Bündnis Klinikrettung zieht Bilanz: Klinikschließungen 2022, Versorgungsengpässe und die Probleme der Krankenhausreform

Mit den Level 1i-Krankenhäusern werden ländliche Gebiete zu Gesundheitsregionen zweiter Klasse

Auf seiner heutigen Pressekonferenz hat das Bündnis Klinikrettung zum dritten Mal in Folge eine Jahresbilanz der erfolgten und geplanten Klinikschließungen gezogen. Außerdem legte das Bündnis eine kritische Analyse der Vorschläge der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ dar und präsentierte dringend notwendige Reformalternativen.
Beispielhaft für die Misere der örtlichen Gesundheitsversorgung bei einer drohenden Krankenhausschließung berichtete einer der Initiatoren des erfolgreichen Bürgerbegehrens in Eckenförde.

Die vollständige Bilanz 2022 mit Schließungsliste: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/1_Bilanz_BKR_Krankenhausschliessungen_2022-1.pdf
Die Analyse der Krankenhausreform: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2_Beurteilung_BKR_Krankenhausreform_2022-12.pdf

Laura Valentukeviciute, Bündnis Klinikrettung:
„Die Zahl unserer Krankenhäuser sinkt dramatisch weiter. Im Jahr 2022 schließen bis Jahresende insgesamt 13 Krankenhäuser, hinzu kommen 11 Krankenhäuser mit Teilschließungen, hauptsächlich Geburtshilfen. Unterfinanzierung und geplanter Abbau der Krankenhäuser spitzen sich weiter zu. Die Anzahl der drohenden Schließungen liegt rekordhoch bei 68.“

 

Valentukeviciute weiter:
„Die geplante Krankenhausreform hilft uns keinen Deut weiter. Lauterbachs Deckelung des Gesamtbudgets bedeutet, dass die knappen vorhandenen Ressourcen lediglich umverteilt werden. Deswegen wird es auch weiter ökonomisch bedingte Schließungen von Allgemeinkrankenhäusern geben. Die Probleme des DRG-Systems werden nicht wie versprochen überwunden, sondern teilweise sogar verschärft.“

Eine gravierende, bisher in der Öffentlichkeit wenig beachtete Folge der Reform ist die Aufteilung von Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung in die Level 1n und 1i. Nur Krankenhäuser des Levels 1n sollen noch eine Notfallversorgung bereitstellen. Krankenhäuser des Levels 1i hingegen sollen nicht unbedingt ärztlich, sondern von speziell ausgebildeten Pflegekräften geleitet werden, sie sollen lediglich über stationäre Pflegebetten verfügen und ambulante ärztliche Behandlung nur auf Abruf leisten.

Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R.:
„Man muss es deutlich sagen: Level 1i, das sind keine Krankenhäuser mehr. Ihnen fehlt die ärztliche Verfügbarkeit rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche, eine stationäre Notaufnahme sowie eine Intensivstation für klinische Notfälle. Wir reden hier von circa 650 der knapp 1.900 verbliebenen Krankenhäuser, die geschlossen und im Grunde in „bessere Pflegeheime“ umgewandelt werden sollen. Die Folge wird sein, dass ländliche Regionen zu Gesundheitsregionen zweiter Klasse degradiert werden.“

 

Henning Brien, Bürgerbegehren Eckernförde:
„In den ländlichen Regionen brauchen die Menschen wohnortnahe Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung mit Geburtsstation, einer zentralen Notaufnahme und idealerweise einer Kindermedizin. Das gehört zur Daseinsvorsorge und muss gewährleistet werden. Dies entlastet obendrein den regionalen Schwerpunkt- und den überregionalen Maximalversorger.“

Brien weiter: „Auch bei uns in Eckernförde wird die Krankenhausschließung mitunter damit begründet, dass das knappe Personal besser in wenigeren Kliniken konzentriert werden sollte. Das beste Beispiel, dass das reines Wunschdenken ist, zeigt sich an den Hebammen. Die Geburtsstationen schließen seit Jahren – und im Vergleich zu anderen Stationen überproportional häufig. Deswegen gibt es aber nicht mehr Hebammen die geburtshilflich arbeiten – im Gegenteil. Die meisten Hebammen gehen nach dem Wegfall ihres Arbeitsplatzes nicht in die großen Zentren und stehen dem „Geburtsmarkt“ nicht mehr zur Verfügung. Somit steigt die Anzahl der betreuten Geburten pro Hebamme an den weiterhin bestehenden Geburtsstationen an. In Folge entsteht eine Verdichtung der Arbeit und die direkte Betreuungszeit für die einzelne Schwangere reduziert sich. Alleine im Kreißsaal zu liegen hat wenig mit Qualität zu tun.“

Kontakte für Rückfragen
Laura Valentukeviciute: laura.valentukeviciute@gemeingut.org, 0176 23320373
Klaus Emmerich: klaus_emmerich@gmx.de, 0177 1915415


Weitere Materialien

Folien zur Bilanzpressekonferenz:
https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/3_Krankenhausreform_Klaus-Emmerich_Folien-1.pdf

Wenn der versprochene Ersatz ausbleibt, 3 Beispiele: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/4_Wenn-der-versprochene-Ersatz-ausbleibt-1.pdf

Das Bündnis Klinikrettung hat eine ausführliche Studie zur Selbstkostendeckung als Finanzierungsmodell vorgelegt: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2022-10_Studie_Selbstkostendeckung_Buendnis_Klinikrettung_aktualisierte_Ausgabe_2022-12-12.pdf

Die Bewertung der Reform durch die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/01/Grosse-Krankenhausreform-Bewertung-der-dritten-Empfehlung-der-Regierungskommissison_KE_12-2022.pdf

Offener Brief an Prof. Dr. Augurzky – Erhalt für Kliniken statt „schöpferische Zerstörung“!

Das Bündnis Klinikrettung dokumentiert einen offenen Brief an Boris Augurzky, der in Interviews Kliniken als „Ramsch“ bezeichnet und „schöpferische Zerstörung“ in der deutschen Kliniklandschaft gefordert hat.

 

An
Prof. Dr. Boris Augurzky
Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am RWI

 

Oberkrämer, Himmelskron, Breisach und Göttingen, den 09. August 2022

 

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Augurzky,

in einem Interview mit der Online-Plattform „Digitales Gesundheitswesen“ bescheinigen sie 13 Prozent der deutschen Kliniken „Ramsch-Status“. In einem anderen Gespräch fordern sie für das Jahr 2022 eine „schöpferische Zerstörung“ der Krankenhauslandschaft in Deutschland. Sie scheinen dabei zu vergessen oder bewusst zu ignorieren, dass in den von Ihnen als Ramsch betitelten Krankenhäusern täglich Menschen arbeiten, die anderen Menschen helfen gesund zu werden und dabei häufig Leben retten. Ihre Aussage verkennt diese Leistungen, ja will sie gar „schöpferisch zerstören“. Das Argument fokussiert auf Kennzahlen und basiert auf einer engen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung. Sie werden kaum mehr als 0,1 Prozent der Kliniken von innen kennen, die Sie sich anmaßen, zu „Ramsch“ zu erklären und abwickeln zu wollen. Das kann man auch betriebswirtschaftliche Arroganz nennen – oder, wie Sie es selbst ausdrücken: Banken-Jargon, angewandt auf die Gesundheitsversorgung.

Die Prämisse ihrer Argumentation, nämlich Krankenhäuser ausschließlich als Renditeobjekte zu betrachten, grenzt an Menschenverachtung. Sie widerspricht außerdem dem Grundgesetz, welches im Artikel 2 Absatz 2 das Recht der Menschen auf körperliche Unversehrtheit festhält. Weiter zur Erinnerung: Das Menschenrecht auf den „höchsten erreichbaren Stand an körperlicher und geistiger Gesundheit“ gehört zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten nach dem UN Sozialpakt von 1966, Artikel 12. Dieses Recht haben PatientInnen wie MitarbeiterInnen. Dazu gehört auch der Artikel 31 der Europäischen Grundrechtecharta: Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen! Soweit die moralischen Aspekte einer sozialen und gerechten Gesellschaft, die Sie bei Ihrer Betrachtung der Krankenhäuser nicht berücksichtigen. Nun zu Ihrem Fachgebiet: die Betriebswirtschaft. Leider unterschlagen Sie auch in Ihren betriebswirtschaftlichen Einschätzungen der Krankenhauslandschaft zentrale Aspekte der Krankenhausfinanzierung und unterlassen die ausführliche Analyse der wirtschaftlichen Defizite vieler Häuser.

Eine Untersuchung kommunaler Großkrankenhäuser und von der Schließung betroffener mittlerer und kleiner Krankenhäuser ergibt Folgendes: Sämtliche Ergebnisse der Häuser sind durch hohe Abschreibungen, Zinslast, Wertberichtigungen und Rückstellungen belastet, also durch sogenannte buchhalterische (nicht reale) Risikoabwägungen geprägt. Dies führt häufig zu Defiziten, die wiederum als Argumente für Schließungen herhalten. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass die Risiken bei den von uns untersuchten Krankenhäusern häufig äußerst freizügig bewertet werden, so dass im Zweifelsfall hohe Verluste auf dem Jahresabschluss ausgewiesen werden – frei nach dem Motto: „welches Schweinderl hätten‘s denn gern?“ Das findet bei Ihnen keine Erwähnung. In eine seriöse Bewertung der finanziellen Lage der deutschen Krankenhäuser müsste außerdem einfließen, dass schätzungsweise 15 Prozent der Arbeitsleistung der MitarbeiterInnen in den Kliniken von politisch gewollter, meist aber unsinniger administrativer Arbeit blockiert wird. Hinzu als finanzieller Faktor kommen die Schattenwirtschaften, die sich um das Gesundheitswesen herum entwickelt haben – wie etwa Beraterfirmen, MDK oder IT-Branche –, die unsinnige Codiersoftware entwickeln statt sinnvolle Arbeitshilfen für die MitarbeiterInnen.

Wie steht es nun um die Wertschöpfung in den Häusern durch tatsächliche Arbeit an PatientInnen? Aus der oben erwähnten Untersuchung geht hervor, dass die operativen Ergebnisse (EBITDA, Wertschöpfung und Substanzwert) der untersuchten Kliniken meist positiv sind, und sich in den letzten Jahren nach oben entwickelt haben. Das heißt: die Leistung der MitarbeiterInnen ist positiv. Negativ entwickeln sich die Häuser, weil die Politik sich weigert, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zu Finanzierung der Investitionen nachzukommen, und weil das DRG-System falsche Anreize zur Versorgung setzt. Denn in diesem wird vor allen Dingen die hochkomplexe und vieloperative Medizin honoriert. Das tägliche Geschäft hingegen ist völlig unterfinanziert. Nicht die eigentliche Arbeit in den Kliniken ist das Problem, sondern das von Ihnen propagierte reine markt- und renditeorientierte Wettbewerbsmodell. Diese Erwägungen zur Struktur der Krankenhausfinanzierung fehlen in Ihrer leichtfertigen „Ramsch“-Bewertung. Aber Gesundheit ist keine Ware, sondern ein zu schützendes Gemeingut!
Betriebswirtschaftlich nützlich ist nicht der Wettbewerb, sondern die Sicherung der Arbeit (nur so kann das medizinische Knowhow der Menschen erhalten bleiben), die Stärkung der Versorgungsqualität durch mehr Ausbildung, der Einsatz von mehr ArbeitnehmerInnen, die Nutzung bezahlbarer Medizintechnik sowie gesunde Arbeitsumgebungen in sanierten Alt- wie in innovativen Neubauten. Ja, das kostet Geld. Die Gesellschaft hat aber dieses Geld. Es muss nun sinnvoll aus den Krankenkassen, den Pharmakonzernen, den Medizintechnikkonzernen und von allen BürgerInnen demokratisch kontrolliert verteilt werden. Der Wettbewerb zerstört. Solidarität bietet Innovation. BionTech beispielsweise hätte ohne staatliche, solidarische Fördermittel von rund 375 Mio. Euro niemals so schnell einen Impfstoff entwickeln können. Geboten ist die gerechte Verteilung von Leistung und Ertrag.

Wir bitten Sie eindringlich: Basieren Sie Ihre einflussreiche Beratungstätigkeit im Krankenhausbereich nicht auf vorschnellen, von Wettbewerbsideologie und betriebswirtschaftlicher Engstirnigkeit geprägten Schlüssen. Analysieren Sie die Krankenhausfinanzierungsstruktur und ihre Mängel, vergessen Sie die Menschenrechte nicht – und setzen Sie sich ein für den Erhalt der Kliniken!

 

Mit freundlichen Grüßen,

Peter Cremer, Bündnis Klinikrettung
Iris Stellmacher und Joachim Flämig, Bürgerinitiative „Rettet unser Krankenhaus Rosmann-Breisach“
Klaus Emmerich, Klinikvorstand i. R. und Aktionsgruppe „Schluss mit Kliniksterben in Bayern“
Dr. Rainer Neef, medinetz Göttingen

Musterbrief Krankenhausschließung

Es ist Wahlkampf, und der Skandal der fortschreitenden Krankenhausschließungen sollte dort eines der wichtigsten Themen sein! Die Parteien preisen gerne die Vorzüge der Daseinsvorsorge, aber was würden die einzelnen PolitikerInnen konkret für unsere stationäre Versorgung tun?

Die KAB Diözesanverband Regensburg, Mitglied im Bündnis Klinikrettung, hat einen Brief an Abgeordnete geschrieben. Wir haben den Brief als Basis für ein Musterschreiben genommen, in dem Abgeordnete oder wahlweise auch KandidatInnen um eine konkrete Position gebeten werden:

Wie stehen Sie zum Erhalt der ländlichen Krankenhäuser?

Was werden Sie nach Ihrer Wahl zur/zum Bundestagsabgeordneten unternehmen, um auch die Grundversorgung im ländlichen Raum aufrecht zu erhalten?

Werden Sie sich für eine gerechte Finanzierung der Krankenhäuser und der der daraus resultierenden Abschaffung der Fallpauschalen einsetzen?

Werden Sie sich für eine Rückabwicklung der Privatisierung einsetzen, um zu verhindern, dass das Geld aus den Sozialversicherungen „privatisiert“ wird?

Nutzen Sie die Vorlage, ergänzen Sie den Text um Ihre eigenen Erfahrungen und Fragestellungen! Seit 18 Monaten dreht sich in den Medien fast alles um Fragen der Gesundheit. Lassen wir nicht zu, dass dabei ausgerechnet das Thema der Klinikschließungen ausgespart wird!

Hier kann der Text als docx-Datei herunter geladen werden.

Oder einfach kopieren, einfügen und bearbeiten:

MdB Vorname Nachname

Platz der Republik 1

11011 Berlin

Sehr geehrte xxx, sehr geehrter xxx, sehr geehrter Abgeordneter des Deutschen Bundestages,

seit dem 1.1.2020 wurden in Deutschland 20 Krankenhäuser für immer geschlossen. Selbst die Coronapandemie konnte diesen Prozess nicht stoppen. Zwölf Schließungen fielen in den Zeitraum der Pandemie, mehr als im Vor-Pandemiejahr 2019.

Seit 2004 ist das System der Fallpauschalen das DRG-System, das Abrechnungs- und Budgetfindungsinstrument für die Betriebskosten der Krankenhäuser. Es gibt mittlerweile fast 1.300 unterschiedliche Pauschalvergütungen für einen Krankenhausfall für unterschiedliche Krankheitsbilder und Krankheitsschwere. Die Vergütung erfolgt weitestgehend unabhängig von der Liegedauer immer gleich hoch für die gleiche Erkrankung. Dies bedeutet, dass nur mit einer Steigerung der Fallzahl die Einnahmenseite gestärkt werden kann. Damit wird Gesundheit zu einer Ware, mit falschen Anreizen.

Bedingt durch die Abrechnung mittels Fallpauschalen (DRG) geraten vor allem die kleineren Krankenhäuser, hauptsächlich mit Grund- u. Regelversorgung in den ländlichen Gebieten immer mehr in finanzielle Schwierigkeiten. Dies führt unweigerlich zu Schließungen, da die Kommunen nicht mehr in der Lage sind diese finanziellen Lücken zu schließen.

Mit der Übernahme durch privaten Träger verschärft sich diese Situation noch mehr, vor allem wenn die privaten Krankenhausbetreiber kostenintensive Behandlungen nicht mehr durchführen bzw. anbieten. Diese Veränderung lässt sich mit der Frage nach Kliniken, in denen Frauen Kinder zur Welt bringen können gut beantworten. Zwischen 2006 und 2016 hat die Anzahl der Kliniken, die Geburten anbieten um 110 Häuser abgenommen (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 19/1924, kleine Anfrage).

Es ist daher mehr als fraglich, ob eine wohnortnahe medizinische Grundversorgung, mit Blick in die Zukunft, überhaupt noch gewährleistet werden kann. Von guter und hoher Lebensqualität im Bereich medizinischer Grundversorgung kann hier keine Rede mehr sein. Eine schnell und unkompliziert zu erreichende medizinische Grundversorgung mit den dazugehörigen Krankenhäusern halten wir für eine unverzichtbare funktionierende Daseinsvorsorge. Hinzu kommt bei einer älter werdenden Gesellschaft die eingeschränkte Mobilität, um Verwandte und Angehörige im Krankenhaus zu besuchen und zu versorgen. Hier geht es nicht nur um körperliche, sondern auch um seelische Genesung.

Wir fragen Sie daher:

  • Wie stehen Sie zum Erhalt der ländlichen Krankenhäuser?
  • Was werden Sie nach Ihrer Wahl zur/zum Bundestagsabgeordneten unternehmen, um auch die Grundversorgung im ländlichen Raum aufrecht zu erhalten?
  • Werden Sie sich für eine gerechte Finanzierung der Krankenhäuser und der der daraus resultierenden Abschaffung der Fallpauschalen einsetzen?
  • Werden Sie sich für eine Rückabwicklung der Privatisierung einsetzen, um zu verhindern, dass das Geld aus den Sozialversicherungen „privatisiert“ wird?

Wir möchten wir daran erinnern, dass es das Versprechen der Politik und Auftrag des Grundgesetzes ist, gleiche Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu schaffen bzw. zu erhalten. Wir setzen uns für den Erhalt der regionalen Krankenhäuser ein, eine angemessene stationäre Versorgung muss allen zugänglich sein!

Wir sind an Ihrer Meinung sehr interessiert und möchten Sie bitten, uns zeitnah vor der Wahl Ihre Antwort zukommen zu lassen. Wir werden diese selbstverständlich in unseren Veranstaltungen, Gremien und öffentlichen Debatten einbringen, um Hilfestellung bei der Wahlentscheidung zu leisten.

Mit freundlichen Grüßen

Wenckebach muss bleiben! GiB fordert Krankenhaus-Rettungs-Gesetz

Pressemitteilung von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e. V.:

Beschäftigte des Wenckebach-Klinikums und Aktive von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) haben heute gegen die drohende Schließung des Krankenhauses demonstriert. Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) macht Jens Spahn für  Klinikschließungen bundesweit verantwortlich.

Dazu Laura Valentukeviciute, Vorstandsmitglied von GiB:

„Statt von der Schließung bedrohte Krankenhäuser aufzufangen, wird noch Geld für Schließungen und Bettenabbau gezahlt. Damit muss Schluss sein! Herr Spahn, sagen Sie diesen Satz: ‚Ich garantiere, dass kein Krankenhaus geschlossen wird.‘ Die 550 Beschäftigten im Wenckebach-Klinikum haben auch auf dem Höhepunkt der COVID-19-Welle hier die Krankenhausversorgung aufrechterhalten.“ 

Wie gestern bekannt wurde, warnt der Bundesrechnungshof eindringlich vor Schließungen und weist darauf hin, dass schon jetzt für jede zehnte Klinik erhöhte Insolvenzgefahr besteht. Das Wenckebach-Klinikum gehört zu den Krankenhäusern, die von Schließung bedroht sind. Am Freitag, den 18. September, finden die zweite und dritte (abschließende) Lesung des „Entwurfs eines Gesetzes für ein Zukunftsprogramm Krankenhäuser (Krankenhauszukunftsgesetz – KHZG)“, BT-Drucksache 19/22126 statt. Der Entwurf wurde von der Großen Koalition eingebracht. Bettenabbau wird danach gefördert, gleichzeitig bleiben die Krankenhäuser in Deutschland weiter massiv unterfinanziert. GiB empfiehlt, daher, das Gesetz abzulehnen.

Dazu Carl Waßmuth, Sprecher von GiB:

„Was wir brauchen, ist ein Krankenhaus-Rettungs-Gesetz. Krankenhausversorgung ist Daseinsvorsorge. Die dürfen wir nicht pleitegehen lassen.“

Weitere Fotos von der Aktion: https://www.gemeingut.org/wordpress/fotos/

Aktionstag zur Weltgesundheit

Am 7. April ist Weltgesundheitstag. Unser Kommentar: Gesundheit ist keine Ware, sondern ein Bereich der Daseinsvorsorge. Unsere Krankenhausversorgung wurde an vielen Stellen kaputtgespart und privatisiert. Damit muss Schluss sein! Wir brauchen ein Ende der Schließungen, mehr Kapazitäten bei den Intensivbetten sowie höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen für das Personal!

Auf Anregung von Gemeingut in BürgerInnenhand haben viele Leute Briefe an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geschrieben und Fotos von Aktionen oder Schildern mit Forderungen gemacht. Hier eine erste Auswahl:

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Sehr geehrter Herr Bundesgesundheitsminister Spahn,

sichern Sie zu, dass in Deutschland kein Krankenhaus mehr geschlossen wird?

Die Krise nutzen, die Weichen stellen, den Weltgesundheitstag als Anlass für die Wende in der deutschen Gesundheitspolitik nehmen!

Ich wünsche Ihnen Gesundheit

Weltgesundheitstag 7. April 2020 am GiB-Büro

Sehr geehrter Herr Bundesgesundheitsminister Spahn,

das Gesundheitswesen der Bundesrepublik ist in den letzten Jahren und im letzten Jahrzehnt zunehmend dem Markt ausgeliefert worden. Das war eine falsche Entwicklung, wie uns jetzt die Erfahrungen zeigen. Und es waren die falschen politischen Entscheidungen, das zu tun, nämlich das Gesundheitswesen dem Markt zu überlassen.

Sichern Sie, Herr Bundesgesundheitsminister Spahn. uns zu, dass die Bundesregierung und Ihre Partei, die CDU, diese Lektion gelernt hat.  Sichern Sie uns zu, dass in Deutschland kein Krankenhaus mehr geschlossen wird!

Wir brauchen kein Epidemiegesetz, mit dem sich die Bundes-oder Landesregierungen harte, vom Parlament nicht gedeckte Maßnahmen gegen eine Epidemie oder eine Pandemie ermöglichen will, statt als gestaltende Politiker eine ordentliche Vorbereitung auf Epidemien und andere große Herausforderungen zu organisieren.

Freundliche Grüße

SAMSUNG CSC

Sehr geehrter Herr Spahn,

Seit längerem schon bin ich besorgt über die Tatsache, daß in der Vergangenheit zuviel gespart worden ist am Krankenhauswesen und in der Pflege.  Können Sie zusichern, daß

1. künftig, d.h. auch nach der Pandemie, kein Krankenhaus mehr geschlossen wird ?

2. daß ausreichend Vorsorge getroffen wird für die Ausstattung der Krankenhäuser mit Schutzkleidung, Atemmasken, Desinfektionsmitteln u. ä. und daß mehr Pflegepersonal incl. einer Krankheitsreserve eingestellt wird.

3. Dasselbe gilt m. A. genauso für die Pflegeheime: Wie wollen Sie vermeiden, daß – fast schon im Normalbetrieb – Pflegeheime wegen Überlastung schließen bzw. einen Aufnahmestop erlassen müssen ?

Mir ist klar, daß dies eine öffentliche Kontrolle und Eingriffsmöglichkeit staatlicher Stellen voraussetzt, am besten eine Rekommunalisierung aller Einrichtungen der Gesundheitspflege. Wie stehen Sie dazu ?

Mit freundlichen Grüßen

Unser Gesundheitssystem muss als Daseinsvorsorge organisiert werden

Die gegenwärtige Corona-Krise deckt schonungslos auf, dass unser Gesundheitssystem nicht gesund ist. Wirtschaftliche Interessen haben es so sehr geschrumpft, dass es der Bevölkerung nicht mehr hinreichend dienen kann. Ängstlich müssen wir darauf bedacht sein, dass sich „das Virus langsam ausbreitet“, um das System vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Dabei legen wir die Ökonomie und praktisch das gesamte öffentliche Leben in unserem Lande lahm. Wie konnte es so weit kommen? Die Antwort wird deutlich: Unser Gesundheitssystem wurde dem Kommerz überantwortet, Gesundheit ist zum Renditeobjekt verkommen. Krankenhäuser werden geschlossen, weil sie „nicht rentabel“ sind, das „weiße“ Personal wird durch Stellenabbau an die Leistungsgrenze und darüber hinaus getrieben, oft dazu noch schlecht bezahlt. Viele haben die Ausbeutung satt und werfen hin. Die sichere Versorgung mit Medikamenten steht durch Auslagerung der Herstellung von Vorprodukten auf der Kippe.

Für unsere Bevölkerung ist ein zuverlässig arbeitendes stressresistentes Gesundheitssystem systemrelevant. In der schweren Krise zeigt sich, dass es dringend reformiert und auf eine andere finanzielle Basis gestellt werden muss. Rendite darf nicht länger finanzkapitalistisch, sondern muss aus Sicht des Gemeinwohls definiert werden, Daseinsvorsorge muss an die Stelle des Kommerzes treten. Die dringend nötige Reform könnte und sollte unter folgenden Aspekten erfolgen:

1. Organisatorisch: Die Einrichtungen des Gesundheitswesens, speziell Krankenhäuser und Kliniken, auch sog. private, sind in gemeinnützige GmbHs zu überführen und dürfen nicht länger Renditeobjekte sein. Wirtschaftlichkeitsaspekte sind dabei nicht tabu, sind aber stets im Gesamtzusammenhang zu betrachten. Standby-Betrieb und Reservehaltung sowie ordentlich honoriertes Personal in hinreichender Zahl kosten sicher Geld, ihre Nichtverfügbarkeit in der Not wird aber noch viel teurer.

2. Finanziell: Ausnahmslos Jede/r, die/der ein Einkommen hat, zahlt einen prozentualen Beitrag davon in die staatliche Krankenversicherung, und zwar ohne Beitragsbemessungsgrenze. Dadurch wird von allen ein gerechter Beitrag zum Gemeinwohl geleistet – wer viel hat, muss viel beitragen.

3. Versicherungstechnisch: Es wird eine Bundeskrankenversicherungsanstalt (BKVA) nach dem Muster der BfA gegründet, in der sämtliche Krankenkassen, gesetzliche wie private, aufgehen. Arbeitsplätze gehen dadurch nicht verloren, denn die in größeren Städten einzurichtenden BKVA-Agenturen brauchen Personal. Die BKVA speist sich aus den Versicherungsbeiträgen. Eine kassenärztliche Vereinigung ist nicht länger erforderlich. Ärzte organisieren ihre Standesvertretungen selbst.

4. Vorsorglich: Für alle systemrelevanten Aspekte wird Vorsorge sichergestellt. Das betrifft alle medizinischen Produkte, insbesondere Medikamente, für die Zugriff auf die komplette Lieferkette garantiert sein muss. Riskantes „Outsourcing“ aus Kostengründen muss unterbleiben, denn Abhängigkeit kann sehr viel teurer werden und schlimmstenfalls zum Systemzusammenbruch führen. 

Mit den Vorschlägen für ein alternatives Gesundheitssystem verbindet sich die Hoffnung, dass die bestehende Corona-Krise die Augen für die Defizite öffnet, die unser Land überwinden muss, damit es mit seiner Bevölkerung eine aggressive Pandemie ohne katastrophale Folgen überstehen kann. Am Schluss der vorstehenden Überlegungen soll ein Zitat von Rahm Emanuel, ehemaliger Bürgermeister von Chicago, stehen: „Verschwende nie eine Krise; sie gibt uns die Gelegenheit, große Dinge zu tun“. Die Reform unseres Gesundheitssystems, weg vom Kommerz und hin zur Daseinsvorsorge, wäre ein solch großes Ding.  

Freundliche Grüße

SAMSUNG CSC

Sehr geehrter Herr Spahn,

morgen ist Weltgesundheitstag. Unterdessen tobt weltweit die Corona-Pandemie.

Auch hierzulande hat sie Opfer gefordert, und es wurden drastische Maßnahmen ergriffen, um die Zahl weiterer Opfer möglichst zu minimieren.

Gerade jetzt in der Krise hat sich gezeigt, wie unverzichtbar ein flächendeckendes Netz von Krankenhäusern sowie entsprechendes Personal sind, von der Bevorratung mit Hilfsmitteln wie Einmal-Handschuhen, Desinfektionsmitteln, Mundschutz etc. mal ganz abgesehen. Spürbar wurde auch, dass das Gesundheitswesen in den letzten Jahrzehnten sträflich kaputt gespart wurde.

Dass das nächstgelegene Krankenhaus, unerlässlich für die Versorgung der Bevölkerung in der Umgebung, immer wieder von Schließung bedroht ist, verdeutlicht die Dringlichkeit meines Ersuchens. 

Anlässlich des Weltgesundheitstags frage ich Sie: Sichern Sie zu, dass in Deutschland kein Krankenhaus mehr geschlossen wird?

In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrter Herr Minister,

[…] Der Begriff der Wirtschaftlichkeit bringt mich zur Corona-Pandemie, die unser Gesundheitswesen an seine Grenzen oder darüber hinaus führt. Insbesondere wird der Mangel an Pflegekräften und medizinischem Material beklagt. In dieser Situation fordern wir Bürgerinnen und Bürger deshalb eine grundsätzliche und rasche Neuordnung des
Gesundheitssystems. Behauptungen, das sei schwierig und bedürfe langer Zeit, zählen in dieser Situation nicht mehr. Die Blitzaktionen der Politik mit weitreichenden Gesetzen im Stundentakt und Zurverfügungstellung von vielen Milliarden, ja Billionen Euro, zur Stabilisierung der Wirtschaft und zur Existenzsicherung für betroffene Menschen zeigen:
„Wo ein Wille, da auch ein Weg.“ Dass in unserem reichen Land im Gesundheitswesen einiges falsch läuft, ist schon seit vielen Jahren bekannt. Wer den Film „Der marktgerechte Patient“ gesehen hat, weiß zum Beispiel, dass Entbindungsstationen geschlossen werden, weil sich deren Betrieb angesichts der Fallpauschalen nicht lohnt. Wer die Diskussionen der letzten Tage verfolgt hat, der weiß, dass 200.000 Pflegekräfte unser Gesundheitswesen verlassen haben, weil die Bezahlung zu schlecht ist und die Arbeitsbedingungen unzumutbar sind.
In dieser Situation hätte ich erwartet, dass die politisch Verantwortlichen, allen voran Sie als zuständiger Minister, innerhalb von Stunden die entscheidenden Weichen richtig gestellt und dem Gesundheitswesen mit Geld und Ausrüstung auf die Beine geholfen hätten. Es ist erfreulich, dass große Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Supermarktkassen jetzt zusätzliche Prämien bezahlen. Es ist aber nicht nachvollziehbar, dass unseren Pflegekräften, die an vorderster Front stehen und Gesundheit und Leben riskieren, keinerlei Unterstützung zuteil wird. Angesichts des gebotenen körperlichen Abstandes kommt ihnen noch nicht einmal ein warmer Händedruck als Dank zugute. Sie müssen sich mit Beifallklatschen von den Balkonen der Republik begnügen. Eine sofortige entscheidende Anhebung der Vergütungen und Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist das mindeste, was wir unseren Pflegekräften in dieser Situation schulden.
Sie, sehr geehrter Herr Minister, reisen seit Jahren durch die Welt, um in fremden Ländern und Kontinenten billige Pflegekräfte für unser Land anzuwerben, wohl wissend, dass deren Heimatländer selbst dringend auf Fachkräfte angewiesen sind. Sie wissen auch, dass die Versorgung vieler alter und dementer Menschen in ihren Wohnungen nur dadurch
gewährleistet ist, dass billige Pflegekräfte aus dem ehemaligen Ostblock in großer Zahl, davon 90 % schwarz, bei uns arbeiten. Würden diese Pflegekräfte nicht zur Verfügung stehen, bräche unser Gesundheitssystem sofort zusammen, weil die zuhause gepflegten Menschen in Heimen und Krankenhaushäusern nicht aufgenommen und versorgt werden könnten. Unser Staat hat sich dem Gemeinwohl verpflichtet. Gesundheit und Leben sind hohe Güter. Die bestmögliche medizinische Versorgung entzieht sich einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise, so wie auch Schulen und Kindergärten nur mit finanzieller Unterstützung der öffentlichen Hand gut arbeiten können. Unter diesen Umständen kann es ein „weiter so“ weder in der aktuellen Krise noch danach geben. Wir Bürgerinnen und Bürger fordern Sie auf, für ein gutes Gesundheitssystem zu sorgen, das auf einer tragfähigen finanziellen Basis ruht, beizeiten die notwendige Vorsorge für Notfälle trifft und den Einsatz der in ihm arbeitenden Menschen durch angemessene Bezahlung, gute Arbeitsbedingungen und gebührende Anerkennung belohnt.
In diesem Sinne erwarte ich von Ihnen endlich schnelle und wirksame Maßnahmen. Zu
einem persönlichen Gespräch bin ich gerne bereit.

Mit freundlichen Grüßen

GiB-Infobrief zum Aktionstag zur Weltgesundheit: Ideen zum Mitmachen

Liebe Freundinnen und Freunde von Krankenhäusern,

am 7. April ist Weltgesundheitstag. Wir nehmen das zum Anlass, die Bundesregierung daran zu erinnern, dass Gesundheit keine Ware ist, sondern ein Bereich der Daseinsvorsorge. Unsere Krankenhausversorgung wurde an vielen Stellen kaputtgespart und privatisiert. Damit muss Schluss sein! Wir brauchen ein Ende der Schließungen, mehr Kapazitäten bei den Intensivbetten sowie höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen für das Personal!

Deswegen beteiligen wir uns an mit eigenen Ideen an den öffentlichen Aktionen zum Weltgesundheitstag, zu denen das europäische Netzwerk „Unsere Gesundheit ist keine Ware“ („Our Health Is Not For Sale“) aufruft. Machen Sie mit! Unsere Aktionsvorschläge sind:

  • Ein Schild (Aufruf oder Protest etc.) malen oder ausdrucken, sich fotografieren (lassen) und das Foto an unsere E-Mail-Adresse info@gemeingut.org schicken. Wir stellen die Fotos auf unsere Website und machen am Ende aus allen Bildern ein Poster, das wir dann an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schicken.
  • Ein Banner basteln und aus dem Fenster hängen – oder an den Zaun vom örtlichen Krankenhaus. Wir haben zwei Vorlagen vorbereitet: „Liebe Regierung: Wir bleiben zuhause. Repariert ihr das Gesundheitssystem!“ sowie „Jens Spahn: Sichern Sie zu, dass kein Krankenhaus mehr geschlossen wird!“
  • Jens Spahn per E-Mail diese Frage stellen: Sehr geehrter Herr Bundesgesundheitsminister Spahn, sichern Sie zu, dass in Deutschland kein Krankenhaus mehr geschlossen wird? Adressieren Sie Ihre E-Mails an folgende Adressen: poststelle@bmg.bund.de, jens.spahn@bundestag.de. Was wird er wohl antworten?
  • Verbreiten Sie diese und ähnliche Aktionen in den sozialen Medien, dort zum Beispiel unter #gemeingut, #health4all, #Krankenhaus.

Herzlich grüßen
Laura Valentukeviciute und Carl Waßmuth
für das Team von Gemeingut in BürgerInnenhand

PS: Vielen Dank an alle, die die Kampagne zur Rettung und Stärkung der Krankenhausversorgung in den vergangenen Tagen mit ihrer Spende unterstützt haben! Wenn Sie bis zum 12. April GiB-Fördermitglied werden, senden wir Ihnen auf Wunsch die Film-DVD „Der marktgerechte Patient“ zu. Schicken Sie uns dazu eine E-Mail mit dem Vermerk „bitte DVD zusenden“. Der Film wurde von Kernfilm produziert und zeigt, was in unserem Gesundheitssystem schiefläuft – und gibt Impulse für eine Veränderung (www.der-marktgerechte-Patient.org).

PPS: Für die Arbeit gegen die Krankenhausschließungen haben wir eine Mailingliste krankenhaeuser@gemeingut.org eingerichtet. Wenn Sie an der Mitarbeit und dem Austausch interessiert sind, schreiben Sie uns eine E-Mail, und wir tragen Sie in diese Liste ein.

Das Gesundheitssystem dauerhaft ertüchtigen

„Flattening the curve“, deutsch etwa „die Kurve flacher machen“ ist ein Begriff, der auf Anstrengungen verweist, den starken exponentiellen Anstieg der Corona-Infektionsrate zu verlangsamen.

Zu Hause bleiben / Ausgangssperren / Schulschließungen: „Flattening the curve“ / „Die Kurve abflachen“

Die drei Kurvenverläufe des Diagramms werden bereits auf T-Shirts gedruckt: Die vertikale Achse des Diagramms zeigt die Covid-19-Fallzahlen, die horizontale die Zeit seit Auftreten des ersten Falls. Der steil ansteigende (rote) Berg stellt die Covid-19-Fallzahlen dar, wenn keine Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Der flachere (blaue) Berg symbolisiert die Entwicklung der Covid-19-Fallzahlen, wenn Schutzmaßnahmen erfolgen. Die horizontale Linie bildet die Kapazität des Gesundheitssystems ab. Überschreitet die Zahl der Erkrankungen die Kapazität des Gesundheitssystems, so erwarten uns Szenen wie in Italien, wo die Zahl der Intensivbetten regional erschöpft ist.

Zum Hintergrund: Krankenhäuser müssen in Deutschland gewinnorientiert arbeiten. Dabei regelt das System der Fallpauschalen einen Großteil der Vergütungen. Auf diesem Weg wurde für die Krankenhäuser der Anreiz gesetzt, die Kapazitäten abzubauen, die heute dringend benötigt wurden. Kliniken, die noch versuchten gegenzusteuern, gingen reihenweise pleite und mussten schließen oder wurden verkauft. Zugleich entstand eine absurde Bürokratie, und die Zahl bestimmter lukrativer Operationen schnellte in die Höhe. 

Die Linie „Kapazität des Gesundheitssystems“ mutet in der Darstellung wie eine Konstante an. Tatsächlich lässt sie sich weniger schnell beeinflussen als der Anstieg der Infektionen des sich schnell ausbreitenden Virus. Dennoch ist das keineswegs eine feste Größe, sie ist menschengemacht und von Regierungen beeinflussbar. Bedauerlicherweise haben unsere Regierungen seit 1990 die Kapazität des Gesundheitssystems kontinuierlich gesenkt. Die Zahl der Krankenhäuser in Deutschland ist seit 1991 um 20 Prozent gesunken, von 2411 Krankenhäusern auf 1942. Netto wurden 469 Kliniken geschlossen. Die Zahl der Betten ging noch stärker zurück: um 25 Prozent, 168.383 Betten wurden abgebaut. Die Zahl der Intensivbetten/Notfallbetten hat immerhin zugenommen, es gibt 28.429, davon 398 in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen. 1991 waren es noch 20.569 Intensivbetten, selbst 2010 gab es erst 25.364.

Im Ergebnis ist unsere Krankenhausversorgung für Katastrophen wie die aktuelle Pandemie nicht mehr gerüstet. Wichtige „Flaschenhälse“ müssen jetzt dringend reduziert werden. Nachfolgend eine Tabelle mit den wichtigsten Maßnahmen:

Engpässe Derzeit begrenzt durch Schnell zu erweitern durch
Intensivbetten (technisch), Beatmungsgeräte Technische Geräte zur Ausstattung der Betten Produktionsausweitung, Konversion anderer Industriezweige (Autoindustrie), überregionaler / EU-weiter Austausch der Intensivbettenplätze
Intensivbetten (Auslastung/Belegung) 60 bis 80 Prozent belegt durch Post-OP, schwer Erkrankte und Verletzte Operationen vorziehen oder verschieben, Tempo-Limit einführen: 120 km/h (Autobahnen), 80 km/h (Landstraßen), 30 km/h (innerorts)
Intensivbetten (Intensivpflegepersonal) Derzeit 4.700 fehlende IntensivpflegerInnen, zunehmende Infektionsrate beim Pflegepersonal Anhebung der Bezahlung um 50 Prozent, volle Anrechnung von Über­stunden, schnelle Weiterbildung des vorhandenen Pflegepersonals, Anlernung neuer Pflegekräfte für den normalen Pflegebetrieb, verlässliche Kinder­betreuung, sichere und sterile Arbeits­bedingungen, Personaluntergrenzen ziehen
Stationäre Betten zur Isolierung infektiöser Patienten Fallpauschalensystem führte zur Reduktion der Bettenzahl um 168.383 Fallpauschalensystem abschaffen, Wiedereröffnung geschlossener Kliniken, Reservierung vorhandener Betten für medizinisch notwendige Fälle
Material für die Isolierung (Schutzkleidung) Mangelhafte Notfallbevorratung Produktionsausweitung, Konversion anderer Industriezweige (Autoindustrie)
Krankenhäuser als Infrastruktur von Akutversorgung Fallpauschalensystem führte zur Schließung von 469 Kliniken Wiedereröffnung geschlossener Kliniken, Verstaatlichung der Privatkliniken
Ungleiche regionale Verteilung von freien Plätzen in Intensivbetten Europa lässt Italien, Spanien und Frankreich in der Corona-Krise im Stich PatientInnen aus überfüllten Kliniken werden ausgeflogen und auf freie Intensivbetten in ganz Europa verteilt
In Krankenhäusern: zu wenig Personal und zu wenige Bettenplätze Überlastung der Krankenhäuser durch Quarantänemaßnahmen und allgemeine Panik Panik begrenzen durch evidenzbasierte Informationen, Stärkung der ambulanten und häuslichen Versorgung durch Stärkung von Arztpraxen und medizinischen Versorgungszentren

Die Politik trägt eine wesentliche Verantwortung dafür trägt, welche Kapazität unsere Gesundheitsversorgung hat. Maßnahmen zum „social distancing“ sind Zu-Hause-Bleiben, Ausgangssperren, Kontaktsperren, Schulschließungen sowie ein drastisches Zurückfahren des gesamten öffentlichen Lebens. Damit verbunden sind weitreichende Eingriffe in die Bürgerrechte. Viele Menschen sind zudem massiv in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. „Flattening the curve / „Die Kurve abflachen“ ist eine extreme Ausnahme-Reaktion. Mindestens ebenso extreme Maßnahmen sollten ergriffen werden, um die horizontale Linie anzuheben. Die deutsche Bundesregierung hat vor zehn Tagen Anzeigen geschaltet, in denen Pflegepersonal Schilder zeigt, auf denen steht: „Wir bleiben für euch hier. Bleibt ihr bitte für uns daheim.“ Wir sollten von zu Hause aus Bilder schicken, auf denen steht: „Liebe Regierung: Wir bleiben daheim. Repariert ihr bitte die Gesundheitsversorgung!!!“

Steigende Kapazität des Gesundheitssystems: „raising the line“ / „die Linie anheben“

Die Kapazität des Gesundheitssystems zu steigern bedeutet „raising the line“ / „die Linie anheben“. Dabei geht es um diese Krise und um die nächsten Krisen. In der aktuellen Krise rettet jede schnelle Kapazitätsausweitung Menschenleben. Bleibt es bei dem Fallpauschalen-Finanzierung, dann werden allerdings reihenweise genau jene Krankenhäuser pleitegehen, die besonders viele Corona-PatientInnen aufgenommen haben – die könnten dann künftig bei Katastrophen und Pandemien fehlen!

Wenn wir nicht achtgeben, könnte auch vieles vom aktuellen Ausnahmezustand zur Dauerausnahme gemacht werden. Der Schock der Corona-Pandemie wird vermutlich tief sitzen und kann von rechten Regierungen zum weiteren Abbau von Bürgerrechten genutzt werden. Auch deswegen sollte unser Gesundheitssystem nicht nur akut, sondern dauerhaft ertüchtigt werden. Dann verläuft die nächste Pandemie weit weniger schrecklich.

Der nächsten Pandemie vorbeugen: „raising the line“ / „die Linie anheben“