Piraten im Schleswig-Holsteinischen Landtag fordern, die ÖPP-Schulden zu bremsen

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Piraten in Schleswig-Holstein fordern, ÖPPs zu verhindern

von Carl Waßmuth

Die Fraktion der PIRATEN im Schleswig-Holsteinischen Landtag hat am 2. Juni einen Antrag zu ÖPP gestellt: „Landesvermögen schützen – Unwirtschaftliche öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) verhindern“ (Drucksache 18/3063). Am 17. Juni 2015 wurde der Antrag im Landtag beraten. Sowohl der Antrag als auch die Debatte selbst beinhalten interessante Beiträge zur Diskussion um ÖPP, die nachfolgend angeführt werden.

Der Antrag spricht sich zunächst nicht generell gegen ÖPP aus. Sein Motto lautet: Wenn schon ÖPP, dann unter den gleichen Regeln wie die konventionelle Realisierung, mit Transparenz, mit demokratischer Kontrolle und unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten in der Schuldenbremse. Das klingt wenig radikal. Allerdings: Würden die gestellten Anforderungen umgesetzt, würden sicherlich wenigstens Dreiviertel aller ÖPPs nicht mehr gemacht.

Die schriftliche und mündliche Begründung enthält im weiteren gute Argumente und einprägsame sprachliche Bilder. Sehr schön ist z.B. Forderung: „ÖPP-Schulden bremsen“. Von da aus ist es nicht mehr weit zum Begriff der „ÖPP-Schuldenbremse“. Den Hintergrund führt Dr. Patrick Breyer von den Piraten auch an: “ ÖPP verkleinert unsere Investitionsspielräume“ sagt Dr. Breyer und weist daraufhin, dass ÖPP zu einer Schuldenspirale führt. In Sachen Transparenz erinnert er die SPD im Landtag daran, dass auch die SPD-Bundestagsfraktion die vollständige Transparenz bei ÖPP-Projekten fordert. Dr. Breyer hebt auch hervor, dass es sich bei ÖPP um eine funktionale Privatisierung handelt. Sein Fazit lautet: “ Die ÖPP-Geheimverträge kommen uns teuer zu stehen, sie beschneiden unsere Investitionsspielräume, sie sind mittelstandsfeindlich, und sie entziehen Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge der demokratischen Kontrolle.“

Es antwortet ihm zunächst Johannes Callsen von der CDU. Callsen konstatiert auf eine Zwischenfrage hin: „Ob ÖPP, wie Sie behaupten, per se teurer ist als eine konventionelle Ausschreibung, ist nicht erwiesen, weil am Ende keiner weiß, wie die konventionelle Ausschreibung ausgegangen wäre.“ Ja, sollte das denn nicht die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zeigen? Lars Winter von der SPD ist sich auch der Unsicherheit der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bewusst: „Wenn etwas über 30 oder 40 Jahre kreditfi­nanziert ist, dann hat man auch keine Garantie da­für, dass nicht Teuerungen, zum Beispiel durch er­höhte Zinsen, hinzukommen.“ Auf den Hinweis von Dr. Breyer, gemäß Bundesrechnungshof wäre bei fünf Autobahnprojekten die Eigenrea­lisierung um fast 33 %, günstiger gewesen, entgegnet Lars Winter: „Ja, das nehme ich so zur Kenntnis, wenn die Rechnungshöfe das so festgestellt haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass es andere Projekte gibt, die als ÖPP-Projekte finanziert worden sind, bei denen man zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Man wird nicht alle so geprüft haben. Das nehme ich so zur Kenntnis.“ Daraus könnte man lesen: Wenn die anderen Projekte auch von den Rechnungshöfen geprüft worden wären, wüsste man dort auch von den erheblichen Kostensteigerungen durch ÖPP. Dreist ist demgegenüber die Aussage von Callsen, in ÖPP-Fragen stünden im Bundeshaushalt „heutige und zukünftige Ausgaben transparent, öffentlich zur Verfügung.“

Ein anderer interessanter Punkt in der Diskussion betrifft die Auftragsverwaltungen der Länder. Dazu muss man wissen, dass nach den Plänen von Wirtschaftsminister Gabriel die Auftragsverwaltungen in eine Bundesfernstrassengesellschaft überführt werden sollen. Diese zentrale Gesellschaft darf eventuell teilprivatisiert werden, in jedem Fall soll sie jede Menge ÖPP machen. Eine der Gesellschaften, aus der diese Bundesfernstrassengesellschaft hervorgehen könnte, ist die DEGES, eine Strassenplanungs-GmbH im Bundesbesitz. Offenbar werden die Auftragsverwaltungen schon heute durch die Zentralisierung von Planungsprozessen unter Druck gesetzt. Callsen: „Man muss schlichtweg feststellen, dass unser Land sowohl bei der Planungskapazität wie auch beim Planungstempo in keiner Weise mit der DEGES mithalten kann.“ Die DEGES ist privatrechtlich organisiert, sie wird kontinuierlich ausgebaut, und auch die Gehälter sind dort teilweise deutlich höher. Die Auftragsverwaltungen der Länder leiden unter Personalausbau und Kürzungen. Die Vernachlässigung soll also die völlige Abschaffung begründen – sich selbst verstärkende Effekte, die aber von der Politik in Gang gesetzt wurden.

Spannend sind auch die Ausführung von Monika Heinold von den Grünen, die zugleich Finanzministerin ist: „Vor der Schuldenbremse war es so, dass Sie sich für Investitionen verschulden konnten.   Da gab es ein klares Regelwerk, und dann haben Sie in ein paar Jahren ein großes Bauprojekt gemacht, haben dafür Schulden aufgenommen, Kredite, die mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen. Nach der Schuldenbremse dürfen Sie sich für Infrastruktur nicht mehr verschulden.“ Klarer zusammengefasst wurde das zum Vorteil von ÖPP konstruierte Dilemma selten. Deutlich wird aber auch der Ausweg: Weg mit der Schuldenbremse, die ganz offenbar gar Bremse keine ist, und in einem ersten Schritt: Infrastrukturinvestitionen raus aus der Schuldenbremse.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Man muss sich viel solche Anträge, viele solche Debatten wünschen. Jede solche Debatte ist eine neue Chance, die Widersprüche der Argumente der ÖPP-befürworter ans Licht zu bringen.

Wir dokumenteiern nachfolgend den Antrag sowie den zugehörigen Auszug der Parlamentsdebatte im Wortlaut.

 

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/3063

  1. Wahlperiode     2. Juni 2015

 

Antrag der Fraktion der PIRATEN

Landesvermögen schützen – Unwirtschaftliche öffentlich-private

Partnerschaften (ÖPP) verhindern

Der Landtag wolle beschließen:

  1. Die Schuldenbremse des Landes wird erstreckt auf Schulden aus ÖPP-Bauverträgen, welche die Zahlungsverpflichtungen der öffentlichen Hand über den Zeitpunkt der Endabnahme hinaus in die Zukunft verlagern. Die bei Endabnahme ausstehenden kumulierten Zahlungsverpflichtungen sind dazu einem Kredit gleichzustellen. Die Landesregierung wird aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Anpassung des Ausführungsgesetzes zu Artikel 61 der Landesverfassung (Schuldenbremse) vorzulegen.
  2. Die Landesregierung wird aufgefordert, folgende Anpassungen der Rahmenbedingungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge in die Wege zu leiten:
  3. a) Beratungs- und Gutachtenaufträge bezüglich Projekten erheblichen Umfangs werden nicht länger ohne gesonderte Ausschreibung an die ÖPP Deutschland AG vergeben.
  4. b) Bei geeigneten Vorhaben erfolgt der Wirtschaftlichkeitsvergleich durch Ausschreibung sowohl der konventionellen als auch der ÖPP-Realisierungsvariante (z.B. ABC-Verfahren).
  5. c) Bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind die Transaktionskosten und übrigen Nebenkosten von ÖPP-Verträgen einzubeziehen, insbesondere die Eigenkosten der Verwaltung bei Überwachung und Controlling des Partners. Ferner sind alle realistischerweise in Betracht kommenden ÖPP-Modelle zu untersuchen, zu bewerten und zu vergleichen.
  6. d) Bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ist die Möglichkeit der Auftragsvergabe an einen Generalunternehmer auch im Fall der konventionellen Finanzierung zu berücksichtigen, wenn sie wirtschaftlicher ist.
  7. e) Den mit einer konventionellen Realisierung befassten Stellen (z.B. GMSH, LBV) ist Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis der vorläufigen und der endgültigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sowie sonstigen dazu erstellten Gutachten Stellung zu nehmen.
  8. f) Ab einem Projektvolumen von 5 Mio. Euro ist der Finanzausschuss des Landtags beginnend mit der Planungsphase regelmäßig über Sachstand und Kostenentwicklung von Baumaßnahmen zu unterrichten.
  9. g) Der Öffentlichkeit und dem Landtag ist vor der Entscheidung über den Beginn eines Vergabeverfahrens ein klarer und verständlicher Projekt-Report zur Verfügung zu stellen, in dem die wesentlichen Eckdaten und Kennzahlen des Projektes zusammengefasst sind.
  10. h) Vollständig zu veröffentlichen sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Stellungnahmen dazu, die Namen der Berater und Gutachter, Leistungsbeschreibungen für Planung, Bau und Betrieb, die zur Angebotsabgabe erforderlichen Dokumente (ergänzende Verdingungsunterlagen des Auftraggebers) sowie die abgeschlossenen Verträge, soweit nicht ausnahmsweise die privaten Interessen am Schutz bestimmter Betriebsgeheimnisse schwerer wiegen als das Informationsinteresse der Allgemeinheit.
  11. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich über den Bundesrat dafür einzusetzen, dass bei der Bemessung der Finanzanteile der Länder für den Bundesfernstraßenbau (Länderquoten) ÖPP-finanzierte Projekte nicht länger eine privilegierte Rolle einnehmen.

Begründung:  

Öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) oder public-private partnership (PPP) ist die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch private Unternehmen im Rahmen einer langfristigen, vertraglich geregelten Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand. In Schleswig-Holstein wurden etwa Errichtung und Betrieb des Lübecker Herrentunnels, der Ausbau der Landesstraße 192, Errichtung und Betrieb von Gebäuden des Universitätsklinikums sowie der Ausbau der A7 zwischen Neumünster und Hamburg im Wege öffentlich-privater Partnerschaften vereinbart.

Der Bundesrechnungshof und die Rechnungshöfe der Länder warnten schon 2006, dass die angeblichen Vorteile öffentlich-privater Partnerschaften oft zu hoch ermittelt und nicht schlüssig nachgewiesen wurden. Häufig fanden sich in den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen pauschale und überhöhte Kostenansätze zulasten eines konventionellen Bauens und Betreibens. Unterschiedliche Rahmenbedingungen führten im Kostenvergleich zu rechnerischen Vorteilen der ÖPP-Variante. 2014 stellte der Bundesrechnungshof fest, dass die bisherigen ÖPP-Projekte im Fernstraßenbau unwirtschaftlich sind. Solange sich die Finanzierungskonditionen von Bund und Privaten nicht entscheidend annähern, solle auf haushaltsfinanzierte ÖPP-Projekte im Straßenbau – unabhängig vom Vergütungsmodell – verzichtet werden.

Dass immer wieder unwirtschaftliche öffentlich-private Partnerschaften eingegangen worden sind, hat verschiedene Ursachen. Dazu zählen ungleiche Rahmenbedingungen im Wettbewerb zwischen staatlicher Realisierung und ÖPP, Interessenkonflikte der am Entscheidungsprozess Beteiligten und mangelnde Transparenz des Entscheidungsprozesses.

  1. ÖPP-Schulden bremsen

Die Schuldenbremse begrenzt die staatliche Neuverschuldung im Interesse eines nachhaltigen und tragfähigen Staatshaushalts. Anders als Kredite zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben werden die langjährigen Zahlungsverpflichtungen aus ÖPP-Verträgen jedoch nicht als Kredite im Sinne der Schuldenbremse erfasst. Dabei treten die langjährigen Zahlungsverpflichtungen aus ÖPP-Verträgen an die Stelle von Zins- und Tilgungslasten im Fall der konventionellen Realisierung und belasten künftige Haushalte in gleicher Weise. Schließt die geltende Schuldenbremse eine konventionelle, kreditfinanzierte Investition des Landes aus, lässt sie die in der Summe deutlich teurere Realisierung derselben Investition im Wege eines ÖPP-Projekts jedoch zu. So wird der Sinn und Zweck der Schuldenbremse, den Staatshaushalt auf Dauer zu entlasten, in sein Gegenteil verkehrt. Die geltende Schuldenbremse schafft einen Anreiz, Projekte auch dann im Wege von ÖPP zu realisieren, wenn eine konventionelle, kreditfinanzierte Realisierung zwar wirtschaftlicher, jedoch wegen der Schuldenbremse nicht realisierbar wäre. Durch diesen Fehlanreiz droht dem Steuerzahler ein hoher Schaden zu entstehen.

Um diesen Fehlanreiz zu beseitigen, soll die Schuldenbremse reformiert werden:

Künftig sollen auch Schulden aus ÖPP-Bauverträgen von den Regeln der Schuldenbremse erfasst werden. Die Streckung der Zahlungsverpflichtungen der öffentlichen Hand über den Zeitpunkt der Fertigstellung und Endabnahme eines Werks hinaus ist wie eine Kreditgewährung zu behandeln. Dazu ist das Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse anzupassen.

Eine vergleichbare Regelanpassung ist in Frankreich bereits erfolgt. Projekte, die sich die öffentliche Hand konventionell finanziert nicht leisten kann, dürfen auch nicht auf Kosten zukünftiger Generationen im Wege öffentlich-privater Partnerschaften realisiert werden. Öffentlich-private Partnerschaften erweitern die Spielräume für Investitionen nicht nachhaltig, denn die langjährigen Zahlungsverpflichtungen aus ÖPP-Verträgen schränken den zukünftigen Investitionsspielraum noch weiter ein. Die erforderlichen staatlichen Investitionen sind deshalb grundsätzlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren.

  1. Fehlanreize zugunsten unwirtschaftlicher öffentlich-privater Partnerschaften beseitigen, Transparenz und Kontrolle gewährleisten
  2. a) Interessenkonflikten vorbeugen

Vor der Entscheidung über ÖPP-Projekte wird deren Wirtschaftlichkeit regelmäßig von Privaten begutachtet. Auch Eignungstests und Machbarkeitsstudien werden häufig von privaten Beratern erstellt. Eine Befangenheit der Gutachter/Berater ist zu besorgen, wenn sie oder wirtschaftlich mit ihnen verbundene Unternehmen ein finanzielles Interesse an Folgeaufträgen haben. In dieser Situation besteht ein Anreiz, die unwirtschaftliche ÖPP-Variante positiver zu beurteilen, weil sie Folgeaufträge an den Gutachter/Berater oder mit ihnen verbundene Unternehmen verspricht.

Entsprechend der Empfehlung der Rechnungshöfe ist deshalb zu fordern, dass Begutachtungs- und Beratungsleistungen öffentlich ausgeschrieben werden. Eine Direktvergabe an die ÖPP Deutschland AG ist abzulehnen, weil ÖPP-interessierte Unternehmen (z.B. Beratungsfirmen) an ihr beteiligt sind.

  1. b) Wirtschaftlichkeitsvergleich anhand von Angebotspreisen

Nach den Feststellungen der Rechnungshöfe wurden Effizienzvorteile der ÖPP-Varianten im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen häufig zu hoch ermittelt oder nicht schlüssig nachgewiesen. Beruhen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf bloßen Modellrechnungen, sind die Spielräume bei der Berechnungsweise groß. Zuverlässiger ist der Vergleich tatsächlicher Angebotspreise, indem sowohl die konventionelle als auch die ÖPP-Realisierungsvariante ausgeschrieben wird.

  1. c) Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen verbessern

Um einen aussagekräftigen Wirtschaftlichkeitsvergleich zu ermöglichen, sind die Nebenkosten von ÖPP-Projekten mit einzurechnen, etwa Verfahrenskosten und Transaktionskosten. Ferner sind im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen alle realistischerweise in Betracht kommenden ÖPP-Modelle zu untersuchen, zu bewerten und zu vergleichen.

  1. d) Generalunternehmermodell auch bei konventioneller Realisierung prüfen

Die Ausführung eines Auftrags durch einen Generalunternehmer kann im Vergleich zur Vergabe von Einzelleistungen Zeit- und Kostenvorteile haben. Es begünstigt Entscheidungen zugunsten unwirtschaftlicher ÖPP-Projekte, wenn der ÖPP-Realisierung aus einer Hand die konventionelle Auftragsvergabe in Fach- und Teillosen gegenüber gestellt wird. Das geltende Vergaberecht ermöglicht es, auch bei der konventionellen Realisierung von der Einzelvergabe abzuweichen, wo dies wirtschaftlicher ist. Die Landesregierung wird deshalb aufgefordert, bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen künftig die Möglichkeit der Auftragsvergabe an einen Generalunternehmer auch im Fall der konventionellen Finanzierung zu berücksichtigen, wenn sie wirtschaftlicher ist als eine Einzelvergabe.

  1. e) Internen Sachverstand beteiligen

Um unwirtschaftliche öffentlich-private Partnerschaften besser als bisher zu erkennen und auszuschließen, soll künftig den mit einer konventionellen Realisierung befassten Stellen (z.B. GMSH, LBV) Gelegenheit gegeben werden, zum Ergebnis der vorläufigen und der endgültigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Stellung zu nehmen. Dazu sind ihnen sämtliche erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Erfahrungen der Stellen, die üblicherweise solche Projekte realisieren, helfen bei der kritischen Hinterfragung vermeintlich wirtschaftlicher ÖPP-Varianten und binden den in den verschiedenen Bereichen vorhandenen Sachverstand ein.

  1. f) Berichtspflicht zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle

Da größere Bauprojekte immer wieder teurer werden oder länger dauern als geplant, ist eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle angezeigt. Dazu ist dem Finanzausschuss des Landtags beginnend mit der Planungsphase regelmäßig über Sachstand und Kostenentwicklung von Baumaßnahmen zu unterrichten. Dies soll für Projekte ab einem Volumen von 5 Mio. Euro gelten, was ungefähr dem Schwellenwert für eine europaweite Vergabe entspricht.

  1. g) und h) Stärkung der öffentlichen Kontrolle durch mehr Transparenz

Um auch den Landtag, die Öffentlichkeit und fachkundige Dritte (z.B. Nichtregierungsorganisationen, Hochschullehrer) zu informieren und ihnen eine Stellungnahme zu ermöglichen, ist größtmögliche Transparenz des Verfahrens sicherzustellen. Dazu sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Stellungnahmen dazu, Leistungsbeschreibungen für Planung, Bau und Betrieb, die zur Angebotsabgabe erforderlichen Dokumente sowie die abgeschlossenen Verträge umgehend zu veröffentlichen. Dieses Maß an Transparenz verletzt nicht die privaten Interessen der Verfahrensbeteiligten, weil diese sich mit der Teilnahme am Verfahren den öffentlichen Transparenzregeln unterwerfen. Sollten Unterlagen im Einzelfall Betriebsgeheimnisse wie technisches Spezialwissen eines Unternehmens enthalten, können diese Passagen geschwärzt werden, wenn das Geheimhaltungsinteresse ausnahmsweise schwerer wiegt als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Da die Öffentlichkeit für die Kosten staatlicher Aufträge aufkommen soll, hat sie im Grundsatz aber Anspruch auf vollständige Einsicht in den Vorgang.

Um zu verhindern, dass die pure Masse an Dokumenten ÖPP-Projekte der wirksamen parlamentarischen und öffentlichen Kontrolle entzieht, soll künftig ein klarer und verständlicher Projekt-Report veröffentlicht werden, in dem die wesentlichen Eckdaten und Kennzahlen des Projektes nachvollziehbar zusammengefasst sind (z.B. Leistungsinhalt und –umfang, Leistungsfristen, Gesamtkosten und Kosten der Nutzungsphase, Eigentumsverhältnisse etc.).

  1. Fehlanreize bei der Bundesfernstraßenfinanzierung beseitigen

Im Bereich des Bundesfernstraßenbaus weist das Bundesverkehrsministerium die im Bundeshaushalt veranschlagten Mittel für den konventionellen Straßenbau jährlich nach einem festen Schlüssel den Ländern zu. Für ÖPP-Projekte gelten jedoch Sonderregelungen, die eine Realisierung ohne vollständige Anrechnung auf die Länderquote ermöglichen. So besteht ein Anreiz, Projekte auch dann im Wege von ÖPP zu realisieren, wenn eine konventionelle Realisierung zwar wirtschaftlicher, jedoch nicht aus dem Bundesverkehrswegeetat finanzierbar wäre. Um diesen Fehlanreiz zu beseitigen, soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass bei der Bemessung der Finanzanteile der Länder für den Bundesfernstraßenbau (Länderquoten) ÖPP-finanzierten Projekte nicht länger eine privilegierte Rolle zugemessen wird.

 

Dr. Patrick Breyer     Torge Schmidt       und Fraktion

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Auszug aus dem Plenarprotokoll der Antragsdebatte:

 

Schleswig-Holsteinischer Landtag Plenarprotokoll 18/90

  1. Wahlperiode

Plenarprotokoll

  1. Sitzung

Mittwoch, 17. Juni 2015

 

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

 

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Landesvermögen schützen -Unwirtschaftliche öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) verhin­dern

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/3063

Das Wort zur Begründung wird auch hier nicht ge­wünscht. -Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Dr. Patrick Breyer von der Fraktion der PIRATEN das Wort. Ich weise Sie alle zunächst daraufhin, dass für die Piratenfraktion 10 Minuten Redezeit vereinbart waren. Alle ande­ren Fraktionen sowie die Landesregierung haben sich darauf verständigt, 5 Minuten zu sprechen. ­Herr Kollege Dr. Breyer, Sie haben das Wort.

Patrick Breyer, PIRATEN, Foto: Gerd Seidel (Rob Irgendwer)

Patrick Breyer, PIRATEN, Foto: Gerd Seidel (Rob Irgendwer)

Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir beantragen heute hier im Hohen Haus, das Vermögen unseres Landes zu schützen, indem wir unwirtschaftlichen öffentlich­-privaten Partnerschaften, den sogenannten ÖPP, einen Riegel vorschieben. Worum geht es bei öf­fentlich-privaten Partnerschaften? -Es geht darum, dass der Bau, die Sanierung, die Instandhaltung oder auch der laufende Betrieb von öffentlicher In­frastruktur, also zum Beispiel Straßen, Krankenhäu­ser oder Universitäten, privaten Investoren über­tragen wird, die das sozusagen vorfinanzieren, und der Staat bezahlt dafür meist jahrelang entspre­chend, oft über 20 oder 30 Jahre lang gestreckt.

Warum sind solche Partnerschaften ein Problem? Das erste Problem: Es verhält sich so, dass, obwohl Gutachten immer wieder bescheinigen, dass diese öffentlich-privaten Partnerschaftsmodelle günstiger sein sollen, als wenn das Land, der Staat selbst bau­en oder betreiben würde, eine unabhängige Prüfung im Nachhinein immer wieder ergibt, dass uns diese Projekte teurer kommen, als wenn sie der Staat selbst übernommen hätte.

Um ein Beispiel zu nennen: Eine Prüfung des Bundesrechnungshofs hat ergeben, dass fünf von sechs ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau um insgesamt fast 2 Milliarden € teurer geworden sind, als wenn der Staat diese Straßen selbst hätte bauen lassen. Im Endeffekt ist es auch kein Wunder, dass ÖPP-Projekte teurer sind, weil nämlich jeder priva­te Investor einen Gewinn erwirtschaften will und für seine Vorfinanzierung auch höhere Zinssätze an die Bank zahlen muss als das Land oder der Bund, die sehr günstige Zinssätze erhalten. Im Übrigen bedeutet das auch, dass wir, wenn diese Projekte teurer werden, weil sie mit ÖPP realisiert werden, auf die 20 oder 30 Jahre gerechnet noch weniger Mittel zur Verfügung haben, um Investitionen zu tätigen, derer es dringend bedarf. Das heißt, ÖPP verkleinert unsere Investitionsspielräume. In Anbe­tracht des Zustands unserer Infrastruktur ist das nicht hinnehmbar.

Das zweite Problem ist das der Geheimhaltung und des Abbaus demokratischer Kontrolle. Wenn ein solches Bauvorhaben zum Beispiel als ÖPP reali­siert wird, dann wird öffentliche Daseinsvorsorge plötzlich zum Geschäftsgeheimnis. Das heißt, die entsprechenden Verträge sind geheim. Es gibt kei­nen öffentlichen Zugang. Es wird auch nicht mehr im Parlament über die laufende Organisation der Maßnahme und über den Betrieb entsprechender Einrichtungen entschieden, sondern im Hinterzim­mer einer Bau-oder Infrastrukturgesellschaft.

Das dritte Problem ist die Schuldenspirale. Gerade weil wir vermeintlich nicht genug Geld haben, um selbst alle Projekte zu realisieren, setzt man auf das Modell ÖPP. Das geht aber einher damit, dass man dann über 20 oder 30 Jahre Raten zahlen muss, um das abzustottern. Das bedeutet wiederum, dass wir in Zukunft noch weniger Spielräume für Investitio­nen haben. Gerade in dem Moment, in dem ÖPP-Projekte teurer sind, bedeutet das weniger Geld für Baumaßnahmen, Sanierungsmaßnahmen und so fort.

Gerade hier in Schleswig-Holstein haben wir sehr schlechte Erfahrungen mit ÖPP-Projekten ge­macht und immer wieder eine Bruchlandung erlit­ten. Ich nenne nur einmal die Ruine der Sylter Keit­um-Therme, der mangelhafte Neubau der Regional­leitstelle in Elmshorn, das gescheiterte Partikelthe­rapiezentrum oder der schöngerechnete Lübecker Herrentunnel. Trotzdem, trotz all dieser Erfahrun­gen setzen die Finanzministerin Frau Heinold, der Wirtschaftsminister Herr Meyer und auf Bundes­ebene der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Bundesvorsitzende Herr Gabriel auf eine massive Ausweitung der Masche ÖPP.

Wir von der Piratenfraktion sagen ganz klar: Die Regeln, die für diese ÖPP-Projekte gelten, müssen dringend generalüberholt werden, um unsere Infra­struktur, den Mittelstand und zukünftige Generatio­nen vor Schaden zu bewahren.

Im Einzelnen fordern wir erstens: Die Schulden-bremse muss auch für Schulden aus ÖPP-Verträgen gelten. Wenn uns die Schuldenbremse verbietet, eine Investition aus Krediten zu finanzieren, eben weil die Zinslast dieser Kredite unsere finanziellen Spielräume auf Dauer gesehen immer weiter be­schneidet, muss das doch für ÖPP-Schulden genau­so gelten. Auch die daraus folgenden Zahlungen beschneiden ja unsere Spielräume immer mehr und schnüren uns auf Dauer die Luft ab.

Wenn wir unwirtschaftliche öffentlich-private Part­nerschaften verhindern wollen, müssen wir ganz am Anfang ansetzen und schon den Fehlanreiz beseiti­gen, der darin liegt, dass die Schuldenbremse ein Schlupfloch für ÖPP-Projekte hat.

(Beifall PIRATEN)

Solange man sich mit ÖPP von der Schuldenbremse quasi freikaufen kann, solange wird das Schönrech­nen und die Verschwendung von Landesvermögen durch unwirtschaftliche ÖPP weitergehen. Um es ganz plastisch auszudrücken: Wer mit ÖPP-Deals zu horrenden Kosten die Schuldenbremse umgeht, handelt letztendlich wie ein Alkoholiker, der von Rum auf Wodka umsteigt. Damit ist wirklich nie­mandem geholfen.

Wenn wir der Schuldenfalle entgehen wollen, soll­ten wir dem Vorbild Frankreichs folgen und das ÖPP-Schlupfloch der Schuldenbremse schließen. Frankreich hat das im Jahr 2011 getan. Seitdem ist dort die Zahl der ÖPP-Projekte um 80 % zurückge­gangen. Das zeigt sehr deutlich, liebe Kolleginnen und Kollegen: ÖPP wird nicht gemacht, weil es günstiger wäre, sondern einfach nur, um die Schuldenbremse zu umgehen, solange das bei uns leider möglich ist.

Zweitens fordern wir eine vollständige Offenle­gung aller Gutachten und Verträge, um diese parlamentarisch und öffentlich kontrollieren zu können. Nur wenn die Kalkulationsgrundlagen, die Gutachten und die Verträge selbst offengelegt wer­den, haben unabhängige Experten, haben die Rech­nungshöfe, haben die auch sonst mit der konventio­nellen Realisierung befassten Stellen die Gelegen­heit, diese Unterlagen zu überprüfen und falsche Annahmen zu enttarnen.

Die Bilanz von ÖPP zeigt ja, dass immer wieder Gutachten falsch gewesen sind. Deshalb tut das dringend not. Übrigens, liebe Kolleginnen und Kol­legen: Auch die SPD-Bundestagsfraktion fordert vollständige Transparenz bei ÖPP-Projekten. Inso­fern beantragen wir nichts, was irgendwie revolu­tionär wäre.

(Beifall PIRATEN)

Trotzdem tut es dringend not.

Drittens wollen wir mit unserem Antrag das Ver­fahren der sogenannten Wirtschaftlichkeitsunter­suchung reformieren, also das der Untersuchung, ob ein ÖPP-Projekt tatsächlich günstiger wäre, als es konventionell zu realisieren. Dazu wollen wir erstens keine Direktvergaben mehr von Gutachten­aufträgen an die ÖPP-Deutschland AG, weil an die­ser Gesellschaft selbst Baukonzerne und Beratungs­unternehmen beteiligt sind, die natürlich ein Eigen­interesse daran haben, dass das Projekt möglichst als ÖPP-Projekt realisiert wird. Die Rechnungshöfe des Bundes oder der Länder fordern seit Jahren schon, dass frei vergeben muss, wenn es um Gut­achtenaufträge geht.

Wir wollen, dass ein Wirtschaftlichkeitsvergleich durch parallele Ausschreibung erfolgt. Es kann nicht sein, dass irgendwelche Gutachter pauschal annehmen, die konventionelle Eigenrealisierung wäre in dem und dem Punkt schlechter, sondern es muss tatsächlich verglichen werden durch Parallel­ausschreibung, wieviel es in dem einen Fall oder anderen Fall kosten würde. Wir müssen endlich auch die Transaktionskosten berücksichtigen, die anfallen, wenn man ein ganzes ÖPP-Verfahren durchläuft. Das ist nämlich sehr teuer, und die Ne­benkosten fließen bisher allzu oft in den Wirtschaft­lichkeitsvergleich nicht ein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rechnungshöfe, Wissenschaftler, Gewerkschaften, Nichtregierungs­organisationen kritisieren die Methode ÖPP inzwi­schen einhellig. Ich nenne an dieser Stelle nur ein­mal den DGB, der wörtlich sagt:

„Die Ansicht, ÖPP-Projekte seien durch bes­sere Wirtschaftlichkeit, Termintreue oder ei­ne bessere Risikoanalyse gekennzeichnet als die konventionelle Beschaffung, teilen wir nicht. Die Berichte des Bundesrechnungsho­fes und der Landesrechnungshöfe bestätigen, dass ÖPP mit höheren Kosten verbunden sind, gleichzeitig aber häufig auch mit höhe­ren Risiken.“

Vor dem Hintergrund, dass ÖPP auch eine funktio­nale Privatisierung darstellt, kann ich mir über­haupt nicht vorstellen, wie ausgerechnet Sozialde­mokraten dieses Modell unterstützen können. An die Adresse der Grünen möchte ich sagen, dass Ihre Kollegen auf Bundesebene ÖPP als Umgehung der Schuldenbremse und teure Teilprivatisierung längst kritisieren.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Abgeordneter, achten Sie bitte auf Ihre Zeit.

Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]:

Ja. -Die ÖPP-Geheimverträge kommen uns teuer zu stehen, sie beschneiden unsere Investitionsspiel­räume, sie sind mittelstandsfeindlich, und sie ent­ziehen Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvor­sorge der demokratischen Kontrolle. Deswegen sa­gen wir: Schluss mit Schönrechnen, Geheimhalten und Privatisieren! Wir wollen Landesvermögen schützen und unwirtschaftlichen öffentlich-privaten Partnerschaften die Grundlage entziehen. Unterstüt­zen Sie uns in diesem Anliegen im Sinne der Bür­ger, der Wirtschaft und der Infrastruktur Ihres Lan­des. -Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Danke schön. -Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Johannes Callsen.

Johannes Callsen, CDU, Foto: Gerd Seidel (Rob Irgendwer)

Johannes Callsen, CDU, Foto: Gerd Seidel (Rob Irgendwer)

Johannes Callsen [CDU]:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um eines vorwegzunehmen: Mit öffentlich-privaten Partnerschaften bauen wir wirtschaftlich. Die Bau­qualität ist hoch, und die Straßen stehen für die Öf­fentlichkeit schneller zur Verfügung.

(Beifall CDU -Lachen Uli König [PIRA­TEN])

-Ja, Es gibt in Schleswig-Holstein ein gutes Bei­spiel dafür: Die L 192, die sogenannte Betonstraße im Norden des Landes, ist unter Rot-Grün jahrelang kaputtgefahren und marode geworden,

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Genau, das haben alles wir selber gemacht!)

durch ÖPP vor wenigen Jahren mit einem CDU-Wirtschaftsminister ist sie erfolgreich saniert. Gestern Abend ist es übrigens der Kollege Dr. Tiet­ze von den Grünen gewesen, der die Betonstraße als Umgehungsstraße zur Pkw-Maut öffentlich empfohlen hat. Das fand ich schon spannend.

Wirtschaftlich, schnell und hohe Qualität durch ÖPP -das erhoffen wir uns auch bei der A 7. All das, was ich über die Projektplanung und Projekt­begleitung der DEGES in Schleswig-Holstein und Hamburg gesehen und gehört habe, lässt mich sehr zuversichtlich sein, dass auch das Projekt A 7 schnell, sicher und in einer hohen Qualität wirt­schaftlich gebaut wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen bei der ganzen Diskussion und den Argumenten, die Herr Dr. Breyer eben angeführt hat, die volkswirtschaft­liche Seite nicht vergessen: 38 Stunden stand jeder Bundesbürger im Jahr 2014 durchschnittlich im Stau, in Schleswig-Holstein auf einer Länge von über 21.000 km in 8.000 Staus. Das sind 22 Staus am Tag, und das nur in Schleswig-Holstein. ÖPP-Projekte helfen damit an entscheidenden Stellen un­seres Straßennetzes, den Stau als größten volkswirt­schaftlichen Schaden zu vermeiden. Deswegen ist die neue Generation ÖPP im Bundesfernstraßen­bereich mit einem Volumen von 14 Milliarden € absolut zu begrüßen.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Dr. Breyer?

Johannes Callsen [CDU]:

Ja.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Dr. Breyer, bitte.

Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Danke. ­Herr Kollege, ich möchte Ihnen zwei Fragen stellen. Erste Frage: Würden Sie mir zustim­men, dass auf 20 oder 30 Jahre gesehen -die Laufzeit der Verträge -die Investitionsspiel­räume durch ÖPP, gerade wenn sie teurer kommen als die konventionelle Realisierung, nicht erweitert werden, sondern insgesamt betrachtet, weil man auch die wieder abbe­zahlen muss, eher verringert werden oder bestenfalls gleich bleiben?

Zweite Frage: Wenn Sie glauben, dass ÖPP-Maßnahmen tatsächlich wirtschaftlich sind ­die Rechnungshöfe setzen ein ganz dickes Fragezeichen dahinter -, haben Sie dann et­was dagegen einzuwenden, dass wir auch sie den Regeln der Schuldenbremse unterwerfen, sie transparent machen wie die konventionel­le Realisierung, dass wir die Gutachtenauf­träge ausschreiben, also all das, was in unse­rem Antrag drinsteht?

Johannes Callsen [CDU]:

Ich komme gleich zum letzten Punkt. Zur ersten Frage: Ob ÖPP, wie Sie behaupten, per se teurer ist als eine konventionelle Ausschreibung, ist nicht er­wiesen, weil am Ende keiner weiß, wie die konven­tionelle Ausschreibung ausgegangen wäre. Es ist hypothetisch, zu einem bestimmten Ergebnis zu kommen, dass das so wäre. Wie gesagt, ich bitte, die gesamte volkswirtschaftliche Dimension in der Diskussion nicht außen vor zu lassen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, die A7 ist die wichtig­ste Nord-Süd-Verbindung zwischen Skandinavien und Mitteleuropa. Es wird jetzt zweiten Mal bei der A 7 ein öffentlicher Verkehrsweg mit privaten Gel­dern finanziert. Investoren beteiligen sich an der Fi­nanzierung und erhalten später entsprechende Ein­nahmen. Die Vergütung -auch das ist wichtig ­richtet sich danach, wie gut die Straße der Allge­meinheit zur Verfügung steht. Fallen etwa bei Bau-arbeiten Fahrspuren weg, wird das bei den Zahlun­gen für das Unternehmen negativ berücksichtigt. Damit wird am Ende zum ersten Mal die Verfüg­barkeit der Straße selbst als zentrales Element be­rücksichtigt.

Infrastrukturpolitik ist Wohlstandspolitik. Gerade ein Land wie Schleswig-Holstein, das im nationalen Wettbewerb mit anderen Bundesländern teils abge­schlagen hinterherhinkt, sollte froh sein, dass wir hier und auch in Hamburg in den nächsten fünf Jah­ren eine leistungsstarke und zuverlässige Haupt­Nord-Süd-Verkehrsachse haben werden, auch durch diese Möglichkeiten.

Man muss schlichtweg feststellen, dass unser Land sowohl bei der Planungskapazität wie auch beim Planungstempo in keiner Weise mit der DEGES mithalten kann. Ich erinnere daran: Das Land plant die A 20; in den letzten drei Jahren wurde bisher keine Baureife geschaffen. Das Land plant die B 5 seit Jahren im nördlichen Teil ab Tönning bis nach Bredstedt, und bisher wurde nichts gebaut -und das, obwohl das Geld vom Bund dafür immer da war.

Damit wir uns richtig verstehen: ÖPP stellt eine Er­gänzung des Finanzierungskomplexes dar. Es steht völlig außer Frage, dass die Verkehrsinfra­struktur grundsätzlich in öffentlicher Hand bleibt. Hier wird behauptet, dass mit ÖPP die Schulden-bremse umgangen wird. Da sei darauf hingewiesen, dass der Bundesfinanzminister klare Regeln für die Berücksichtigung von ÖPP im Haushalt aufgestellt hat. Schauen Sie sich den Bundeshaushalt an! Dort stehen heutige und zukünftige Ausgaben transpa­rent, öffentlich zur Verfügung.

ÖPP-Projekte sind am Ende der Laufzeit komplett abbezahlt, da die Zahlungen an den privaten Partner auch immer einen Anteil für Zins und Tilgung enthalten. Zukünftig wird es bei ÖPP darum gehen, mehr Transparenz zu schaffen und das Verfahren zu standardisieren. Auch das ist politisch in der Diskussion.

Deswegen -das sage ich gerade mit Blick auf Schleswig-Holstein -ist es richtig, dass ÖPP-Ver­fahren im Schleswig-Holsteinischen Landtag und in seinen Ausschüssen immer sehr transparent und in­tensiv begleitet werden. Herr Kollege Dr. Breyer, Ihr Vorwurf eines Entzugs der demokratischen Kontrolle geht bei uns komplett ins Leere. Norma­le öffentliche Ausschreibungen unterliegen in be­stimmten Detailfragen der Vertraulichkeit. Daran wird auch Ihr Vorschlag nichts ändern.

Letzter Punkt von meiner Seite: Ich will gern an das UKSH erinnern.

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Oh ja!)

-Ja. Es glaubt doch in diesem Hohen Haus keiner ernsthaft, dass wir beim UKSH ohne ÖPP heute schon da wären, wo wir sind. Mit dem ÖPP haben wir übrigens alle zusammen -bis auf die PIRATEN -den Bestand des Klinikums mit seiner exzellenten Maximalversorgung und anerkannten Forschung und Lehre in Schleswig-Holstein gesichert. Wie ge­sagt: durch ÖPP.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kom­men.

Johannes Callsen [CDU]:

Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. -Ich wür­de mich freuen, wenn wir im Finanzausschuss und mitberatend im Wirtschaftsausschuss weiter über diese Fragen diskutieren könnten. -Herzlichen Dank.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Vielen Dank. -Für die SPD-Fraktion hat der Kolle­ge Lars Winter das Wort.

Lars Winter [SPD]:

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Breyer, Sie haben in Ihrem Redebeitrag den Eindruck erweckt, oder Sie konnten damit den Eindruck erwecken, dass ÖPP dafür erfunden wor­den sei, Schuldenbremsen zu umgehen. ÖPP gab es schon vor der Schuldenbremse.

Es mag sein, dass es Ihr Eindruck ist, dass man ÖPP heute nur noch zu diesem Zweck benutzt. Ich wollte dies nicht so stehenlassen, sodass man drau­ßen den Eindruck haben könnte, dass ÖPP-Projekte nur ein Schuldenbremsenumgehungswerkzeug sind.

Zu Ihren Ausführungen, dass ÖPP-Projekte immer teurer werden: Auch die herkömmlichen Baumaß­nahmen werden teurer als ursprünglich einmal ge­plant. Wenn etwas über 30 oder 40 Jahre kreditfi­nanziert ist, dann hat man auch keine Garantie da­für, dass nicht Teuerungen, zum Beispiel durch er­höhte Zinsen, hinzukommen.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer?

Lars Winter [SPD]:

Er hatte zwar 10 Minuten, um alles zu sagen, aber gern.

Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Danke, Herr Kollege. Ich gebe Ihnen natürlich recht. Kostensteigerungen können eintreten. Die Untersuchungen der Rechnungshöfe, von de­nen wir hier sprechen, haben im Nachhinein aber ergeben, dass das Projekt günstiger ge­wesen wäre, wenn wir es selbst realisiert hät­ten. Dies ergab sich im Nachhinein, als alle Zahlen auf dem Tisch lagen. Man kam zu dem Ergebnis, dass auch unter Berücksichti­gung aller Kostensteigerungen eine Eigenrea­lisierung tatsächlich deutlich günstiger gewe­sen wäre. Das wäre um 1,9 Millionen €, also um fast 33 %, günstiger gewesen.

-Ja, das nehme ich so zur Kenntnis, wenn die Rechnungshöfe das so festgestellt haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass es andere Projekte gibt, die als ÖPP-Projekte finanziert worden sind, bei denen man zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Man wird nicht alle so geprüft haben. Das nehme ich so zur Kenntnis.

Öffentlich-private Partnerschaften sind Koopera­tionen zwischen der öffentlichen Hand und pri­vaten Investoren. Sie sollen helfen, den öffentli­chen Investitionsstau zum Beispiel in Schulen, Kin­dergärten, Turnhallen, Verwaltungsgebäuden oder Krankenhäusern schneller zu beseitigen. Bei den Krankenhäusern hat das Land Schleswig-Holstein ein wesentliches ÖPP-Projekt auf den Weg ge­bracht, den baulichen Masterplan am UKSH. Der Kollege Callsen hat dies eben erwähnt.

Hier im Hause wurde sehr lange darum gerungen, ob und wie dieser Masterplan umgesetzt werden kann. In dieser Legislaturperiode sind nun die er­forderlichen Beschlüsse gefasst worden. Mit Aus­nahme der Fraktion der PIRATEN haben sich alle Fraktionen im Hause nach reiflicher Abwägung der Vor-und Nachteile dafür entschieden, mit privatem Kapital die Umsetzung des Masterplans zu realisie­ren. Diese Entscheidung fiel allen bestimmt nicht leicht. Uns allen war klar, dass eine Modernisierung und ein Umbau des UKSH anders nicht zu bewerk­stelligen waren.

Hätten wir nach den Forderungen aus dem vorlie­genden Antrag der PIRATEN gehandelt, wäre es nicht zu dieser Entscheidung gekommen. Um die ärztliche Versorgung in Schleswig-Holstein wäre es sehr viel schlechter bestellt. Trotzdem ist uns allen hier im Hause klar, dass öffentlich-private Partner­schaften mit Vorsicht zu genießen sind. Andere Beispiele haben gezeigt, dass es einen auch sehr teuer zu stehen kommen kann, wenn man ungeprüft und blauäugig entsprechende Verträge schließt. Da bin ich ganz bei Ihnen. Insofern sind einige Forde­rungen aus dem Antrag der PIRATEN durchaus be­rechtigt und beratenswert, wenn sie nicht zum Teil sogar schon umgesetzt wurden.

Werte Kolleginnen und Kollegen, im Gesetz über die Zusammenarbeit zwischen Trägern der öffentli­chen Verwaltung und Privaten vom 19. Juni 2007 sind bereits viele Ansätze enthalten. Und doch gibt es aufgrund der Erkenntnisse, die zwischen 2007 und heute gewonnen wurden, sicher noch viele Veränderungsbedarfe. Diese sollten wir, wie Herr Callsen es hier schon beantragt hat, ausführlich im Ausschuss beraten. Auch sollten wir in diesem Zu­sammenhang die Erkenntnisse und das Wissen der Investitionsbank mit in unsere Beratungen und Entscheidungen einbeziehen. Als ÖPP-Portal Schleswig-Holstein steckt hier eine erhebliche Kompetenz auf diesem Gebiet, denn öffentlich-pri­vate Partnerschaften sollten nicht per se ausge­schlossen werden.

Trotz ihrer eher kritischen Haltung zu ÖPP-Projek­ten vertreten die Rechnungshöfe der Länder und des Bundes, dass öffentlich-private Partnerschaften eine wertneutrale Beschaffungsvariante darstellen, und zwar laut Pressemitteilung von Dezember 2011. Dies gilt allen Unkenrufen zum Trotz. Aller­dings werden gleichsam Forderungen aufgestellt, ich zitiere: So sollen die Partnerschaften den Nach­weis erbringen, dass die Vorteilhaftigkeit dieser Be­schaffungsvariante gegenüber der Eigenbesorgung der öffentlichen Hand in jedem Einzelfall objektiv und transparent nachgewiesen wird.

Die Piratenfraktion und die Rechnungshöfe fordern, dass Projekte, die sich die öffentliche Hand aus ei­genen Mitteln nicht leisten kann, sich diese auch nicht alternativ finanziert in einer öffentlich-priva­ten Partnerschaft leisten darf. Das wird von meiner Fraktion so nicht vollständig geteilt. In Zeiten von Schuldenbremse und Konsolidierungshaushalten muss die öffentliche Hand die Möglichkeit haben, dringende Investitionen über ÖPP-Projekte zu fi­nanzieren; natürlich immer unter den Maßgaben der Notwendigkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Öf­fentlichkeit.

Es gibt also gute Gründe, diesen Antrag im Finanz­ausschuss und -zumindest was den Teil der Stra­ßenbaufinanzierung angeht -gemeinsam mit dem Wirtschaftsausschuss zu beraten. Dies beantrage ich noch einmal, doppelt hält besser. -Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Vielen Dank. -Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Rasmus Andresen das Wort.

Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Wir Grüne sind keine Fans von öffentlich-privaten Partnerschaften. Der Kolle­ge Dr. Breyer hat dies in seinem Redebeitrag schon angedeutet. Private Unternehmen steigen in diese Geschäfte selten als Dienst am Allgemeinwohl ein, sondern meistens, weil sie durch Renditeerwar­tungen Kasse machen wollen. Das ist oft nicht im öffentlichen Interesse.

(Beifall Uli König [PIRATEN])

Es gibt genug Projekte, die für die öffentliche Hand durch ÖPP langfristig teurer werden. Bei ÖPP-Pro­jekten ist deshalb Vorsicht geboten, und es ist gut, dass wir grundsätzlich über den Sinn und Zweck von öffentlich-privaten Partnerschaften debattieren.

Schlechte Beispiele für ÖPP-Projekte sind zahl­reich. Die Berichte der Rechnungshöfe der Länder, aber auch des Bundesrechnungshofs zeigen diese Missstände auf. Ein Beispiel, das bisher noch nicht genannt wurde, das es aber zu einem zweifelhaften Ruhm gebracht hat, ist der Ausbau der A 7 in Nie­dersachsen. Hier hat der Bundesrechnungshof fest­gestellt, dass der Ausbau über ein ÖPP-Projekt 13 Millionen € teurer ist als komplett über die öf­fentliche Hand finanziert und durchgeführt.

Aber es gibt auch positive Beispiele, diese darf man nicht unterschlagen. Die Regionalen Berufsbil­dungszentren hier in Kiel beispielsweise oder auch der Bau des Erweiterungsgebäudes an der Uni Flensburg sind positive Beispiele.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN und FDP)

Wenn man dort vor Ort nachfragt, wird man dies schnell bestätigt bekommen. Fest steht nämlich, dass wir an vielen Stellen sanieren müssen. Eine Verschärfung der Schuldenbremse, die den Infra­strukturstau in die Zukunft verschiebt, ist keine Lö­sung. Grundsätzlich bleibt richtig, dass durch ÖPP-Projekte die wahren Kosten oft verschleiert werden und in die Zukunft verlagert werden. Die Schulden-bremse wird dementsprechend umgangen. Diesen Vorwurf kann man durchaus machen.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN] und

Uli König [PIRATEN])

-Liebe Kollegen König und Breyer, allerdings ist umgekehrt richtig, dass ein ÖPP-Revival durch die Schuldenbremse erst begünstigt wird, denn große Projekte sind in Zeiten von Schuldenbremsen durch eine komplett öffentliche Finanzierungen kaum noch möglich. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Das beste Beispiel dafür ist das UKSH. Wir haben bei öffentlicher Infrastruktur einen Sanierungsstau im Land in Höhe von fast 5 Milliarden €. Betroffen sind Schulen, Krankenhäuser, Hochschulen, Schienen und Straßen.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Kollege, auch Ihnen möchte Herr Dr. Breyer eine Frage stellen. Ich frage Sie, ob Sie diese zulas­sen.

Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN]:

Ja.

Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Herr Kol­lege, stimmen Sie mir zu, dass die Schulden-bremse keine Projekte unmöglich macht, sondern dass sie lediglich fordert, sie durch entsprechende Einnahmen gegenzufinanzie­ren?

-Natürlich ist das richtig, nur muss man sich dann, wenn man gegen ÖPP ist, auch die Frage stellen: Wie sollen sie denn finanziert werden? Sie müssen im Haushalt erst dargestellt werden. Das ist zum Beispiel bei einem so großen Bauprojekt, das wie die Sanierung des UKSH mehrere hundert Millio­nen € kostet, mit den Haushaltsmitteln, die wir ha­ben, nicht möglich. Es gibt hier keine Fraktion, egal ob sie für oder gegen ÖPP-Finanzierungen oder für eine Zwischenlösung ist, die bisher durch Haus­haltsanträge deutlich gemacht hätte, wie ein anderer Weg aussehen könnte.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diesen Nachweis sind auch Sie bisher schuldig ge­blieben.

Es wäre bei aller berechtigter Kritik an ÖPP-Pro­jekten deshalb falsch, diese Sanierungsprojekte aus politischen Grundsatzerwägungen heraus nach hinten zu schieben und bestimmte Gebäude im Land verfallen zu lassen. Das wäre aus unserer Sicht mindestens genauso unverantwortlich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Beate Raudies [SPD] und Lars Harms [SSW])

Es ist deshalb aber auch falsch, die Daumenschrau­be bei der Schuldenbremse stärker anzuziehen. Dies ist eine Verknüpfung zur Debatte heute Morgen. Dies würde zu einer weiteren Verengung führen und uns noch weniger Spielraum für öffentliche In­frastrukturfinanzierungen lassen; zumindest wenn man es so macht und wenn man -wie Sie -ÖPP-Verfahren grundsätzlich ablehnt. Sie befördern da­mit, dass die Schuldenbremse weiter umgangen wird. Das Land muss dann langfristig draufzahlen, und das wäre keine finanzpolitische Nachhaltigkeit. Ich stimme aber mit Ihnen darin überein, dass Wirt­schaftlichkeit, politische Kontrolle und Transparenz die Voraussetzung für öffentliche Investitionen auch in Kooperation mit privaten Akteuren sein müssen. ÖPP-Projekte müssen unabhängig durch Gutachten bewertet werden; auch das ist richtig. Ein Schönrechnen darf es nicht geben.

In Ihrem Antrag enthalten sind eine ganze Reihe von Aspekten, wie zum Beispiel die doppelte Aus­schreibung von Projekten als ÖPP und in der kon­ventionellen öffentlichen Finanzierungsmethode, aber auch andere Aspekte, die wir sehr gern auch im Finanzausschuss und von mir aus auch im Wirt­schaftsausschuss prüfen wollen. Dort können wir dann gern auch noch einmal über Alternativen nachdenken; denn wir sehen die grundsätzliche Kri­tik natürlich auch, und wir sehen auch, was inso­weit in den letzten Jahren falsch gelaufen ist.

Allerdings kann man es sich nicht so einfach ma­chen wie Sie und bei bestimmten Bauprojekten sa­gen: „Das wollen wir so nicht. Aber wie wir es ei­gentlich wollen oder ob wir es überhaupt noch wol­len, darüber sind wir uns auch selbst nicht ganz si­cher.“

Ganz wichtig ist für uns Grüne in diesem Zusam­menhang auch der Aspekt der Veröffentlichung der Dokumente. Das ist nicht nur wichtig zur Kon­trolle durch das Parlament, sondern es ist auch wichtig für das Vertrauen der Öffentlichkeit in öf­fentliche Bauprojekte. Auch hier liegen wir wahr­scheinlich nicht allzu weit auseinander.

(Beifall PIRATEN)

Ich hoffe, dass wir darüber in diesem Sinne noch konstruktiv in den Ausschüssen diskutieren werden und dort vielleicht auch gemeinsam eine Lösung er­arbeiten können. -Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Nun erteile ich das Wort für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.

Dr. Heiner Garg [FDP]:

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Offenbar ist es en vogue, über das Aus­führungsgesetz zu Artikel 21 der Landesverfassung zu diskutieren. Die einen wollen sozusagen die Bremsflüssigkeit rauslassen, die anderen wollen mehr Bremsflüssigkeit hineinnehmen. Ich finde, der Herr Ministerpräsident hat dieses Problem messer­scharf erkannt. In einem Interview mit der „Welt“ vom 25. November 2014 hat Torsten Albig nämlich gesagt -dabei ging es um das legendäre Einhalten roter und schwarzer Nullen -:

„…wir haben bei der Gestaltung der Schul-denbremse übersehen, dass die Infrastruktur-ausgaben, die wir uns gestern und heute ge­spart haben, nichts anderes als ein Schatten­haushalt sind.“

Lieber Herr Kollege Breyer, ich kann das abkürzen, weil der Kollege Andresen bereits vieles von dem gesagt hat, was ich sonst auch -vielleicht eine Spur anders, aber doch ähnlich -gesagt hätte.

Ihr Antrag, so finde ich, setzt sich noch einmal ein bisschen konstruktiver mit dem Thema ÖPP-Pro­jekte auseinander, als Sie es in Ihren Reden manch­mal zum Ausdruck gebracht haben. Ich habe den Antrag Ihrer Fraktion so verstanden, dass er sich nicht grundsätzlich gegen ÖPP-Projekte richtet, was ich persönlich und was meine Fraktion ausge­sprochen begrüßen; denn meiner Ansicht nach müs­sen ÖPP-Projekte per se nichts Schlechtes sein, und deshalb ist die allgemeine Verteufelung dieser Pro­jekte mit Sicherheit auch nicht angebracht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für meine Fraktion ist vor allem die Risikovertei­lung zwischen Staat und Projektpartner entschei­dend. Ob ein einzelnes ÖPP-Projekt sinnvoll bezie­hungsweise wirtschaftlich ist, hängt also nicht zu­letzt von der jeweiligen Vertragsgestaltung ab und damit auch von denjenigen, die solche Verträge aushandeln und abschließen.

Herr Kollege Andresen, ich möchte an dieser Stelle auch ein positives Beispiel eines ÖPP-Projekts nen­nen. Sie haben bereits zwei genannt. Ein drittes wä­re beispielsweise der Bau beziehungsweise die Er­tüchtigung der A 1 zwischen Hamburg und Bre­men. Das wäre ein Beispiel für ein positives ÖPP-Projekt.

Es gibt -das wissen wir alle, und insoweit brauchen wir das auch nicht alle wechselseitig wieder aufzu­zählen -bedauerlicherweise auch genügend Gegen­beispiele.

Auf Bundesebene werden derzeit interessante -ich finde, man kann auch sagen mitunter abenteuerliche -Modelle im Zusammenhang mit der Infrastruktur­finanzierung diskutiert. Ich erinnere insoweit nur an die Begeisterung des Bundeswirtschaftsministers und seiner Kommission, eine private Infrastruktur­gesellschaft für den Bau und den Betrieb von Fern­straßen zu gründen. Ich glaube, da ist durchaus eine gesunde Portion Skepsis angebracht.

Vor diesem Hintergrund will ich mich der Forde­rung oder dem Wunsch nach Ausschussüberwei­sung für meine Fraktion anschließen; denn ich glau­be, Herr Kollege Breyer, dass Ihre Initiative es wert ist, dass wir uns intensiv damit im federführenden Finanzausschuss auseinandersetzen und im Zweifel auch zu einer vernünftigen Lösung kommen, die dann möglicherweise von mehreren Fraktionen mit getragen wird. -Ich bedanke mich für Ihre Auf­merksamkeit.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Vielen Dank. -liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne sind weitere Gäste eingetroffen. Es sind Gäste der Kollegin Petra Nicolaisen, nämlich Damen und Herren der CDU Harrislee. -Herzlich willkommen hier im Kieler Landtag!  (Beifall)

Das Wort für die Kolleginnen und Kollegen des SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Lars Harms [SSW]:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Öffentlich-private Partnerschaften sind na­türlich insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zu betrachten. Das wird auch zu einem großen Teil getan. Allerdings haben die Er­fahrungen in den letzten Jahrzehnten tatsächlich ge­zeigt, dass nicht in jedem Fall die positiven wirt­schaftlichen Auswirkungen eingetreten sind.

Vor diesem Hintergrund kann man natürlich die einzelnen Projekte und auch Projektarten infrage stellen. So sind vom Volumen her eher überschau­bare Projekte fast nie wirtschaftlich als ÖPP-Pro­jekt zu verwirklichen. Die PIRATEN haben recht damit, dass die Erfahrungen mit ÖPP in diesem Be­reich eher schlecht sind. Das haben wir als SSW auch immer wieder angemerkt. Es ist nun einmal so, dass die Gewinne der Unternehmen, die hier tä­tig sind, natürlich auch im Rahmen des ÖPP-Ver­trages bezahlt werden müssen. Diese Kosten tragen wir natürlich alle, meine Damen und Herren, und das sind Extrakosten. Da kann eine Umsetzung des Projektes in Eigenregie durchaus günstiger sein.

Allerdings darf man ÖPP auch nicht voll und ganz verdammen; denn es mag durchaus Situationen ge­ben, in denen ÖPP Sinn machen kann. Eine Situati­on wäre, wenn der öffentliche Aufgabenträger nicht selbst in der Lage wäre, die Aufgabe allein zu be­wältigen. Es könnte sein, dass man schlicht und einfach diese Aufgabe nicht erledigen kann. Es mag aber auch sein, dass diese Aufgabe zu groß für die eigenen Strukturen ist. Selbst dann also, wenn man als Kommune einen großen Bauhof hat, kann es sinnvoll sein, Infrastrukturaufgaben gemeinsam mit einem Privaten anzugehen, selbst wenn die Stück-kosten im Privatunternehmen höher sind als im ei­genen Bauhof. Es macht nämlich ganz und gar kei­nen Sinn, kurzfristig die Kapazitäten im kommuna­len Betrieb zu erhöhen, um Menschen dann wieder nach Ende des Projekts auf die Straße zu setzen. Solche Überlegungen muss man also auch anstel­len, wenn man vor solchen Entscheidungen steht.

Betrachtet man die Größe von Projekten, so kann man sehen, dass zum Beispiel die Sanierung des UKSH ein so großes Projekt mit einer so langen Laufzeit ist, dass dies für uns als öffentlicher Auf­gabenträger schier nicht lösbar ist. Die PIRATEN haben schon in der letzten Landtagssitzung gesagt, dass man dann eben etwas liegen lassen solle, bis wieder Geld da sei. Wir sehen das anders. Wir ha­ben eine Verantwortung für die Patienten und für die dortigen Mitarbeiter, und deshalb muss dort et­was geschehen. Auch vor einem solchen Hinter­grund kann ÖPP sinnvoll sein, zumal dann, wenn man bedenkt, dass wir alle hier nicht die bauliche Expertise haben, ein Uniklinikum vollständig über die nächsten 30 Jahre zu erneuern und auf dem neuesten Stand zu halten. Auch vor diesem Hinter­grund macht eine Partnerschaft mit kompetenten privaten Partnern Sinn, auch wenn dadurch nicht al­les direkt durch den Landeshaushalt läuft.

(Beifall SSW und SPD)

Meine Damen und Herren, wenn man ehrlich ist, dann zeigen die Erfahrungen beim Straßenbau mit der DEGIS, dass auch hier eine Zusammenarbeit sehr sinnvoll sein kann. Neben der fachlichen Ex­pertise kommt hier vor allem die Schnelligkeit mit ins Spiel. Sie sehen also, dass das Thema viel zu speziell ist, als dass man es mit einem ÖPP-kriti­schen Antrag so einfach mal pauschal bearbeiten könnte. Vielmehr ist es so, dass man -wie schon bisher -jede ÖPP-Maßnahme gesondert betrachten und bewerten muss.

Dabei spielt Wirtschaftlichkeit eine Rolle, aber eben nicht die einzige Rolle. Weitere Punkte sind fachliche Kompetenz, Vorhandensein von Finanz-mitteln und Finanzierungsmöglichkeiten, Schnellig­keit der Ausführung und vieles mehr. Nur in der Gesamtabwägung lässt sich ein ÖPP-Projekt be­werten. Mit einer Pauschalbewertung aller Projekte ist es nicht getan.

Was den Antrag der PIRATEN angeht, habe ich vor allem die Sorge, dass hier noch mehr Verwaltungs­aufgaben eingezogen werden sollen, die die mögli­chen Projekte noch weiter verzögern. Jedes Projekt wird ja jetzt schon einer Wirtschaftlichkeitsuntersu­chung unterzogen. Wenn jetzt noch bei jedem Pro­jekt eine gesonderte Projektbeschreibung erstellt werden soll, dann vielfältige Stellungnahmen ein­geholt werden und darüber hinaus Leistungsbe­schreibungen noch einmal extra veröffentlicht wer­den sollen, um nur einmal einige wenige Punkte der PIRATEN zu nennen, dann kann dies Projekte ver­zögern, insbesondere dann, wenn dies in irgendei­ner Weise als formales Recht normiert werden soll­te. Hier, meine Damen und Herren, sollten wir sehr vorsichtig sein.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten König?

Lars Harms [SSW]:

Selbstverständlich.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr König, bitte!

Uli König [PIRATEN]: Sehr geehrter Herr Kollege, wie würden Sie sicherstellen, dass ÖPP-Projekte nicht im Nachhinein teurer werden als konventionelle Bauprojekte? Sie haben ja gerade gesagt, unser Vorschlag ist zu bürokratisch. Was wäre denn Ihr Vor­schlag?

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Das kann man in Verträgen regeln!)

Lars Harms [SSW]:

Lieber Kollege König, zunächst einmal ist es so, dass alle Projekte teurer werden können. Diese Er­fahrung haben, denke ich, die öffentliche Hand, aber auch private Träger schon lange gemacht. Wenn wir über die ÖPP-Geschichten reden, dann müssen wir natürlich auch über die Verträge reden, die dort abgeschlossen werden. Von den Verträgen, die dort abgeschlossen werden, hängt es ab, ob man sich tatsächlich davor bewahren kann, dass man in Zukunft möglicherweise Mehrkosten zu tragen hat. Wenn man diese ÖPP-Verträge richtig macht, dann kann man das nahezu ausschließen.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Ja!)

Für uns ist jetzt wichtig, dass wir bei uns in der Verwaltung kompetentes Personal vorhalten oder möglicherweise auch von außen einkaufen, das ge­nau diese Expertise hat, damit die öffentliche Hand das eben nicht tragen muss, sondern der Private das Risiko trägt. Das hat der Kollege Garg im Prinzip gerade gesagt: Wir müssen uns das Risiko vom Leib halten. Dann ist für die öffentliche Hand schon viel gewonnen.

Meine Damen und Herren, was ÖPP im Allgemei­nen angeht, bleibt es also dabei, dass es viele Grün­de geben kann, warum ÖPP Sinn oder eben auch keinen Sinn machen können. Alle diese Punkte müssen gegeneinander abgewogen werden. Das ist zuallererst Aufgabe derjenigen, die einen Auftrag vergeben wollen. Das muss ja auch dokumentiert werden.

Für uns als Parlament ist dies alles also nachvoll­ziehbar. Dass es dabei auch zu Fehlern kommen kann, ist normal. Diese Fehler müssen auch immer wieder korrigiert werden, wie in allen Vergabever­fahren. Trotzdem muss auch in Zukunft jedes ÖPP-Projekt für sich selber geprüft werden. Ein Über­einen-Kamm-scheren kann es nicht geben.

Wir sollten im Ausschuss noch einmal darüber re­den, ob es möglicherweise Dinge gibt, die man im Vorwege einziehen und prüfen kann. Aber ich den­ke, ÖPP insgesamt zu verteufeln, wäre der falsche Weg.

(Beifall SPD)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Uli König von der Fraktion der PIRATEN das Wort.

Uli König [PIRATEN]:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Problem, das wir in unserem Land haben, ist, dass wir in der Vergangenheit deutlich über unsere Verhältnisse gelebt haben. Das ist nicht die Schuld dieses Landtages der 18. Legislaturperi­ode, sondern es ist ein Generationenproblem. Gene­rationen vor uns haben über ihre Verhältnisse ge­lebt. Es ist jetzt so weit, dass wir mit der Schulden-bremse eine Bremse eingezogen haben, dass aber auch der finanzielle Spielraum so knapp geworden ist, dass eine klassische Finanzierung nicht mehr funktioniert. Wir haben jetzt nur noch die Möglich­keit, innerhalb dieser Schuldenbremse über ÖPP zu finanzieren. Ich bin mir sicher, dass, wenn wir den Piratenantrag, so wie er hier gestellt ist, umsetzen, also sagen, dass auch ÖPP ordentlich in die Schul-denbremse eingerechnet werden muss, so wie es in Frankreich der Fall ist, ÖPP ganz schnell an Attrak­tivität verlieren würde.

(Beifall PIRATEN)

Herr Breyer hat es schon angesprochen. Bei ÖPP haben wir ganz häufig ein Problem mit der Trans­parenz. Wir haben es gerade im Nachtragshaushalt gesehen. Dort sind jetzt bereits Eckdaten für eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge eingetra­gen worden. Aber wie diese realisiert werden soll, das wissen wir an dieser Stelle nicht.

(Beate Raudies [SPD]: Genau!)

Obwohl noch wesentliche Informationen zum anvi­sierten Investitionsmodell fehlen, schafft der Land­tag an dieser Stelle gesetzliche Grundlagen dafür. Ernst gemeinte Einbeziehung und Beteiligung des Parlaments sieht an dieser Stelle anders aus. Das gilt vor allem, wenn es um derart hohe finanzielle Aufwendungen geht.

Ein weiteres Beispiel für diesen Mangel an Trans­parenz sind die Anger-Bauten. Herr Staatssekretär Fischer, der leider jetzt nicht da ist, hat vor gut ei­nem Monat in den Medien schon gesagt, die Regie­rung habe mit dem ÖPP-Projekt eine gute Lösung gefunden. Von Sanierung war in dem Artikel der „Kieler Nachrichten“ die Rede. Auf unsere Anfrage hin haben wir dann erfahren, dass noch gar nicht feststeht, bei welchen Gebäuden eine Sanierung überhaupt noch als wirtschaftlich anzusehen ist. Von Neubauten ist nun die Rede und davon, dass beabsichtigt ist, die Investitionsbank mit der Prü­fung zu beauftragen, welche Objekte für die Umset­zung im Rahmen eines ÖPP-Projektes geeignet sind. Erst nach Abschluss der Prüfung könnten dann der Umfang und die näheren Rahmenbedin­gungen dieses ÖPP-Projekts konkretisiert werden.

Das heißt, wir haben entgegen den Aussagen von Herrn Fischer doch noch keine Lösung. Also haben die Medien von der Regierung offenbar falsche In­formationen bekommen.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

Oder sind die Überlegungen bezüglich des ÖPP-Projekts bei den Anger-Bauten schon viel weiter fortgeschritten, und die Opposition wird bewusst im Unklaren gelassen? Ich hoffe doch sehr, dass Sie das Parlament umgehend über den weiteren Fort­gang Ihrer Überlegungen informieren,

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

sodass wir nicht weitere Anfragen stellen müssen, um hier Klarheit und verbindliche Informationen zu erlangen. Hören Sie bitte auf, zunehmend mehr In­frastrukturen der Daseinsvorsorge der demokrati­schen Kontrolle zu entziehen.

(Beifall PIRATEN)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kom­men.

Uli König [PIRATEN]:

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.

(Beifall Beate Raudies [SPD])

Wie eine solche Stärkung der demokratischen Kon­trolle und damit der Rechte der Opposition und der interessierten Öffentlichkeit aussehen kann, zeigen wir mit unserem Antrag auf. Herr Kollege Breyer hat das erläutert. -Ich bedanke mich für die Auf­merksamkeit.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Vielen Dank. -Nun hat der Kollege Tobias Koch für die CDU-Fraktion das Wort.

Tobias Koch [CDU]:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So sachlich der Antrag der Piratenfraktion auf den ersten Blick daherkommt, so sehr spricht doch aus ihm und noch mehr aus Ihren Wortbeiträgen der Geist einer ideologischen Ablehnung von ÖPP-Projekten,

(Uli König [PIRATEN]: Stimmt!)

-das wird bestätigt, danke schön! -, wenn Sie an die Wand malen, dass dann die öffentliche Daseins-vorsorge privatisiert wird, und unterstellen, dass ÖPP-Projekte im Grunde genommen vollständig unwirtschaftlich sind, wenn man so argumentiert, würde ich mir einen Antrag von Ihnen wünschen, der da lautet: Unwirtschaftliche konventionelle Be­schaffung verhindern!

(Uli König [PIRATEN]: Ja!)

Wir haben doch auch bei konventionellen Be­schaffungen unzählige Beispiele, bei denen die Kosten explodiert sind, Baufirmen in der Bauphase pleite gegangen sind, der Staat auf Bauruinen sitzen geblieben ist und bei denen sich die Fertigstellungs­termine verschoben haben. Es gibt unzählige Rech­nungshofkritiken an falschen Vergabeverfahren und ständigen Nachbesserungen bei Bauaufträgen. Die schlimmsten Bauruinen des Landes sind doch keine ÖPP-Projekte. BER und Elbphilharmonie sind bei­de konventionelle Projekte.

(Zuruf Uli König [PIRATEN])

Mit Sicherheit stimmen Sie dann zu. Das glaube ich allerdings, Herr König!

Auch wenn wir hier bei uns im Land schauen, dann sehen wir, dass der Sanierungsstau im UKSH, der desolate bauliche Zustand, bislang allein aus kon­ventioneller Bauerstellung und unterlassener In­standhaltung durch die öffentliche Hand in Jahr­zehnten resultiert. Das ist doch nicht durch ÖPP verursacht worden, sondern auf ganz konventionel­le Art und Weise, die Sie ja so sehr bevorzugen.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Breyer?

Tobias Koch [CDU]:

Sehr gern.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Breyer, bitte!

Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Herr Kol­lege Koch, wir haben ja heute Morgen in Einmütigkeit für unseren Antrag zur Schul-denbremse gestimmt. Würden Sie mir zu­stimmen, dass es aus Sicht des Haushaltes keinen Unterschied macht, ob ich ein Projekt sozusagen kreditfinanziere oder ob ich den Kredit vom privaten Unternehmer aufneh­men lasse und es dann abbezahle. Stimmen Sie mir zu, dass das im Endeffekt dieselbe Auswirkung auf den Landeshaushalt hat und dementsprechend gleichgestellt werden müsste?

Tobias Koch [CDU]:

Herr Kollege Breyer, an der Stelle bin ich vollkom­men bei Ihnen. Deswegen ist es auf kommunaler Ebene so, dass in den Kommunen, die richtigerwei­se bereits die Doppik anwenden, ein ÖPP-Geschäft auch als kreditähnliches Rechtsgeschäft erfasst und der Verschuldung zugerechnet wird.

(Beifall PIRATEN)

An der Stelle haben Sie recht. Man muss sich schon wundern. Die Redebeiträge der Regierungsfraktio­nen zu ÖPP waren heute ja sehr moderat. Das ha­ben wir schon ganz anders gehört. Jetzt, wo man auf einmal entdeckt, man könnte damit die Schul-denbremse umgehen, ändert sich die Sichtweise zu ÖPP bei den Koalitionsfraktionen. Das ist zwar die falsche Motivation, da gebe ich Ihnen recht. Das Ergebnis ist aber trotzdem gut, wenn sich jetzt auch diese Regierung stärker öffentlich-privaten Partner­schaften zuwendet.

(Beifall Dr. Axel Bernstein [CDU] und Jo­hannes Callsen [CDU])

Ich will kurz erwähnen, dass ÖPP-Projekte im Üb­rigen das transparenteste Verfahren sind, das ich bisher kennengelernt habe, weil man schon beim Architektenauftrag sofort die Baukosten mitdenkt und weil man beim Bauauftrag sofort mitdenkt, was Unterhaltung und Betrieb später kosten. Noch transparenter geht es eigentlich nicht.

Weil in der Debatte auch die L 192 angesprochen wurde und Herr Staatssekretär Nägele zumindest zeitweise auf seinem Platz saß, wollte ich mit ei­nem kleinen Bonmot schließen. Denn ich habe mir sagen lassen, dass Staatssekretär Nägele sich dahin­gehend geäußert habe, dass er gegen ÖPP sei. Be­vor die PIRATEN jetzt klatschen, warten Sie die Begründung ab! Er habe das damit begründet, dass die L 192 in einem derartigen Tipp-topp-Zustand sei, dass die Begehrlichkeiten im ganzen Land, ge­nauso gute Landesstraßen hinzubekommen wie die L 192, so gewachsen seien, dass sie vom Land gar nicht erfüllt werden könnten. Ob das nun wirklich gegen ÖPP spricht, das mag sich jeder selber über­legen. -Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Vielen Dank. -Für die Landesregierung erteile ich nun der Frau Finanzministerin Monika Heinold das Wort.

Monika Heinold, Finanzministerin Schleswig-Holsteins, Bündnis 90/Die Grünen, Foto: Gerd Seidel (Rob Irgendwer)

Monika Heinold, Finanzministerin Schleswig-Holsteins, Bündnis 90/Die Grünen, Foto: Gerd Seidel (Rob Irgendwer)

Monika Heinold, Finanzministerin:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin nicht ganz allein, das freut mich schon einmal. Herr König, Sie machen es uns nicht so einfach, sachlich zu Ihrem Antrag zu reden.

(Beifall Beate Raudies [SPD] und Olaf Schulze [SPD])

Es lohnt sich, den Antrag im Ausschuss tatsächlich Punkt für Punkt durchzugehen. Aber Ihre perma­nente Unterstellung, Ihre Verschwörungstheorie und Ihre Falschaussage

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW und vereinzelt CDU)

finde ich echt problematisch. Sei es drum, ich kann es kürzer machen als ich vorhatte, denn viele von Ihnen haben es gesagt: Bei ÖPP-Projekten lohnt es sich, und es ist wichtig, pragmatisch und diffe­renziert drauf zu schauen. Wir müssen mit be­rücksichtigen, was die Rechnungshöfe gesagt ha­ben, die der öffentlichen Hand ja gesagt haben: Wenn man ÖPP macht, dann sollte man das nur machen, wenn man es sich im Prinzip auch selbst leisten könnte.

Wir haben auf der anderen Seite die Landeshaus­haltsordnung. Sie werden vermutlich wissen, dass darin steht, dass wir in geeigneten Fällen Privaten die Möglichkeit geben müssen darzulegen, ob und inwieweit sie die von dem Land wahrgenommenen Aufgaben ebenso gut oder besser wahrnehmen kön­nen. Auch dieses sollten wir mit beraten.

Wir haben unterschiedliche Erfahrungen hier im Land gesammelt, das wurde gesagt. Das große UKSH-Projekt und -jetzt auch öffentlich disku­tiert und jederzeit gern mit Ihnen im Ausschuss ­die Frage: Ist es sinnvoll, die Anger-Bauten, also Teile der CAU, jetzt auch mit Hilfe Privater zu sa­nieren. Es ist doch selbstverständlich, dass ich vor­her einmal gucken muss, wie groß der Sanierungs­bedarf ist und was dort überhaupt zu tun ist.

Meine Damen und Herren, es gilt immer zu prüfen -auch hier -, ob es gute Gründe für die Beteiligung Privater gibt. Es muss insgesamt wirtschaftlich sein -das wurde hier auch schon gesagt -, und es muss mehr sein als nur eine andere Form der Schulden­aufnahme. Außerdem -auch das gilt es zu berück­sichtigen -haben wir ein Vergaberecht, was an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch nicht das ermöglicht, was Sie fordern. Auch dies sollten wir miteinander beraten.

Zur Schuldenbremse meine vielleicht etwas ge­wagte und provokative These: Mit den PIRATEN wird es kompletten Stillstand bei Infrastruktur ge­ben. Sie wollen keine Sondervermögen, das haben Sie immer wieder gesagt, also kein Geld ansparen oder Sondervermögen auflegen. Sie wollen keine Schulden, Sie wollen kein ÖPP. Ich sage Ihnen: Es wird Ihnen nicht gelingen, für große Projekte, die Hunderte von Millionen Euro kosten, im Januar das Geld bereitzustellen und zu glauben, dass es am

  1. Dezember verbaut ist. Das wird uns nie gelin­gen. Deshalb wäre es vielleicht ganz gut, wenn Sie auch einmal sagen, ob Sie überhaupt Infrastruktur wollen -was Sie ja behaupten. Aber wenn wir uns formal so zubetonieren, wie Sie das wollen,

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

dann wird gar kein Beton mehr in Schleswig-Hol­stein verbaut werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und vereinzelt CDU)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Breyer?

Monika Heinold, Finanzministerin:

Da sage ich selbst als Grüne: Ein bisschen Beton kann manchmal helfen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und vereinzelt CDU)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Frau Ministerin, es ist so, dass mir nicht klar ist, ob Sie mir etwas und was Sie mir gerade gesagt haben. Ich frage Sie jetzt, ob Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer zulassen.

Monika Heinold, Finanzministerin:

Ja.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Ja, danke schön, das war wegen der Akustik nicht zu verstehen. Dann hat Herr Breyer jetzt das Wort für eine Bemerkung an die Ministerin.

Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Danke, Frau Ministerin. Mich wundert doch sehr, dass Sie uns hier erzählen wollen, wenn man nicht mit Sondervermögen arbeite und sozu­sagen nicht kreditfinanziere, dass dann über­haupt keine Bauvorhaben mehr möglich wä­ren. Es hat doch in der Vergangenheit immer wieder Bauvorhaben gegeben, die auch so fi­nanziert werden konnten. Ihnen ist doch si­cherlich bekannt, dass bei Werkverträgen oder Bauverträgen ganz normal nach Bau-fortschritt zu zahlen ist, das heißt, man muss quasi jedes Jahr -so passiert es bei unseren Landesstraßen zum Beispiel -schrittweise das nach Baufortschritt in den Landeshaus­halt einstellen, um die zu finanzieren. Dass dann keine Infrastrukturvorhaben mehr mög­lich seien, wollen Sie hoffentlich nicht auf­rechterhalten.

(Zuruf Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Monika Heinold, Finanzministerin:

Vielleicht noch einmal, damit Sie wissen, was sich verändert hat: Vor der Schuldenbremse war es so, dass Sie sich für Investitionen verschulden konnten.  Da gab es ein klares Regelwerk, und dann haben Sie in ein paar Jahren ein großes Bauprojekt ge­macht, haben dafür Schulden aufgenommen, Kredi­te, die mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen.

Nach der Schuldenbremse dürfen Sie sich für Infra­struktur nicht mehr verschulden. Wenn Sie jetzt auch nicht ÖPP und auch keine Sondervermögen wollen, dann wird das langsam ein bisschen eng mit unserer Investition in Infrastruktur. Deshalb glaube ich, dass es gut wäre, diese Debatte auch im Aus­schuss zu nutzen, um uns darüber Gedanken zu ma­chen. Ich hatte neulich im Finanzausschuss schon angeboten und gesagt, dass es sich lohnt, über die Grundsatzfrage von Sondervermögen und über die Frage, wie wir denn Baumaßnahmen für Infrastruk­tur auch über die Jährlichkeit hinaus absichern kön­nen, miteinander zu diskutieren.

Meine Damen und Herren, um kurz vor sechs noch mit einer weiteren Unterstellung aufzuräumen: Herr Breyer, Sie sagten, diese Landesregierung hätte ÖPP-Projekte massiv ausgeweitet. Kommen Sie nach vorn und nennen Sie mir drei ÖPP-Projekte aus dieser Legislaturperiode, vergleichen Sie das mit der letzten und sagen Sie dann, wo etwas aus­geweitet wurde. Also immer auch etwas Butter bei die Fische und nicht einfach etwas in den Raum werfen.

(Beifall SPD, SSW und Rasmus Andresen

[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diese Landesregierung verteufelt ÖPP-Projekte nicht, sie gibt ÖPP-Projekten keinen Freifahrt-schein. Wir werden immer im Einzelfall prüfen, kritisch prüfen, ob es sinnvoll ist, ob es wirtschaft­lich ist. Wir werden dieses transparent machen, auch wenn Sie uns immer vorwerfen werden, dass es nicht transparent sei. Das müssen wir einfach miteinander aushalten. Unser Ziel ist, das wir wich­tige und große Bauvorhaben in diesem Land sicher ins Ziel bringen. Im Zweifel müssen wir das dann ohne die Stimmen der PIRATEN machen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Schade!)

Manchmal ist das Ziel halt so, dass man es nicht ganz gemeinsam hinbekommt. Dafür haben wir die FDP an unserer Seite, und vielleicht auch die CDU.

(Lars Winter [SPD]: Dann kann ja nichts mehr schiefgehen!)

Dann sind wir ja schon relativ weit.

(Beifall BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Vielen Dank, Frau Ministerin. -Der Kollege Breyer ahnte schon, dass Sie an ihn appellieren würden, nach vorn zu kommen und noch einen Redebeitrag zu halten. Deswegen hat er sich vor geraumer Zeit zu einem Dreiminutenbeitrag gemeldet. Dazu ertei­le ich ihm jetzt das Wort.

Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. -Ich möchte noch folgende Punkte klarstellen. Zum einen, weil immer wieder die Frage aufgekommen ist: Wie wollen Sie die Projekte sonst finanzieren? -Ich würde das mit einer Gegenfrage beantworten. Diese ÖPP-Maß­nahmen bedeuten, dass wir die Jahr für Jahr im Haushalt abbezahlen müssen. Deswegen stelle ich die Gegenfrage: Wie wollen Sie denn die Projekte finanzieren, die deswegen auf 20 und 30 Jahre hin­aus nicht mehr möglich sind? Diese Kosten, die wir für ÖPP-Projekte über 20 und 30 Jahre jedes Jahr aufbringen müssen, zum Beispiel 1 Million € für diese Landesstraße, sind Gelder, die wir für die Un­terhaltung und Sanierung unserer Infrastruktur nicht haben.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Aber auch einen Kredit musst du bezahlen!)

-Frau Kollegin Herdejürgen, in dem Moment, wo ÖPP sogar teurer kommt, wie die Rechnungshöfe immer wieder nachgewiesen haben, heißt das, dass Sie sogar noch weniger bauen und sanieren können, als wenn wir es selbst aus eigener Hand gemacht hätten. Infolgedessen führt diese Frage nicht weiter.

(Zuruf Lars Winter [SPD])

Im Übrigen ist noch die Frage gestellt worden: Leh­nen wir jetzt ÖPP grundsätzlich ab oder nicht? Was steht im Antrag, was steht in der Rede? -Das kann ich klarstellen. Wir PIRATEN sehen nicht, dass es überhaupt ein nennenswertes Fenster für wirtschaft­liche ÖPP gibt. Wir haben grundsätzliche Probleme damit, weil sie intransparent sind und sich der de­mokratischen Kontrolle entziehen. Deswegen leh­nen wir es politisch ab. In unserem Antrag schlagen wir Ihnen nicht vor, kein ÖPP mehr zu machen, weil das keine Aussicht auf eine Mehrheit hätte, sondern wir sagen: Wenn Sie schon ÖPP machen wollen, dann doch bitte unter den gleichen Regeln wie die konventionelle Realisierung -mit Transpa­renz, mit demokratischer Kontrolle und mit Schuldenbremse.

So erklärt sich dieser Antrag. Ich glaube, es ist ein konstruktiver Antrag. Danke, Herr Kollege Garg, dass Sie das noch einmal betont haben. Nicht zu­letzt hatte auch aus Ihren Reihen zum Beispiel die Kollegin Frau Raudies, als die Nummer mit der Rettungsleitstelle bekanntgeworden ist, in einer Pressemitteilung zu Recht festgestellt:

„Das zeigt, dass die Kritik an Bauvorhaben, die im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft … realisiert werden, berechtigt ist.“

Das war also die richtige Schlussfolgerung daraus.

(Beate Raudies [SPD]: Vielen Dank, da wäre ich nicht von allein drauf gekommen! -Wei­tere Zurufe)

Wir beantragen, jetzt auch die Konsequenzen dar­aus zu ziehen, damit es nicht noch einmal so weit kommt, Frau Raudies, und freuen uns dann auch auf Ihre Unterstützung.

(Zurufe SPD)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, ob Sie es gese­hen haben: Ich frage Sie, ob Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Garg zulassen. -Bitte schön, Herr Garg.

(Zuruf)

-Frau Kollegin, das war jetzt gerade Herr Garg, der eine Bemerkung machen wollte und dieses auch tun sollte.

Dr. Heiner Garg [FDP]: Herzlichen Dank, Herr Kollege Breyer. Ich möchte noch ein­mal auf den Aspekt in meiner Rede, der mir wichtig ist, eingehen. Ihr Antrag ist konstruk­tiver als viele Reden, die Sie zu diesem The­ma gehalten haben. Deswegen ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass wir am besten über Ihren Antrag im Finanzausschuss noch ein­mal reden. Ich teile die Auffassung der Fi­nanzministerin explizit. Wenn man nur Ihren Reden folgen und den Antragstext beiseitele­gen würde, dann hätten wir in der Tat ein Problem mit der Finanzierung unserer Infra­strukturprojekte.

(Beifall FDP)

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 18/3063 dem Finanzausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzei­chen. -Gegenprobe? -Enthaltungen? -Damit ist dieses einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, das ist so etwas wie eine Punktlandung. Es ist 18 Uhr, und wir haben die Ta­gesordnungspunkte, die für heute vorgesehen wa­ren, alle abgearbeitet. Ich unterbreche die Sitzung bis morgen früh um 10 Uhr und wünsche Ihnen al­len einen guten Abend. Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 18:01 Uhr, Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags -Stenografischer Dienst

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