Der häßliche Alltag der Privatisierung

Bild: Klinikum Marburg (Wikipedia/Nikanos, Lizenz: ShareAlike 1.0)

03.12.12 von Jürgen Schutte
„Steuergeld für Rhön-Konzern“ – diese Schlagzeile sprang uns am vorigen Donnerstag, dem 15. November, auf der „Rhein-Main“-Seite der Frankfurter Rundschau ins Auge. Das „Land plant bis zu dreizehn Millionen Euro jährlich zur Verfügung zu stellen“ teilt uns die Zeitung mit. Schon wieder ist es einem Konzern geglückt, mit der Drohung des Arbeitsplatz-Abbaus die Politik zu erpressen. Wieder einmal müssen Steuergelder aufgewendet werden, um die Folgen einer Privatisierung auszugleichen oder doch erträglich zu machen. Da verkauft ein Land wichtige Teile seiner der Daseinsvorsorge dienenden Infrastruktur, weil es nach dem unerschütterlichen Glauben der Neoliberalen privat eben schneller, höher und weiter geht – und dann muss dieses Land dennoch für die Aufrechterhaltung dieser Daseinsvorsorge zahlen. Wäre es da nicht besser, man behielte diese Institutionen und betriebe sie gleich auf eigene Rechnung?
Was ist geschehen? Der Rhön-Konzern kaufte die Uniklinik Gießen-Marburg, weil das Land die nötigen Investitionen nicht mehr tragen kann – oder will. Wieder einmal hat die Schuldenbremse ihre Schuldigkeit getan. Man redet vom Sparen und subventioniert die Unternehmen trotzdem, allerdings in unauffälliger Form.
Mit der Privatisierung der Universitätsklinik hat man sich, wie bei so vielen PPP-Projekten, „verplant“; die Umsätze gehen zurück: „Das operative Ergebnis – sprich: der Profit – im Gesamtjahr 2012 wird voraussichtlich mit weiteren 15 Millionen belastet.“
Was tun? Man holt sich’s von den Leuten. Die Wäscherei des Klinikums wurde ausgelagert, das bisherige Personal soll auf geringer bezahlte Stellen umgesetzt oder gleich ganz „freigesetzt“ werden. Dasselbe droht den MitarbeiterInnen der im Klinikum tätigen Reinigungsgesellschaft. Wieder sind zahlreiche Menschen in ihrer Existenz bedroht. Da uss die Politik doch mit Zuschüssen helfen. So organisiert man eine Erpressung.
Besonders frech ist die Argumentation des Konzerns, die schlechten Profit-Aussichten seien durch „die öffentlichen Diskussionen über das UKGM“ mit veranlasst. Die unbotmäßige Einmischung der Öffentlichkeit sollte man deswegen wohl unterbinden. Angela Merkel hat jüngst die „marktgerechte Demokratie“ gefordert. Die Vorgänge um das UKGM helfen uns, diesen Begriff zu verstehen.

http://www.fr-online.de/rhoen-klinikum-marburg/finanzhilfe-vom-land-hessen-steuergeld-fuer-rhoen-konzern,2641638,20870624.html
(abgerufen am 06.02.13)

Vgl. auch: »Marburgs Bevölkerung ist dem Klinikum ausgeliefert«. Die Rhön-Klinikum AG spart am Personal, auf Kosten der Patienten. Ein zugesagtes Krebszentrum wird nicht eröffnet. Gespräch mit Roland Kleinert. Interview: Gitta Düperthal. In: junge welt (Berlin) 27.10.2012

http://www.jungewelt.de/2012/10-27/046.php?sstr=rh%F6n

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