Krankenhausschließungen heißen jetzt „Umwandlung“

Pressemitteilung des Bündnis Klinikrettung

Mit einer neuen Veröffentlichung drängt sich die private Stiftung Münch in die aktuelle Debatte um die Krankenhausreform. Der Autor des sogenannten Leitfadens wird nicht namentlich genannt. Hinter den herausgebenden Strukturen steckt allerdings Prof. Dr. Boris Augurzky, der auch in der Expertenkommission sitzt, die zur Gestaltung der Reform vom Bundesgesundheitsministerium einberufen wurde. Laut dem Papier der Stiftung Münch sollen „ambulante Kliniken, „Überwachungskliniken“ oder Medizinische Versorgungszentren (MVZ) die Krankenhäuser der Allgemeinversorgung ablösen. Die Vorschläge gewährleisten keine ärztliche Verfügbarkeit rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche, und sie bieten keine stationäre Notfallversorgung – die vorgeschlagenen Strukturen ersetzen Allgemeinkrankenhäuser der Grund- und Regelversorgung nicht.
Deswegen weist das Bündnis Klinikrettung die Vorschläge der Stiftung Münch zurück.
Klaus Emmerich, Klinikleiter i.R. und Mitglied im Bündnis Klinikrettung:
Keines der Konstrukte der Münch-Stiftung ist geeignet, ein Krankenhaus zu ersetzen. Aktuelle Beispiele von MVZ zeigen deren Unzulänglichkeit. Das neue Papier tischt wiederum nur neue Gründe für Klinikschließungen und ungeeignete Alternativkonzepte auf, ohne dass das eigentliche Problem benannt wird: die systematische Unterfinanzierung von dringend benötigten Häusern der Grundversorgung durch das System der Fallpauschalen. Deswegen fordern wir die Abschaffung des Fallpauschalensystems zugunsten einer Finanzierung durch Selbstkostendeckung. Wir gehen davon aus, dass privatwirtschaftliche Renditeinteressen hinter den neuen  Umstrukturierungsvorschlägen stecken.

Der Gründer und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Münch-Stiftung, Eugen Münch, war von 2005 bis 2020 Vorsitzender des Aufsichtsrats der privaten Rhön-Kliniken. Aktuell ist er Mitglied des Lenkungsausschusses des Unternehmens. Durchgeführt wurde die aktuelle Studie von der Beraterfirma hcb, deren Geschäftsführer Boris Augurzky auch Vorstandsvorsitzender der Münch-Stiftung ist. Gleichzeitig sitzt Boris Augurzky in der von Karl Lauterbach eingesetzten Regierungskommission für eine Krankenhausreform.

Das Bündnis Klinikrettung kritisiert die intransparente Vermengung privater und öffentlicher Interessen durch Boris Augurzkys Doppelrolle als vermeintlich unvoreingenommener Wissenschaftler in der Regierungskommission und privater Berater im Auftrag einer konzernnahen Stiftung.

Laura Valentukeviciute, Sprecherin vom Bündnis Klinikrettung:

Die vielen Hüte des Boris Augurzky können uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass er spätestens seit 2008 vehement das gleiche Programm empfiehlt: flächendeckende Krankenhausschließungen. Das geschieht auch jetzt im neuen „Leitfaden“, dort verharmlosend als „Umwandlung“ benannt. Besonders dreist ist auch die Forderung in dem Papier schnell Fakten zu schaffen und keine Zeit mit den Fragen der Finanzierung und der Planung der ambulanten Anlaufstellen zu verschwenden. Die Regierung soll einen Blankoscheck für private Betreiber ausstellen, und zwar ruckzuck.

Hintergrundinformationen

Das Bündnis Klinikrettung hat einen Vorschlag für die Selbstkostendeckung ausgearbeitet und ihn dem Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach geschickt: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/09/220720_Buendnis-Klinikrettung_Krankenhaus-Rettungsreform_Finanzierungsvorschlaege_Brief-Lauterbach-2.pdf

Einen fachlichen Überblick zur Entstehung und Entwicklung von Medizinischen Versorgungzentren (MVZ) bietet die Expertise von Dr. Rainer Neef, Mitglied im Bündnis Klinikrettung: „Kann ein MVZ ein geschlossenes Krankenhaus ersetzen?“ https://www.gemeingut.org/kann-ein-mvz-ein-geschlossenes-krankenhaus-ersetzen/

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