Entwicklung der Kleingartenflächen in Berlin

von Angelika Paul

In Berlin steht in Charlottenburg-Wilmersdorf am 25. Mai ein Bürgerentscheid zum Erhalt der Kolonie Oeynhausen an. Dieser Artikel soll die Situation der Kleingartenanlagen in Berlin und die politischen Hintergründe beleuchten.

Kleingartenflächen in Berlin

Blühende Bäume in Kleingartenanlage. Fot: Angelika Paul
Blühende Bäume in Kleingartenanlage. Foto: Angelika Paul

Blühende Obstbäume bringen ein herrliches Leuchten in die Stadt. Vögel singen, Bienen summen. Mensch und Natur lacht das Herz. Dahinein mischt sich dumpfes Baggerbrummen, angedroht von der öffentlichen Hand. Erholungssuchender Mensch und die ums Überleben kämpfende Natur erstarren.

Politische Entscheidungsträger sorgen entgegen ihrer Beteuerungen dafür, hervorragend funktionierende Grünstrukturen in Berlin zu vernichten, die in anderen Städten mühsam aufgebaut werden, um dort die Lebensqualität in gesundheitlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht für die Stadtbewohner zu verbessern. 2010 gibt es 3064 Hektar öffentliches Kleingartengrün, also Stadtgrün in Berlin, dessen Pflege von Einrichtungen der Bezirksämter nicht leistbar wäre. Das übernehmen Kleingärtner mit viel Herzblut und Geld auf 74.526 Parzellen. 2013 gibt es laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 9 Kolonien, 1100 Parzellen und 46 Hektar weniger. Insgesamt ist die Hälfte der Kleingärten seit Kriegsende in Berlin verschwunden. Durch Verdichtung des Geschosswohnungsbaus wird mehr Bedarf an Grünflächen, zu denen Kleingartenanlagen zählen, geschaffen. Es besteht bereits ein Defizit an wohnungsnahen öffentlichen Grünflächen, und es ist wichtig, aufgrund der Verdichtung der Stadt mehr wohnungsnahe Grünanlagen zu schaffen. Die immer länger werdenden Wartelisten zeigen das große Interesse vor allem junger Berlin-Bewohner an einem Kleingarten.

KGA Famos, Pankow, plattgemacht 2012. Foto: Angelika Paul
KGA Famos, Pankow, plattgemacht 2012. Foto: Angelika Paul

Für 2040 stellt sich der Senat die Stadtentwicklung im Stadtentwicklungsplan Verkehr 2025 ((Stadtentwicklungsplan Verkehr 2025. Nachhaltig unterwegs. Broschüre der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt)) ohne Grünerhalt vor, die Rede ist nur von reduziertem, veränderten und umgeleiteten Verkehr, wodurch die Wohnqualität erhöht und Klimaprobleme gelöst werden sollen. Der „Stadt der kurzen Wege” bleiben durch Wegradierung vieler Grünflächen wie Kleingartenanlagen für die Naherholung nur noch weite Wege, die Alte, Kranke und Gebrechliche, Kinder und Einkommensschwache, nicht leisten können. Soll diesen Menschen wirklich die Naherholung vorenthalten werden?

Die Fehler in der Waldwirtschaft will die Politik dahingehend korrigiert haben, die instabilen Kiefernwälder in stabile, naturnahe Mischwälder umzuwandeln, die Humus bilden und Wasser speichern. Diese Bäume sollen dann als Grüne Lunge Berlins dienen. Straßenbäume und wohnungsnahe Kleingartenanlagen mit ihrem enormen Baumbestand sollen hingegen nach dem Willen von entscheidenden Politikern immer mehr aus dem Stadtbild verschwinden.

Ohne Wasser können weder Pflanze noch Tier oder Mensch leben. Ohne die wohltuenden Effekte städtischen Grüns werden Menschen krank und haben weitere Nachteile. Wie das Wasser erfüllt das Stadtgrün, wozu der Senat NICHT die Kleingärten zählt, die laut Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller wie Brandenburger Tor, Fernsehturm und Grunewald zu den Markenzeichen Berlins gehören ((Das bunte Grün. Kleingärten in Berlin. Broschüre der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/kleingaerten/downloads/Kleingartenbroschuere.pdf)), wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge, die die Lebensqualität der Stadtbewohner positiv beeinflussen:

  • Verbesserung des Klimahaushalts (Ökosystemdienstleistungen wie Frischluftschneise, Kühlung)

  • Verbesserung des Naturhaushalts (Ökosystemdienstleistungen wie Erhalt der Artenvielfalt)

  • Verbesserung der Wohnqualität (grünes Umfeld)

  • soziale und Integrationsfunktionen (Alte, Junge; Reich, Arm, Deutsch, Einwanderer usw.)

  • Bildungsmöglichkeit für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Soll sie ihnen genommen werden? (Woher kommt das Obst und Gemüse? Aus dem Supermarkt?)

  • wichtiger Teil der Berliner Stadt- und Alltagskultur

  • Kleingärten als Medizin (Erholung / Gesundheit)

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KGA Guter Wille Britz, gegründet 1922. Foto: Angelika Paul

Obwohl die meisten Anlagen in Berlin auf eine Tradition, deren Wurzeln weit ins 19. Jahrhundert zurückreicht, zurückblicken und Teil des Berliner Stadtbildes sind, sind sie nicht gesichert, sondern ihre Bewirtschaftung durch Bürger wurde durch die aktuelle Politik nur für einen gewissen Zeitraum versprochen. Sie werden vom Senat als Bauerwartungsland angesehen und teilweise in den Liegenschaftsfonds überführt. So hat sich scheibchenweise der Kleingartenbestand seit Kriegsende halbiert.

Kommt ein Investor, wird das öffentliche Grün, das durch viele fleißigen Helfer (u.a. Familien mit Kindern, Alte, Arme, Kranke), die dafür auch noch bezahlen, bewirtschaftet wird, verhökert, z.B. für Luxus-Wohnungsbau. Nicht nur Nahrerholungsflächen kommen den Stadtbewohnern abhanden, sondern auch der Erhalt des friedlichen sozialen Miteinanders und somit ein hohes Maß an Lebensqualität.

Wollen Sie auf auf Stadtgrün in Ihrem Wohnumfeld verzichten? Sollen Ihre Kinder und Kindeskinder darauf verzichten? Wollen Sie auf sozialen Frieden in Ihrem Umfeld verzichten?

 

Die politische Situation der Kleingartenflächen in Berlin

Plakat zum Bürgerentscheid am 25. Mai 2014 zum Erhalt der 110 Jahre alten Wilmersdorfer Kolonie Oeynhausen. Foto: Angelika Paul
Plakat zum Bürgerentscheid am 25. Mai 2014 zum Erhalt
der 110 Jahre alten Wilmersdorfer Kolonie Oeynhausen. Foto: Angelika Paul

„Wo immer es geht”- Es geht immer weniger… Die schriftlichen Aussagen in Hochglanzbroschüren des Senators für Stadtentwicklung und Umwelt, Michael Müller, widersprechen den Taten.Die Bedrohung des Gemeinguts Kleingärten erfolgt durch die Senatspolitik: Dort wird im Moment ein riesiger Druck hinsichtlich Wohnungsneubau aufgebaut. Es ist richtig, dass Wohnungen fehlen, und natürlich muss auch durch aktive Wohnungspolitik Einfluss auf das Mietniveau genommen werden. Aber was da derzeit abgeht, ist der Wolf im Schafspelz. Die meisten neugebauten Wohnungen, die da geplant sind, werden nicht billig sein. Auch ist immer viel Gewerbe dabei, wie z.B. auch bei dem Vorschlag zum Tempelhofer Feld (dort ist es ein Drittel, und das, obwohl Gewerbeleerstand herrscht!). Gleichzeitig treibt der Senat durch sein Verhalten die Immobilienpreise hoch. Die ganzen letzten Jahre hat der Liegenschaftsfonds Grundstücke verschleudert, von denen klar war, dass man sie langfristig für die Wohnungspolitik braucht. Wo ist dieses Geld jetzt? Kann man dafür gleich viele und genauso gut gelegene und geeignete Grundstücke zurückkaufen? Es ist dies der übliche Kreislauf: Erst privatisieren, dann teuer zurückkaufen.

In den letzten 12 Jahren mussten 5000 Kleingärten und etwa 15 Kolonien gehobenem Wohnungsbau und Gewerbeprojekten weichen, vor allem in begehrten Innenstadtbereichen. Schon mehr als 50 Prozent der Kleingärten sind seit Kriegsende aus der Stadt verschwunden, und das Koloniesterben geht ungebremst weiter. Knapp 75.000 Parzellen existieren noch in Berlin.>Anders als Senator Müller in der Broschüre Das bunte Grün – Kleingärten in Berlin suggeriert, sollen nach seinem Willen bis zum Jahr 2030 so viel wie möglich Gärten, die gerade bei jungen Leuten äußerst begehrt sind, aus Berlin verschwunden sein ((Stadtforum 2030, Startseite: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/stadtentwicklungskonzept/de/stadtforum/index.shtml)). Stolz schreibt Silke Robel im IHK-Blatt 2/2014, S. 37: In Werkstätten und öffentlichen Stadtforen mit über 200 Fachleuten und Bürgern hat die IHK Berlin seit Februar 2013 eine führende Position der Wirtschaft in der Berliner Stadtentwicklungsstrategie erstritten ((Silke Robel: Stadtentwicklungskonzept. Wirtschaft mit führender Position. IHK Berlin. Berliner Wirtschaft 2/2014, S. 37)).

600.000 Euro bezahlt… 25 Millionen Euro Schadenersatz!

Das nächste Opfer soll die Wilmersdorfer Kolonie Oeynhausen sein. Der politische Wille zu deren Vernichtung kennt keine rechtsstaatlichen Grenzen. Diese werden von Politikern mit Tricksereien umgangen und versucht, Tatsachen in ihrem Sinne, also Bebauung des Geländes mit Luxuswohnungen statt Kleingärten, zu schaffen. Der rot-grüne Bezirk, der noch 2011 vollmundig der Kolonie versprochen hat, dass sie die Kleingärten im Bezirk erhalten will, hat der Kolonie nun einen Kompromiss angeboten: Nur die Hälfte der Fläche wird bebaut, die andere Hälfte soll Kleingartenanlage bleiben. So gewinnt der Investor Geschossfläche. Wie ist das möglich? Ganz einfach: Die ursprünglich dreietagige Bauweise, die in dieser Gegend erlaubt und üblich ist, verwandelt sich in ein sechsgeschossiges Gebäude. Dabei vermehrt sich die ursprüngliche Geschossfläche von 64.000 Quadratmeter auf 79.000. Aus 100 Prozent Geschossfläche werden durch den „Kompromiss” 123 Prozent. Die amerikanische Heuschrecke soll gewinnen, nur die Kleingärtner und die Anwohner sollen (Lebensqualität) verlieren, abgesegnet durch den diesen Deal abstreitenden Stadtentwicklungs- und Umwelsenator Michael Müller (SPD), wie die Sendung Klartext vom rbb zeigt ((Recherchen vom rbb: http://www.rbb-online.de/klartext/archiv/20140416_2215/buergerentscheid-zur-kolonie-oeynhausen.html
Infos zum Bürgerentscheid über die Zukunft der Wilmersdorfer Kolonie Oeynhausen: http://www.baeume-oder-beton.de/
Notizen zum Vorschlag der Zählgemeinschaft Rot-Grün im Rathaus Charlottenburg-Wilmersdorf in der amtlichen Mitteilung zum Volksentscheid: http://blog.klausenerplatz-kiez.de/archive/2014/03/19/frage_was_sind_12100_unterschr
Detaillierte Hintergrundinformationen: http://www.kleingaertnerverein-oeynhausen.de/tagebuch/
Bürgerinitiative Schmargendorf braucht Oeynhausen: http://www.oeynhausen-retten.de/
Mehr zur Kolonie: http://www.kleingaertnerverein-oeynhausen.de/oeynhausen-muss-%C3%BCberleben-weil/)). Der Investor hat 600.000 Euro für das Gelände bezahlt und beansprucht 25 Millionen Euro Schadenersatz, falls er seine Baupläne nicht verwirklichen kann. Es stellt sich die Frage, warum die für den Bezirk entscheidenden Akteure nicht vertraglich solcher utopischen Geldvermehrung einen Riegel vorgeschoben haben, wie es die Stadt Kiel beim umstrittenen Verkauf von Kleingartengelände für den Investor Möbel Kraft tat ((Bürgerbegehren in Kiel zum Stopp eines Möbelareals auf Kosten von Kleingärten – Kaufvertrag (S.5 – Kein Anspruch auf Planungsrecht): http://buergerentscheid-kiel.de/wp-content/uploads/2014/02/KaufVertrag_Krieger.pdf
Städtebaulicher Vertrag: http://buergerentscheid-kiel.de/wp-content/uploads/2014/03/ds_0722_2011_anlage_1_staedtebaulicher_vertrag-2.pdf
Mehr: http://www.buergerbegehren-kiel.de/)).

Bei der Europawahl 2014 werben die Grünen mit ihrem Anspruch als ökologisch orientierte Partei. Wird dieser Anspruch vergessen, wenn es auf Bezirksebene möglich ist, diesen umzusetzen? Ist die Umwelt vergessen und zählt nur noch der schnöde Mammon? Insider behaupten, bei solchen Geschäften der Aufgabe von Gartenkolonien für Bauvorhaben fließt nicht so knapp Bakschisch. Geben Politiker ihrer Überzeugung für ein paar tausend Kröten den Gnadenstoß? Verraten und verkaufen sie für Geld ihren Eid, zum Wohle des Volkes zu agieren?

Plakat an dem erhalten gebliebenen Teil der KGA Famos in Pankow. Foto: Angelika Paul
Plakat an dem erhalten gebliebenen Teil der KGA Famos in Pankow. Foto: Angelika Paul

Bestimmte Politiker kennen keinen Pardon, wenn sie private Interessen durchsetzen möchten: Tatsachen wurden ein Jahr im voraus geschaffen, bevor das Abgeordnetenhaus über den den Bau der A100 entscheiden konnte: Der Bau der A100 wirft seinen finsteren Schatten auf Treptow. Obwohl es noch kein Baurecht gibt, wird ein 12,5 Hektar großes Kleingarten-Areal in Neukölln ohne Rücksicht auf den Artenschutz zerstört. Die Kleingärten sollen am Ende dieser Saison geräumt werden. In der Beermannstraße sollen 5 Häuser (die Hausnummern 20 und 22) und 21 Kleingartenparzellen der Abrissbirne, Kettensäge und Betontrasse weichen. Den MieterInnen wurde zum Sommer gekündigt, gleichwertige Wohnungen in ähnlicher Lage sind für sie unerschwinglich ((Bau der Autobahnverlängerung A100: http://www.a100stoppen.de/rubrik/kleingaerten/))).

Der Berliner Mietspiegel ist so angelegt, dass Luxuswohnungsbau und Neuvermietungen in der Umgebung zu Mietpreissteigerungen der Bestandswohnungen führt. Die Kappungsgrenze beträgt 20 Prozent in drei Jahren. Wer kann auf solche Einkommenssteigerungen blicken, dass er solche Mieten ohne Verlust des Lebensstandards bezahlen kann? Diese Art Sozialpolitik führt zur Gentrifizierung, also Verdrängung der – ärmeren – angestammten Bevölkerung, die in Berlin während der Mauerzeiten ausharrte, und Zuzug wohlhabener Bevölkerungsgruppen. Dies führt zur sozialen Entmischung und bedroht den sozialen Frieden. Es könnte auch zu Verhältnissen wie in London kommen, das schon länger auf eine aggressive, neoliberale Wohnungspolitik blickt. Dort gibt es eine sogenannte Bedroom Tax (Bettensteuer).
Exkurs: Bedroom Tax (Bettensteuer)

Mieter/innen, die in Sozialwohnungen leben und Mietzuschüsse bekommen, müssen diese Abgabe zahlen, wenn sie mehr Zimmer bewohnen, als ihnen zugebilligt wird. Pro Person oder Paar wird ein Schlafzimmer als notwendig anerkannt. Kinder unter zehn Jahren sollen sich ein Zimmer teilen, ebenso gleichgeschlechtliche Kinder unter 16 Jahren. Hat die Wohnung mehr Schlafzimmer, wird die Bedroom Tax fällig. Sie bedeutet eine Kürzung der Mietzuschüsse von 14% bei einem „Extrazimmer“ und von 25% bei zwei oder mehr. Insgesamt sind rund 670.000 Mieter/innen betroffen… Die Regierung bezeichnet die Bedroom Tax als „Sanktion gegen Unterbelegung“. Es sei nicht hinzunehmen, dass sozialer Wohnraum untergenutzt bliebe, während gleichzeitig viele Menschen auf Wartelisten stehen oder in überbelegten Wohnungen leben. Tatsächlich aber geht es um den Abbau sozialstaatlicher Leistungen im Rahmen der Sparpolitik, da es gar nicht genügend kleine und günstige Wohnungen gibt, auf die betroffene Mieter/innen ausweichen könnten ((Patrick Carmody: Gegen Bedroom Tax und Sozialabbau. Der Widerstand von Mieterorganisationen und Gewerkschaften nimmt zunehmend Gestalt an. MieterEcho 364, Dezember 2013: http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2013/me-single/article/gegen-bedroom-tax-und-sozialabbau.html)) . So werden wildfremde Menschen in diese „unterbelegten” Wohnungen eingewiesen, mit denen es nicht selten zu Reibereien kommt.

 

Die Täuschung der Bürger durch Politiker ist quasi ein gut eingeübter Selbstläufer: Auch 1994 beteuerten sie ihre Wertschätzung für Kleingärten und opferten sie gleichzeitig – auch wenn es Alternativen gibt, z.B. „Die Hälfte aller Kleingärten soll dieser Betonpiste [Nordtangente in Hohenschönhausen] weichen, obwohl 200 m nördlich unbebaute Ackerflächen bereitstünden….” ((Berliner Gartenfreund, Februar 1994, S. 2/19)). Das betrifft die Kleingartenanlage (KGA) Am Außenring mit 320 Parzellen in einer nicht gerade grünverwöhnten Wohngegend.

Die Liste der Gartenvernichtung gegen den Willen von Anwohnern lässt sich schier endlos fortsetzen. Insider sagen, dass bei solchen dubiosen Verkaufspraktiken Geld in private Taschen fließt. Reicht es, wenn ein Investor mit Scheinen winkt, und schon wird der politische Entscheidungsträger schwach und verrät in Gutsherrenmanier seinen Eid, zum Wohle des Volkes zu agieren?

Flaechenpotenziale_in_Berlin_fuer_Siedlungs_und_Verkehrsbau_kleinWas regt Berliner Regionalpolitiker zu kreativem Rechnen an: Innerstädtische Berliner Kleingärten werden als bebaute Flächen angesehen, die für eine Nachnutzung offenstehen – ohne Anrechnung auf das 30 ha-Budget. Dabei protzt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz mit dem reichlichen Flächenpotenzial, das in Berlin Investoren zur Verfügung steht. Senator Michael Müller und seine Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt sind stolz auf Berlins biologische Vielfalt ((Berlins Biologische Vielfalt. Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt. Begründung, Themenfelder und strategische Ziele. Broschüre der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/natur_gruen/naturschutz/downloads/publikationen/biologische_vielfalt_strategie.pdf)) und das für viele Jahre reichende innerstädtische Flächenpotenzial von 2470 ha ((Flächenentwicklung in Berlin 1991 – 2010 – 2030. Broschüre der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/flaechenmonitoring/download/Flaechenentwicklung_in_Berlin_2010.pdf)), wovon Kleingartenflächen nur 171 ha, also 7 Prozent, ausmachen. Er stellt Kleingartenanlagen als „Markenzeichen Berlins” ((Das bunte Grün. Kleingärten in Berlin. Broschüre der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/kleingaerten/downloads/Kleingartenbroschuere.pdf)) heraus und betont u.a., dass nicht nur Familien, Berufstätige, Arbeitslose und Rentner mit geringem Einkommen sich kostengünstig und gesund ernähren und erholen können, sondern diese grünen Oasen auch ein wohnungsnaher Hort der Entspannung für Anwohner darstellen. Das städtische Verkehrsaufkommen wird reduziert, die Grünflächen verringern die Luftverschmutzung, sie sind Frischluftschneisen, und Niederschläge können versickern und den Grundwasserkörper auffüllen. Mikroklima und Wasserhaushalt der Stadt profitieren davon.

Raed Saleh, Fraktionsvorsitzender der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, schreibt: Das Begehren nach den wertvollen Flächen nimmt zu – es locken hohe Profite, vor allem im Wohnungsbau. Doch die Kleingärten gehören zu Berlin wie das Brandenburger Tor. Ich finde nicht, dass wir für den Wohnungsbau zusätzliche Kleingärten auflösen müssen, weil es immer noch genug andere Flächen gibt. Ihr Raed Saleh. 22.04.2013 ((http://www.spd-spandau.de/themen/kleingaerten/)).

Dabei verliert Berlin laufend Kleingartenflächen. 2010 gab es noch 934 Kleingartenkolonien mit 74.526 Parzellen auf 3064 Hektar; 2013 waren es 9 Kolonien mit 1100 Parzellen und 46 Hektar weniger, wodurch circa 6.400 Bäume und gesetzlich besonders und streng geschützte Tierarten wie Igel, Frosch, Fledermäuse, Wildbienen und Libellen vernichtet wurden, Dem stehen 10.861 Bewerbungen um Kleingärten vor allem junger Leute gegenüber.

Im Stadtforum 2030, das vom Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz Michael Müller initiiert wurde, mit sogenannten Werkstattgesprächen und Stadtforen mit ausgesuchten Bürgern und über 200 Fachleuten hat die IHK Berlin seit Februar 2013 eine führende Position der Wirtschaft in der Berliner Stadtentwicklungsstrategie, die die Vernichtung weiterer Kleingartenanlagen vorsieht, erstritten, wie sie in ihrer Zeitschrift Berliner Wirtschaft 2/2014 bekanntgibt.

Spätestens im Jahr 2020 enden in Berlin gemäß dem Kleingartenentwicklungsplan 2004 die Schutzfristen für 6563 Kleingärten auf landeseigenen Flächen. Weitere 90 Kleingartenanlagen auf landeseigenen Flächen sollen in Bauland umgewandelt werden. Dadurch sind weitere 10 Prozent der Kleingartenflächen vom AUS bedroht. Es verschwindet dadurch nicht nur ein Stück Lebensqualität, sondern auch ein Stück Natur mit seiner Artenvielfalt, der Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller im Maßnahmenkatalog zum Erhalt von Berlins Biologischer Vielfalt unter die Arme greifen will. Außerdem werden durch die Errichtung von Luxuswohnungen die Mietpreise über den Mietspiegel in die Höhe getrieben; sie werden für die angestammte Bevölkerung immer schwerer bezahlbar und führen zur Verdrängung aus deren Kiez.

Will oder kann Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller, der gleichzeitig oberster Schirmherr für den städtischen Umweltschutz ist, die von ihm propagierten Maßnahmen zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt und damit zum Schutze unserer Lebensgrundlagen nicht durchsetzen? Soll für den Profit von einigen wenigen geht die Lebensqualität von hunderten, wenn nicht tausenden Menschen verlorengehen?

Es gibt Straßen in Berlin, wo die Baumscheiben wie Gärtchen gestaltet sind. Mit der Umwandlung von Gartenland in Bauland geht auch diese Möglichkeit verloren, denn die Gebäude werden unter maximaler Ausnutzung des Grundstücks gebaut – ohne Vorgärtchen, ohne Innenhof, und der Bürgersteig ist so schmal, dass kein Straßenbaum mehr hinpasst. Die Ausstellung zur Stadtentwicklung zeigt im Gebäude des Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller, wie Berlins Zukunft stadtplanerisch aussehen soll. Balkone, Fassaden und Dachbegrünung sind NICHT vorgesehen. Einige Straßenbäume sind nur an wenigen repräsentativen Plätzen zu sehen.

Mit dieser Art Städtebau, den London und Paris schon länger praktizieren, kommen auch deren Probleme zu uns. Vor lauter Smog können die Menschen kaum noch atmen.

Die Bäume im Garten entsprechen den Kriterien für widerstandsfähige Bestände, die dem Berliner Wald fehlen: eine breite, standortgerechte Artenmischung von Obstbäumen in genetischer Vielfalt und natürlicher Alterszusammensetzung. In den Kleingärten werden regelmäßig junge Bäume in größerer Zahl nachgepflanzt als durch zusammenbrechende Altbäume verlorengehen. So wird deren Wegfall kompensiert.

Die Schrebergärten sind kleinteilig strukturierte Ökosysteme, sie schaffen Nischen und Lebensraum für viele gesetzlich besonders und streng geschützte Tierarten wie Igel, Fledermäuse, Vögel, Frösche, Solitärbienen und Hummeln. Gilt heute noch das Urteil zu Naturschutz geht vor Eigentum, das im Mai 1994 im Berliner Gartenfreund auf S. 5/28 veröffentlicht wurde?:

Regelungen in einer Naturschutzverordnung, die die Nutzbarkeit eines Privatgrundstücks einschränken, sind nicht als Enteignungen zu werten. Derartige Regelungen sind vielmehr zulässige Bestimmungen vom Inhalt und Schranken des Eigentums, so dass eine Entschädigung durch den Staat ausfällt. (Bundesverwaltungsgericht, Az.: 7C 26/92

Kleingärtner pflegen Öffentliches Grün und tragen zur Erreichung wichtiger Ziele der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt bei, unter anderem: Erhalt des Grundwasserkörpers unter Berlin, der genetischen Vielfalt bei Obst und Gemüse, gebietseigener Pflanzen, der urbanen Vielfalt und des Naturerlebens sowie den Erhalt der Artenvielfalt und des Biotopverbundes.

Wohin geht Berlin bei der Entwicklung der Kleingartenflächen?

Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller sieht das ausgezeichnete Potenzial Berlins als grüne Metropole als Chance und Auftrag gleichermaßen. Lebensräume, Ökosysteme, Tier- und Pflanzenarten und deren genetische Ressourcen sollen im Einklang mit der Fortentwicklung der Stadt erhalten bleiben ((Berlins Biologische Vielfalt. Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt. Begründung, Themenfelder und strategische Ziele. Broschüre der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/natur_gruen/naturschutz/downloads/publikationen/biologische_vielfalt_strategie.pdf))

Die Absichtserklärungen der Politik lassen Gutes vermuten. Sind die Zeichen auf den Erhalt des laut Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller Berliner Markenzeichen Kleingarten gestellt? Machen es unsere Politiker den Hamburgern nach, die ihre städtischen Kleingartenflächen noch erweitern? Oder sind es nur Sprechblasen, die Bodenspekulanten wie Luftballons zerplatzen lassen können? Geht für den Profit von einigen wenigen die Lebensqualität von hunderten, wenn nicht tausenden Menschen unwiderbringlich verloren?

Der Kleingartenentwicklungsplan von 2004 ist auf der Grundlage eines Beschlusses des Berliner Abgeordnetenhauses zum Flächennutzungsplan 1994 erarbeitet worden. Die Stadt hat sich seit 1994 anders entwickelt, als damals geplant. Trotz des deutlich geringeren Bevölkerungszuwachses seit 1994 sind 15 Prozent der gesamten Kleingartenflächen realisierten und auch nicht realisierten Baumaßnahmen zum Opfer gefallen.

Der derzeitige Kleingartenentwicklungsplan für insgesamt 925 Kleingartenanlagen enthält kaum Entwicklungspotenzial für Kleingärten und keine Ersatzflächen bei Verlusten. [Dabei ist die Politik laut Bundeskleingartengesetz zur Bereitstellung von Ersatzflächen verpflichtet!] Nur etwa 130 Kleingartenanlagen sind durch Bebauungspläne gesichert ((Petra Pau, Partei Die Linke in Bunte Antworten auf grüne Fragen. Im Deutschen Bundestag haben in dieser Legislaturperiode 27 Parlamentarier Sitz und Stimme. Vier von ihnen baten wir als Vertreter ihrer Fraktion um die Beantwortung von fünf Fragen zum Kleingartenwesen. Gartenfreund, April 2014, S. 4/8 – 4/10))

Renate Künast, ehemalige Bundesvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und 2010 Herausforderin des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), ist nicht der Meinung, dass das Instrumentarium des Kleingartenentwicklungsplans geeignet ist, den derzeitigen Bestand an Kleingartenanlagen in Berlin dauerhaft festzuschreiben.  Das sieht man ja an den sieben Kolonien, für die im November letzten Jahres Schluss war. In den vergangenen vier Jahren waren es 34 Kleingartenanlagen, die der Senat gekündigt hat, allein 11 für die überflüssige A100-Verlängerung… Der KEP [Kleingartenentwicklungsplan von 2004] stellt nur eine Absichtserklärung dar. Wenn die Fläche nicht planungsrechtlich abgesichert ist, kann es mit dem Laubenglück schneller vorbei sein, als sich die Winde am Zaun hochrankt ((Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen in Bunte Antworten auf grüne Fragen. Im Deutschen Bundestag haben in dieser Legislaturperiode 27 Parlamentarier Sitz und Stimme. Vier von ihnen baten wir als Vertreter ihrer Fraktion um die Beantwortung von fünf Fragen zum Kleingartenwesen. Gartenfreund, April 2014, S. 4/8 – 4/10)).

Der Polit-Krimi um die Vernichtung der Wilmersdorfer Kolonie Oeynhausen

Renate Künast sagt in der Befragung des Gartenfreundes nicht JA zum Erhalt der Berliner Kleingartenanlagen, sondern vertritt „maßvolle” Nachverdichtung ((Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen in Bunte Antworten auf grüne Fragen. Im Deutschen Bundestag haben in dieser Legislaturperiode 27 Parlamentarier Sitz und Stimme. Vier von ihnen baten wir als Vertreter ihrer Fraktion um die Beantwortung von fünf Fragen zum Kleingartenwesen. Gartenfreund, April 2014, S. 4/8 – 4/10)). So steht die 110 Jahre alte Wilmersdorfer Kolonie Oeynhausen nun nach Willen der Zählgemeinschaft aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen vor dem Aus, die im Kleingartenentwicklungsplan von 2004 noch nicht einmal als Baureserve ausgewiesen worden war. Um ihre Entscheidung durchzusetzen und vollendete Tatsachen zu schaffen, bedienen sich die Politiker Mitteln, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen wenig zu tun haben. Sie täuschen das Gericht, Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller wird vom Investor um Hilfe gebeten und wird von seiner Verwaltung im Stich gelassen, die gegen gesetzliche Grundlagen entscheiden sollte ((Sendung des rbb vom 16. April 2014: André Kartschall: Klartext. Demokratie schwer gemacht? Bürgerentscheid zur Kolonie Oeynhausen. http://www.rbb-online.de/klartext/archiv/20140416_2215/buergerentscheid-zur-kolonie-oeynhausen.html)). Was ist passiert?

Ein amerikanischer Investor hat das Gelände günstig für 600.000 Euro – ohne Bürgerbeteiligung – gekauft und verlangt bei Nichtbebauung von 700 Luxuswohnungen 25 Millionen Schadenersatz vom Bezirksamt. Die Kleingärtner und Anwohner der Kolonie wollen die Anlage erhalten und haben dies in einem erfolgreichen Bürgerbegehren zum Ausdruck gebracht. Seitens des Bezirks werden ihnen Stolpersteine in den Weg gelegt. Es wird eine Summe von 25 Millionen Euro Schadenersatz in den Raum gestellt, die gerichtlich bestätigt wurde. Allerdings wurden dem Gericht wichtige Aktenvermerke vorenthalten, die es hätten anders urteilen lassen. Deswegen läuft ein Gerichtsverfahren wegen Urkundenunterdrückung. Obwohl sich diese Schätzung als unhaltbar herausgestellt hat, bleibt das Bezirksamt mit der Mehrheit der rot-grünen Zählgemeinschaft bei dieser Darstellung in der amtlichen Information zum Bürgerentscheid.
Der Investor hatte inzwischen auch die Initiative ergriffen, wollte Tatsachen schaffen und hat einen sogenannte Bauvorbescheid beantragt. Mit diesem Entscheid würde er einer Baugenehmigung oder einer Entschädigungsforderung, falls die Kleingärtner den Bürgerentscheid gewinnen, einen großen Schritt näher kommen. Das Bezirksamt konnte dem amerikanischen Investor diesen Wunsch aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen. Auch der Gang zur Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt endete mit einer Ablehnung.

Nun tauchte eine E-Mail aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf, aus der hervorging, dass politische Größen wie Baustadtrat Marc Schulte und sein Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann sowie Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller und Staatssekretär Ephraim Gothe, alle SPD, dem amerikanischen Investor helfen sollen. Mithilfe juristischer Spitzfindigkeiten versuchen die Politker, dem Investor den Weg zum Bauvorbescheid zu ebnen. Herr Senator Müller bittet daher darum, entsprechend über den Widerspruch zu entscheiden. ((Sendung des rbb vom 16. April 2014: André Kartschall: Klartext. Demokratie schwer gemacht? Bürgerentscheid zur Kolonie Oeynhausen. http://www.rbb-online.de/klartext/archiv/20140416_2215/buergerentscheid-zur-kolonie-oeynhausen.html)). Der Bauvorbescheid sollte erteilt werden, obwohl Fachleute seiner Verwaltung ihn für rechtlich unzulässig erklärt haben. Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller bestreitet das und hat dem rbb mitteilen lassen, dass es keine Einmischung seitens der Politik gegeben habe. Das Verwaltungsrecht sollte vielleicht missbraucht werden, um das von den politischen Akteuren gewünschte Ergebnis zu erzielen; denn es sollte ein Bescheid erlassen werden, der in der Bauordnung nicht vorgesehen ist. Der Baustadtrat kann sich an Einzelheiten des Gesprächs nicht mehr erinnern, ist sich aber sicher, dass dessen Inhalt von dem Mail-Schreiber falsch widergegeben worden ist. Immerhin hat sich die Verwaltung dem Willen des Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müller nicht gebeugt, sondern die Erteilung des Bauvorbescheides abgelehnt.

Noch hat sich der Investorentraum von der raschen Geldvermehrung nicht erfüllt, aber das Bezirksamt bleibt dran. Die Abstimmungsunterlagen zum Bürgerentscheid am 25. Mai 2014 sind erst zum 3. Mai 2014 bei den Bürgern von Charlottenburg-Wilmersdorf eingetroffen, während in anderen Berliner Bezirken schon seit zwei Wochen die Wahl- und Abstimmungsunterlagen zur Erhaltung der Frischluftschneise von Berlin, des Tempelhofer Feldes, was gleichzeitig zur Europawahl am 25. Mai 2014 abgestimt wird, den Abstimmungsberechtigten vorlagen.

Die Vorgehensweise, sich an höhere Stellen zu wenden, die unteren Chargen nicht spuren, ist unter Investoren offenbar nicht unüblich. Zu dem Kuhhandel um den stillgelegten Rangier- und Güterbahnhof Pankow schreibt der Rabe Ralf :

Als keine Einigung unter den Akteuren in Sicht war, wandte sich Krieger an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) persönlich. Nach einer nichtöffentlichen Inaugenscheinnahme des Geländes zur Adventszeit, einigte man sich darauf, soziale Mieten und zwei Grundstücke für den Bau von Schulen gegen die Baugenehmigung des umstrittenen Einkaufszentrums zu tauschen. Eigentlich sollte niemand von diesem Hinterzimmerdeal erfahren ((Janine Behrens: Einmal Baurecht, bitte!. Kuhhandel um den stillgelegten Rangier- und Güterbahnhof Pankow. Der Rabe Ralf, April/Mai 2014, S. 7: http://www.grueneliga-berlin.de/?page_id=15562)).

Ebenso muss man sich die Frage stellen, inwiefern nachhaltige Stadtentwicklung und grenzenlose Wachstumsillusionen hier kollidieren. Die Zunahme an Gewerbefläche und damit der zunehmende Flächenverbrauch tragen in keiner Weise zur Steigerung der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger bei. Zu einem guten Wohnumfeld gehört auch ein ausreichendes Angebot an wohnungsnahen Grünflächen, egal ob als wertvolle Biotope oder einfache Orte der Erholung… Am Beispiel der aktuell brachliegenden Flächen von 40 Hektar Größe zeigt sich das Abdriften einer sinnvollen Politik – denn von dem Gelände soll lediglich ein kleiner Stadtpark von 5 Hektar als Grünfläche zur Verfügung stehen.

…[die] vorhandenen Straßen können den Verkehr möglicherweise nicht fassen ((Janine Behrens: Einmal Baurecht, bitte!. Kuhhandel um den stillgelegten Rangier- und Güterbahnhof Pankow. Der Rabe Ralf, April/Mai 2014, S. 7: http://www.grueneliga-berlin.de/?page_id=15562)). Die Versorgung mit Grün im Kiez verschlechtert sich drastisch. Zu dichte Bebauung führt zu Mangel an Kita- und Grundschulplätzen.

Im Großen und Ganzen ist insbesondere der Entscheidungsprozess an sich als äußerst intransparent und fragwürdig zu bewerten. Er spiegelt aber eindrucksvoll die gängige Praxis des Berliner Senats wider ((Janine Behrens: Einmal Baurecht, bitte!. Kuhhandel um den stillgelegten Rangier- und Güterbahnhof Pankow. Der Rabe Ralf, April/Mai 2014, S. 7: http://www.grueneliga-berlin.de/?page_id=15562)). Diese führt zu einer eklatanten Abnahme öffentlicher Bereiche zugunsten der Zunahme privater Baumasse.
Auch die Spandauer Kolonie Klein-Vendig ist bedroht und beklagt die Intransparenz der politischen Entscheiungen und mangelnde Kommunikation mit den Betroffenen.

Der Kreisel, das jahrelang leerstehende 120 m hohe Verwaltungshochhaus im Herzen Steglitz‘, wird zu 248 Eigentumswohnungen umgebaut. Ein Teil davon werden als „City-Häuser” mit angeschlossenem Garten ab einer Höhe von 30 m angeboten, sodass die Betuchten nicht auf wohnungsnahes Grün verzichten müssen. Sollen nur noch Reiche die Vorzüge solchen Grüns genießen dürfen? Ist dies das erklärte Ziel der rot-schwarzen Stadtpolitik, die sich „Stadtentwicklung” nennt?

Fazit

Die Privatisierung von städtischen Kleingartenarealen bedeutet, dass der Allgemeinheit – anders als den entscheidenden Politikern, die im Grünen wohnen und dessen Vorzüge genießen – Grünfläche für immer verloren geht und der Berliner Bevölkerung damit Lebensqualität entzogen wird.

Und das, obwohl wir mitten in der UN-Dekade der Biologischen Vielfalt 2011 bis 2020 leben, in der der unter anderem weiterer Biodiversitätsverlust verhindert und die Verschlechterung der Ökosysteme gestoppt werden soll.

Vorschau

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Ein weiterer Artikel von Angelika Paul wird erläutern, warum das Gemeingut Kleingärten erhalten werden muss: Kleingartenanlagen fördern sozialen Zusammenhalt – sie gehören zur Daseinsvorsorge.

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