Der Endspurt für den Appell „PPP ade!“

Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Wasserversorgung und andere öffentliche Güter gehören uns und sind keine Goldgrube für die privaten Investoren. Das soll nun endlich auch Finanzminister Schäuble verstehen!

Deswegen unterschreibt noch bis zum 23.6. den Appell „PPP ade“ und fordert den Finanzminister persönlich auf, PPP in der Bundesrepublik abzuschaffen.

Bis jetzt haben knapp 4.000 Menschen den Appell unterschrieben. Lasst uns zusammen die 5.000-Unterschriften-Grenze knacken. Leitet die Nachricht an eure FreundInnen und Bekannten weiter. Ladet hier das Banner für eure Webseiten runter, besucht uns auf Facebook und verbreitet die Nachricht über eure Kanäle weiter.

Den Appell schnell und unkompliziert unterschreiben: www.gemeingut.org/aufruf. Da steht auch die ausführlichere Erklärung zum Appell.

Die Unterschriftenübergabe findet am 25.6. in Berlin statt. Nähere Informationen zu der Aktion kommen demnächst.

Senat sorgt für künstlich überhöhte Wasse rpreise

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Berliner Wassertisch, Sprecherteam, 30.03.2012
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Staatsekretärin gibt zu: Senat sorgt für künstlich überhöhte Wasserpreise

Auf der heutigen Sitzung des Sonderausschusses „Wasserverträge“ gab Staatsekretärin Dr. Margaretha Sudhoff zu, was der Berliner Wassertisch schon seit langem vermutet: der Senat sorgt für künstlich überhöhte Wasserpreise. Er schlägt bei der Berechnung der Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals der Berliner Wasserbetriebe (BWB) zwei Prozent auf den Zinssatz zehnjähriger Bundesanleihen auf. Damit missachtet er das Urteil des Landesverfassungsgerichtshofs von 1999, das diesen Aufschlag für rechtswidrig erklärt hatte.

Wie „ernst“ der Senat die Ausschussarbeit nimmt, machte Frau Sudhoff deutlich, als sie erzählte, dass sie sich „in der Nacht“ die Zahlen von der Agentur Reuters herausgesucht habe – der Ausschuss besteht seit Anfang Januar, und seitdem weiß der Senat, dass er auskunftspflichtig ist. Die grüne Abgeordnete Heidi Kosche bezeichnete die Angabe des Senats, dass er den verfassungswidrigen Zuschlag einfach auf den Zinssatz für die Rendite draufschlägt, als „unverfroren“. Auf ihre Nachfrage zur Rechtmäßigkeit des zweiprozentigen Aufschlags blieb Frau Sudhoff die Antwort schuldig. Der SPD-Abgeordnete Nikolaus Karsten gab anhand selbst errechneter Daten bekannt, dass die Verzinsung auf das tatsächlich von RWE und Veolia eingelegte Kapital völlig überhöht sei, wobei es sich nicht um normale, sondern um Garantiezinsen handele. Sie lägen über dem Vierfachen dessen, was normale Menschen als Garantiezins für eine Lebensversicherung bekommen. Wirtschaftsexpertin Gerlinde Schermer vom Berliner Wassertisch kommentierte: „Es gibt bei einem natürlichen Monopol kein wirtschaftliches Risiko, deshalb ist diese überhöhte Rendite ein Skandal.

“ Nichts zur Aufklärung über die geheimen Nebenabreden trug Finanzvorstand Frank Bruckmann von den BWB vor. Dennoch wurde aus seinem Referat anhand von Angaben über die Investitionen der BWB klar, dass die „vereinigungsbedingten Sonderaufgaben“ bereits vor der Teilprivatisierung erledigt waren. Kein Wort verlor Bruckmann über den Schlag ins Gesicht der 666.000 Berlinerinnen und Berliner, den RWE und Veolia mit ihrer Klage gegen das Volksgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht führen, um ihre Gewinnansprüche zu sichern.

Kontakt: Gerlinde Schermer, Tel. 0177 24 62 983
Gerhard Seyfarth, Tel. 0170 200 49 74
Ulrike Fink von Wiesenau, Tel. 030 781 46 04

berliner-wassertisch.net

Wenig für viele

Reichtumskonferenz in Berlin. Experten fordern Mindestlohn, Alternativen zur derzeitigen Steuerpolitik und Investitionen in die soziale Infrastruktur

Christian Linde
Vor einer Verfestigung der Armut auf Rekordniveau warnte der Paritätische Wohlfahrtsverband anläßlich der Veröffentlichung seines Armutsberichtes Ende 2011. Scharfe Kritik übte der Verband dabei an der Sozialpolitik der Bundesregierung und forderte eine rigorose Kehrtwende. Laut Bericht sind rund zwölf Millionen Menschen hierzulande armutsgefährdet – 14,5 Prozent der Bevölkerung. Alarmierend sei, daß auch in Jahren mit starkem Wirtschaftswachstum die Armut nicht zurückgegangen sei.Am Samstag fand nun die erste Berliner Reichtumskonferenz mit Vertretern der Kirche, aus Wissenschaft, Politik und sozialen Organisationen statt. Unter dem Motto »Viel für wenige? Wenig für viele? – Über die gesellschaftliche Verantwortung von Reichtum« hatte der evangelische Arbeitskreis Arbeit–Teilhabe–Gerechtigkeit eingeladen. »Das globale Finanz- und Wirtschaftssystem muß so reguliert werden, daß das Wirtschaften dem Leben dient und insbesondere das Leben Bedürftiger im Blick hat«, verlangte Markus Dröge, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Beim Ausgleich zwischen Arm und Reich gehe es »um die Würde einer freiheitlichen Gesellschaft«, betonte er.Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) skizzierte die Veränderungsprozesse seit Anfang der 1990er Jahre. Demnach habe sich die Ungleichheit in zwei Dritteln aller OECD-Länder verstärkt. Insbesondere in Deutschland vollzog sich die Entwicklung rasant. …
Den kompletten Artikel hier lesen.

Mehr als 5000 beim Alternativem Weltwasserforum in Marseille

Pressemitteilung Attac Deutschland Marseille /Frankfurt am Main, 19. März 2012

* „Wir schreiben Wasser und lesen Demokratie“
* Mehr als 5000 Aktive beim Alternativen Weltwasserforum in Marseille

Mit mehr als 5000 Aktiven aus rund 50 Ländern ist am Wochenende das vierte Alternative Weltwasserforum FAME (Forum Alternatif Mondial de l’Eau) in Marseille zu Ende gegangen. Zum so genannten Weltwasserforum (WWF), das zeitgleich in Marseille tagte, kamen etwa 7000 Teilnehmer*. Das WWF wird von den großen Wasserunternehmen – allen voran Suez und Veolia – organisiert.

„Die große Teilnehmerzahl bei unserem Gegenforum ist ein enormer Erfolg für die globale Wasserfriedensbewegung und zeigt, wie groß das weltweite Interesse an Alternativen zu einer den Profitinteressen von Konzernen unterworfenen Wasserversorgung ist“, sagte Dorothea Härlin vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac. Im Zentrum der mehr als 130 Veranstaltungen beim FAME standen Möglichkeiten einer lokal verankerten, ökologisch und ökonomisch sinnvollen Wasserversorgung und Ideen eines gemeinwohlorientierten Wassermanagements in öffentlicher Hand. Die Bandbreite reichte von technischen Verbesserungen – wie den Trockentoiletten beim Forum selbst – über alternative Finanzierungsmodelle bis hin zur sozialen und politischen Dimension des Themas Wassers.

Im Gegensatz dazu stand beim WWF die Debatte um Wasser als Zugpferd für eine grüne Ökonomie („Green Economy“) im Mittelpunkt. „Das klingt gut, heißt im Klartext aber nichts anderes, als dass der Profit aus Wassergeschäften das neue Wachstum anstoßen soll“, kritisierte Dorothea Härlin. „Um unsere Gemeingüter zu erhalten und zurückzuerobern, brauchen wir einen Sprung aus der Logik des Neoliberalismus, die alles in Waren verwandelt, hin zu einer neuen Logik des Gemeinwohls.“ Wasser als Gemeingut sei besonders geeignet, ein neues Bewusstsein für öffentliche Güter zu schaffen. Dorothea Härlin: „Wir schreiben Wasser und lesen Demokratie – dieser Leitspruch italienischer Wasseraktivisten trifft es: Der Zugang zu sauberem Wasser für alle Menschen ist untrennbar mit demokratischer Partizipation verbunden.“

Die Aktiven beim FAME forderten, 2014 einen Wassergipfel unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen einzuberufen. UN-Sonderberichterstatterin Catarina de Albuquerque unterstützte dieses Ansinnen. Laura Valentukeviciute vom Attac-Koordinierungskreis: „Beim Forum der Konzerne wurde immer wieder wiederholt, mit welch großen Problemen wir bei der Verwirklichung des Menschrechts auf Wasser zu kämpfen haben. Die Teilnehmer des Alternativen Weltwasserforums haben die Probleme längst erkannt und ihre Ursachen verstanden. Sie arbeiten bereits an den Lösungen.“

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*) Laut den Veranstaltern hatte das WWF knapp 29.000 Teilnehmer. Grund für die Differenz in den Angaben ist die unseriöse Zählweise der WWF-Organisatoren: Die Teilnehmer wurden jeden Tag neu registriert und die Zahlen anschließend addiert (4 Tage mit im Durchschnitt 7000 Teilnehmern = 29.000 Teilnehmer insgesamt).

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Weitere Informationen zum FAME:

www.fame2012.org/en/

Pressekontakte:

* Dorothea Härlin, Attac-AG Privatisierung, Tel. +49 162 8941 584

* Laura Valentukeviciute, Attac-Koordinierungskreis, + 49 157 7575 7432

* Christiane Hansen, Aquattac, Tel. +49 163 4417 838

Civil society meets with UN special rapporteur, governments outside the World Water Forum

MARCH 12, 2012

On Monday March 12, the water justice movement met with United Nations special rapporteur Catarina de Alburquerque, as well as eight national governments and the deputy mayor of Paris, outside the corporate World Water Forum in Marseille, France to highlight the need to implement the right to water and sanitation worldwide. Blue Planet Project staff present for today’s interventions in Marseille included water campaigner Meera Karunananthan, Mexico City-based organizer Claudia Campero Arena, New Delhi-based organizer Madhuresh Kumar, Durban-based Mary Galvin, and political director Brent Patterson.

Governments invited to step outside of the World Water Forum
In the morning, Karunanthan and Patterson made our way into the World Water Forum using Canadian Perspectives media credentials. We used our time there to identify those with ‘country delegate’ passes and to invite them to our civil society-government meeting down the street from the conference area. We were able to approach representatives of Switzerland, Germany, Poland, Togo, Palestine and Angola to tell them about this meeting and to talk with them about our issues of concern. We are asking governments to reject the World Water Forum, commit to the implementation of the right to water and sanitation, and to support our call for a UN conference focused on the implementation of these rights.

Consultation with UN special rapporteur Catarina de Alburquerque
About 50 civil society members were present in the afternoon to meet with UN special rapporteur on the right to water and sanitation Catarina de Alburquerque.

A highlight of the meeting was the presentation to de Alburquerque by Karunananthan of ten reports commissioned by the Blue Planet Project to support local campaigns for water justice. These reports provide insight and analysis into how our allies around the world are promoting the human right to water and sanitation in their countries against a backdrop of land grabs, mining injustice, economic austerity, and environmental racism. The country reports presented to the UN special rapporteur were from Argentina, Colombia, Ecuador (in Spanish) and Europe, India, Indonesia, Palestine, the United States and Canada (in English).

Earlier in the day the Palestine report – in which the Palestinian collective Life Source explores violations of the human right to water by Israel and the Palestinian authority in West Bank and Gaza, and demonstrates the importance of global solidarity in achieving the human right to water for Palestinians – was presented by Karunananthan to a Palestinian delegate at the World Water Forum.

Government-civil society meeting
Later that afternoon, eight governments – the United States, Germany, Spain, Nigeria, Uruguay, Panama, Colombia and Bolivia – met with 60-75 civil society activists at a meeting organized by numerous groups. Mexico City-based Blue Planet Project organizer Claudia Campero Arena moderated the session that included Wenonah Hauter of Food & Water Watch/ United States, David Boys of Public Services International/ United Kingdom, Cristian Villarroel of Chile Sustentable
, Mary Ann Manahan of Focus on the Global South/ the Philippines, Elyzabeth Peredo of La Fundacion Solon/ Bolivia, and Babalobi Babatope of WASH-JN/ Nigeria.

The speakers presented on the problematic nature of the World Water Forum, the negative experiences with water privatization, challenges related to the implementation of the right to water and sanitation, how the green economy would undermine these rights, and much more.

A six-page civil society ‘call to action’ – available in English, French and Spanish – with our analysis and demands was made available to those at the meeting. More than 75 organizations from around the world have signed this statement which says, “We are social justice organizations, indigenous peoples, trade unions, environmental groups, farmers, writers, academics, human rights advocates, community activists and networks which share a vision of water as a fundamental human right and a commons, not a commodity.”

Everyone in attendance also received a multi-lingual book mark that highlighted the http://blueplanetproject.netwebsite where the ten country reports on the human right to water and sanitation can be read or downloaded free of charge.

Initial media coverage
Karunananthan was interviewed by Claire Provost of theGuardian UK, who was particularly interested in Canada’s role in blocking right to water language in the Ministerial Declaration, the country reports, the civil society call to action, and plans Maude Barlow and the Council of Canadians had for the remainder of the week to challenge the World Water Forum.

In Provost’s first report published earlier in the day, she wrote, “Critics say the forum, which costs as much as 700 euros for full access, caters to the interests of big business and gives corporations opportunities to advance their interests by facilitating direct access to high-ranking government officials. Starting on Wednesday, activists are staging an Alternative World Water Forum to promote alternatives to privatisation and share experiences on how to promote public and community-led water management from the bottom-up.”

Also earlier in the day, IPS reported (in Spanish), “The Mesoamerica region, comprising the southern states of Mexico and seven Central American countries, is generally rich in fresh water, but very vulnerable to changes in the medium to long term, which may reduce their availability. …A scenario of the waste, pollution and lack of governance with respect to water will be reported by non-governmental organizations to the Sixth World Water Forum being held in the southern French city of Marseille. In Mexico there is a ‘mismanagement manifested in pollution and the unequal distribution between uses, urban and rural areas and between cities,’ described the coordinator for Latin America of Canadian Blue Planet Project, Claudia Campero, which seeks to protect the world’s freshwater.”

That article noted, “Nearly 500,000 users of agricultural irrigation consumes 32 million cubic meters annually, according to the National Water Commission of Mexico. But 30 percent of households have no piped water and another 15 percent receive it every three days by other means, in this country of over 107 million people, according to data from the National Institute of Statistics and Geography. Access to safe water is a basic human right, recognized by the United Nations Organization in 2010, which also made it binding. State parties are obliged to adopt this principle by giving constitutional status and incorporating it into their national legislation. Mexico should amend the National Water Act, to conform to the constitutional change. Guatemala and El Salvador do not even have that kind of legal frameworks.”

Brent Patterson, Political Director, The Council of Canadians
www.canadians.org/wwf

 

 

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PM Berliner Wassertisch: „Heut‘ ist ein wunderschöner Tag“ oder „Was will Wowereit?“

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Berliner Wassertisch – Sprecherteam, 13.03.2012

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„Heut‘ ist ein wunderschöner Tag“ – denn: Am heutigen Dienstag werden gemäß dem vor einem Jahr verkündeten Gesetz zur Offenlegung der Verträge über die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe alle diesbezüglichen Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden ungültig – falls sie bis jetzt noch nicht veröffentlicht sind. Für diese Regelung hatten sich im Volksentscheid im Februar 2012 über 666.000 Berlinerinnen und Berliner ausgesprochen. Jedoch vermiest eine Aktion der privaten Anteilseigner der Berliner Wasserbetriebe, RWE und Veolia, die gute Stimmung. Sie wollen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz klagen. „Die Klage von RWE und Veolia kommt für uns nicht überraschend, denn das Ganze war höchst absehbar. Die Klage ist für uns Kriegserklärung an die Berliner Bevölkerung und Eingeständnis zugleich. Wir sind überzeugt, dass noch vieles im Dunkeln liegt, was das Licht der Öffentlichkeit scheuen muss“, kommentiert Wassertisch-Sprecherin Ulrike von Wiesenau. „Es geht um nichts weniger als um die grösste Teilprivatisierung innerhalb der EU und den Musterfall eines PPP-Vertrages, der den Konzernen ohne unternehmerisches Risiko hohe Gewinngarantien und Entscheidungsbefugnisse zu Lasten der Allgemeinheit einräumt“.

Der Berliner Wassertisch nimmt die Klage zum Anlass, um den Blick auf die Berliner Politik zu richten. Bisher haben die Senatsparteien immer verlauten lassen, „nach bestem Wissen und Gewissen“ sei alles offengelegt. Wenn dem so wäre, machte die Klage von RWE/Veolia keinen Sinn. Im Sonderausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses warten die Mitglieder seit Wochen auf eine klärende Antwort des Senats. „Wir verlangen eine Regierungserklärung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit zu diesem Vorgang. Er muss auf der Seite des Volkes stehen, sonst hat er verloren!“, verlangt Gerlinde Schermer, Wassertisch-Aktivistin und von Anfang an Gegnerin der Teilprivatisierung. Wenn Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Linken, formuliert, „wir fordern, dass der Senat eine Strategie zum Umgang mit den teilprivatisierten BWB entwickelt und zur öffentlichen Debatte stellt“, dann fordert der Berliner Wassertisch: „Wir Berliner wollen unser Wasser zurück! So lautete der Volksentscheid! Veolia und RWE müssen raus aus dem Berliner Wasser.“

berliner-wassertisch.net Kontakt: Ulrike Fink von Wiesenau, Tel. 030 781 46 04 Gerhard Seyfarth, Tel. 0170 200 49 74

Tausende zum Alternativen Weltwasserforum in Marseille erwartet

Pressemitteilung Attac Deutschland Frankfurt am Main, 12. März 2012

* Mehrere tausend Aktive zum Alternativen Weltwasserforum in Marseille erwartet

* Globale Bewegungen kämpfen für Umsetzung des Menschenrechts auf Wasser / Ansehen des „offiziellen“ Weltwasserforums der Konzerne stark beschädigt

Mehrere tausend Aktivistinnen und Aktivisten der globalen Wasserfriedensbewegung kommen von Mittwoch bis Samstag in Marseille zum vierten Alternativen Weltwasserforum FAME (Forum Alternatif Mondial de l’Eau) zusammen. In mehr als 130 Veranstaltungen werden sie sich über ihre Alternativen einer lokal verankerten, ökologisch und ökonomisch sinnvollen Wasserversorgung austauschen und ihre Ideen eines gemeinwohlorientieren Wassermanagements in öffentlicher Hand vorstellen. Aquattac, das europäische Wassernetzwerk von Attac, beteiligt sich an mehreren Seminaren.

Das FAME ist die Gegenveranstaltung zum so genannten Weltwasserforum (WWF), das ab dem heutigen Montag ebenfalls in Marseille tagt. Das WWF wird von den großen Wasserunternehmen – allen voran Suez und Veolia – organisiert. „Das WWF ist eine große Lobbyveranstaltung der Wasser- und Energiewirtschaft und dient vor allem als Kontaktbörse zwischen Regierungen und den globalen Wasserkonzernen“, sagte Dorothea Härlin, aktiv bei Aquattac und dem Berliner Wassertisch. Das WWF hat ein Budget von knapp 30 Millionen Euro, mehr als die Hälfte ist öffentliches Geld.

Auch bei der traditionell vorab verfassten Abschlusserklärung des WWF sind Suez und Veolia federführend. So steht bereits jetzt fest, dass die Abschlusserklärung von Marseille behaupten wird, die globalen Wasserprobleme seien nur durch eine Partnerschaft mit Privatunternehmen zu lösen.

Dagegen wehren sich rund um den Globus unter einander vernetzte Bürgerbewegungen mit dem Ziel, das Menschenrecht auf sauberes und bezahlbares Wasser für alle durchzusetzen.“Als wir den Berliner Wassertisch gründeten, haben wir uns von Bolivien und Venezuela inspirieren lassen. Nachdem wir im vergangenen Jahr den Volksentscheid ‚Unser Wasser‘ gewonnen hatten, kamen Glückwünsche von allen Kontinenten. Jeder Etappensieg, wo auch immer, ermutigt andere weiterzumachen“, sagte Dorothea Härlin.

Als ermutigend bewertete Attac auch, dass zum Forum der Konzerne weit weniger Teilnehmer kommen werden als geplant. Statt der erwarteten 25.000 gab es vergangene Woche nur 3.000 bezahlte Einschreibungen. Auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat seine Teilnahme abgesagt. Christiane Hansen von Aquattac: „Das ist ein klares Signal dafür, dass das Ansehen des Forums stark beschädigt ist. Dieses sechste WWF könnte das letzte in Hand der Konzerne sein. Wir gehen davon aus, dass wir mit unserer Forderung, das Thema Wasser in die Hand der Vereinten Nationen zu geben, in Marseille einen großen Schritt vorankommen werden.“

Weitere Informationen zum FAME (mit Programm):

www.fame2012.org/en/

Pressekontakte von Attac Deutschland in Marseille:

* Christiane Hansen, Aquattac, Tel. +49 163 4417 838

* Dorothea Härlin, Attac-AG Privatisierung, Tel. +49 162 8941 584

* Laura Valentukeviciute, Attac-Koordinierungskreis, + 49 157 7575 7423

ÖPP Deutschland AG – staatlich finanzierter Lobbyismus

 Quelle: http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2012/03/opp-deutschland-ag-staatlich-finanzierter-lobbyismus/

Die ÖPP Deutschland AG spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung von öffentlich-privaten Partnerschaften, etwa beim Autobahnbau oder anderen staatlichen Bauprojekten. Das Magazin Impulse und die Taz zeigten vor einiger Zeit mit internen Dokumenten, wie insbesondere die Finanzlobby die Gründung der ÖPP Deutschland AG vorantrieb – zu Lasten der Steuerzahler. Denn die Partnerschaften bringen für den Staat oft nicht die Kostenvorteile, mit denen sie angepriesen werden.

Zur Zeit existieren 176 Public Private Partnerships (PPP) in Deutschland. Angekurbelt und vermittelt wurden diese Projekte zu einem Großteil von der ÖPP Deutschland AG. Offiziell berät sie Kommunen, Gemeinden und Länder über die „Wirtschaftlichkeit“ eines potentiellen PPP-Projektes. Die Idee und das Konzept für solch ein Unternehmen wie die ÖPP Deutschland AG wurde von Price Waterhouse Coopers, McKinsey und Freshfields Bruckhaus Deringer bereits in Großbritannien umgesetzt.

Eine Initiative der Finanzlobby

Die Unternehmensgründung der ÖPP Deutschland AG folgte 2008 auf Anstoß der Lobbyorganisation Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD), die dazu Mitte 2007 bereits ein ausgereiftes Konzept ausgearbeitet hatte. Die IFD war ein Zusammenschluss der wichtigsten Lobby-Akteure aus der Finanzindustrie, die sich 2003 gründete und 2011 auflöste. Besonders brisant dabei war, dass auch das Bundesfinanzministerium und die Bundesbank der IFD angehörten. Nachdem die Organisation schon erfolgreich auf die Einführung börsennotierter Immobilienfonds Einfluss genommen hatte, beschlossen sie laut taz.de und einem Artikel aus dem Magazin „Impulse“ (Print Ausgabe 02/12 – Geheimsache PPP), Ende 2006 offensiv PPP-Projekte in Deutschland voranzutreiben und zu etablieren.

Klaus Droste und Wolfgang Richter nahmen bei der Erstellung des Konzepts für die Beraterfirma die führende Rolle ein. Wolfgang Richter arbeitete damals bei der KfW als Abteilungsleiter für Infrastrukturinvestitionen, Klaus Droste war Topmanager bei der Deutschen Bank (Mitglied der IFD), nachdem er bis zum Jahr 2000 bei McKinsey tätig war. Die Unternehmens- und Strategieberatung unterstützte die Konzeptionierung der ÖPP Deutschland AG, flankiert von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. Im Juli 2007 wird das Konzept dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück und dem Verkehrsminister Wolfang Tiefensee, sowie Vertretern der IFD vorgestellt. Das Konzept wurde letztlich auf dem einstündigen Treffen „abgenickt“.

Ein institutioneller Anstrich

Der Bund hält heute 57% der Anteile der ÖPP Deutschland AG, die restlichen 43% liegen bei einer Beteiligungsgesellschaft, bestehend aus unterschiedlichen Unternehmen, die in der PPP-Branche aktiv sind. Laut taz hielt Droste schon in der Konzeptphase fest, dass die enge Anbindung an das Bundesfinanzministerium besonders wichtig für die Außenwirkung der Agentur sei. Denn durch die Beteiligung des Bundes sowie der Nähe zur Politik und einer öffentlichen Institution kann sich das Unternehmen selbst institutionell präsentieren. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn die Kundschaft selbst die öffentliche Hand ist. In Sachen PPP sollte kein Weg an der ÖPP Deutschland AG vorbei führen und die Organisation als „PPP-TÜV“ etabliert werden. Prüfungen der Projekte von anderen offiziellen Stellen sollten möglichst ausgeschlossen oder zumindest geschwächt werden.

Interessenkonflikte nicht ausgeschlossen

Auch die personelle Zusammensetzung der ÖPP Deutschland AG gibt zu denken. Der derzeitige Vorstand der Beratungsfirma, Johannes Schuy, war zuvor Vertreter des Bundesfinanzministeriums und zuständig für Infrastruktur-Finanzierung. Seit 2012 ist Bernward Kulle mit im Vorstand. Er wechselte von der Hochtief Concessions AG, welche Mitglied der Beteiligungsgesellschaft ist. Beide beziehen ein Jahresgehalt über 300 000 EUR. Die Satzung der ÖPP Deutschland schließt nur aus, dass dem Vorstand Mitarbeiter oder Organträger ihrer Gesellschafter angehören. Möglich ist aber die Angehörigkeit von ehemaligen Mitarbeitern eines Unternehmens, dass an der Gesellschaft beteiligt ist.

Auf die Frage, wie sicher gestellt wurde, dass Interessenkonflikte ausgeschlossen werden können, antwortete die Bundesregierung darauf unter anderem mit dem Verweis, dass alle Mitarbeiter sich schriftlich zur Vertraulichkeit verpflichtet hätten und damit die Weitergabe von Insider-Informationen an Gesellschafter der ÖPP Deutschland AG ausgeschlossen sei und keine arbeitsrechtlichen Verbundenheiten bestünden. Es ist zweifelhaft, dass die ergriffenen Maßnahmen ausreichen, um Interessenkonflikte auszuschließen. Eine Unterschrift befreit nicht von persönlichen Interessen und Interessenkonflikten.

Weitere personelle Verflechtungen

Zudem ist Franz Drey, der im Aufsichtsrat der ÖPP Deutschland AG sitzt, gleichzeitig stellvertretender Chefredakteur des Behörden Spiegel. Der Behörden Spiegel ist eine Zeitschrift für den öffentlichen Dienst mit einer Auflage von ca. 100 000 Exemplaren. Er verleiht zusammen mit dem Bundesverband PPP den Innovationspreis PPP und berichtete ausführlich darüber. In der Februar Ausgabe 2012 betitelt Franz Drey in dem Artikel “Vergleichen statt Meckern” die Kritik von PPP-Kritikern unter anderem als “Fundamentalismus”, “trickreiche, aber letztlich denkfaule Herangehensweise”, “Kreuzrittertum gegen ÖPP”, “negatives Rosinenpicken”, “falsche Verallgemeinerungen”, “faktenfreie Fallbeispiele“, “das Verkümmern klärender Erkenntnis zu einer Haltungs- und Einstellungsfrage”, ohne auf einen konkreten Kritikpunkt einzugehen, geschweige denn zu widerlegen. Es bleibt bei Behauptungen und der Freude über die Neufassung der Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau). Diese schreibt fest, dass für zukünftige Hochbaumaßnahmen in jedem Beschaffungsverfahren die ÖPP-Variante geprüft werden muss.

Nach Informationen, die der Taz vorliegen, existiert auch ein reger Wechsel von Beamten, die zwischen dem Bundesfinanzministerium und der Agentur hin und her springen. Ein Beispiel hierfür ist Karl-Heinz Nöhbaß, der 2009 als Referent aus dem BMF zur Agentur kam, dort als Prokurist eingesetzt wurde und 2011 wieder als Referatsleiter zurück wechselte.

Prüfungsmängel zu Lasten der BürgerInnen

Die tatsächliche Bilanz der Beratungsfirma zeigt, dass die PPP-Projekte und damit die Beratungsleistung der ÖPP Deutschland AG nicht immer halten, was versprochen wird. Oftmals entpuppten sich die Projekte in den „Wirtschaftlichkeitsprüfungen“ der ÖPP Deutschland AG als zu positiv eingeschätzt. Christian Salewski zählt einige dieser Fälle in seinem Artikel „Die Selbstbediener“ (Impulse – Print Ausgabe 02/12) auf. Die Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“ präsentierte am 03.01.2012 in Berlin diverse Fälle enormer Überteuerung.

Die von der ÖPP Deutschland AG durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfungen bestehen im Grunde aus zwei vergleichenden Prognosen. Eine Prognose über die Kosten im Falle einer Durchführung des Projektes von öffentlicher Hand wird mit einer Durchführung durch private Unternehmen verglichen. Hierzu meint der Prof. für Öffentliche Betriebswirtschaftslehre der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft Speyer, Dr. Holger Mühlenkamp, gegenüber dem Magazin Impulse, dass die Prognosen teils mit sehr fragwürdigen Grundannahmen erstellt werden, diese sich meist zugunsten der PPP-Variante auswirken und insgesamt leicht zu manipulieren wären. Auch die Rechnungshöfe haben diverse Kritikpunkte an den Wirtschaftlichkeitsprüfungen der ÖPP Deutschland AG und den ÖPP-Projekten.

Zudem besteht die Gefahr, dass die PPP-Projekte nur auf die Vertragsdauer von 30 Jahren kalkuliert werden und die langfristige Erhaltung der Infrastruktur vernachlässigt wird. Die Kosten der vernachlässigten Infrastruktur müssten dann nach Ablauf der Verträge die Bürgerinnen und Bürger zahlen.

Holger Mühlenkamp macht darüber hinaus deutlich, dass es bei PPP-Projekten eine sehr hohe Tendenz zu Nachverhandlungen der Vertragskonditionen gibt, die sich hauptsächlich in höheren Kosten auswirken. Unternehmen geben in der Ausschreibungsphase niedrige Kosten an um den Zuschlag zu bekommen. Dies geschieht in dem Kalkül, dass, aufgrund von mangelnder Konkurrenz, in Nachverhandlungen die Konditionen zugunsten der privaten Beteiligten verbessert werden können. Denn die Verträge laufen meist über mehrere Jahrzehnte und die politischen Entscheidungsträger können die Lasten auf NachfolgerInnen schieben. Die knappen Haushalte und die Schuldenbremse lassen PPP-Projekte als attraktive Möglichkeit erscheinen, die Investitionskosten zu verlagern und so zumindest den Eindruck zu erwecken, den Haushalt nicht weiter zu belasten.

PPP-Projekt Intransparenz

Die bisherige Gestaltung und Umsetzung von PPP-Projekten sowie die Konzeption, Konstruktion und Arbeit der ÖPP Deutschland AG genügt nicht den demokratischen Ansprüchen. Die Aushandlung der Verträge ist intransparent und die Verträge meist geheim, so dass die Öffentlichkeit und damit auch der Steuerzahler nicht über die Konditionen informiert werden.

So intransparent wie die Verträge selbst ist auch der Entstehungs- und Entscheidungsprozess für die ÖPP Deutschland AG ausgefallen. Neben der IFD, der Anwaltskanzlei Freshfields, der Unternehmensberatung McKinsey, Klaus Droste, Wolfgang Richter, Peer Steinbrück, Wolfgang Tiefensee und Johannes Schuy scheint es im Entstehungsprozess der ÖPP Deutschland AG an kritischen Perspektiven vollständig gefehlt zu haben. So ist es nicht verwunderlich, dass Klaus Droste in einem Strategiepapier eine Beratungsgesellschaft skizziert, die zwar von Privatwirtschaft und öffentlicher Hand getragen wird, letztlich aber vor allem die Bedürfnisse und Interessen der Industrie bedient.

Das Finanzministerium erklärt, in der Antwort auf eine kleinen Anfrage vom November 2011, dass von der IFD in Auftrag gegebene Gutachten “in den Meinungsbildungsprozess des Bundes einflossen”. Zudem wird behauptet, dass “nach der positiven Entscheidung des Bundes für die Gründung einer Gesellschaft (Mitte 2007) […] die Gespräche aus vergaberechtlichen Gründen (keine Insiderinformationen an Private) beendet [wurden]“. Dem widersprechen laut Christian Salewski (Magazin – impulse) Unterlagen des IFD, in denen es heißt, das ebenfalls die “Unterstützung des Bundes bei der Gewinnung von Mandanten” und die “Identifikation von Arbeitsfeldern” für die Beratungsfirma zum Arbeitsprogramm gehören. Darüber hinaus sollen sich weitere Beteiligte an regelmäßige Kontakte zwischen Ministerialbeamten und Mitarbeiern des IFD erinnern. Damit steht der Verdacht im Raum, dass die Bundesregierung das Parlament belogen hat.

Auflösung und Offenlegung der Lobby-Einflüsse

ÖPP sind in der heutigen Form eine Aushöhlung der Demokratie und eine Einladung für Lobbyismus zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sollte die ÖPP Deutschland AG wegen ihrer Verflechtungen und ihres Lobbyhintergrundes auflösen und die öffentlich-privaten Partnerschaften generell auf den Prüfstand stellen. Es ist nicht hinnehmbar, dass PPP-Verträge und Daten zu den jeweiligen Projekten unter Verschluss sind. Damit ist nicht nur der Öffentlichkeit, sondern teils auch den Entscheidungsträgern selbst sowie der Wissenschaft der Zugang zu relevanten Informationen verwehrt, die für eine genauere Bewertung des Nutzen oder Schadens von PPP-Projekten notwendig wären. Die Regierung sollte zudem alle Unterlagen über die damalige Einflussnahme der IFD offen legen.

Allerdings wird für eine Neubewertung der PPP-Politik mehr öffentlicher Druck notwendig sein. Die Regierung sitzt die kritischen Medienberichte und Lobby-Enthüllungen bislang aus. Eine Möglichkeit selbst aktiv zu werden, bietet der Aufruf „PPP ade. 12 Jahre sind genug!“ der Initiative Gemeingut in BürgerInnenhand, den man online unterzeichnen kann.


Weiterführende Quellen:

– taz.de vom 28.01.2012, “Der Wirtschaftstrojaner”
– taz.de vom 01.02.2012, “Satzungsgemäßes Schmarotzertum”
– Le Monde diplomatique Ausgabe vom 13.02.2012, “Privatisierung ist Diebstahl an der Öffentlichkeit”
– jungewelt.de vom 01.02.2012, “Die neue Reichtumsmaschine”
– impulse.de vom 25.01.2012, “Wer von PPP-Projekten wirklich profitiert”
Kleine Anfrage an die Bundesregierung vom 21.05.2010
Kleine Anfrage an die Bundesregierung vom 30.11.2011
Gemeinsamer Erfahrungsbericht der Rechnungshöfe 2011 zu ÖPP
Initiative “Gemeingut in BürgerInnenhand”
– Über die ÖPP Deutschland AG

Foto: Bilfinger Berger – Construction – M80 Scotland Lizenz: CC BY-ND 2.0, Autor: bilfinger

 

Bahn für Alle: Ramsauer liebäugelt mit Bahnprivatisierung / Bahn für Alle kritisiert Renditeversprechen scharf

17.01.2012, Pressemitteilung vom Bündnis „Bahn für Alle“

Ramsauer liebäugelt mit Bahnprivatisierung

Bündnis „Bahn für Alle“ kritisiert Renditeversprechen scharf

Während die Finanzkrise Europa beutelt, bietet Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, CSU, privaten Anlegern die Deutsche Bahn als Renditeschlager an. Im Interview mit der Ostsee-Zeitung sagt er in der heutigen Ausgabe: „Die deutsche Bahnwirtschaft ist im weltweiten Vergleich eine langfristig hochrentable Angelegenheit.“ Gleich zweimal lädt er private Investoren als „hochwillkommen“ herzlich ein, „etwa in den Fahrbetrieb der DB Mobility“ zu investieren.

Investoren erwarten Rendite, und die erwirtschaftet die DB AG in erster Linie aus öffentlichen Zuschüssen. Den höchsten Anteil an den ausgewiesenen Gewinnen der DB AG hat mit 33 Prozent die DB Regio, die zur von Ramsauer ins Spiel gebrachten DB Mobility gehört. Die DB Regio erzielt den überwiegenden Teil ihrer Einnahmen aus Regionalisierungsmitteln des Bundes für den Nahverkehr, also aus staatlichen Geldern. Zweitgrößter „Gewinnbringer“ ist die DB Netz mit 27 Prozent, die sich ebenfalls überwiegend aus staatlichen Geldern finanziert, den Bundeszuschüssen für Instandhaltung und Neubau von Strecken. „Nimmt man nur die staatlichen Zuschüsse, die in DB Regio und DB Netz fließen, dann verwandelt sich der 2010er Jahresgewinn von 1,87 Milliarden Euro in einen Verlust von mehr als 6 Milliarden Euro“, rechnet Bernhard Knierim vom Bündnis „Bahn für Alle“ vor. „Ramsauers Vorschlag will nun diese scheinbaren Gewinne privatisieren, während die Kosten bei der Allgemeinheit bleiben.“

Ramsauer weist im Interview richtig darauf hin, dass die Vorbereitung auf den Börsengang mitursächlich für die desolaten Zustände bei der DB waren, die wir heute sehen: massive Verspätungen, Zusammenbruch des Verkehrs bei widrigen Wetterbedingungen oder die Ausfälle bei der S-Bahn Berlin. Aber auch ein Investor, wie Ramsauer ihn hier ins Spiel bringt, hat Renditeerwartungen an die Bahn. Auch damit entsteht Druck, Kosten einzusparen, und das geht zu Lasten von Sicherheit und Zuverlässigkeit.

„Renditeversprechen verschärfen öffentliche Armut. Geld für notwendige Schieneninvestitionen ließe sich nachhaltiger durch eine Umverteilung der Bundesmittel von der Straße zur Schiene finden“, sagt Monika Lege, Verkehrsreferentin der Umweltorganisation ROBIN WOOD. Erst im Dezember hatte Ramsauer den Entwurf des neuen Investitionsrahmenplans vorgestellt. Dieser sieht weiterhin mehr Geld für den Neubau von Bundesfernstraßen als von Schienenwegen vor.

Das Bündnis „Bahn für Alle“ fordert eine Bahn, die sich am Gemeinwohl anstatt am Profit orientiert und einen flächendeckenden, zuverlässigen und sicheren Bahnverkehr zu bezahlbaren Preisen sicherstellt. Voraussetzung dafür ist eine Bahn in öffentlicher Hand, die sich am Vorbild der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) orientiert, welche wesentlich bessere Leistungen bei geringeren öffentlichen Zuschüssen bieten.

Kontakt:

• Bernhard Knierim, Bündnis „Bahn für Alle“, Tel. 0178-143 739 0, bernhard.knierim@bahn-fuer-alle.de
• Monika Lege, ROBIN WOOD-Verkehrsreferentin, Tel. 040-380 892 12, verkehr@robinwood.de

Mehr Infos: www.bahn-fuer-alle.de

Bündnis Bahn für alle„Bahn für Alle“ setzt sich ein für eine bessere Bahn in öffentlicher Hand. Im Bündnis sind die folgenden 20 Organisationen aus Globalisierungskritik, Umweltschutz, politischen Jugendverbänden und
Gewerkschaften vertreten: Attac, autofrei leben!, Bahn von unten, BUND, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz BBU, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Gemeingut in BürgerInnenhand, Gewerkschaft
Nahrung-Genuss-Gaststätten, Grüne Jugend, Grüne Liga, IG Metall, Jusos in der SPD, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, ProBahn Berlin-Brandenburg, ROBIN WOOD, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken, Umkehr, VCD Brandenburg und Ver.di.

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junge Welt vom 07.01.12:

Ralf Wurzbacher

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