Fragen und Antworten der Partei Die Linke zum Schulbau Berlin

S. Leidig, A. Hofreiter, D. Bartsch und G. Schermer am 15. Mai 2017 gegen Privatisierung vor dem Reichstag, Foto: Rolf Zöllner

Die Linke Berlin hat sich am vergangenen Freitag einige Fragen gestellt und gleich selbst beantwortet. Ob es wirklich „häufig gestellte Fragen“ sind, wagen wir zu bezweifeln. Wichtige Fragen fehlen aus unserer Sicht noch. Gleichwohl erlaubt der Text eine Auseinandersetzung mit einigen Inhalten. Da auf der Seite der Linken keine Kommentare erlaubt sind, dokumentieren wir den Text mit kurzen Kommentaren auf unserer Seite  – und bitten die Leserinnen und Leser, ebenfalls Kommentare zu verfassen. Wir beginnen mit den Fragen 1 – 10. Eine Datei mit der Beantwortung aller 18 Fragen steht hier.


1. Warum entwickelt der Senat aktuell ein Schulbau- und Sanierungsprogramm?

Der Sanierungsstau bei den Berliner Schulen ist riesig. Zusätzlich hierzu braucht die Stadt dringend deutlich mehr Schulplätze, denn die Zahl der Schüler*innen wächst in den nächsten sieben Jahren um etwa 75 000. Dafür brauchen wir nach gegenwärtigem Stand 59 neue Schulen. Zusammen ergibt sich daraus ein Investitionsbedarf von mindestens 5,5 Milliarden Euro.

GiB: Weder für die 5,5 Mrd. Euro noch für die 75.000 zusätzlichen Schüler*innen in den kommenden sieben Jahren wurden bisher Belege vorgelegt. Die Summen erscheinen uns deutlich zu hoch.

Je länger wir uns damit Zeit lassen, desto teurer wird es. Vor allem bieten fehlende Räume und marode Schulen keine guten Bedingungen für gute Bildung. Diese Aufgabe können die Bezirke nicht allein bewältigen. Deshalb wollen wir die Zusammenarbeit zwischen dem Land und den Bezirken bei Schulbau und -sanierung verbessern.

2. Warum werden Sanierung und Neubau nicht wie bisher auch abgewickelt?

Bisher waren die Bezirke für die Schulsanierung verantwortlich.

GiB: Genau. Das ist so auch in der Landesverfassung geregelt. Soll die Landesverfassung denn geändert werden? Rot-Rot-Grün hat dazu ja gar nicht die erforderliche Mehrheit.

In der Vergangenheit standen aber weder das Personal noch die notwendigen Investitionsmittel zur Verfügung, um den Sanierungsstau abzubauen. Obwohl versucht worden ist, mehr Geld in die Schulsanierung zu investieren, konnten die Bezirke diese Mittel vor allem aufgrund des Personalmangels in ihren Bauämtern nicht ausgeben. In Zukunft soll das Land die Bezirke direkt unterstützen und die Finanzierung für Personal und Investitionen langfristig abgesichert werden.

GiB: Das Land möchte Kompetenzen im Schulbau an sich ziehen. Dabei hat Berlin keine guten Referenzen für zentrale Steuerung: BER, Staatsoper …

Da die nötigen Ausgaben von 5,5 Milliarden aus dem Landeshaushalt allein nicht zu stemmen sind, soll eine öffentliche Gesellschaft für Schulbau und Sanierung gegründet werden.

GiB: Dass die nötigen Ausgaben für die Schulen aus dem Landeshaushalt allein nicht zu stemmen sind, ist nicht richtig. Die Linke macht auch nicht einmal den Versuch, das zu belegen. Die „öffentliche Gesellschaft für Schulbau und Sanierung“, die gegründet werden soll, soll eine privatrechtliche GmbH sein. Die GmbH samt den dann darin enthaltenen Schulen könnte leicht verkauft werden – im Gegensatz zu den Schulen in ihrer jetzigen Organisationsform. Und sie kann eigenständig Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPPs) veranlassen.

3. Was ist neu an der »Schulbauoffensive« in Berlin?

Erstens das Volumen – es geht um die größte Infrastrukturinvestition in der jüngeren Berliner Geschichte. Zweitens sollen in einem Zehn-Jahres-Programm alle Neubauten und alle mittleren und großen Sanierungsmaßnahmen zusammengefasst und verlässlich finanziert werden.

GiB: Dass ein Vorhaben groß sein soll, macht es noch nicht gut. Im Gegenteil: Großprojekte haben ihre eigenen, zusätzlichen Schwierigkeiten. Was die Linke mit Stolz zu erfüllen scheint, beunruhigt uns. Auch das Abheben auf ein Zehn-Jahres-Programm erscheint uns problematisch. Der jetzige Senat ist nur für fünf Jahre gewählt. Danach muss man weiter sehen.

Es ersetzt damit das Stückwerk an Kleinmaßnahmen und den Wirrwarr an Finanzierungstöpfen der letzten Jahre, in denen die Schulsanierung ständig unterfinanziert war und Neubau so gut wie gar nicht stattfand. Drittens wird erstmals seit vielen Jahren ausreichend Geld für den Unterhalt der Gebäude zur Verfügung gestellt, damit ein neuer Sanierungsstau erst gar nicht entsteht. Viertens erfordert dieses Programm eine Zusammenarbeit aller Ebenen, mehr Personal und neue Strukturen sowie deutlich schnellere Prozesse, als bisher in Berlin üblich waren.

Wir wollen: die Beteiligung von Bezirken, Schulen, Gremien und Expert*innen an einzelnen Maßnahmen stärken. Das Programm muss unter Einbeziehung der Bezirke konzipiert, nach Maßgabe der Bezirke umgesetzt und in der Umsetzung eng durch das Abgeordnetenhaus, die beteiligten Gremien und die Öffentlichkeit begleitet werden.

GiB: Die Beteiligung von Bezirken, Schulkonferenzen, Bezirks-Elternausschüssen und des Landeselternausschusses wird für alle betroffenen Schulen komplett gekappt. Die neue „Schul-GmbH“ ist allein dem Eigentümer und dem Grundsatz des wirtschaftlichen Handelns verpflichtet.

4. Wie viele Schulen sollen gebaut bzw. saniert werden?

Das Sanierungsprogramm durch die Bezirke, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die Landesgesellschaft betrifft alle Schulen, bei denen eine Sanierung nötig ist. Besonders wichtig ist der Ausbau der Schulplätze in den nächsten Jahren. Bis 2019 sollen deshalb Ergänzungsbauten an 73 Schulen vorgenommen werden, die direkt aus dem Landeshaushalt finanziert werden. Bis Ende des Jahres 2017 sind bereits 33 Ergänzungsbauten fertiggestellt worden. Darüber hinaus werden insgesamt 59 neue Schulen gebaut, von denen 20 schon geplant sind. An 10 Standorten entstehen Schulen in beschleunigten Verfahren. 20 Neubauten mit 140 Klassenzügen sind bis zum Jahr 2024 nötig und werden durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gebaut. Die öffentliche Schulbaugesellschaft soll dann bis 2028 rund 20 Neubauschulen bauen und 12 Großsanierungen übernehmen.

GiB: Und wie groß soll das Finanzvolumen sein, das man der „öffentliche Schulbaugesellschaft“ (der Schul-GmbH) übertragen möchte? Die 59 neuen Schulen sollen etwa 3,0 Mrd. Euro kosten. Das ist auch schon recht teuer – 50 Mio. Euro pro Schule. Nach den obigen Angaben sollen „rund“ 20 Schulen von der Schul-GmbH gebaut (und später auch betrieben?) werden. Die Großsanierungen werden über 10 Mio. Euro kosten  – sonst blieben sie ja in der Regie der Bezirke. Nimmt man durchschnittlich 15 Mio. Euro an, summiert sich das übertragene Volumen auf stattliche 1,2 Mrd. Euro. Das ist in etwa der Betrag, den auch ursprünglich der BER kosten sollte. Dort liegt man mittlerweile bei 5,4 Mrd. Euro.

5. Wie soll die Schulbauoffensive funktionieren?

In Zukunft wird es Neubau- oder Sanierungsmaßnahmen in drei Kategorien geben. 1. Für Maßnahmen, die bis zu 10 Millionen Euro kosten, sind prinzipiell die Bezirke zuständig. 2. Maßnahmen zwischen 5,5 Millionen und 10 Millionen können die Bezirke aber an die Landesebene abgeben, wenn sie die Baumaßnahmen nicht selbst bewerkstelligen können. 3. Maßnahmen über 10 Millionen Euro sollen in Zukunft auf Landesebene verantwortet werden und durch eine öffentliche Schulbau- und Sanierungsgesellschaft realisiert werden.

Hinzu kommt, dass die Bezirke zur Bewältigung ihrer Maßnahmen in Regionalverbünden zusammen arbeiten werden, um durch gemeinsame Planungs- und Genehmigungsprozesse die Last zu verteilen. In diese Kooperation ist auch ein gemeinsames Vorgehen zur Einstellung von deutlich mehr Personal eingeschlossen. Die Bezirke werden eine gemeinsame Geschäftsstelle für Schulsanierung einrichten. Diese Kooperationen werden durch das Land finanziell gesondert unterstützt. Die Taskforce Schulbau auf Landesebene sorgt für die Beteiligung der Verwaltungen und der Fraktionen an der Umsetzung der Initiative. Schulische Bauausschüsse begleiten die einzelnen Maßnahmen schon vor der Planungsphase und bis in die Umsetzung hinein.

Bei großen Baumaßnahmen soll in Zukunft die noch zu gründende Landesgesellschaft einspringen. Hierfür bekommt sie die betreffenden Grundstücke für eine festgelegte Zeit verpachtet, damit diese zur Finanzierung über Kredite als Sicherheit herangezogen werden können.

GiB: Hier wird (unserer Kenntnis nach) erstmals eingestanden, dass Schulgrundstücke als Sicherheiten für Bankkredite herhalten sollen. Juristisch falsch ist allerdings, dass das mit einem Pachtvertrag möglich ist. Das geht nur mit Erbbauverträgen, die sich von Pachtverträgen erheblich unterscheiden. Geht die Schul-GmbH insolvent (und auf diese Möglichkeit haben bereits die Bezirksbürgermeister hingewiesen), so fallen die Erbbauverträge an die Banken – das ist nun mal der Sinn von Sicherheiten.

Das Land Berlin erhält die Grundstücke nach Ablauf der Pachtverträge …

GiB: … also nach 10, 20 oder 30 Jahren … (eine ziemlich lange Spanne, finden Sie nicht? Was würden Sie sagen, wenn man zu Ihnen sagt: Geben Sie mir mal Ihr Haus oder Ihr ganzes Geld: Sie bekommen es auch sicher wieder – nach 10, 20 oder 30 Jahren! Wir würden uns zunächst fragen: Und was ist solange? Bezogen auf die Schulen heißt das: Das Eigentum an den Schulen ist weg! Mit allem Drum und Dran, Hausrecht, Verfügungsgewalt, Bestimmung über Werbung und digitale Infrastruktur, Mitmieter, Schulessen, Schulreinigung, Facility Management uvm … ).

… ohne finanzielle Belastungen dafür aber mit neu gebauten beziehungsweise sanierten Schulen zurück.

GiB: Klingt fast wie im Märchen, oder? Fragt sich nur, wie dieses Märchen garantiert werden kann. Unserer Kenntnis nach gibt es dafür keine rechtssichere Möglichkeit – noch nicht einmal durch Änderung der Landesverfassung. Dort könnte man bestenfalls regeln, die Abgabe der Grundstücke zu verbieten. Aber abgeben und dann sicher wiederkriegen – diese Rechtskonstruktion gibt es nicht. Auch nicht durch Erbbau – siehe Banksicherheiten oben. Auch die Privatisierung der Wohnanlagen der Karl-Marx-Allee begann mit Erbbauverträgen … und jetzt sind sie doch irgendwie dauerhaft verkauft …

6. Sind die Pläne des Senats öffentlich einsehbar?

Es gibt noch keinen abgeschlossenen Plan. Daran wird laufend gearbeitet. Anfang des Jahres 2018 soll eine konkrete Planung vorgelegt werden. Der Senat hat nach seinem Beschluss über die Grundzüge der Schulbauoffensive unter der Drucksachennummer 18/0351 öffentlich berichtet. Dieser Stand ist allerdings teilweise von den fortschreitenden Planungen überholt. Die Grundlagen sind in der Koalitionsvereinbarung gelegt. Der Senat will zum Ende des Jahres eine konkrete Übersicht über alle Sanierungsmaßnahmen für jede Schule veröffentlichen.

GiB: Hier wird offen zugegeben, dass man keinen funktionierenden Plan hat. Eine Übersicht benötigt man übrigens nicht so dringend wie vielmehr der Beginn aller Maßnahmen, die schon beplant sind. Eine Übersicht über alle Sanierungsmaßnahmen der nächsten 10 Jahre ist schneller veraltet als erstellt. Allerdings drängt die Zeit – jetzt sofort könnten Schulen saniert werden. Dieses Zögern ist fahrlässig! Was aber hinsichtlich der Öffentlichkeit viel wichtiger ist: Alle Verträge und Dokumente mit der Schul-GmbH werden geheim sein. Anfragen von Bürgerinnen und Bürger nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) können ohne weiteres zurückgewiesen werden – diese fatale Gesetzeslücke beklagt die Berliner Datenschutzbeauftragte seit 2011.

7. Warum kann das nötige Geld nicht einfach aus dem Landeshaushalt finanziert werden?

Um den Sanierungsstau an den Schulen zu beheben und ausreichend neue Schulen zu bauen, müssen mindestens 5,5 Milliarden in zehn Jahren bereitgestellt werden. Die Ausgaben für die Schulsanierung und den -neubau konkurrieren dabei mit anderen wichtigen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, zum Beispiel für Straßen, öffentliche Gebäude, Sportanlagen, Hochschulen und Radwege. Will man von dem gesteckten Ziel nicht abrücken oder an anderer Stelle einsparen, wird eine Kreditaufnahme nötig.

GiB: Es wurde oben schon angedeutet, dass die 5,5 Mrd. Euro keine belastbare Zahl darstellt. Aber auch die Aussage, dass ausgerechnet für den Schulbau eine Kreditaufnahme nötig ist, entbehrt einer logischen Begründung. Wenn das Geld für alles zusammen nicht ausreicht, muss für alles zusammen ein Kredit aufgenommen werden, oder nicht? Oder man muss etwas bleiben lassen, und das kann nicht der Schulbau sein, für den ein Daseinsvorsorgeauftrag besteht. Aber vielleicht bekommen klima- und gesundheitsschädliche Verkehrsträger weniger Geld?

Aufgrund der Schuldenbremse darf sich das Land Berlin aber in Zukunft nicht mehr neu verschulden.

GiB: Die Schuldenbremse gilt ab 2020. Aber was ist mit 2018 und 2019? Dort könnten Kredite aufgenommen werden, die auch für 2020 und 2021 ausreichen. Dann sind Neuwahlen und die neue Regierung ist dran und darf sich Fragen zur Verschuldung stellen. Das ist nicht Aufgabe dieser Regierung. Aber selbst ab 2020 stellt sich die Frage, ob die Schuldenbremse tatsächlich Investitionen verbietet. Einem Kredit für eine neugebaute Schule steht der Wert der neugebauten Schule gegenüber. Die Vermögensbilanz bleibt also ausgeglichen. Niemand hat bisher Erfahrungen mit möglichen Verstößen gegen die Schuldenbremse. Es erstaunt aber doch ein wenig, dass ausgerechnet die Partei „Die Linke“ schon heute jeder Mut fehlt, der Schuldenbremsenlogik entgegenzutreten. Schon heute zu privatisieren ist vorauseilender Gehorsam.

In Zeiten niedriger Zinsen deshalb auf Investitionen in die marode Infrastruktur zu verzichten, wäre wirtschaftlich aber nicht sinnvoll.

GiB: Zunächst muss die Daseinsvorsorge ohnehin aufrechterhalten werden – das gebietet die Verfassung. Und dann ist wirtschaftlich nie sinnvoll, Infrastruktur lange verfallen zu lassen – das gilt unabhängig von der jeweiligen Zinshöhe. Und dann sind die Zinsen derzeit für die öffentliche Hand besonders niedrig – warum also nicht da zugreifen?

Die einzige Möglichkeit dieses Problem zu lösen, ist die Finanzierung durch eine öffentliche Gesellschaft, die nicht durch die Schuldenbremse betroffen ist und deshalb selbst Kredite aufnehmen kann. Die Schulbaugesellschaft soll Kredite in Höhe von etwa 1,2 Milliarden Euro aufnehmen.

GiB: Das ist keinesfalls die einzige Möglichkeit. Aber es ist interessant, dass die Linke hier das TINA-Prinzip von Margret Thatcher aufgreift. Man kann die Schulen aus dem Haushalt bezahlen – und R2G tut ja genau das. Für 2017 wurden 830 Mio. Euro bereitgestellt, voraussichtlich konnten nur 260 Mio. Euro verbaut werden bleiben 570 Mio. übrig. Die kann man 2018 und 2019 zu den dort schon bereitgestellten Mittel hinzugeben. Oder man kann einen Landeskredit aufnehmen. Wo steht noch einmal, dass genau für die Schulen und genau 1,2 Mr. Euro fehlen?

Wir wollen: Die Kreditaufnahme für den Schulbau soll zu den gleichen Konditionen, also Zinssätzen, Laufzeiten und so weiter, erfolgen, die auch dem Land Berlin zustünden.

GiB: Was die Linke will, wird die kreditgebenden Banken nicht interessieren. Die Höhe der Zinsen wir durch die Risikoeinschätzung bestimmt, zumeist geschieht das durch ein Rating. Und dabei wird das Risiko eines Kreditausfalls bei landeseigenen GmbHs höher eingeschätzt als beim Land selbst. In Hamburg lagen die Zinsen für das Sondervermögen Schulimmobilien Hamburg in den letzten Jahren zwischen 2,8 bis 5,1 Prozent höher als die Zinsen vergleichbarer anderer landeseigener Unternehmen. Ergo sind die Zinsen auch in Berlin höher und es entstehen den Berlinerinnen und Berlinern Mehrkosten in Höhe von vielen Mio. Euro. Auch wenn es die Linke gar nicht wollte.

Keinesfalls darf mit Schulgrundstücken oder den Baukrediten spekuliert werden. Das kann durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen bei der Gründung der Gesellschaft sichergestellt werden.

GiB: Die Abgabe von Grundstücken als Sicherheiten reicht doch aus, um die volle Spekulationsfähigkeit herzustellen. Die Banken können diese Kredite samt Sicherheiten weiterverkaufen – auch an Hedgefonds mit Sitz in Steueroasen. Und die Schul-GmbH kann ihre Aufträge und die mit den Bezirken abgeschlossenen Mietverträge weiterverkaufen  – das nennt man dann ÖPP.

8. Welche Form soll die Schulbaugesellschaft haben, was heißt »privatrechtlich« und was bedeutet in dem Zusammenhang »GmbH«“?

Die genaue Form der Gesellschaft ist noch nicht entschieden. Der Senat plant derzeit die Gründung einer Tochtergesellschaft der HOWOGE, die sich genau wie die Muttergesellschaft zu 100% im Eigentum des Landes Berlin befinden soll. Die Diskussion auf Senatsebene, zwischen den Koalitionsfraktionen und den Bezirken sowie die Verhandlungen mit der HOWOGE laufen noch. Sicher ist, dass die neue Gesellschaft privatrechtlich organisiert sein muss, damit sie nicht unter die Regelungen der Schuldenbremse fällt und die nötige Kreditfinanzierung für große Baumaßnahmen organisieren kann.

GiB: Wenn Schulbau, Schulgebäude und Schulgrundstücke an eine privatrechtliche Gesellschaft übertragen werden, dann ist das eine Privatisierung. Man mag das mögen oder nicht, aber der Begriff wird durch die wissenschaftliche Konvention festgelegt. Wer nun meint, hier handle es sich um Wortklaubereien, der möge sich die Deutsche Bahn vor Augen halten: Die DB AG ist zu hundert Prozent öffentlich. Aber für ihre Kredite zahlt sie höhere Zinsen, ihre Verträge hält sie geheim, Grundstücksverkäufe sind häufig, auch Spekulationen mit Grundstücken (wie z.B. in Stuttgart). Die DB AG hat ihre Belegschaft halbiert, lässt die ihr anvertrauten Bahnbrücken verfallen und verlangt für das alles vom Bund jährlich Milliarden an Zahlungen. Und man wird auch kaum jemanden finden, der sagt, dass die DB AG kundenfreundlich ist. Zum Dezember werden wieder die Fahrpreise angehoben – seit Jahren ist die Steigerung doppelt so hoch wie die Inflationsrate.

Die Gesellschaftsform könnte dann eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sein. Aufgabe der Gesellschaft soll dabei nicht nur die Aufnahme von Krediten sein, sondern auch die konkrete Umsetzung von Baumaßnahmen.

GiB: Die Privatisierung endet nun nicht mit der formellen oder Rechtsform-Privatisierung. Erst auf diesem Weg wird eine umfassende materielle Privatisierung ermöglicht. Das gilt sowohl für die Schul-GmbH als Ganzes als auch für die Erbbauverträge. Und auf der Projektebenen der Schul-GmbH wird mit ÖPP ein „innerer Ausverkauf“ ermöglichet, der im Ergebnis einer materiellen Privatisierung nahekommt.

9. Woher soll das Personal für die Schulbaugesellschaft kommen, wenn schon heute für diese Aufgabe Personal in den Bezirken fehlt?

Der Personalmangel in der öffentlichen Verwaltung stellt uns überall vor neue Herausforderungen. Insbesondere im Bereich Bauplanung, Baugenehmigung, Controlling und Vergabe gibt es Engpässe.

GiB: Der Personalmangel ist ja nun kein externes Ereignis, sondern das Ergebnis von eklatantem Politikversagen – auch des letzten rot-roten Senats.

Um die Konkurrenz einerseits zwischen den Bezirken untereinander, und andererseits zwischen den Bezirken und der Hauptverwaltung zu senken, soll Berlin sich als einheitlicher Arbeitgeber präsentieren. Die Werbung um Bewerberinnen und Bewerber sowie die Ausschreibungsverfahren sollen wenn möglich gemeinsam erfolgen. Gleichzeitig werden Möglichkeiten wie ein duales Studium stärker genutzt. Das Land wird auch die Möglichkeiten von Zuschlägen und schnellerer Höhergruppierung stärker als bisher nutzen. Ziel des Senats ist es, die Stellen in Bezirken und auf Landesebene attraktiver zu machen, Ausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten in der Verwaltung zu erhöhen und die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zu verbessern. Das kommt auch einer neuen Schulbau- und Sanierungsgesellschaft zu gute.

GiB: Hier werden Forderungen aufgegriffen, die GiB am 3.11.2017 öffentlich präsentiert hatte. Die Forderungsübernahme erfolgt allerdings nur dem Klang nach, nicht nach dem vollständigen Inhalt. Wer heute im Stellenportal des Landes „Ingenieurberufe“ eingibt, bekommt nur wenige und überdies schlecht bezahlte Stellen angeboten. Die Bezahlungsmöglichkeiten werden offenbar nicht ansatzweise ausgeschöpft! Dabei drängt es angeblich doch so. Wenn hier Dutzende oder sogar hunderte Stellen besetzt werden sollen, so hat diese Initiative noch nicht begonnen. Warum?

10. Wie wird verhindert, dass eine Schulbaugesellschaft höhere Löhne zahlt und damit den Bezirken das Personal für die vielen kleinen nötigen Sanierungsmaßnahmen abgräbt?

Welche Löhne eine noch zu gründende Gesellschaft zahlt wird durch deren Geschäftsführung, die Arbeitnehmer*innenvertretung und das Land Berlin als Gesellschafter entschieden. Zunächst einmal besteht für die Bezirke kein Nachteil.

GiB: Zunächst …

Dass die Bezirke mehr Stellen in den Hochbauämtern bekommen, ist bereits beschlossenen.

GiB: Wie viele Stellen denn? Mit welcher Vergütung? Befristet oder unbefristet? Bis wann zu besetzen?

Die Bezirke können die benötigten Fachkräfte bereits einstellen, bevor die neue Gesellschaft überhaupt existiert.

GiB: Aber mit der bisherigen angebotenen unterirdischen Bezahlung wird das so nicht klappen. Und auch wenn die Bezahlung noch deutlich steigt – wenn die neue GmbH besser bezahlt (und auch ansonsten etwa gleich gute Bedingungen bietet), wer sollte die Fachkräfte dann in den Bezirken halten? Das ist wohl mit dem Wort „zunächst“ oben gemeint. Wenn  aber den Bezirken (und dem Land) die Fachkräfte wieder weglaufen, ist nichts gewonnen! Aus der Aussage wird aber noch etwas deutlich, das in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte. Was besagt denn der Halbsatz „bevor die neue Gesellschaft überhaupt existiert“? Die neue Schul-GmbH wird es lange gar nicht geben! Und lange meint „Jahre“. Wenn es Land und Bezirke schaffen, im kommenden Jahr 100 zusätzliche Ingenieure und Architekten anzustellen, sind sie gut. Wahrscheinlich wird es aber länger dauern und sie werden nicht so viele bekommen – man wird als Ingenieur und Architekt derzeit überall gesucht und meist viel besser bezahlt als im öffentlichen Dienst. In dieser Zeit soll die neue GmbH noch gar nicht existieren. Und dann wird sie selbst hunderte Leute einstellen und einarbeiten. In dieser Zeit wird sie zwar existieren, aber kaum in relevantem Umfang Schulen bauen oder sanieren. Dabei soll sie 1,2 Milliarden Euro verbauen, sonst platzt der Plan des Senats. Es ist völlig absehbar: Diese Schul-GmbH wird in dieser Legislaturperiode weder eine Schule neubauen noch eine einzige der ihr übertragenen Großsanierungen abschließen!

Wir wollen: Auch in Zukunft soll die Stellenbesetzung und der Stellenausbau in den Verwaltungen der Bezirke gestärkt und beschleunigt werden. Gleichzeitig werden Möglichkeiten wie ein duales Studium stärker genutzt. Das Land wird auch die Möglichkeiten von Zuschlägen und schnellerer Höhergruppierungen stärker als bisher nutzen. Damit können die Bezirke dann besser auch mit der Landes- und Bundesebene um qualifiziertes Personal konkurrieren.

GiB: Dieser Weg ist der einzige, der zu schnellen Sanierungen und zu Neubau führen kann. Aber „gestärkt, beschleunigt, stärker genutzt“ bedarf dringend einer sehr konkreten und ernsthaften Hinterlegung. Im dualen Studium ist bisher von einer zusätzlichen Klasse (mit  20 StudentInnen)  die Rede.  Benötigt werden aber hunderte!  Im Bereich der Ausbildung ist im Moment sogar noch ein Abbau der wichtigen Oberstufenzentren im Gange. Auch die klassischen Studienplätze müssen massiv ausgebaut und die Wohnraumfrage für Studierende gelöst werden. Bisherige Ausschreibungen mit einem Angebot von ca. 3100 Euro Brutto sind völlig unattraktiv und werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unbesetzt bleiben – oder mit jemandem besetzt werden, die oder der nicht imstande ist, das Stellenprofil auszufüllen. Selbst neu angestellte Grundschullehrer erhalten demnächst 5100 Euro im Monat. Bauen im Bestand ist so wenig etwas für Berufsanfänger wie die Bewältigung von Großprojekten mit 59 Schulneubauten. Ein Tölpel kann hier so viel anrichten wie fünf nicht gerade biegen können. Man wird also gute und erfahrene Fachkräfte benötigen, und auch auch einige sehr gute und sehr erfahrene. Und man wird Führungskräfte benötigen, die die guten und sehr guten Fachkräfte anleiten und koordinieren können. Keine dieser genannten Fachkräfte wird man für 3100 brutto im Monat bekommen, und die meisten auch nicht für 5100 Euro im Monat. Statt sich also der „der größten Infrastrukturinvestition in der jüngeren Berliner Geschichte“ zu rühmen, bevor sie auch nur im Ansatz begonnen hat, sollte die Linke glasklar sagen, wie sie die die größte Personaleinstellungsaktion in der jüngeren Berliner Geschichte plant und bewältigt. Denn ohne Fachkräfte müssen die Damen und Herren der Linken es selbst machen.

Zwischenfazit

Die Linke privatisiert Schulen und Schulbau und will es aber nicht „wollen“. Gleichzeitig gibt sie implizit zu, dass die für die Privatisierung erforderliche GmbH jahrelang nicht bauen wird – und dass man weiß, wie eigentlich der Schulbau gestärkt werden könnte. Diese Stärkung – der massive Ausbau des zuständigen Personals im öffentlichen Dienst – wird aber völlig stiefmütterlich behandelt. Man möchte den Damen und Herren von der Linken zurufen: Geht den Personalausbau mit der gleichen Verve an wie jetzt die geplante Privatisierung – und lasst das privatisieren bleiben. Das ist das Beste für die Schulen und alle, die damit zu tun haben – und vielleicht wählen euch dann auch welche wieder.

4 Kommentare

  1. Es ist zugegebenermaßen schwierig, etwas, das zuvor jahrelang versäumt wurde, unter schwierigen Bedingungen wie Fachkräftemangel in der nötigen Schnelligkeit zu beheben. Aber wenn ich mir als linke Partei eine andere Politik als die neoliberale Privatisierung auf die Fahnen geschrieben habe, darf ich nicht so weitermachen wie bisher. Auch wenn es auf den ersten Blick mit anderen Vorzeichen wie öffentlich-öffentliche Partnerschaft daherkommt. Ich finde es toll, wie es GIB gelingt, die Schwachpunkte des Senatsprojekts dezidiert und im Detail herauszuarbeiten.

  2. Gerlinde Schermer schreibt:

    Warum entwickelt der Senat aktuell ein Schulbau- und Sanierungsprogramm?
    Diese Frage stellt der Linken niemand, denn es ist jedem Berliner klar, dass die öffentlichen Schulen in Berlin über die Jahre auch unter Rot/ROT mit Regierungschef Wowereit und der Ansage „Sparen bis es quietscht“ kaputt gespart wurden. Hinter der nicht gestellten Frage wird eine Antwort gegeben, die eine Rechtfertigung für nicht Geklärtes darstellen soll. Deshalb wird mit ganz großen Zahlen operiert. 5,5 Mrd. Euro und „in den nächsten sieben Jahren wächst die SchülerInnenzahl um etwa 75.000“.

    Ach. Stimmt das überhaupt? Mit großen Zahlen schürt man Ängste nach dem Motto „Das schaffen wir ohne private Partner nicht, dafür brauchen wir eine privatrechtlich organisierte GmbH, die Generalaufträge vergibt und dafür selbst Kredite aufnehmen kann“ .
    Uns interessieren die Zahlen sowohl in den Ausgaben und den Finanzquellen nach Jahresscheiben bis zum Ende der jetzigen Legislatur. zudem auch die Informationsquellen. für die Annahmen.

    Ausgangslage:
    Im Haushalt 2017 /2018 sollen nach einer komprimierten Darstellung des beim RdB zuständigen Bürgermeisters Kleebank folgende Zahlen stehen:
    1. Investitionen der Bezirke 94 Millionen €/105 Millionen €
    2. Berufsbildene Schulen, zentral verwaltet 9 Mio.€/2 Mio..€
    3. Schulsanierunsgprogramm 96/Mio€/ 120 Mio..€
    4. SIWANA 71 Mi.€/64 Mio.€
    5. Baulicher Unterhalt 114 Mio.€ /160 Mio.€
    6. Übriges 10 Mio.€/ 19 Mio.€

    Macht in Summe im Haushalt eingestellte Mittel für 2017 insgesamt 394 Millionen und für 2018 insgesamt 516 Millionen. 2019 sollen es dann 552 Mio.€ sein und 2020 535.Mio.€
    Diese Zahlen müssen sich im Haushalt Berlins ausfinanziert finden lassen.
    Es geht bei eine „Offensive“ jetzt darum dieses Geld zu verbauen. Darüber sollte die Partei die LINKE heute reden. Was ist da alles zu tun!

    Das Etat Recht des Parlaments darf nicht ausgehebelt werden. Unzulässig ist es übrigens Finanzierungsarten zu mischen. Dem steht das Gebot von „Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit“ entgegen.

    Die Quelle für die 75.000 zusätzlichen Schüler scheint mir das SPD Papier der AG Schule von Böhning/Schneider vom 8.7.2016 zu sein. Da werden Annahmen getroffen, eine Studie gibt es nicht.
    Folgende Daten für die zusätzlichen Schüler werden da angegeben
    für allgemeinbildende Schulen und Berufsschulen
    2016/2017 6.743 SchülerInnen und Minus 1153 für Berufsschülerinnen
    2017/2018 6.540 SchülerInnen und 1.610 BerufsschülerInnen
    2018/2019 8.390 SchülerInnen und 1.350 BerufsschülerInnen
    2019/2020 9.070 SchülerInnen und 1.480 BerufsschülerInnen
    2020/2021 9.750 SchülerInnen und 660 BerufsschülerInnen
    2021/2022 10.990 SchüleIinnen und 1.000 BerufsschülerInnen
    2022/2023 9.600 SchülerInnen und 1.400 BerufsschülerInnen
    2023/2024 7.620 SchülerInnen und 2.720 BerufsschülerInnen
    2023/2025 6.430 SchülerInnen und 2.580 BerufsschülerInnen
    Wie viel der zusätzlichen Schülerzahlen kann durch Ausschöpfung der Kapazitäten und Wiedereröffnung stillgelegter Schulen beseitigt werden?
    Hat die Partei die LINKE diese Annahmen der SPD über angebliche zusätzliche Schülerzahlen im Jahr 2017 neu verifiziert, nach Abklingen der sogenannten Flüchtlingskrise? Gibt es eigene Gutachten? Wenn ja, können wir die einsehen?. Denn bisher haben solche langfristigen Prognosen über Bevölkerung und Wachstum doch nie gestimmt! Wir verlangen, dass die LINKE in dieser Legislatur weiß, was da zu erwarten ist und wie sie es löst. Darüber hinaus ist Wolkenkuckucksheim. Bitte: wo konkret wird für die Jahre 2017/2018 und 2019/2020 mit der zusätzlichen Schülerzahl gerechnet? Es nützt ja nichts an der falschen Stelle zu bauen! Nach Angaben der AG Schule SPD sind schon 22.300 Plätze in der Planung bis 2019 enthalten. Also Butter bei die Fische. Darüber ist zu reden. Über diese konkreten Bauvorhaben und deren Bewältigung wollen wir etwas hören, stattdessen übt sich die Linke in Begründungsarien über eine angeblich nötige Schulbau GmbH im privaten Recht mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Landeseigene Unternehmen unterfallen selbst dann nicht dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG), wenn sie sich vollständig in der Hand des Landes Berlin befinden und unternehmerische Entscheidungen vollständig vom Land Berlin getroffen werden. Das wissen alle, die Informationen begehren!
    Schulen gehören ins öffentliche Recht! Eine Flucht ins Privatrecht darf die Linke nicht mitmachen.

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