Geisterfahrer: Schäuble und Dobrindt wollen Milliarden für ÖPP im Straßenbau

Aktion gegen Autobahn-ÖPP von GiB und VdStra. Bild: GiB

Aktion gegen Autobahn-ÖPP von GiB und VdStra. Bild: GiB

Pressemitteilung von GiB

Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) weist die neuen ÖPP-Pläne der Bundesminister Schäuble und Dobrindt scharf zurück. Laura Valentukeviciute von GiB bezeichnete die beiden als „politische Geisterfahrer“. Laura Valentukeviciute wörtlich:

„Die Rechnungshöfe haben belegt, dass ÖPP die Steuerzahlenden deutlich teurer kommt. Die Gewerkschaften weisen ÖPP als zu teuer und zu riskant zurück. Selbst Gabriels sehr versicherungs- und bankenlastige Expertenkommission hat eingestanden, dass bisherige ÖPPs erhebliche Systemfehler zu Ungunsten der öffentlichen Hand aufwiesen und möglichen Vorteilen hohe Kosten gegenüberstehen können. Alle fahren in eine Richtung – weg von den ÖPPs. Nur die politischen Geisterfahrer Schäuble und Dobrindt rasen auf der gleichen Fahrbahn in die Gegenrichtung.“

Das Maßstab der von den Ministern vorgeschlagenen Projekte ist beträchtlich: „Die neue Generation ÖPP umfasst rund 600 Kilometer Autobahn und hat ein Investitionsvolumen für den Neubau von rund 7 Milliarden Euro. Hinzu kommen Erhaltungs- und  Betriebsmaßnahmen für die Laufzeit von 30 Jahren in Höhe von weiteren  rund 7 Milliarden Euro.“

Carl Waßmuth von GiB:

„Diese massive ÖPP-Offensive wird begründet mit einem lapidaren Argument: ‚Die Projekte der neuen Generation ÖPP werden […] helfen, den größten volkswirtschaftlichen Schaden zu verringern: den  Stau.‘ Stauvermeidung ist in der Tat ein wichtiges Ziel, für das viele Maßnahmen möglich sind. ÖPP als die teuerste Variante von Straßenbau und -Betrieb lässt sich damit nicht begründen. Würde der teure ÖPP-Betrieb auf alle 12.917 Autobahnkilometer in Deutschland ausgeweitet, würde das 150 Milliarden Euro kosten.“

Wir dokumentieren nachfolgend die „Ergänzenden und abweichenden Positionen der in der Kommission vertretenen Gewerkschaften (IGM, ver.di, IG BCE, IG BAU und DGB)“ im Bericht der Expertenkommission „Stärkung von Investitionen in Deutschland“ „:

„Wir betrachten, anders als im Bericht[1], ÖPP aus folgenden Gründen als keine effiziente und kostengünstigere Alternative zur konventionellen Beschaffung:

  • ÖPP-Projekte kommen in der Regel nicht deshalb zustande, weil die öffentliche Hand sich gegen Investitionsrisiken absichern will, sondern weil sie in ÖPP vielmehr eine Notlösung für fehlende Haushaltsmittel der Kommune sieht. Zudem können Absicherungen gegenüber Baurisiken auch im Rahmen einer konventionellen Beschaffung durchgeführt werden. Bei ÖPP-Projekten ergeben sich im Zusammenhang mit der langen Laufzeit besonders große Vertragsrisiken.
  • Die Ansicht, ÖPP-Projekte seien durch bessere Wirtschaftlichkeit, Termintreue oder eine bessere Risikoanalyse gekennzeichnet als die konventionelle Beschaffung, steht nicht im Einklang mit den vorliegenden wirtschaftstheoretischen und empirischen Erkenntnissen.[2] Auch in Großbritannien, dem Land mit der umfangreichsten Erfahrung bei der Anwendung des ÖPP-Ansatzes, sind – so das Ergebnis einer Untersuchungskommission des britischen Unterhauses[3] – durch ÖPP-Projekte eher Kostensteigerungen erzeugt worden. Vor der Durchführung vor ÖPP-Projekten realisierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind bislang in der Regel nicht objektiv und verzerrt zugunsten von ÖPP durchgeführt worden.
  • Die Berichte des Bundesrechnungshofes und der Landesrechnungshöfe bestätigen, dass ÖPP mit höheren Kosten verbunden sind, gleichzeitig aber häufig auch mit höheren Risiken.[4]“

[1] Bericht der Expertenkommission „Stärkung von Investitionen in Deutschland“ im Auftrag des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel.
[2]  Vgl. Beckers et al. (2014); Hodge und Greve (2009).
[3] Vgl. House of Commons (2010).
[4]  Vgl. Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder (2011); Bundesrechnungshof (2014).

Die Pressemeldung von BMF „Bund startet Neue Generation von ÖPP-Projekten“ http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2015/04/2015-04-30-PM17.html

 

1 Kommentar

  1. Eigentlich ist in diesem Zusammenhang endlich einmal ein Generalangriff auf die verlogene „Schuldenbremse“ fällig, die unsere neoliberalen Volksvertreter seinerzeit listig sogar in die Verfassung platziert haben.

    Begründung :

    1. Durch die auch jetzt wieder forcierte ÖPP-Pläne der Wirtschafts-, Finanz- und Verkehrsminister übertritt die Regierung selbst diese Verfassungsregeln und lässt von Privaten Schulden aufnehmen, die später jahrzehntelang doch aus öffentlichen Mitteln getilgt werden müssen.

    2. Die Regierung schließt in einer Niedrigzinsphase langfristige Verträge mit Privaten ab und ersetzt ihnen sogar Zinsbelastung sowie Kosten aller Art. Da offenbar auch noch zusätzliche Gewinngarantien gegeben werden, schädigen die Minister die öffentlichen Haushalte in unverantwortlichen, aber geschickt versteckten Projekten.

    Da diese massiven Verfassungsverletzungen durch die Ausklammerung von Schattenhaushalten kaschiert und scheinlegalisiert werden, gibt es nur eine Lösung: die überfällige Rücknahme der marktradikalen Schuldenbremse und eine öffentliche Diskussion über die verfassungswidrigen Gabriel-, Dobrindt-, Schäuble-Pläne.

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