Faktenblatt Nr. 1: PPP – Monopoly der Banken mit dem Gemeingut

Faktenblatt Nr. 1 • Hrsg. Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e.V.

Zusammengestellt von Jürgen Schutte – Oktober 2011

Das Faktenblatt zum herunterladen: FB-01 – PPP & Banken

Was ist PPP? Public Private Partnership – »verfolgt das Ziel, durch eine langfristig angelegte Zusammenarbeit zwischen Öffentlicher Hand und privater Wirtschaft öffentliche Infrastrukturprojekte effizienter zu realisieren als bisher. Das Besondere dabei ist der Lebenszyklusansatz, mit dem das Planen, Bauen, Betreiben, Finanzieren und ggf. Verwerten einer Immobilie in einem ganzheitlichen Ansatz optimiert werden soll«.Soweit und ganz »sachlich« definiert das u.a. vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herausgegebene offizielle PPP-Handbuch. Wir deuten PPP als die Unterwerfung gesellschaftlicher Institutionen und Dienstleistungen unter das Diktat der Gewinnmaximierung und damit als einen Ausverkauf der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Vabanque mit dem öffentlichen Eigentum

Seit einigen Jahren richtet sich die Begehrlichkeit der Unternehmen und der Banken auf die öffentliche Infrastruktur, deren Übernahme durch das private Kapital in den verschiedenen Formen der Privatisierung angestrebt wird. Von diesen Formen ist die Public Private Partnership derzeit die aktuellste und am meisten geförderte. Die Aussicht auf Kreditgeschäfte mit hoher Anlagen- und Planungssicherheit lockt die großen Baukonzerne und die Banken ins PPP-Geschäft. Neben der Deutschen Bank und den meisten Privatbanken sind alle deutschen Landesbanken und Sparkassen in diese Politik verwickelt. Sie bieten auf ihren Internetseiten und in Hochglanzbroschüren ausführliche Anleitungen zur Finanzierung, beschreiben sich selbst als sehr leistungsfähig und versprechen hohe Renditen sowie »maßgeschneidere« Beratung.

Der Markt

Der weltweite Infrastrukturmarkt gilt als ein äußerst attraktives Wachstumssegment. Kommunale Dienstleistungen

  • zeichnen sich vielfach durch ein hohes Investitionsvolumen aus und stehen meist nicht in der Konkurrenz, es wäre unrentabel, in der gleichen Kommune z.B. zwei Schwimmbäder zu bauen;
  • sie dienen einer langfristigen und konstanten Nutzung und sind daher relativ unabhängig von konjunkturellen Einflüssen und Veränderungen; Schule gibt es immer;
  • wegen der langen Laufzeiten sind sie vergleichsweise unabhängig von technischen Entwicklungen, sie veralten nicht so schnell wie z.B. Automodelle oder Computer;
  • sie haben oft eine Monopolstellung, zB. als Wasserwerk, so dass die betreibenden Unternehmen steigende Kosten oder Inflationseinflüsse auf den Preis umlegen können.

Sowohl die aufstrebenden Schwellenländer als auch die Industriestaaten werden in den nächsten Jahren Billionen US$ in den Auf- und Ausbau von Straßen, Eisenbahnen, Strom- und Telefonnetzen sowie Häfen und Flughäfen investieren. Größte Antriebskraft hierbei ist die fortschreitende Globalisierung und die damit einhergehende Mobilität von Gütern und Personen.

Die OECD schätzt die Nachfrage nach Kapital im Bereich der Infrastrukturinvestitionen auf mehr als 12 Billionen US$ bis zum Jahr 2012. Für den Ausbau und die Erhaltung der Straßennetze werden pro Jahr Investitionen zwischen 220 Mrd. US$ und 290 Mrd. US$, für die Schienennetze zwischen 50 und 60 Mrd. US$ veranschlagt. Nach einer Prognose der Unternehmensberatung McKinsey sollen etwa 11% dieses Bedarfs mit Hilfe von PPP-Projekten realisiert werden«. Die Größenordnung: in den Jahren 1999–2009 zählt der Ökonom Dexter Whitfield 630 Projekte mit einem Gesamtwert von 2,8 Mrd. ₤.

Woher kommt das Geld, das der Investor investiert?

Bei PPP errichtet oder übernimmt der Private auf Kredit für die öffentliche Hand Infrastrukturen und betreibt sie 25 bis 40 Jahre lang. Dazu wird eine eigene Zweckgesellschaft gegründet. Statt der Kommune verschuldet sich formal also der Private. Die öffentliche Hand behält weiter den Versorgungsauftrag, bezahlt nun aber die Infrastruktur auf dem Wege von Mietzahlungen. Wichtiger als die Erlangung des Zuschlags auf die Baumaßnahme ist für die Privaten der Auftrag für den Betrieb. Diese Kosten machen meist ein Mehrfaches der Investition für den Bau aus. Sie werden »forfaitiert«, das heißt für den gesamten Zeitraum pauschal hochgerechnet und verwandeln sich sogleich in ein handelbares Finanzprodukt.

Diese »Verbriefung« oder »Forderungsverkauf« ist eine Form, an Geld zu kommen: Ein Unternehmen verkauft einen Pool an möglichst gleichartigen Forderungen an eine Finanzierungsgesellschaft und erhält dafür bares Geld, das natürlich sogleich am Finanzmarkt gewinnbringend angelegt wird und diesen dadurch anheizt. Durch solche Forderungsverkäufe lässt sich die Finanzstruktur des Unternehmens verbessern und die Eigenkapitalquote erhöhen.

Das wirkt sich bei Rankings – und damit gegebenenfalls im Kurs der Aktie positiv aus. Im Ergebnis vermehrt sich durch den Handel mit PPP-Produkten also die Zahl der global flottierenden Finanzprodukte.

Die Bank – dein Freund und Helfer

Das Zauberwort für diese Praxis heißt »strukturierte Finanzierung« und der Gewinn in diesem Geschäft wird durch die Banken und andere Wertpapierhändler vermittelt. Die bevorzugte Form der Anlage ist der »Infrastrukturfond«. Man versteht darunter das Sondervermögen einer Public Private Partnership; es kommt zusammen, indem Anteile des Fonds verkauft werden. Die Banken bieten den Anlegern damit die »ideale Voraussetzung von den globalen Entwicklungen des Billionenmarktes Infrastruktur zu profitieren« – schon mit einer Einlage von 10.000 Euro erhält der Kunde »Zugang zur attraktiven Anlageklasse der Infrastruktur, die bisher vornehmlich institutionellen Investoren offen stand«.

Aktuell gehandelte Fonds sind etwa:

  • »ConRendit 17« von ConRendit (20 Mio.)
  • »Infrastruktur Amerika« von WealthCap (ca. 20 Mill.)
  • »Infrastruktur International I« von König & Cie. (35 Mio.)
  • »Infrastruktur Invest 2« von Hannover Leasing (75 Mio.).

Marktführer in Deutschland ist die DWS, eine Tochter der Deutschen Bank. In Europa verwaltet sie 173 Mrd. Euro und steht damit auf Platz 5; weltweit zählt sie mit 262 Mrd. Euro an verwalteten Geldern zu den zehn größten Fondsanbietern. Auch die Hochtief AG, der größte deutsche Baukonzern (gerade von einem spanischen Unternehmen geschluckt), verfügt über eine eigene Abteilung für den Handel mit Finanzprodukten.

Die Aufleger von Infrastrukturfonds, die, als Exchange traded funds (ETF), neuerdings auch an den Börsen gehandelt werden, versprechen Renditen, von denen andere Bereiche der Wirtschaft nur träumen können. So hat der »S&P Global Infrastructure Index« in den Jahren 2002 bis 2008 eine durchschnittliche Rendite von 17,5% erwirtschaftet, der australische »Macquarie Global Infrastructure« kommt im selben Zeitraum auf 15,7%. Zum Vergleich: Der MSCI World, ein Index »normaler« Geldanlagen, konnte in dem gleichen Zeitraum gerade einmal 4,4% p.a. verbuchen.

»Partnerschaft«

Die unablässig variierte Behauptung, PPP nütze beiden Seiten klingt wie aus dem Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Eine durch die Umverteilungspoltik der letzten Jahre herbeigeführte Verarmung der Kommunen wird genutzt, um die Kommunen zu PPP-Projekten zu verleiten. Dass die Finanzierung von Infrastruktur durch privates Kapital de facto nur eine Vorfinanzierung ist – ein Wechsel auf die Zukunft, der die Kommune meist teurer zu stehen kommt als eine Eigenfinanzierung, wird souverän beiseite gewischt. Man versteigt sich sogar zu der Aussage, PPP-Projekte ermöglichten »die Finanzierung von Großprojekten, ohne den Staatshaushalt zu belasten«. Im Ergebnis zahlt der öffentliche Partner alles, den Kredit, der für die Mietzahlungen aufgenommen werden muss, und darüber hinaus die in der Regel steigenden Gebühren, Maut und Eintrittsgelder. Die PPP-Projekte beuten die Zukunft aus; sie unterlaufen die gesellschaftliche Kontrolle der öffentlichen Einrichtungen und sie verdecken diese schädlichen Folgen mit dem Siegel der Geheimhaltung. Die Banken und andere Finanzmakler sind ein Teil des Mechanismus, der zum Ausverkauf des gesellschaftlichen Eigentums führt.

Zu fordern wäre mindestens:

  • die Entwicklung von Alternativen zur Finanzierung kommunaler Investitionen;
  • Schluss mit der gesetzlichen Förderungen von PPP-Geschäften, Aufhebung des sogenannten ÖPP-Beschleunigungsgesetzes;
  • Ausweitung der Kontrollmöglichkeiten der Kommunalaufsicht für bereits laufende PPP-Projekte;
  • Steuerliche Belastung der Forfaitierung und des Forderungsverkaufs, so dass diese sich nicht mehr lohnen;
  • Offenlegung aller PPP-Verträge, insbesondere der vertraglich vereinbarten haushaltswirksamen Kosten einschließlich der Dauerzahlungen, Zins- und Tilgungslasten

Das Faktenblatt zum download: PPP-Faktenblatt 1: PPP – Monopoly der Banken mit dem Gemeingut

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert