Bürgerbegehren im Beratungschaos – Mehr Demokratie fordert verbindliche Zulässigkeitsprüfung vor Start

Bild: GiB

16.10.2012. Die Initiative „Mehr Demokratie“ fordert, dass Bürgerbegehren nicht erst nach Einreichung der Unterschriften, sondern schon vor Start der Unterschriftensammlung verbindlich auf ihre Zulässigkeit geprüft werden. Aktueller Anlass der Forderung ist ein Schreiben der Stadt Essen an die Initiatoren eines Bürgerbegehrens für den Erhalt der Stadtbibliotheken. Nachdem die Stadt vor zehn Tagen zunächst erklärt hatte, dass das Begehren zulässig sei, erhielten die Initiatoren gestern und damit eine Woche nach Start der Unterschriftensammlung ein Schreiben, in dem die Stadt diese Einschätzung zurückzog. Begründet wird die veränderte Haltung mit einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zu einem Bürgerbegehren in Leverkusen, das der Stadt Essen erst jetzt bekannt geworden ist. Dessen Tenor lasse sich auch auf das Bibliotheksbegehren übertragen, so die Stadt.

Auslöser des Bürgerbegehrens sind Pläne der Stadt für Kürzungen im Bereich der Stadtteilbibliotheken. 16 von 111 Mitarbeiterstellen sollen gestrichen werden. Das hätte verringerte Öffnungszeiten zur Folge. Mit dem Begehren fordert das Bündnis „Stadtbibliotheken erhalten“, dass alle Bibliotheksstandorte erhalten und die jetzigen Öffnungszeiten, Personalstellen und das Budget für den Erwerb von Medien mindestens auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Die Stadt sieht darin einen Eingriff in die innere Organisation der Verwaltung. In diesem Bereich kann die Stadt schalten und walten, ohne ihre Entscheidungen vom Rat absegnen lassen zu müssen. Im Leverkusener Fall, bei dem es um den Erhalt eines Bürgerbüros ging, hatte das Kölner Verwaltungsgericht im April entschieden, dass die Entscheidung darüber eine verwaltungsinterne sei. Die Verwaltung habe das Recht, über die Zusammenlegung, Abschaffung oder Einrichtung von Ämtern eigenständig zu entscheiden.

„Das Ärgerliche ist, dass sich die Initiatoren von Bürgerbegehren bei der Frage der Zulässigkeit ihrer Initiativen nicht auf die Einschätzung der Kommunen verlassen können. Gemachte Aussagen sind nicht rechtsverbindlich“, kritisiert Alexander Trennheuser, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie. Laut der Initiative mehren sich in letzter Zeit die Fälle von „Beratungschaos“. So hatte die Bezirksregierung Münster vor kurzem in Castrop-Rauxel Unruhe ausgelöst, weil sie ein Bürgerbegehren für den Erhalt einer Realschule für unzulässig hielt. Zwei Wochen später ruderte sie zurück und beurteilte das Begehren doch als zulässig. In Meerbusch musste eine Initiative ihr Schulbegehren wegen inhaltlichen Ungenauigkeiten auf der Unterschriftenliste neu starten, nachdem bereits 500 Unterschriften gesammelt worden waren. In Bochum hält die Stadt ein Bürgerbegehren gegen das geplante Musikzentrum für unzulässig, für das bereits mehr als 13.000 Unterschriften gesammelt wurden.

„ Damit nicht unnötiger Bürgerfrust produziert wird, wäre es besser, wenn Bürgerbegehren wie in Berlin, Hamburg und Thüringen vor dem Start auf ihre Zulässigkeit geprüft würden“, meint Trennheuser. Immerhin werde bei landesweiten Volksbegehren ja schon immer so verfahren.

http://www.nrw.mehr-demokratie.de/essen.html

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