Gesundheitssysteme in Europa: Probleme, Veränderungen und Perspektiven

von Norbert Kollenda

Unter diesem Arbeitstitel stand eine europäische Konferenz, die auf Initiative der polnischen Gewerkschaft August 80 am 7. Und 8. Mai 2011 in Amsterdam im Internationalen Institut für Forschung und Bildung stattfand.

Gefolgt waren dieser Einladung 30 Aktivisten aus sozialen  Bewegungen, Gewerkschaften und Parteien aus Deutschland, England, Frankreich, Irland, Polen und Schweden.

Aus Frankreich waren es Mitglieder aus dem Netzwerk gegen Krankenhausprivatisierung, die teilweise der CGT, Sud und NPA angehören. Aus Polen waren neben den Vertretern und dem Vorsitzenden der Gewerkschaft August 80 auch Krankenschwestern der Gewerkschaft der Krankenschwestern und Hebammen mit ihrer stellvertretenden Vorsitzenden dabei.

Bei der Einführung sagte Bogusław Ziętek, der Vorsitzende der Gewerkschaft August 80, warum seine Gewerkschaft diese Konferenz so wichtig findet. Das liege unter anderem daran, dass das Gesundheitswesen die letzte Bastion ist, wo die Gleichheit der Menschen noch verteidigt werden kann. In den Kampf müssen die Bürger mit einbezogen werden, denn es ist nicht nur eine Angelegenheit der Beschäftigten. Nur dann sei eine Gleichheit gewährleistet, wenn alle Bereiche des Gesundheitswesens in öffentlicher Hand blieben. In Polen liegt jetzt ein Gesetz  zur Unterschrift beim Präsidenten, dass vorsieht, alle Kliniken in GmbHen umzuwandeln.

Nach der Vorstellung der einzelnen Teilnehmer, die auch kurz ihre Lage schilderten, hielt der Arzt Klaus Engert ein Grundsatzreferat über Gesundheit und die Formen der Finanzierung auf der Welt. Dabei schilderte er u. a. auch Untersuchungen, die ergeben haben, dass Privatisierung des Gesundheitswesens – wie in den USA – nicht nur teurer ist, sondern die Menschen im Vergleich unzufriedener sind. Auch sei die Kindersterblichkeit in den USA höher als in Kuba.

Hier meinten die Teilnehmer, es wäre gut, diese Aufstellung zugänglich zu machen, denn  vielen sei dies nicht bekannt und damit ließe es sich gut in der Bevölkerung argumentieren.

Der Konflikt liegt bei der Finanzierung im Augenblick auch darin, dass diejenigen, die an der Gesundheit der Menschen verdienen, viel Geld im Umlauf haben wollen und die Kapitalisten, die daran nicht verdienen, wollen ihre Kosten so niedrig wie möglich halten.

Immer mehr werde die Gesundheit zur Ware. Dies führt zu unterschiedlichen prekären Beschäftigungen, zunehmende Zuzahlungen, Korruption. Als Beispiele wurde die Pharmaindustrie in Deutschland genannt und in Polen (12 Milliarden/3 Milliarden Euro), die am Finanzamt vorbei in den Kreislauf kämen und normalerweise für die Ausgaben ausreichen würden.

Im Anschluss berichteten die Teilnehmer aus den einzelnen Ländern über ihre Probleme.  Fakt ist, dass überall die Kliniken und andere Gesundheitseinrichtungen privatisiert werden.

Des weiteren wurde darüber diskutiert, welche Kriterien wir an ein Gesundheitswesen stellen. Es wurden einige Grundsätze erarbeitet. Einen breiten Raum mit unterschiedlichen Vorstellungen nahm die Finanzierung oder besser gesagt Eigentumsformen für Gesundheitseinrichtungen ein. So erzeugte der Vorschlag von Zbyszek Zdónek,  die Bevölkerung zu beteiligen, in dem jede/r z.B. 5 Złoty einzahlt und damit eine Genossenschaft gegründet wird, eine heftige gegensätzliche Diskussion.

Dadurch wurde auch deutlich, dass im Grunde, trotz der Vorstellung der Situation der einzelnen Länder, vieles unbekannt ist. Die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Krankenschwestern und Hebammen  machte daraufhin den Vorschlag, einen Fragekatalog zu erarbeiten, in dem alle Länder ihre Informationen darstellen.

Zum Abschluss wurde darüber beraten, wie es weiter gehen kann. Das Ziel ist es, offen zu sein für alle, die ein Interesse daran haben, das Gesundheitswesen vom Kapitalmarkt fern zu halten. Es wurde berichtet, dass SpanierInnen, GriechInnen und Portugiesen gerne teilnehmen wollten, aber wegen wichtiger eigener Veranstaltungen nicht konnten.

SUD gab bekannt, dass sie offizielle Kontakte mit der polnischen Gewerkschaft August 80 und der Gewerkschaft der Krankenschwestern und Hebammen aufnehmen.

Es wurden Überlegungen angestellt, in welcher Weise die Arbeit fortgeführt werden soll. Dabei wurde jeder einzelne aufgefordert sich an  der entstehenden Liste mit Beiträgen zu beteiligen und andere dazu zu gewinnen.

August 80 lädt für den November nach Polen ein, weil in diesem Halbjahr Polen die EU-Präsidentschaft hat. Es wird überlegt dann auch eine Demonstration durchzuführen.

Die Teilnehmer haben eine Deklaration verabschiedet, deren Text hier zu lesen ist: Erklärung von Amsterdam

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