Hechinger PPP-Projekt gescheitert – PPP-Betreiber meldet Regressansprüche an

Der Hechinger Traum von einem Ausbau der örtlichen Schwimmbäder samt Wasserrutsche, Saunalandschaft sowie Fitness- und Physiotherapiebereich ist nun vorerst geplatzt. (Bild: flickr/Therme Loipersdorf)

Der CDU-regierte Stadtrat in Hechingen beschloss im Juni 2009 ein umfangreiches Public-Private-Partnership-Projekt. Die kleine Kreisstadt in der Nähe von Stuttgart wollte ihre sanierungsbedürftigen Badeanstalten für 13,5 Millionen Euro im großen Stil erneuern und ausbauen. Für Hechingen ist ein solches Projekt eigentlich nicht bezahlbar, ein Problem, das zumindest vorerst mit einem privaten Investor umgangen werden sollte. Der Plan ging allerdings nicht auf, das Schwimmbad durfte nicht gebaut werden, der Investor klagt nun sogar gegen die Stadt.

s.a.b. darf das Projekt durchführen

Für den Bau der Schwimmbäder wurde ausgerechnet das Unternehmen s.a.b. aus Friedrichshafen verpflichtet, das, wenn man es positiv formulieren möchte, bereits Erfahrung mit PPP-Schwimmbadprojekten gesammelt hatte: denn s.a.b. zeichnete sich bereits für zwei Schwimmbäder in Hannover und Leimen verantwortlich, deren Abwicklungen alles andere als reibungslos verlaufen waren und die sich für beide Städte im Nachhinein als Fehler erwiesen hatten. In Hannover etwa sieht man sich noch heute mit immer neuen Forderungen des Betreibers konfrontiert, mit denen s.a.b. finanzielle Zugeständnisse und Reduzierungen der eigenen Leistungsverpflichtungen erpresst, damit der Betrieb des dortigen Bades gewährleistet werden kann (der aufzubringende jährliche Zuschuss der Stadt musste inzwischen um knapp 70%, von 636.000 Euro auf 1,08 Millionen Euro erhöht werden). Nichtsdestotrotz sollte s.a.b. aber auch die Hechinger Bauvorhaben leiten und das Bad anschließend 30 Jahre lang in Eigenregie betreiben dürfen.

Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt waren gegen das teure Projekt, sie organisierten sich in einer Bürgerinitiative und sammelten genug Unterschriften, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen. In diesem war die klare Mehrheit (73,1%) gegen die Privatisierung der Stadtbäder. Der Bürgerentscheid scheiterte jedoch trotzdem, denn das notwendige Quorum wurde verfehlt. Letztlich fehlten nur 33 Stimmen, um die Planungen zu kippen.

Die Kommunalaufsicht stoppt das Projekt

Der Weg war also scheinbar frei. Ein Jahr später beschloss die Kommunalaufsicht dann aber „die Genehmigung aus haushaltsrechtlicher Sicht zu versagen, weil die mit dem PPP-Projekt verbundenen Auswirkungen nach der gegenwärtigen Haushalts- und Finanzlage nicht mit einer geordneten Haushaltswirtschaft im Einklang stehen“.

Gegen den Willen der Einwohner und obwohl die Folgerungen der Kommunalaufsicht angesichts der Größe des Projekts und der dafür nicht gerüsteten Stadtkassen plausibel erscheinen, beschloss die Stadtverwaltung das Projekt weiterzuverfolgen und den Bau der Schwimmanlagen einzuklagen. Doch die Gerichte gaben der Kommunalaufsicht recht. Die Stadt scheiterte und gab klein bei. Ein weiterer Klageweg sei „am Ende viel zu teuer“ und es bestünde „nur eine geringe Wahrscheinlichkeit auf Erfolg“, fasste Max Eisenlohr (CDU) die Situation zusammen.

Fazit des gescheiterten PPP-Projekts

Das Ergebnis des PPP-Vorhabens ist damit ernüchternd: Das nicht realisierte und von den Bürgern ungeliebte Vorhaben kostete die Stadt neben viel Arbeit rund 250.000 Euro, Bürgermeister Weber zahlte für die PPP-Entscheidung mit seinem Posten. Doch das Privatisierungsvorhaben ist noch nicht ausgestanden, denn der private Investor s.a.b. hat sich derweil eine neue Strategie überlegt, um dennoch für das nicht gebaute Schwimmbad entlohnt zu werden – er klagt gegen die Stadt und fordert ganze 1,5 Millionen Euro. Das Argument: die Stadt habe gegenüber dem Landratsamt „den Rechtsweg nicht voll ausgeschöpft“, da also nicht weitergeklagt wurde, trage die Stadt eine Teilschuld für das gescheiterte Projekt. Hechingen muss nun darauf hoffen, dass die Klage abgewiesen wird oder die Versicherung der Stadt für die Kosten aufkommt.

Die Abläufe und Konsequenzen dieses Falls sind dabei durchaus typisch für Public-Private-Partnership. Das Beispiel Hechingen muss damit als weiteres Warnsignal für eine Finanzierungsform begriffen werden, die mehr Kosten als Nutzen bringt.

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Bürger entscheiden in Hechingen über Schwimmbad – 16.10.2009 auf tagblatt.de
33 Stimmen fehlen – Bürgerentscheid knapp gescheitert – 18.10.2009 auf tagblatt.de
Kommunalaufsicht lässt PPP platzen – 28.05.2010 auf swp.de
Klage wegen PPP liegt im Landgericht – 17.01.2013 auf schwarzwaelder-bote.de

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