimmt: Ökologisch und sozial, öffentlich und in einer Hand.

In Fragen rund um die S-Bahn-Organisation stehen wir Ihnen gern beratend zur Seite.

Freundlich grüßen

Carl Waßmuth | Laura Valentukeviciute | Katrin Kusche
Bahn für Alle | Gemeingut in BürgerInnenhand | EINE-S-Bahn für ALLE

Missbrauch der Strompreisbremse: Was sagt der Aufsichtsrat der Berliner Stadtwerke

Was sagt der Aufsichtsrat zum mutmaßlichen Missbrauch der Strompreisbremse durch die Berliner Stadtwerke?

Fragen an verantwortliche Senatoren Schwarz und Wesener

Berlin, 03.02.2023. In der Angelegenheit des mutmaßlichen Missbrauchs der Strompreisbremse hat Gemeingut in BürgerInnenhand für Unruhe bei den Berliner Stadtwerken und den Wasserbetrieben als Muttergesellschaft gesorgt. Ein Gesprächsangebot vonseiten der Stadtwerke sollte die Gemüter beruhigen, die Herausgabe zur Aufklärung notwendiger Unternehmensdaten wurde allerdings abgelehnt.
Gemeingut in BürgerInnenhand hat deshalb heute einen Brief mit der Bitte um Aufklärung an die verantwortlichen Aufsichtsräte der landeseigenen Wasserbetriebe geschickt. Stephan Schwarz (für SPD) und Daniel Wesener (Bündnis 90/Die Grünen) werden gebeten, bis zum 09.02.2023 die folgenden Fragen zu beantworten:

  1. Wann haben Sie als verantwortlicher Aufsichtsrat von der drastischen Preiserhöhung auf 52,9 Cent / kWh erfahren?
  2. Halten Sie die Preiserhöhung für gerechtfertigt?
  3. Wie bewerten Sie den Umstand, dass die Berliner Stadtwerke von der Strompreisbremse des Bundes profitieren, obwohl sie durch die Krise nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind?
  4. Wie stellen Sie als verantwortlicher Aufsichtsrat sicher, dass die Berliner Stadtwerke als landeseigenes Unternehmen im Sinne ihrer StromkundInnen handeln?

 

Dazu Ludwig Lindner, Vorstand von Gemeingut in BürgerInnenhand:

Es liegen starke Indizien vor, dass die Berliner Stadtwerke die Strompreisbremse missbräuchlich ausnutzen und die Preiserhöhung für die Stadtwerke-KundInnen ungerechtfertigt erfolgt ist. Der Aufsichtsrat muss die Vorgänge aufklären und die Öffentlichkeit informieren. Das sollte aus nachvollziehbaren Gründen noch vor der Wahl erfolgen. Niemand soll annehmen müssen, dass etwas verheimlicht wird. Sollte sich der Verdacht erhärten, muss die Preiserhöhung zurückgenommen werden.“

Unter diesem Link ist  der Brief von GiB an den Aufsichtsrat der Wasserbetriebe zu finden (https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/02/2023_02_03_Brief_Aufsichtsraete_BWB_Missbrauch_Strompreisbremse_BSW-1.pdf)

Missbrauch der Strompreisbremse: GiB legt Beschwerde gegen Berliner Stadtwerke ein

Skandale zeigen: Energie muss vergesellschaftet werden

Berlin, 18.01.2022. Wegen mutmaßlichen Missbrauchs der Strompreisbremse hat GiB-Vorstand Ludwig Lindner bei der Verbraucherzentrale Beschwerde gegen die Berliner Stadtwerke eingelegt. Die jüngste Preiserhöhung erfolgte trotz erzielter Zusatzgewinne am Strommarkt:

Es muss vollständige Transparenz über die Unternehmenszahlen der Berliner Stadtwerke hergestellt werden. Sollte sich der Verdacht erhärten, müssen die Stadtwerke abgemahnt und die drastische Preiserhöhung zurückgenommen werden

sagt Lindner.

Eine schriftliche Anfrage (Drucksache 19/14369) der Berliner Abgeordneten King und Schlüsselburg (DIE LINKE) hatte ergeben, dass die Berliner Stadtwerke GmbH mit 36.000 privaten Stromkund*innen in 2022 mit eigenen Ökostromanlagen in Berlin und Umland deutlich mehr Strom teuer am Strommarkt verkaufen konnten als sie für die Versorgung ihrer Kund*innen  am Markt einkaufen mussten. Es wurden in 2022 ca. 94 Mio. kWh Windstrom produziert (ohne Dezember), die eigenen Photovoltaik-Anlagen produzierten ca. 15 Mio. kWh. Die 36.000 Kund*innen verbrauchten hingegen nur ca. 75 Mio. kWh.

Trotzdem hatten die Stadtwerke am 15. November ihren Strompreis für die Kund*innen mit Wirkung zum 1. Januar 2023 auf 52,9 Cent/kWh erhöht – für viele eine Erhöhung um mehr als 100 Prozent. Die Erhöhung kam gerade noch rechtzeitig, um von der Strompreisbremse des Bundes profitieren zu können. Die Strompreisbremse deckelt den Strompreis für die Kund*innen für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf 40 Cent/kWh – die Differenz zahlt der Bund an die Stromanbieter. Wären die Stadtwerke mit ihrem Preis unter 40 Cent/kWh geblieben, hätten sie von der Geldausschüttung des Bundes nicht profitiert.

Dass die Berliner Stadtwerke liquide sind, untermauert ein Bericht des Tagesspiegels vom 13.01.2023. Demnach soll ein Teil der Überschüsse aus der Stromproduktion nun an die Kund*innen ausgeschüttet werden – allerdings nur in Form einer Einmalzahlung von bis zu 100 Euro. Man könnte stattdessen auch den Strompreis für die Kund*innen wieder senken. Dies versuchen die Stadtwerke jedoch offenbar zu vermeiden, um nicht die Kompensationszahlungen des Bundes zu verlieren.

Zum 01.01.2023 wurden die Strompreise deutschlandweit für Millionen von Kund*innen über den Preis von 40 Cent/kWh erhöht. Dazu Carl Waßmuth, Sprecher von Gemeingut in BürgerInnenhand:

Andere Stromanbieter – insbesondere die privaten – haben ihre Preise in ähnlichem Umfang erhöht. Es zeigt sich, dass die Struktur des ganzen Sektors völlig verquer organisiert ist. Subventionen können problemlos zu Spekulationsgewinnen umgemünzt werden und fließen dann ungebremst an Private ab. Die öffentlichen Berliner Stadtwerke sollten jetzt helfen, Transparenz in diesen Dschungel zu bringen statt ihre Kund*innen abzuzocken.“

Jorinde Schulz, Sprecherin von Gemeingut in BürgerInnenhand, fügt hinzu:

„Es wird eine grundsätzliche Reform des Energiesektors benötigt. Energie ist Daseinsvorsorge und muss vergesellschaftet werden. Die Trennung von Produktion, Netzen und Vertrieb war riskant und fällt uns in der Krise auf die Füße. Die aktuelle sogenannte Preisbremse umfasst Milliarden Euro Steuergelder, die als Subventionen an Energiekonzerne verschwendet werden. Wir brauchen eine demokratisch gesteuerte Energieversorgung vollständig in öffentlicher Hand. Die Maxime muss daher lauten: Subventionen für Private nur gegen Eigentumsanteile.

Howoge gefährdet Schulbestand

Fast sechs Jahre Verzögerung: Abriss statt Sanierung geplant?

Berlin, den 18. Mai 2022: Aktive von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) haben am Abend gegen die Einbindung der Howoge in den Berliner Schulbau protestiert. Eine Guillotine trug die Aufschrift: „Die Schulbau-Revolution der Howoge: Abriss statt Sanierung“. GiB wies damit auf die Gefahr hin, dass die mit elf Großsanierungen beauftragte Howoge am Ende die ihr anvertrauten Schulen abreißt statt sie zu erhalten und zu ertüchtigen. Dazu Carl Waßmuth von Gemeingut, Bauingenieur und Infrastrukturexperte von GiB:

In der Podiumsdiskussion in der Urania heute Abend hat Seantor Andreas Geisel öffentlich versprochen, dass keine der Howogeschulen abgerissen wird. Das Problem mit seinem Versprechen ist: Sobald Herr Geisel die Erbbauverträge mit der Howoge unterschreibt, hat er genau auf diese Sache keinen Einfluss mehr – 37 Jahre lang.

Wenn es der Howoge lukrativer erscheint, abreißen zu lassen, kann sie das nach der Vertragsunterschrift machen – was immer Herr Geisel heute auch versprochen hat. Für SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und auch für die Umwelt wäre ein Abriss ein Desaster. Will der Senator also nicht wortbrüchig werdeb, dann muss er die Verträge mit der Howoge stoppen und selbst sanieren. Das kann Berlin ohnehin besser als die Howoge.

GiB weist daraufhin, dass durch die Einbindung der Howoge Mehrkosten von über 800 Millionen Euro entstehen – hinausgeworfenes Geld, das nur durch die hohen Kosten des Erbbaumodells verursacht wird. Obendrein verzögert die Einbindung der Howoge den Schulbau beträchtlich. Der früheste Baubeginn der Sanierungen soll inzwischen 2023 sein, sieben Jahre nach Start der Berliner Schulbau-Offensive.

Die Bauzeiten liegen zwischen drei und sieben Jahren. In Einzelfällen wären 14 Jahre verstrichen, bis die Howoge eine Schule saniert hat. Bisher wurde von der Howoge noch mit keiner Sanierung begonnen. Dazu Herbert Storn von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB):

Das ist auch kein Wunder, weil Berater und Anwälte beschäftigt wurden, um komplizierte Verträge mit extremer Laufzeit zu entwerfen. Gebaut und saniert haben bisher nur die Bezirke und der Senat. Das zeigt, dass an vorhandene personelle Kompetenzen anzuknüpfen und diese dauerhaft auszubauen der richtige Weg war und ist. Diese sukzessive und beharrlich aufzustocken, damit die Investitionsgelder in den Sonderfonds überhaupt abgerufen werden können, ist alternativlos. Erst als beispielsweise in Frankfurt dieser Weg gegangen wurde, konnten Schulen vergleichsweise schnell und preiswert gebaut und saniert werden. Da sind sich inzwischen alle Parteien einig.

Hintergrund der enormen Verzögerungen im Schulbau ist der Versuch des Berliner Senats, über die Howoge den Schulbau per Sale-and-lease-back in Finanzprodukte zu überführen. Die zugehörigen Verträge haben bis zu 37 Jahre Laufzeit und sollen Erbbau, Projektzuschnitt und Rückmietung regeln und dabei den Schulbau privatisieren. Statt teurer Privatisierungsschritte für die kommenden 37 Jahre ist nach Auffassung von GiB angesichts von Krisen der Aufbau kommunaler Kompetenzen dringend geboten.

Zu den über 800 Millionen Euro Mehrkosten: https://www.gemeingut.org/schulprivatisierung-verursacht-ueber-800-millionen-euro-mehrkosten/

Sanierungen im Schulbau Berlin durch die Howoge     (Quelle: Senat Berlin)

BezirkSchuleBausumme alt in Mio. EuroBausumme neu in Mio. EuroMehrkosten in Mio. EuroSchulplätze nach Um- / NeubauBaubeginn altFertigstellung altBaubeginn neuFertigstellung neuVerzögerung in Jahren gegenüber früherer AngabeKosten pro Schulplatz in Euro
MitteErnst-Reuter-Schule11,685,3873,7811002020202320232023077.618
PankowPrimo-Levi-Gymnasium12,16148,911162021202420242027354.659
SpandauGrundschule am Beerwinkelohne Angabe30,376 576ohne Angabeohne
Angabe
2024203152.736
SpandauMartin-Buber-Oberschule12,14057,59945,4599752024202720242027059.076
SpandauCarlo-Schmid-Oberschule12,7166,60253,8929002022202520242027274.002
SpandauB.-Traven-Gemeinschaftsschule10,320114,011103,69188820222024202320273128.391
Steglitz-ZehlendorfWilma-Rudolph-Schule13,2171,39558,18510002022202520242027271.395
Steglitz-ZehlendorfSchadow-Gymnasium20,0990,93270,84210332022202420232029588.027
Steglitz-ZehlendorfBröndby-Schule15,1263,68648,56610752024202720232026-159.243
Tempelhof-SchönebergGeorg-Büchner-Gymnasium13,6584,96371,3139962023202520252028385.304
ReinickendorfFriedrich-Engels-Gymnasium10,867,88757,0879502023202620242030471.460

NRW entscheidet über die Zukunft seiner Krankenhäuser

Pressemitteilung vom Bündnis Klinikrettung.
Analyse der NRW-Wahlprogramme

Berlin, den 5. Mai 2022: Das Bündnis Klinikrettung stellt fest: Die anstehende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen entscheidet maßgeblich über die Zukunft der Krankenhäuser im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands. Das Bündnis Klinikrettung hat dazu die NRW-Wahlprogramme zum Thema Krankenhäuser sorgfältig analysiert (https://www.gemeingut.org/waehlt-nrw-die-klinikrettung).

Bisher ist die Entwicklung besorgniserregend: Seit Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann eine neue Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen eingeführt hat ist dort nichts mehr wie vorher. Insbesondere Klinikstandorte sollen abgebaut werden. Das geht auf Kosten der wohnortnahen und flächendeckenden klinischen Versorgung. Es drohen in noch mehr Regionen lange Anfahrzeiten zum nächstgelegenen Krankenhaus, mit fehlender Notfallversorgung und unzureichenden ärztlichen und pflegerischen Angeboten in erreichbarer Nähe.

Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R. und Mitbegründer vom Bündnis Klinikrettung und aktiv im Aktionsbündnis „Schlussmit Kliniksterben in Bayern“ wendet sich an die Menschen in NRW:

„Gesundheitsvorsorge ist unverzichtbar. Beziehen Sie die Zukunft Ihrer Klinikstandorte bewusst in Ihre Wahlentscheidung ein! Sie entscheiden mit darüber, ob bei Ihnen an jedem Wohnort ein qualitativ hochwertiges und wohnortnahes Krankenhaus einschließlich Notfallversorgung zur Verfügung gestellt wird.“

Anne Schulze-Allen, aktiv im Bündnis Klinikrettung, im „Dortmunder Bündnis für mehr Personal im Gesundheitswesen“ und bei der Volksinitiative „Gesunde Krankenhäuser in NRW – für ALLE“ ergänzt:

„Über die Krankenhausversorgung wird auch maßgeblich in den Bundesländern entschieden. Nordrhein-Westfalen könnte eine Trendwende in Deutschland einleiten – weg von den Schließungen, hin zum Ausbau der stationären Versorgung nach dem wachsenden Bedarf.“

Wählt NRW die Klinikrettung?

Die anstehende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen entscheidet maßgeblich über die Zukunft der Krankenhäuser im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands. Das Bündnis Klinikrettung hat dazu die NRW-Wahlprogramme zum Thema Krankenhäuser sorgfältig analysiert.

Bisher ist die Entwicklung besorgniserregend: Seit Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann eine neue Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen eingeführt hat, ist dort nichts mehr wie vorher. Insbesondere Klinikstandorte sollen abgebaut werden. Das geht auf Kosten der wohnortnahen und flächendeckenden klinischen Versorgung. Es drohen in noch mehr Regionen lange Anfahrzeiten zum nächstgelegenen Krankenhaus, mit fehlender Notfallversorgung und unzureichenden ärztlichen und pflegerischen Angeboten in erreichbarer Nähe. Das Bündnis Klinikrettung wendet sich an die Menschen in NRW:

 „Gesundheitsvorsorge ist unverzichtbar. Beziehen Sie die Zukunft Ihrer Klinikstandorte bewusst in Ihre Wahlentscheidung ein! Sie entscheiden mit darüber, ob bei Ihnen an jedem Wohnort ein qualitativ hochwertiges und wohnortnahes Krankenhaus einschließlich Notfallversorgung zur Verfügung gestellt wird. Über die Krankenhausversorgung wird auch maßgeblich in den Bundesländern entschieden. Nordrhein-Westfalen könnte eine Trendwende in Deutschland einleiten – weg von den Schließungen, hin zum Ausbau der stationären Versorgung nach dem wachsenden Bedarf.“

Wahlprogramme zur Landtagswahl Nordrhein-Westfalen am 15. Mai 2022:
Aussagen zur Gesundheits- und Krankenhauspolitik

(alles Zitate aus den Wahlprogrammen der demokratischen Parteien)

Thema Einbindung der Gesundheitspartner

CDU:

Wir unterstützen den laufenden Aufbau der Pflegekammer in NRW zu einer starken, berufsständischen Institution.

Wir unterstützen die Aktivitäten zur Errichtung einer Bundespflegekammer.

Wir schaffen möglichst weitreichende Beteiligungs-, Mitsprache- und Mitbestimmungsmöglichkeiten für die weiteren Gesundheitsfachberufe in den zuständigen Landesgremien.

SPD: keine Aussage

Bündnis90/Die Grünen: keine Aussage

FDP: keine Aussage

Freie Wähler: keine Aussage

Die Linke:

Die Selbsthilfe im Gesundheitswesen finanziell und strukturell stärken − Landespatientenbeauftragte demokratisch stärken und finanziell besser ausstatten.

Die Rechte und Mitwirkungsmöglichkeiten von Betroffenen müssen weiter gestärkt werden.

Thema Strukturwandel

CDU:

Unsere Krankenhäuser sind wichtige Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Es kann nicht allein dem Markt überlassen werden, wo welches Krankenhaus mit welchem medizinischen Angebot steht. Grund- und Notfallversorgung, Geburtshilfe und Kinder- und Jugendmedizin, müssen flächendeckend und wohnortnah zur Verfügung stehen. Komplizierte medizinische Eingriffe gehören hingegen in die Hände von Spezialisten ̶mit ausreichend Erfahrung und Können. Wir stehen für eine Krankenhausplanung, die den Namen verdient.

Wir werden die Reform der Krankenhausplanung weiterführen. Konkrete, überprüfbare Qualitätsvorgaben auf Grundlage von Leistungsgruppen werden zu einer zukunftsfesten, wirtschaftlich tragfähigen Krankenhausstruktur führen und die Qualität der Krankenhausversorgung für alle Menschen verbessern.

Wir werden die medizinische Rehabilitation stärken. Eine Expertenkommission soll dafür Vorschläge erarbeiten.

Telemedizin kann Leben retten. Deshalb werden wir das Virtuelle Krankenhaus weiter ausbauen. Die herausragende Expertise der Universitätskliniken werden wir so den Krankenhäusern in der Fläche zugänglich machen, die Versorgung weiter verbessern und können knappe Ressourcen effektiver nutzen.

Wir werden die Universitätskliniken technisch und baulich mit moderner Medizintechnik und leistungsfähigen digitalen Infrastrukturen ausstatten.

SPD:

Wir lösen daher die künstlichen Grenzen von ambulant und stationär, von gesetzlicher Krankenversicherung und gesetzlicher Pflegeversicherung auf.

Möglichkeiten von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Integrierten sektorenübergreifenden Gesundheitszentren (ISGZ), also die Verknüpfung der ambulanten und der stationären Um eine flächendeckende ambulante und stationäre Versorgung für die gesamte Bevölkerung aufrechtzuerhalten, müssen alle Strukturen im Gesundheitswesen auf den Prüfstand gestellt werden.

Weil Krankenhäuser wichtig für die Gesellschaft sind, werden wir landesweit alle Krankenhausstandorte erhalten, manche möglicherweise mit verändertem Versorgungsauftrag. Mit Schließungen soll endlich Schluss sein.

Wer krank ist, braucht ein Krankenhaus vor Ort.

Wir rechnen damit, dass starke Unternehmen in Dörfern und kleinen Städten zunehmend die Attraktivität dieser Kommunen steigern, und deshalb braucht es auch die passende Infrastruktur. Genau deshalb werden wir die Schließung von Krankenhäusern vor Ort beenden.

Bündnis90/Die Grünen:

Deutschlandweit fehlen gerade in ländlichen Bereichen Krankenhäuser, die für Notfälle gebraucht werden. Andererseits gibt es Krankenhäuser, die planbare, hochspezialisierte Eingriffe so selten durchführen, dass sie mit der Qualität von spezialisierten Häusern mit hohen Fallzahlen nicht mitkommen. Regionen müssen so versorgt sein, dass Patient*innen im Notfall oder bei Beginn einer Geburt in kürzester Zeit ein Krankenhaus erreichen können. Dabei können Krankenhäuser in öffentlicher Hand eine wichtige Rolle spielen, weshalb wir weitere Privatisierungen ablehnen und wenn möglich Krankenhäuser zurück in die öffentliche Hand überführen.

FDP:

Mit einer entsprechenden zielgerichteten Investitionsförderung wollen wir den Strukturwandel unterstützen. Dabei wollen wir die Behandlungsqualität verbessern, indem wir komplexe Leistungen an besonders geeigneten Standorten konzentrieren, ineffiziente Doppelstrukturen in Ballungszentren reduzieren sowie Kooperationen von Krankenhäusern sowohl mit Krankenhäusern als auch mit niedergelassenen Ärzten und Rehabilitationskliniken fördern.

Freie Wähler:

Die medizinische Versorgung ländlicher Regionen und sozialer Brennpunkte wird zunehmend schwieriger, weil es an Haus- und Fachärzten fehlt. Aber auch eine Gesundheitspolitik, die zum Rückzug von Krankenhausleistungen aus der Fläche führt, leistet ihren Beitrag. Um eine flächendeckende ambulante und stationäre Versorgung für die gesamte Bevölkerung aufrechtzuerhalten, müssen alle Strukturen im Gesundheitswesen auf den Prüfstand gestellt werden.

Die Linke:

Krankenhäuser sollen wohnortnah und bedarfsorientiert für alle in NRW geplant werden. Notwendig ist eine intensive Analyse und aus-reichend Zeit, um einen neuen Krankenhausplan NRW zu erstellen. Die Gesundheitsversorgung muss sich an den Pflegebedarfen und an guter Qualität orientieren.

Thema Technik/Digitalisierung

CDU:

Um die IT-Ausstattung von Krankenhäusern und den Schutz vor Cyber-Angriffen zu verbessern, werden wir ab dem Jahr 2023 jährlich 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

SPD: keine Aussage

Bündnis90/Die Grünen:

Mittels patientenorientierter Digitalisierung werden die Angebote besser vernetzt.

FDP:

Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen und von Telematik-Anwendungen noch besser nutzen, um Patientinnen und Patienten effizienter versorgen zu können. Dazu zählen die verstärkte Nutzung mobiler Endgeräte insbesondere bei niedergelassenen Ärzten, der weitere Ausbau des Erfolgsmodells Virtuelles Krankenhaus zur fachlichen Unterstützung der Kliniken vor Ort.

Freie Wähler: keine Aussage

Die Linke:

Wir wollen kommunale Versorgungszentren oder Polikliniken ermöglichen. Ergänzt werden können sie beispielsweise durch das Doc-Mobil, bei dem das medizinische Personal in Kleinbussen unterwegs ist, …

Thema Ambulantisierung

CDU:

Das System der sogenannten Portalpraxen werden wir mit den Krankenhäusern und den Kassenärztlichen Vereinigungen in Nordrhein-Westfalen weiter ausbauen, um die Zusammenarbeit zwischen den Sektoren Ambulant und Stationär sowie die Notfallversorgung zu stärken.

Damit Patientinnen und Patienten schnell zum richtigen Behandlungsort weitergeleitet werden können, wollen wir einen zentralen Empfang („Ein-Tresen-Modell“) bzw. ein strukturiertes Ersteinschätzungssystem in den Krankenhäusern, Notfalldienstpraxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und in der ambulanten Arztpraxis. Damit wollen wir die Inanspruchnahme der Klinikambulanzen und Notaufnahmen verringern.

Auf Bundesebene werden wir uns dafür einsetzen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Finanzierungsrahmen für eine sektorenübergreifende Versorgung und innovative Angebote geschaffen werden.

SPD:

Wir lösen daher die künstlichen Grenzen von ambulant und stationär, von gesetzlicher Krankenversicherung und gesetzlicher Pflegeversicherung auf.

Möglichkeiten von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Integrierten sektorenübergreifenden Gesundheitszentren (ISGZ), also die Verknüpfung der ambulanten und der stationären Um eine flächendeckende ambulante und stationäre Versorgung für die gesamte Bevölkerung aufrechtzuerhalten, müssen alle Strukturen im Gesundheitswesen auf den Prüfstand gestellt werden.

Bündnis90/Die Grünen:

Wir planen die Krankenhausversorgung so, dass sich die Krankenhäuser enger mit ambulanten Einrichtungen wie Arztpraxen und anderen Therapie- und Pflegeangeboten oder Rehabilitationseinrichtungen verbinden.

FDP:

Übergreifende digitale Vernetzung der gesamten Versorgungsstruktur von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und ambulanten Diensten über die Krankenhäuser bis hin zur Rehabilitation und Pflege.

In unter- und schlechtversorgten Gebieten soll die Gründung von MVZs (Medizinische Versorgungszentren) für Kommunen flexibler werden.

Freie Wähler:

siehe Thema Strukturwandel

Die Linke:

Bessere Kooperation zwischen Krankenhäusern und Arztpraxen ermöglichen.

Thema Vorsorgekapazitäten / Pandemien

CDU: keine Aussage bei Krankenhäusern

SPD:

Reserven anlegen und Vorbereitungen für medizinische Krisenfälle treffen.

Bündnis90/Die Grünen: keine Aussage

FDP:

Zusätzlich setzen wir uns für ein NRW-weites webbasiertes Onlinemeldesystem ein, in dem in Echtzeit freie Versorgungskapazitäten in den Krankenhäusern einsehbar sind. Daneben wollen wir ambulante Notpraxen an die Notaufnahmen im Krankenhaus anbinden, um diese zu entlasten.

Freie Wähler: keine Aussage

Die Linke:

Wir brauchen eine Krankenhausplanung, die sich an wirklichen Pflegebedarfen ausrichtet und Reserven für Notfälle und Pandemien vorhält.

Thema Investitionsfinanzierung

CDU:

Über ein Krankenhaus-Modernisierungsprogramm werden wir in den kommenden fünf Jahren insgesamt 2,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stellen, um die Krankenhäuser zu modernisieren und die Krankenhausversorgung zu verbessern.

Wir werden die pauschale Krankenhausinvestitionskostenförderung verbessern und ab dem Jahr 2023 um jährlich 200 Millionen Euro anheben – um die bauliche Infrastruktur zu modernisieren und den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.

Die neue Krankenhausplanung wird zu notwendigen Strukturveränderungen in der Krankenhauslandschaft führen, die Investitionen bei den Krankenhausträgern auslösen werden. Diese müssen durch das Land finanziell unterstützt werden. Hierfür werden wir ab dem Jahr 2023 über die Einzelförderung der Krankenhäuser rund 300 Millionen Euro jährlich für die Anschubfinanzierung zur Verfügung stellen. So machen wir die Krankenhauslandschaft in Nordrhein-Westfalen fit für die Zukunft.

SPD: keine Aussage

Bündnis90/Die Grünen: keine Aussage

FDP: keine Aussage

Freie Wähler: keine Aussage

Die Linke:

Alle erforderlichen Investitionskosten müssen durch das Land NRW finanziert und ein Sonderprogramm zur Behebung des Investitions-staus von aktuell über 12,5 Milliarden Euro bis 2024 aufgelegt werden. Das ist gesetzlich geregelte Aufgabe des Landes NRW.

Baupauschalen wieder durch antragsbezogene Einzelförderungen ersetzen − Den Anteil der Kommunen für die Krankenhausfinanzierung auf zwanzig Prozent zurückführen.

Thema Krankenhaus-Vergütung

CDU:

Auf Bundesebene werden wir uns für eine Reform des Fallpauschalensystems einsetzen, um die Grundfinanzierung der Betriebskosten von Krankenhäusern der Grund- und Notfallversorgung, der Geburtshilfen und der Kinder- und Jugendmedizin sicherzustellen. Das aktuelle DRG-System hat sich nicht bewährt.

SPD:

Wir ändern schnell im bestehenden System die finanziellen Rahmenbedingungen und sorgen für Entlastung und arbeiten parallel an einem neuen Vergütungssystem gemeinsam mit dem Bund.

Wir wollen guten Gesundheitsschutz vor Ort finanzieren und deshalb werden wir die Gewinnentnahme für private Klinikbetreiber, Klinikgesellschaften und Klinikkonzerne regulieren.

Bündnis90/Die Grünen: keine Aussage

FDP: keine Aussage

Freie Wähler: keine Aussage

Die Linke:

Um die Finanzierung guter Krankenhäuser und eines guten Gesundheitswesens gerecht zu ermöglichen, setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, dass die Fallpauschalen (DRGs) vollständig und nicht nur in der Pflege abgeschafft werden, und die gesetzliche Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherungfür alle Einkommensarten umgebaut wird.

Thema Tarife

CDU:

Um die IT-Ausstattung von Krankenhäusern und den Schutz vor Cyber-Angriffen zu verbessern, werden wir ab dem Jahr 2023 jährlich 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

SPD:

Dienstleistungen, die in Krankenhäusern anfallen … wollen wir nicht länger in Tochtergesellschaften ausgliedern lassen. Tarifflucht und Dumpingtarifverträge in diesen Bereichen sind unsozial, unwürdig und gesamtwirtschaftlich nicht nachhaltig.

Bündnis90/Die Grünen: keine Aussage

FDP: keine Aussage

Freie Wähler: keine Aussage

Die Linke:

Den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für alle in einem Krankenhaus Beschäftigten anwenden.

Thema Trägerschaft

CDU:

Die durch die Trägervielfalt entstehenden Anreize sorgen für eine Verbesserung der Versorgungsqualität. Deshalb halten wir an einer starken Trägervielfalt im Gesundheitswesen fest.

SPD:

Wir scheuen uns nicht, Kliniken wieder in kommunale Trägerschaft zu übernehmen.

Bündnis90/Die Grünen: Vorrangig kommunal, siehe Thema Strukturwandel

FDP: keine Aussage

Freie Wähler: keine Aussage

Die Linke:

Kommunale und frei-gemeinnützige Krankenhäuser erhalten, statt weiterer profitorientierter privater Klinikketten − Private Krankenhäuser in die öffentliche Hand rücküberführen.

Thema Arbeitsbedingungen

CDU:

Wir wollen bessere Rahmenbedingungen für Hebammen und Entbindungspfleger schaffen und setzen uns für die Stärkung der Berufe und mehr Ausbildung ein.

Gute Pflege benötigt qualifiziertes und motiviertes Personal. Pflege braucht mehr Zeit und weniger Hektik und weniger Dokumentation, dafür mehr menschliche Zuwendung. Daher werden wir die Zahl der Pflegekräfte erhöhen, z. B. durch die Anwerbung von ausländischen Fachkräften.

Wir werden ein Begrüßungsgeld für Pflegekräfte in Höhe von einmalig max. 3.000 Euro pro Person zahlen. Perspektivisch wollen wir so bis zu 10.000 neue Pflegekräfte pro Jahr gewinnen. Wir setzen uns für eine dauerhafte Integration und den Verbleib der angeworbenen Fachkräfte in Nordrhein-Westfalen ein.

Zur Unterstützung bei kurzfristigem Personalmangel in Pflegeeinrichtungen, ambulanten Pflegediensten und Krankenhäusern streben wir die Einrichtung von Personalpools in den Pflegeberufen an.

Wir setzen uns für die Durchführung von Modellvorhaben zur Erprobung von zukünftigen Personalbemessungsinstrumenten in allen Bereichen der pflegerischen und gesundheitlichen Versorgung ein.

Wir setzen uns für einen Personalmix in den Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern ein, der alle vorhandenen Qualifikationsstufen angemessen berücksichtigt und unterstützen die Umsetzung solcher Personalmixmodelle.

Um Pflegepersonal im Beruf zu halten und den Wiedereinstieg zu ermöglichen, unterstützen wir den Ausbau zusätzlicher und verlässlicher Kinderbetreuungsmöglichkeiten, bspw. durch Vorzugsplätze oder eine Initiative zur Schaffung von zusätzlichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten an Krankenhäusern, Tages- und Pflegeeinrichtungen.

Wir erarbeiten weitere Unterstützungsmöglichkeiten für den Wiedereinstieg von ausgebildeten Pflegekräften, z. B. landesgeförderte Auffrischerkurse, Unterstützung gestufter Wiedereingliederungsmodelle oder eine Wiedereinsteigerprämie

SPD:

Wir brauchen dringend mehr multiprofessionelle … Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern sowie Therapeutinnen und Therapeuten. Dafür wollen wir Ungerechtigkeiten im System beseitigen und zeitgemäße Voraussetzungen schaffen.

Bündnis90/Die Grünen:

Wir werden den Dialog zwischen Pflegekammer, Gewerkschaften, Verbänden und anderen Berufskammern unterstützen, um gemein-sam für bessere Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen zu sorgen.

FDP: keine Aussage

Freie Wähler:

Wir FREIE WÄHLER setzen uns für eine adäquate und an dem tatsächlichen Bedarf ausgerichtete Personalbemessung in der Pflege ein. Es gibt bereits viele gute Ansätze aus dem deutschen Pflegerat, der Pflegeberufskammer und weiteren Beteiligten.

Die Linke:

Verbindliche gesetzliche Regelungen für ausreichend Personal im Krankenhaus festlegen.

Wir wollen Krankenhäuser erhalten, wollen zur Entlastung der Pflegekräfte mehr Personal ausbilden, einstellen und besser bezahlen.

Thema Ausbildung

CDU:

Wir werden weitere Fördermöglichkeiten für Praktika im Bereich der Pflege- und Gesundheitsfachberufe schaffen und werden uns auf Bundesebene für eine Stärkung des freiwilligen Jahres dort einsetzen.

Zur Sicherstellung einer hochwertigen pflegerischen und gesundheitlichen Versorgung, zur Ausweitung der Qualifizierungsmöglichkeiten und damit auch zur Steigerung der Attraktivität werden wir die Studienkapazitäten in den Pflege- und Gesundheitsfachberufen deutlich ausbauen.

Gute Ausbildung benötigt qualifizierte Lehrkräfte. Deshalb werden wir die Qualifikationsmöglichkeiten der Lehrenden und die Kapazitäten in den Pflege- und Gesundheitsfachberufen ausbauen.

Wir setzen den Ausbau von Ausbildungsplätzen in der Pflegefachassistenz konsequent fort und unterstützen die Einrichtungen bei der Durchführung praktischer Ausbildungsanteile.

SPD:

Wir schaffen in Nordrhein-Westfalen auch für diese Berufe die Rahmenbedingungen, um von der Ausbildung bis zur Promotion in den entsprechenden Berufsfeldern gelangen zu können. Hiermit einher geht die Förderung von Forschung in den Therapieberufen und der Pflege auch auf universitärem Niveau. Der Einsatz von Hebammen muss flächendeckend sichergestellt werden.

Bündnis90/Die Grünen:

Wir schaffen berufsbegleitende Qualifizierungsmöglichkeiten, z. B. für das Lehrpersonal in der Pflege.

Wir schaffen berufsbegleitende Studienplätze und Teilzeitstudiengänge, z. B. für das Lehrpersonal in der Pflegeausbildung und in anderen Gesundheitsfachberufen.

FDP:

Wir haben die Schulgeldfreiheit für eine Ausbildung in den Gesundheitsberufen (Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie, Podologie, PTA) eingeführt. Als nächstes wollen wir auch für alle anderen Ausbildungsberufe das Schulgeld abschaffen.

…… mehr Studienplätze an der Universität Witten-Herdecke schaffen. (Anmerkung. Private Universität)

Freie Wähler: keine Aussage

Die Linke:

Die Ausbildungskapazität für Gesundheits-, Sozial und Erziehungsberufe sofort deutlich ausweiten.

Thema Versorgungssicherheit

CDU:

Wir wollen eine flächendeckende Krankenhausversorgung mit Grundversorgung und Spezialisierungen, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Über- und Unterkapazitäten sollen verhindert werden.

Mit dem neuen Krankenhausplan sorgen wir dafür, dass Geburtsstationen in guter Qualität und zumutbarer Entfernung erreichbar sind.

Für moderne Spitzenmedizin: Krebs und Demenz zu besiegen ist möglich. Wir in Nordrhein-Westfalen wollen einen Beitrag dazu leisten und wirksame innovative Behandlungsmöglichkeiten schaffen

Wir sichern einen schnellen und wohnortnahen Zugang zu Krebsmedizin nach dem neuesten Stand der Forschung.

Wir werden die notwendige leistungs- und zukunftsfähige Forschung stark ausbauen und entsprechend fördern. Dazu bauen wir das Cluster Medizin.NRW weiter aus.

SPD: keine Aussage

Bündnis90/Die Grünen:

Wir streiten für ein Gesundheitssystem, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Ob der Notarzt rechtzeitig ankommt, ob man eine wichtige Vorsorgeuntersuchung erhält oder ob man würdevoll gepflegt wird, darf nicht vom Wohnort, der Herkunft oder der Lebenslage abhängen. Das Recht auf Gesundheit gilt für alle gleichermaßen, unabhängig vom Versicherungsstatus.

FDP: keine Aussage

Freie Wähler: keine Aussage

Die Linke:

Wir wollen ein Land, das nicht länger unter seinen Möglichkeiten lebt: Ein Land, das Krankenhäuser zukunftsfähig ausbaut, statt mitten in der Pandemie Krankenhäuser zu schließen.

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Die Analyse der Wahlprogramme als PDF-Datei

Quellen – die Wahlprogramme der Parteien:

CDU: https://mitmachen.cdu-nrw.de/assets_lp/188500b4a26d29bcdccecb8102d9a9aa/lp/73/141/Wahlprogramm_20der_20CDU_20Nordrhein-Westfalen_20_281_29.pdf

SPD: https://www.nrwspd.de/wahlprogramm/

Bündnis90/Die Grünen: https://gruene-nrw.de/wahlprogramm-ltw/

FDP: https://www.fdp.nrw/sites/default/files/2022-02/BeschlussfassungLandtagswahlprogramm.pdf

Freie Wähler: https://www.freiewaehlernrw.de/wahlprogramm-nrw-2022

Die Linke: https://www.dielinke-nrw.de/wahlen/landtagswahlprogramm-2022/

Aktive übergeben singend Unterschriften an Lauterbach gegen Klinikschließungen

Pressemitteilung Bündnis Klinikrettung

Singen gegen Klinikschließungen: Aktivistischer Chor übergibt Unterschriften an Lauterbach

Herr Lauterbach, stehen Sie zu Ihrem Wort: Bundesweite Krankenhausschließungen jetzt stoppen!

Berlin, den 22. Februar 2022: AktivistInnen vom Bündnis Klinikrettung aus Berlin, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen übergaben heute 15.760 Unterschriften für die Petition „Bundesweite Krankenhausschließungen jetzt stoppen!“.
Der Parlamentarische Staatssekretär Prof. Edgar Franke (MdB) nahm sie stellvertretend für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in Empfang. Ein Chor besang die Misere des bundesweiten Krankenhauskahlschlags. Die AktivistInnen berichteten dem Staatssekretär zudem von der vielerorts dramatischen Lage der stationären Versorgung in Deutschland Gesundheitsversorgung.

Laura Valentukeviciute, Sprecherin von Gemeingut in BürgerInnenhand und vom Bündnis Klinikrettung:

Mit der Aktion erinnern wir Herrn Dr. Lauterbach an seine eigene Forderung, denn im vergangenen Jahr, am 30. Mai 2021, hat er die Petition selbst unterschrieben. In seiner erst wenige Monate währenden Amtszeit als Gesundheitsminister sind jedoch schon mindestens zwei Krankenhausschließungen und drei Teilschließungen erfolgt. Wenn Lauterbach nicht als Schaumschläger gelten möchte, muss er dringend handeln.

Die ChorsängerInnen versetzten sich vor Ort musikalisch in die Lage von PatientInnen, für die der Weg zum nächsten Krankenhaus zu lang wird. Solche Erfahrung machen mittlerweile Menschen in Deutschland immer häufiger. Absehbar werden es sogar noch mehr, wenn die Forderung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), 700 weitere Krankenhäuser bundesweit zu schließen, umgesetzt wird.

Über die lebensbedrohliche medizinische Unterversorgung berichteten Aktive aus Havelberg, wo im Herbst 2020 das Krankenhaus geschlossen wurde.

Anke Görtz, stellvertretende Vorsitzende im Verein Pro Krankenhaus Havelberg, zuvor Röntgenassistentin im Krankenhaus Havelberg:

In Havelberg wurde 2020 das Krankenhaus geschlossen. Wir haben von Anfang an dagegen protestiert. Und unsere Befürchtungen waren berechtigt: Vor wenigen Wochen starb ein Mensch am Herzinfarkt, weil der Rettungswagen aus dem weiter entfernt gelegenen Krankenhaus zu lange brauchte. Der Fall Havelberg zeigt in aller Klarheit: Krankenhausschließungen sind politisch nicht vertretbar, denn sie kosten Leben.

Auch VertreterInnen aus Niedersachsen vom Seniorenschutzbund Graue Panther e. V. nahmen anlässlich der Unterschriftenübergabe den Weg nach Berlin auf sich. In Niedersachsen sollen bis zu 40 Prozent der Krankenhäuser schließen. Gerade für ältere PatientInnen ist die Vernichtung wohnortnaher Krankenhäuser untragbar.

Erika Lohe-Saul, Präsidentin des Seniorenschutzbundes Graue Panther e. V.:

Unser Verband unterstützt die Forderung, wohnortnahe Kliniken zu erhalten. SeniorInnen müssen häufiger ein Krankenhaus aufsuchen – in solchen Fällen sollten sie nicht eine Weltreise auf sich nehmen müssen. Auch genesungsfördernde Angehörigenbesuche sind nur machbar, wenn das Krankenhaus in kurzer Zeit erreichbar ist.

Heute überreichen auch BürgerInnen in Essen 20.000 Unterschriften an den Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen. Die Unterschriften unterstützen das Bürgerbegehren für ein städtisches Krankenhaus als Ersatz für die beiden 2020 geschlossenen Kliniken in Essener Norden. In einer Solidaritätsbotschaft begrüßten die Essener die Unterschriftenübergabe an Karl Lauterbach in Berlin. Auch in vielen anderen Orten bundesweit wehren sich Menschen gegen Krankenhausschließungen. Das Bündnis Klinikrettung hat allein 33 Petitionen für Minister Lauterbach zusammengetragen und ihm die zugehörige Liste zur Kenntnis übergeben. Allein in den letzten fünf Jahren gab es dort über 600.000 Unterschriften gegen Klinikschließungen, Teilschließungen und Krankenhausprivatisierungen.

Hintergrundinformationen


– Die Petition an Bundesgesundheitsminister Dr. Lauterbach, „Bundesweite Krankenhausschließungen jetzt stoppen!“, ist hier zu finden: www.gemeingut.org/krankenhausschliessungen-stoppen

– Am 21. Dezember 2021 stellte das Bündnis Klinikrettung in einer Pressekonferenz die Bilanz der Klinikschließungen für das Jahr 2021 vor. Die Pressemappe finden Sie hier:
https://www.gemeingut.org/buendnis-klinikrettung-zieht-bilanz-notstand-in-der-stationaeren-versorgung/

GiB hat Parlamentarier zur Berliner Schulbauoffensive befragt

Die Berliner Schulbauoffensive (BSO) wurde von der Koalition aus SPD, Linken und Grünen als das wichtigste Investitionsvorhaben von 2016 bis 2021 bezeichnet. Gemeingut hat sich intensiv mit der geplanten Einbindung der Wohnungsbaugesellschaft Howoge auseinandergesetzt, die eine massive Privatisierung des Schulbaus darstellt. 2018 haben wir im Rahmen einer Volksinitiative über 30.000 Unterschriften gesammelt und im November unsere Fragen und unsere Kritik an der Einbindung der Howoge im Hauptausschuss vorgetragen. Seither haben wir das Vorhaben in Studien, Stellungnahmen und Pressemitteilungen öffentlich kritisiert.

Zur Anhörung haben wir eine 100-seitige schriftliche Stellungnahme eingereicht, in der Daten, Berechnungen, Analysen und Quellen zum Thema von uns für Sie zusammengestellt wurden. Vergangenen Herbst hat auch der Landesrechnungshof Stellung genommen und unsere Kritik hinsichtlich der Kostenrisiken bestätigt und sogar noch verstärkt. Die Unterschrift unter die Verträge mit der Howoge, die eine Laufzeit bis zu 37 Jahren haben können, wird in die nächste Legislaturperiode fallen. Wenn umgesteuert oder nachgesteuert werden soll, ist das noch möglich. Daher haben wir zum Abschluss der Legislaturperiode die Abgeordneten zur Berliner Schulbauoffensive befragt.

Zwölf von 135 angeschriebenen Abgeordneten haben geantwortet, sieben von der CDU, zwei von der FDP, ein Fraktionsloser, je eine/ einer von Linken und Grünen und niemand von der SPD. Die Mehrheit hat zusätzlich oder alternativ zu den vorgeschlagenen Antwortmöglichkeiten Anmerkungen gemacht oder alternative Antworten gegeben. Diese Antworten dokumentieren wir unter der tabellarischen Darstellung vollständig.

Fragen zur Berliner Schulbauoffensive an die Mitglieder der Fraktionen der SPD, CDU, Linken, Bündnis 90/Die Grünen und FDP im Berliner Abgeordnetenhaus

 – Mehrfachnennungen sind möglich –

Frage 1

Es wurde eine „jahrelange Untätigkeit“ im Schulbau vor 2016 beklagt, u.a. von Eltern, Lehrerinnen und Lehrern sowie von einzelnen Verbänden.

a. Es gab in dieser Zeit keine Untätigkeit in Schulbau und -sanierung
b. Investitionen in Schulbau und -sanierung scheiterten oftmals an den Finanzen
c. Schulbau und -sanierung hatten damals keine Priorität

Frage 2

Der Berliner Rechnungshof hat die Berliner Schulbauoffensive (BSO) massiv kritisiert und vor einer Steigerung der Kosten um 100 Prozent gewarnt. Diese Kritik soll „regelmäßig“ Thema in den Parlamentsausschüssen gewesen sein. Die vom Rechnungshof beschriebenen Kostenrisiken

a. sind ernst zu nehmen
b. treffen teilweise zu, sind jedoch teilweise überhöht
c. treffen nicht zu, die Kosten werden voraussichtlich eingehalten

Frage 3

Das Privatisierungsrisiko der Schulen, die per Erbbaurecht der Howoge übertragen werden, wird von der Koalition aus SPD, Linken und Grünen 2016 – 2021 als gering eingeschätzt, obwohl in der Vergangenheit in Berlin Wohnungsbauunternehmen privatisiert wurden, auch unter Beteiligung von SPD und Linken.

a. Das Risiko der Privatisierung steigt durch die Einbindung der Howoge per Erbbau deutlich
b. Ich schätze das Risiko einer Privatisierung für gering, wenn die politischen Mehrheiten etwa so bleiben wie derzeit / wenn eine „Privatisierungsbremse“ eingeführt wird
c. Eine weitere Privatisierung wäre nicht per se problematisch

Frage 4

Halten Sie eine erbbaurechtliche Bindung von Schulen in der Hand eines landeeigenen Wohnungsbauunternehmens für 37 Jahre

a. für einen überschaubaren Zeitraum
b. ohne weitere Absicherungen für gefährlich
c. für alternativlos

Frage 5

Die Howoge wurde unter anderem in die BSO eingebunden, weil eine weitere Verschuldung Berlins infolge des Kreditaufnahmeverbots („Schuldenbremse“) nicht möglich erschien. Der Howoge-Kreditplafonds wurde auf 2,6 Mrd. Euro ausweitet. Diese Auslagerung der Schulden …

a. war und ist politisch falsch
b. war in der damaligen Situation richtig, würde man heute nicht mehr machen
c. ist richtig und ein gutes Modell auch für andere Bereiche und Regionen

Dokumentation der Antworten

(* : Anmerkungen  oder alternative Antworten)

NameVornameParteiFunktion1a1b1c2a2b2c3a3b3c4a4b4c5a5b5c*
SeibeldCorneliaCDUstellvertretende Fraktionsvorsitzendex     xx
JuhnkeRobbinCDUstellvertretender Fraktionsvorsitzenderx     xx
DreggerBurkardCDUFraktionsvorsitzenderx     xx
GräffChristianCDUWirtschaftspoli-tischer Sprecherx     xx
FreymarkDannyCDUParlamentarischer Geschäftsführerx     xx
ZanderChristianCDUxx  x x xx
DietmannMichaelCDUSchatzmeister der Fraktionxx  xx  x 
FresdorfPaulFDPParlamentarischer Geschäftsführerxxx  xx  x
CzajaSebastianFDPFraktionsvorsitzenderxxx  xx  x 
LutheMarcelFWfraktionslosxx  x x x 
AltuǧTurgutGrüneSprecher Naturschutz, Verbraucherschutzx x    x
SchubertKatinaLinkeLandesvorsitzendexx x xx  xx

Anmerkungen oder alternative Antworten

AltuǧTurgutGrüne1cDie bis dahin laufenden Sanierungsprogramme waren letztlich kosmetischer Natur, die vor allem auch die Unterfinanzierung der Bezirke bei Investitionen und Bauunterhalt kaschierten. Neubau hatte schon lange nicht mehr stattgefunden, über Jahre wurden Gebäude eher abgegeben. Wir haben als Grüne Jahre dafür gekämpft, die Linie zu drehen. Das ist 2016 gelungen mit dem Einläuten der Schulbauoffensive
AltuǧTurgutGrüne2bEs kommt zu sehr großen Kostensteigerungen im Vergleich zur Bezifferung der Schulbauoffensive auf 5,5 Milliarden. Das hat wenig mit der HOWOGE zu tun, vielmehr wurden bei den ursprünglichen Kostenschätzungen ein Großteil der Kosten gar nicht mit veranschlagt. Dies gilt zum einen für alle An- und Ausbauten an bestehenden Standorten, gilt aber bei Sanierungen auch für ganze Kostengruppen, von der Grundstücksherrichtung bis zur Grünflächengestaltung etc. Ursprünglich ging die Senatsverwaltung auch nicht davon aus, dass Grundstücksankäufe notwendig würden.
Die Steigerungen des Baupreisindexes tun ihr übriges. Im Vergleich dazu sind die Transaktionskosten, die durch die Einbeziehung der HOWOGE entstehen, von geringerer Bedeutung. Insbesondere, weil ohne die HOWOGE das Bauvolumen nicht zu bewältigen wäre.
AltuǧTurgutGrüne3Die Privatisierungsängste waren und sind unbegründet
AltuǧTurgutGrüne4Der gewählte Zeitraum ist begründet berechnet. Es ist durchaus ungewöhnlich in der Politik, Entscheidungen für solche längeren Zeiträume zu treffen, aber deshalb nicht falsch. Noch längere Laufzeiten von Erbbaurechtskonstruktionen sind in Berlin geübte Praxis.
AltuǧTurgutGrüne5Die HOWOGE wurde als zusätzlicher Helfer an Bord genommen. Für die Bereitschaft der HOWOGE, sich hier einzubringen, sind wir nach wie vor dankbar angesichts des dramatischen Schulplatzmangels, der nach wie vor herrscht. Der Nutzen der Konstruktion geht weit über die Frage der Kreditaufnahme hinaus. Gleichwohl war die Tatsache, dass diese Kreditaufnahmen möglich waren, sehr hilfreich, weil sonst die dringend notwendigen Bauvorhaben in ihrer großen Zahl nicht angeschoben hätten werden können. Hilfreich war und ist auch die Niedrigzinsphase, in der diese Kredite aufgenommen werden
DreggerBurkardCDU1Der Schulentwicklungsplan war nicht valide
DreggerBurkardCDU4Ich halte eine erbbaurechtliche Bindung von Schulen in der Hand eines landeeigenen Wohnungsbauunternehmens für 37 Jahre für die schlechtere Variante als im direkten Landesbesitz
FreymarkDannyCDU1Der Schulentwicklungsplan war nicht valide
FreymarkDannyCDU4Ich halte eine erbbaurechtliche Bindung von Schulen in der Hand eines landeeigenen Wohnungsbauunternehmens für 37 Jahre für die schlechtere Variante als im direkten Landesbesitz
GräffChristianCDU1Der Schulentwicklungsplan war nicht valide
GräffChristianCDU3 Eine Privatisierung sehe ich nicht und käme für mich auch nicht in Frage.
GräffChristianCDU4Ich halte eine erbbaurechtliche Bindung von Schulen in der Hand eines landeeigenen Wohnungsbauunternehmens für 37 Jahre für die schlechtere Variante als im direkten Landesbesitz
JuhnkeRobbinCDU1Der Schulentwicklungsplan war nicht valide
JuhnkeRobbinCDU4Ich halte eine erbbaurechtliche Bindung von Schulen in der Hand eines landeeigenen Wohnungsbauunternehmens für 37 Jahre für die schlechtere Variante als im direkten Landesbesitz
SchubertKatinaLinke1bDies gilt für die Zeit rot-roter Regierungsverantwortung, als nach dem Bankenskandal nur sehr kleine haushaltspolitische Spielräume zur Verfügung standen und die haushaltspolitische Strategie darin bestand, über das BVG vom Bund wie zuvor Bremen und das Saarland entschuldet zu werden, was eigene Sparanstrengungen und einen ausgeglichenen Primärhaushalt voraussetzte
SchubertKatinaLinke1cDies gilt für die Zeit der Großen Koalition bis 2016, während derer es nach den Sparmaßnahmen und wirtschaftspolitischen Weichenstellungen zuvor, dann eine deutlich verbesserte Haushaltslage und auch erhebliche Steuermehreinnahmen gab. Die Große Koalition hat aber grundsätzlich nicht nennenswert investiert, weder in Bildung, den ÖPNV, den Wohnungsbau oder in die Bezirke, weil sie sich auf nichts einigen konnte.
SchubertKatinaLinkeSchulsanierung und Schulbau gibt es leider nicht zum Nulltarif und kosten viel Geld, ob das dem Rechnungshof gefällt oder nicht und Berlin hat hier mehr Finanzmittel zur Verfügung gestellt, als die Bundesregierung für ganz Deutschland und das ist demokratisch legitimiert und politisch richtig.
SchubertKatinaLinke3bDIE LINKE kämpft für eine Privatisierungsbremse, aber leider gibt es bislang keine hierfür notwendige 2/3-Mehrheit. So lange es keine „Privatisierungsbremse“ in der Verfassung gibt, hängt es vom politischen Willen zukünftiger Landesregierungen ab, ob es zu Privatisierungen kommt und nicht von der finanzpolitischen Konstruktion der Schulbauoffensive. Die PDS Berlin hat unter rot-roter Regierungsverantwortung den seinerzeit von der Mehrheitsgesellschaft und von Grünen, FDP, CDU und SPD unterstützten  Privatisierungswahn u.a. von Hr. Finanzsenator Sarrazin gestoppt und verhindert, dass BVG, BSR und weitere Landeswohnungsunternehmen privatisiert wurden, was ohne eine Regierungsbeteiligung der PDS bei jeder anderen Regierungskonstellation der Fall gewesen wäre. Erfreulicherweise ist der Zeitgeist heute mittlerweile ein anderer. Eine starke DIE LINKE Berlin ist nach wie vor und weiterhin ein Garant dafür, dass keine Privatisierungen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge stattfinden.
SchubertKatinaLinke5cSo lange die Schuldenbremse existiert, die DIE LINKE ablehnt, weil sie volkswirtschaftlichen, post-Keynesianischen Erkenntnissen völlig widerspricht, keine anti-zyklische Politik ermöglicht, obwohl in Boom-Zeiten gespart und in Krisenzeiten aber investiert werden muss und weil sie auf Kriegsfuß mit der demokratischen Entscheidungsprozessen steht.
SeibeldCorneliaCDU1Der Schulentwicklungsplan war nicht valide
SeibeldCorneliaCDU4Ich halte eine erbbaurechtliche Bindung von Schulen in der Hand eines landeeigenen Wohnungsbauunternehmens für 37 Jahre für die schlechtere Variante als im direkten Landesbesitz
ZanderChristianCDU3bIch schätze das Risiko einer Privatisierung für gering, wenn die politischen Mehrheiten etwa so bleiben wie derzeit / wenn eine „Privatisierungsbremse“ eingeführt wird …-> aber auch bei Regierungswechsel!

Unser Gründungsmitglied Werner Rügemer wird 80

Zum 4. September 2021


Lieber Werner,

wir gratulieren Dir ganz herzlich zu Deinem 80. Geburtstag!

Danke für all Deine Recherchen, Deine Interventionen und Deinen immer kritischen Geist.

Durch Dich sind wir erst auf die Skandale und die Dimension der Privatisierungsform PPP (Public Privat Partnership) aufmerksam geworden!

Wir freuen uns auf viele weitere Jahre der produktiven Zusammenarbeit mit Dir und auf Deine nächsten Artikel und Bücher.

Weiterhin alles Gute und herzliche Geburtstagsgrüße!


Aktive, Mitglieder und FreundInnen von GiB


Aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir einen Beitrag von Werner zum PPP-Projekt bei der Londoner U-Bahn. Derzeit wird nach genau diesem Vorbild die Berliner S-Bahn per PPP ausgeschrieben.

Wir empfehlen die aktuellen Bücher von Werner Rügemer:

Soeben erschienen: BlackRock & Co. enteignen! Auf den Spuren einer unbekannten Weltmacht

2020 erschienen: Imperium EU – ArbeitsUnrecht, Krise, neue Gegenwehr

2018 erschienen: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts. Gemeinverständlicher Abriss zum Aufstieg der neuen Finanzakteure

Viele weitere Veröffentlichungen finden sich auf Werners Website: https://werner-ruegemer.de

Werner Rügemer 2007 zum PPP-Projekt bei der Londoner U-Bahn

Junge Welt, 02.08.2007

Pinkepinke für Private

Public Private Partnership wird zum Milliardengrab für Steuergelder. Das Firmenkonsortium Metronet unterhält Londons U-Bahn und hat nun Insolvenz beantragt

Werner Rügemer

Am 16. Juli [2007] hat das private Firmenkonsortium Metronet in London Antrag auf Insolvenz gestellt. Metronet hatte sich 2003 verpflichtet, den größeren Teil der maroden Londoner U-Bahn zu sanieren und 30 Jahre lang in Schuß zu halten. Jetzt muß aufgrund des Public-Private-Partnership-Vertrags der Staat die Folgen tragen. Schon drei Jahre nach dem Start erweist sich das Projekt als Milliardengrab für die Steuerzahler.

Eine »Blair«-Erfindung

Das Konstrukt Public Private Partnership (PPP) wurde während der Regierungszeit von Anthony Blair entwickelt. Er war mit den katastrophalen Ergebnissen der rabiaten Privatisierungen seiner Tory-Vorgänger, Margaret Thatcher und John Mayor, konfrontiert. Marode Schienennetze, Wasserwerke und Kanalisationen waren von Thatcher an private Investoren verkauft worden. Die Begründung lautete: Der Staat ist erstens pleite, nötig sei die »Mobilisierung privaten Kapitals«. Zweitens sei der Staat für unternehmerische Aufgaben sowieso ungeeignet, Private könnten es besser. Doch die Privaten entnahmen hohe Gewinne, investierten möglichst wenig und entließen Personal. Deshalb mußte wegen Unfälle und ständiger Verspätungen und wegen nicht nachlassender Bürgerproteste der Staat unter Blair die Bahnanlagen teilweise zurückkaufen und mit hohen Zuschüssen selbst für die Reparaturen einstehen.

Die Privatisierungen nach Thatcher-Art waren nicht mehr zu rechtfertigen. In dieser Zwangslage suchte der »neue Sozialist« Blair, der ein genauso überzeugter Privatisierungsfundamentalist war wie seine »konservativen« Vorgänger, einen Ausweg. Seine Regierung unter Anleitung des Schatzkanzlers, des Finanzministers Gordon Brown, ließ von den Freunden in der Berater- und Bankenbranche der City of London eine neue Privatisierungsvariante entwickeln. Sie sollte aber nicht Privatisierung genannt werden. Sie heißt Public Private Partnership (PPP). »Partnerschaft« – das klang gut.

Bei PPP, so das Argument, werde nichts verkauft. Vielmehr treten öffentliche Hand und privater Investor als gleichberechtigte Partner auf, heißt es. Beide sollen ihre jeweiligen Stärken einbringen, beide sollen die Risiken übernehmen, die sie am besten beherrschen. Deshalb bietet nun der private Investor ein Rundum-Sorglospaket, bis zu 30 Jahre lang, und die öffentliche Hand zahlt in diesem Zeitraum ein monatliches oder jährliches Entgelt. Blair, wegen seiner Lügen zugunsten des Irak-Krieges volkstümlich »Bliar« genannt (to lie = lügen, Blair der Lügner), verdient diesen Titel aber mindestens genauso wegen seiner lügenhaften Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Nach dem PPP-Muster wird in England inzwischen in Hunderten Projekten vorgegangen, beim Bau, Sanieren und Betreiben von Schulen, Krankenhäusern, Gefängnissen, Verkehrssystemen, Stadtverwaltungen. Englische Unternehmen, Berater und Banken betrachten PPP weltweit als Exportprodukt. Noch eine Woche vor dem Insolvenzantrag hatte der Industrieverband »Confederation of British Industry« (CBI) gerühmt, das Vereinigte Königreich habe mit PPP die Weltführerschaft bei neuen Finanzierungsmethoden errungen.

Der deutsche Medienkonsument erfährt so gut wie nichts über die Desaster, die sich im Land seiner Erfindung um das neue Wundermittel PPP entwickeln. Die englischen Medien sind seit Jahren voll mit Katastrophenmeldungen. Die Korrespondenten von Handelsblatt, FAZ, Spiegel, ARD, ZDF, RTL bekommen das hautnah mit. So hat die Tageszeitung Guardian seit den ersten Verhandlungen über die Privatisierung der Londoner U-Bahn bis heute immer wieder ausführlich berichtet. Das größte PPP-Projekt Englands und die Folgen sind dort ein Dauerthema, auch im Fernsehen und in den Boulevardblättern. Doch in deutschen Medien taucht die Londoner U-Bahn vor allem auf, wenn es um tatsächliche oder vermeintliche terroristische Anschläge geht. Daß die Privatisierung nach dem PPP-Muster einen Daueranschlag auf die Sicherheit und die Geldbörsen von Millionen Fahrgästen darstellt – dazu herrscht verbissenes Schweigen.

Antrag auf Insolvenz

Metronet stellt im November 2006 fest, daß bis 2010 zusätzlich 3,3 Milliarden Euro notwendig sind, um die vereinbarten Aufgaben zu erledigen. Der Grund seien »gestiegene Kosten«. Deshalb stellte das Firmenkonsortium den Antrag an die Londoner Verkehrsbehörde »Transport for London« (TfL) zunächst auf eine zusätzliche Zahlung von 820 Millionen Euro. Der TfL-Schiedsmann Christ Bolt bewilligte aber nur 180 Millionen Euro. Da unter diesen Umständen die Banken sich weigerten, weitere Kredite zu geben, stellte Metronet Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Nun könnte man fragen, welche Unternehmen hinter Metronet stehen und ob sie hier als verantwortliche Eigentümer nicht eingreifen müßten? Metronet ist ein eigens für dieses PPP-Projekt gebildetes Firmenkonsortium. Es besteht aus fünf Aktionären: dem weltgrößten Waggon- und Lokhersteller Bombardier aus Kanada, dem privatisierten Londoner Wasser- und Abwasserunternehmen Thames Water, dem größten europäischen Energiekonzern Electricité de France (EdF), dem englischen Baukonzern Balfour Beatty und dem englischen Ingenieursunternehmen WS Atkins. Alle sind Globalplayer, die in ihrer Branche zu den größten Unternehmen der Welt gehören.

Sie sind aber zugleich diejenigen, die sich die Metronet-Aufträge untereinander zuschustern. Diese fünf Aktionäre sind somit für die »gestiegenen Kosten« wesentlich verantwortlich: Sie können den Wert der Aufträge ohne Ausschreibung festlegen und damit ihre Gewinne steigern. Sie könnten Metronet unter die Arme greifen, tun es aber nicht. Sie verhalten sich damit ganz legal, weil sie sich auf die PPP-Verträge berufen können. Sie sind nur verpflichtet, mit den jeweils 100 Millionen Euro zu haften, die sie in das gemeinsame Konsortium eingezahlt haben und keinen Cent mehr, unabhängig davon, wie sich die Kosten des Projekts entwickeln.

Einseitige PPP-Verträge

Die Sanierung und Instandhaltung der Londoner U-Bahn wurde im April 2003 unter PPP auf Vorschlag der juristischen Berater der beiden Konsortien und des Staates in drei Verträge aufgeteilt. Ihre Laufzeit beträgt jeweils 30 Jahre. Der Bahnbetrieb und die Infrastruktur blieben bei der Stadtverwaltung, der Abteilung »Transport for London« (TfL) und der London Underground.

Einer der drei Verträge ging an das vom spanischen Bauunternehmen Grupo Ferrovial beherrschte Konsortium Tube Line. Zwei Verträge gingen an das Konsortium Metronet. Insgesamt sollen die beiden Firmengruppen die 275 Stationen, das gesamte Streckennetz, die Tunnels, Depots und Gleisanlagen erneuern und bis Ende 2032 in Schuß halten. Das reguläre Gesamtentgelt der Stadt an Tube Line summiert sich in den 30 Jahren auf etwa 20 Milliarden Euro. Die beiden Verträge des jetzt bankrott erklärten Konsortiums Metronet beziehen sich auf die U-Bahn-Linien Metropolitan, Circle, Hammersmith und East London. Dafür zahlt die Stadt London ein jährliches Entgelt von 950 Millionen an Metronet. Der Gesamtwert dieser regulären Entgelte bis 2032 beträgt etwa 25 Milliarden Euro.

Insgesamt muß also die Stadt London an die privaten Investoren bis 2032 etwa 45 Milliarden Euro zahlen. Das sind die Zahlen, die öffentlich bekannt gegeben wurden. Aber das »etwa« hat es in sich, denn so eindeutig sind die vereinbarten Zahlungsverpflichtungen keineswegs. So beruht die genaue Berechnung der Entgelte nicht auf den tatsächlichen Kosten zum Beispiel für eine Gleisreparatur oder für einen neuen U-Bahn-Zug, sondern auf »Fahrgaststunden« und einem komplexen Bonus-Malus-System (Prämien bzw. Abzüge für gute bzw. schlechte Umsetzung). Dabei bewerten die privaten Investoren allerdings ihre Leistung selbst.

Außerdem sollen nach jeweils 7,5 Jahren, also dreimal während der dreißigjährigen Laufzeit, die Verträge überprüft und neu gefaßt werden. Das birgt weitere Risiken für die öffentliche Hand. Das größte Risiko liegt in folgendem: Sobald die Kosten – aus welchen Gründen auch immer – steigen und die Konsortialeinlage der fünf Aktionäre von jeweils 100 Millionen aufgebraucht sind, muß der Staat für 95 Prozent der neuen Verpflichtungen aufkommen. Die Haftung der Metronet-Gesellschafter ist auf ihre anfängliche Einlage von insgesamt 500 Millionen begrenzt. Das daraus resultierende Risiko ist bereits jetzt nach drei Jahren durch die Insolvenz von Metronet eingetreten.

Ein wichtiges Argument zugunsten von PPP ist der »Lebenszyklus-Ansatz«. Da die Privaten nicht nur bauen und sanieren, sondern auch drei Jahrzehnte lang instandhalten, achten sie, so heißt es, natürlicherweise auch auf die Qualität ihrer Arbeit. Denn je schlechter sie bauen und sanieren würden, desto mehr Folgekosten hätten sie selbst zu tragen. Der Pferdefuß bei dieser Argumentation ist aber, daß der »Lebenszyklus« der Schule, des Krankenhauses, hier des U-Bahn-Systems nach den 30 Jahren Vertragslaufzeit keineswegs beendet ist. Für die 30 oder 50 oder 100 Jahre, die das System nach Vertragsende noch halten soll, übernehmen die Privaten naturgemäß keinerlei Verantwortung. Im Gegenteil: Gegen Ende des Vertrages werden sie, wie man schon aus ihrem jetzigen Verhalten schließen kann, möglichst wenig investieren. Metronet hat trotz der absehbaren Insolvenz 75 Millionen Euro an ihre Aktionäre ausgeschüttet. Und trotz unerledigter Arbeiten hat Metronet jetzt angekündigt, 500 der 5 000 Mitarbeiter zu entlassen, um Kosten zu senken.

Diese keineswegs partnerschaftliche Verteilung der Risiken hat auch damit zu tun, daß nach der Auswahl der beiden besten Anbieter (»preferred bidder«) für die öffentlich-private Partnerschaft, Tube Line und Metronet, zahlreiche Veränderungen gegenüber der Ausschreibung vorgenommen wurden: In »Nachverhandlungen« stiegen die Entgelte der Stadt; die zu erbringenden Leistungen der Privaten wurden reduziert; noch mehr Risiken wurden auf die öffentliche Hand abgewälzt. Sie garantiert den privaten Konsortien einen jährlichen Gewinn von zehn Prozent. Die Verträge sind, wie so oft, geheim. Sie bestehen jetzt aus 28000 Seiten und werden durch Nachträge laufend ergänzt. Sie etablieren eine neue, aufwendige, undurchsichtige Bürokratie.

750 Millionen Euro für die Berater

»Es ist doch erstaunlich, daß keiner der hochbezahlten Berater, die das umfangreiche Vertragswerk ausgearbeitet haben, eine solche Situation vorhergesehen hat.« So läßt sich Tony Travers von der bekannten »London School of Economics« zitieren. Das klingt wie Kritik an den Beratern, ist es aber nicht. Denn die Aufgabe der Berater bestand im Interesse der Investoren wie auch der Bliar-Bande darin, das Risiko hochprofessionell und rechtssicher und gegen hohes Honorar auf die öffentliche Hand abzuwälzen. Das zeigt die Insolvenz von Metronet mit aller Deutlichkeit.

Es waren keine Berater der zweiten Liga, denen mal ein handwerklicher Fehler unterlaufen kann. Vielmehr war hier mit den US-Wirtschaftsprüfern Price Waterhouse Coopers (PWC), Ernst & Young, KPMG und Deloitte & Touche sowie der US-Wirtschaftskanzlei Freshfields die Weltliga angetreten. Sie kassierten aus den öffentlichen Kassen insgesamt etwa 750 Millionen Euro an Beraterhonorare: für die Vorbereitung der komplexen Vertragswerke seit 1998, und dann für die »Begleitung« der öffentlichen Ausschreibung und die Schluß- bzw. Nachverhandlungen mit den beiden Investoren Tube Line und Metronet. Allein Freshfields hatte 24 Anwälte abgestellt.

Blair und Brown folgten verbissen der Behauptung von Price Waterhouse Coopers, die PPP-Version würde einen Vorteil von gut sieben Milliarden Euro gegenüber einer traditionellen Erledigung erbringen. Selbst der Rechnungshof »National Audit Office« machte darauf aufmerksam, daß unter vertraglichen Regelungen dieser Art und für einen 30-Jahres-Zeitraum überhaupt keine annähernd klare Schätzung der Gesamtkosten möglich ist. Die beiden ehemaligen Linksradikalen Blair und Brown drückten aber das PPP-Projekt gegen alle Widerstände als ihr Vorzeigeprojekt durch. Schon 1997 hatten sie eine geheime Beratergruppe eingesetzt, deren Existenz erst 2002 enthüllt wurde.

Blair und Brown konnten sich darauf stützen, daß schon die Regierung Thatcher die Kommunen entmachtet hatte. Das im englischen Parlament im Jahr 2000 beschlossene U-Bahn-Gesetz »Greater London Authority Bill« ist mit 277 Paragraphen das längste und komplizierteste Gesetz der englischen Parlamentsgeschichte seit dem »Government of India Act«, das die Verwaltung und Ausbeutung der Kolonie Indien regeln sollte. Das Gesetz machte PPP für die Londoner U-Bahn verbindlich und legte die Verhandlung der Verträge in die Verantwortung der Zentralregierung. Die Labour-Partei zog mit, weil Blair und Brown argumentierten, PPP sei »keine Privatisierung«, sondern ein »radikaler dritter Weg«. »Dritter Weg« – das hören verstörte Sozialdemokraten gern. Die U-Bahn-PPP ist mit seinen 28000 Seiten der größte Einzelvertrag, den in England jemals eine öffentliche Stelle unterschrieben hat. Blair und Brown wollten damit ihre kreative Wirtschafts- und Finanzpolitik demonstrieren und vielen weiteren PPP-Projekten zum Durchbruch verhelfen. Auch die Europäische Union half mit: Die Berater hatten erreicht, daß die Europäische Entwicklungsbank Metronet einen günstigen 900-Millionen-Euro-Kredit gewährt.

Deshalb nützte es der Londoner Stadtverwaltung unter Bürgermeister Ken Livingstone nichts, sich gegen das PPP-Projekt zu wehren. Livingstone, der auch aufgrund seiner grundsätzlichen Gegnerschaft zur PPP gewählt worden war, wollte die U-Bahn mit traditioneller Finanzierung und möglichst mit eigenen Mitteln sanieren. Er rechnete vor, daß PPP riskant ist und teurer wird. Er ging sogar vor Gericht, verlor aber. Blair hatte auch hier die königliche Justiz im Griff – den Generalstaatsanwalt Baron Peter Goldsmith hatte er selbst berufen und adeln lassen.

Die Folgen

Seit der Privatisierung ist nichts besser, aber vieles schlechter geworden. Leidgeprüfte Benutzer der
privatisierten Bahn in Deutschland werden viel Bekanntes erkennen: Die Londoner U-Bahn ist unpünktlich, die Fahrpreise sind in die Höhe geschnellt. Signale fallen aus, Weichen klemmen, die Motoren der Züge springen nicht an. Unfälle, Entgleisungen und Stopps häufen sich. Einzelne Linien werden bis zu vier Tagen komplett stillgelegt. Sicherheitsbremsen setzen aus. Zuletzt sprang am 5. Juli dieses Jahres zwischen den Stationen Mile End und Bethna Green um neun Uhr morgens ein Zug aus dem Gleis. Ein weiterer Zug blieb stecken. Die Linie war blockiert. Anderthalb Stunden danach begann die Evakuierung der 700 Fahrgäste, 37 waren verletzt.

Wenn die Stadtverwaltung bzw. ihre Abteilung »Transport for London« eigene Ingenieure in die Stationen und Tunnels schicken will, muß sie sich jedesmal mit den Anwälten der Investoren streiten, ob der Zugang erlaubt ist. Da Tube Line und Metronet nach »Fahrgaststunden« bezahlt werden, schicken sie Züge auf die Fahrt, auch wenn nicht alle Sicherheitsbedingungen voll erfüllt sind. Fahrer weigern sich gelegentlich, solche Züge ingang zu setzen, stehen aber unter Druck.

Das zweite Firmenkonsortium, Tube Line, gehört mehrheitlich der Grupo Ferrovial. Dieser Konzern könnte einen Teil der Metronet-Verträge übernehmen. Entschieden ist noch nichts. Ferrovial nützt die Situation aus und will möglichst günstige Bedingungen herausschlagen. Diesem Verhalten spielt der Zeitdruck in die Hände, denn 2012 stehen in London die Olympischen Spiele an. Eine Neuausschreibung der Verträge würde Zeit und Geld kosten, deshalb kann nach PPP-Logik Ferrovial gerade jetzt auf Zeit spielen und die öffentliche Hand am langen Arm verhungern lassen bzw. erpressen. Die andere Lösung bestünde darin, daß die Stadt selbst die Arbeiten übernimmt.

Werner Rügemer als Redner auf der GiB-Pressekonferenz 2012
Werner Rügemer auf dem Bundestreffen der PPP-Irrweg-Kampagne im Gründungsprozess von GiB
Werner Rügemer und Carl Waßmuth auf dem Workshop zu PPP, Kapitalismus-Kongress Berlin 2009