Klimagerechte Energieversorgung ist Daseinsvorsorge

Broschüre zur Vergesellschaftungskonferenz

Im Oktober 2022 fand in Berlin die Vergesellschaftungskonferenz statt. Als eine der Trägerorganisationen war Gemeingut in BürgerInnenhand auch an der Veröffentlichung einer Broschüre zu Vergesellschaftungsperspektiven im Energiesektor und deren Potenziale für Klimagerechtigkeit und sozialökologische Transformation beteiligt. In seinem Beitrag „Ausbruch aus dem Teufelskreis“ befasst sich Carl Waßmuth mit der Frage, wie man Privatisierungszyklen mit überteuerten Rückkäufen im Energiebereich verhindert und Energieversorgung öffentlich, klimagerecht und demokratisch organisiert.

Die Broschüre steht hier zum Download bereit:

Broschüre

ENA 2011, 3. Tag: Rekommunalisierung

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Heute beginnt unser Workshop mit einem Vortrag von David Hall von der Universität of Greenwich, der dort den Forschungsbereich über die Öffentlichen Diensten leitet. Er erzählt uns etwas über Rekommunalisierung in ganz Europa.

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Als zweiter Redner kommt Jaques Cambon aus Frankreich zu Wort, der uns von den Vorbereitungen für das alternative Weltwasserforum FAME in Marseille im März 2012 berichtet.

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Leslie Franke berichtet über die Hürden auf dem Weg zur Rekommunalisierung, vor allem wg Korruption z. B. in Frankreich und Deutschland. Aber es gibt natürlich auch positives zu berichten: die Rekommunalisierung der Pariser Wasserbetriebe ist ein weltweit geachtetes Signal, Suez und Veolia nicht mehr zu vertrauen.

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Barbara Kern berichtet von den Bemühungen der Stuttgarter, ihre Energieversorgung wieder in kommunale Hand zurückzuführen. Stuttgart könnte dabei zum Präzedenzfall für das zurückdrängen der Privaten, hier besonders der EnBW, aus der Daseinsvorsorge sein.

Harald Wolf gegen PPP


Am 27.05.2011 durfte der Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf im Bundestag sprechen. Diese Gelegenheit hat ihm die Linke über „Bundesrats-Karte“ verschafft. Die „Bundesrats-Karte“ ist eine Praxis der im Bundestag vertretenen Parteien – mittlerweile auch von der Linken -, ihren jeweiligen Spitzenkanditaten im Wahlkampf einmal ein großes Podium zu bieten. Und wozu sprach Herr Wolf, der seit zehn Jahren eines der größten PPP-Projekte in Europa politisch deckt und persönlich die Renditegarantien über die Änderungsvereinbarungen im Sinne der privaten Anteilseigner festgezurrt hat? Herr Wolf sprach zu den großen Erfolgen im Protest gegen dieses PPP-Projekt:

Harald Wolf, Senator (Berlin):

[…]

In Berlin haben wir vor einiger Zeit den Erfolg eines Volksentscheids erlebt, der unter dem Motto „Wir wollen unser Wasser zurück“ den Protest gegen die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe im Jahre 1999 durch die damalige Große Koalition artikuliert hat. Über 700 000 Berlinerinnen und Berliner haben diesen Volksentscheid unterstützt.

Ich habe schon die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe angesprochen. Damals ist für 1,7 Milliarden Euro die Hälfte der Anteile an Private veräußert worden. Wenn man ausrechnet, welche Zinsersparnis das bedeutet – 1,7 Milliarden Euro, 4 Prozent Zinsen –, kommt man auf circa 70 Millionen Euro. Die Privaten haben eine Rendite von circa 120 Millionen Euro. Das heißt, ich könnte für den Haushalt jährlich diese Zinsersparnis von 70 Millionen Euro sozusagen als öffentliche Einnahme verbuchen, wenn ich die Anteile noch hätte, und gleichzeitig hätte ich ein Tarifsenkungspotenzial zugunsten der Kundinnen und Kunden in Höhe von 50 Millionen Euro. Es hat sich also weder für die Kunden noch für die Kommune gerechnet.

[…]

Aus derartigen Privatisierungserfahrungen müssen die Lehren gezogen werden.

[…]

Deshalb hat der Senat von Berlin auch beschlossen, die Berliner Wasserbetriebe zu rekommunalisieren. Wir
stehen gegenwärtig in Verhandlungen mit RWE über den Rückkauf der Anteile und in Verhandlungen mit dem
zweiten Anteilseigner, Veolia, über einen Neuabschluss der Verträge.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Senator, ich begrüße Sie im Deutschen Bundestag. – Sie haben lobend den Volksentscheid zu den Berliner
Wasserbetrieben erwähnt. Meine Frage lautet: Haben der Senat von Berlin und Sie persönlich den Volksentscheid unterstützt, oder hat sich der Volksentscheid gegen den Senat gerichtet, nachdem der Senat von Berlin und der zuständige Senator sich geweigert haben, die Verträge über den Verkauf der Wasserbetriebe von Berlin offenzulegen, und der Senat trotz einer Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichts diese Verträge weiterhin nur sehr unvollständig offengelegt hat und deshalb durch den Volksentscheid dazu gezwungen werden
musste, die Verträge vollständig offenzulegen? Sie tun so, als wenn das ein Volksentscheid gewesen wäre, der
vom Berliner Senat unterstützt, vielleicht sogar initiiert worden ist. Ich finde es hervorragend, dass Sie das jetzt
prüfen; aber wir wollen doch der historischen Wahrheit die Ehre geben.

Harald Wolf, Senator (Berlin):

Lieber Christian Ströbele, auch ich bin sehr dafür, der historischen Wahrheit die Ehre zu geben, und ich stelle
fest, dass, wenn grüne Politiker aus Berlin im Deutschen Bundestag sitzen, sie manchmal die Verästelungen der
Berliner Politik nicht wirklich wahrnehmen;

(Lachen des Abg. Johannes Kahrs [SPD])

das stellen wir gegenwärtig auch im Wahlkampf fest.

(Beifall bei der LINKEN – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wollen wir doch
mal gucken, was Herr Wolf in der taz zu dem Thema gesagt hat! – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Die elehrungen können Sie im Senat machen, aber nicht hier!)

– Ich spreche gerade mit dem Kollegen Ströbele, der mir eine Frage gestellt hat, die ich, wie sich das gehört, anständig beantworten will.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann geben Sie sich mal Mühe!)

Herr Ströbele, das Abgeordnetenhaus von Berlin hat eine Novelle des Informationsfreiheitsgesetzes beschlossen
und damit der Intention des Volksbegehrens Rechnung getragen; denn auf der Grundlage dieses vom Parlament
– übrigens mit aktiver Mitwirkung der Fraktion der Grünen – beschlossenen Gesetzes können die Verträge
veröffentlicht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber nicht die Frage! – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gutes Gesetz!)

– Das ist ein gutes Gesetz, genau. Die Offenlegung ist erfolgt, und zwar vor dem Volksentscheid. Der Senat
bzw. das Abgeordnetenhaus hat alles getan, um der Intention des Volksbegehrens Genüge zu tun.
Ich kann mich erinnern – um auch das einmal zu sagen, Kollege Ströbele –:

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie endlich die Frage beantworten?)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus hatte auch – –

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ging doch darum, was Sie und der Senat dazu gemeint haben!)

– Ja, aber das habe ich doch gerade gesagt.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war eine ganz einfache Frage! Da kann man doch kurz drauf antworten!)

– Ja. Ganz einfache Frage.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht doch um Ihre Meinung und die des Senats!)

Das Abgeordnetenhaus hat die Verträge auf der Grundlage einer Novelle des Informationsfreiheitsgesetzes offengelegt, und zwar vor dem Volksentscheid.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht vollständig! Das wissen Sie doch!)

Das ist die Wahrheit, wenn Sie eine ganz kurze Antwort wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt fahre ich in meinen Ausführungen fort.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie mal die Frage beantworten? Beantworten Sie doch mal die Frage! – Gegenruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Hat er doch beantwortet!)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Die Frage ist so beantwortet, wie er sie beantworten wollte. Der Herr Senator kann jetzt mit seiner Rede fortfahren. – Bitte schön, Herr Senator.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage ist nicht beantwortet! Das ist doch albern!)

Harald Wolf, Senator (Berlin):
Ich würde einfach bitten, die Frage, von der Sie meinen, dass sie noch nicht beantwortet ist, jetzt noch einmal
zu wiederholen. Ich beantworte sie dann gern, falls mir doch die Fragestellung entgangen sein sollte.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich gebe Ihnen nicht noch drei Minuten mehr Zeit! Hören Sie doch einfach zu!)

– Okay. Dann wird die Frage nicht gestellt, und deshalb kann ich sie auch nicht beantworten. Ich fahre jetzt fort.

Quelle: http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/plenarprotokolle/17112.pdf

Was hat Harald Wolf in seinem Bundestagsauftritt vergessen zu erwähnen? Ach ja, dass er und die Berliner Landesregierung 2,46 Millionen Berlinerinnen und Berliner schriftlich aufgefordert haben, bei dem Entscheid „Wir wollen unser Wasser zurück“ mit NEIN zu stimmen. Glücklicherweise sind nur 11.590 Berlinerinnen und Berliner dieser Aufforderung gefolgt, nicht einmal ein halbes Prozent der Angeschriebenen.