Aktivitäten gegen die Privatisierung vernetzen

junge Welt, 2.4.2011/ Peter Wolter

ATTAC-Mitglieder haben den Verein »Gemeingut in BürgerInnenhand« gegründet. Bundesweite Kampagnen geplant. Gespräch mit Karl Waßmuth

Interview: Peter Wolter

Sie gehören zu den ATTAC-Mitgliedern, die »Gemeingut in BürgerInnenhand« gegründet haben. Was wollen Sie mit diesem Verein erreichen?

Wir wollen bundesweit Gruppen und Initiativen zusammenbringen und vernetzen, die sich für Gemeingüter und gegen die Privatisierung kommunaler Leistungen wie Abfallwirtschaft, Wasserversorgung, öffentlicher Nahverkehr etc. einsetzen. Immer wieder haben wir leider die Erfahrung machen müssen, daß sogar erfolgreiche Initiativen – z. B. gegen die Privatisierung von Stadtwerken – irgendwann aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwunden sind. Es wäre wichtig, daß andere auf deren Erfahrungen zurückgreifen können.

Auf der anderen Seite gibt es eine starke Lobby zugunsten von Privatisierungen, die sich Kommune für Kommune vornimmt, um die Stadt- und Gemeinderäte auf ihre Seite zu bringen. Dagegen müssen wir immer wieder neu den Widerstand erfinden.

An welche Initiativen haben Sie gedacht?

Es ist ja nicht so, daß wir aus dem Nichts kämen – die Gründung des Vereins war seit 2008 geplant. Eines seiner Standbeine sind die Gruppen, die sich im Zuge unserer Kampagne »PPP-Irrweg« (PPP= Public Private Partnership – öffentlich-private Partnerschaft) in 20 Städten gegründet haben. Der einen oder anderen von ihnen ist es sogar gelungen, Privatisierungen zu verhindern.

Ein anderes Standbein sind die vielen Initiativen, die sich gegen die Privatisierung der Bahn sträuben. Die gibt es in 50 bis 60 Städten – etwa unter dem Dach von ATTAC, von örtlichen ver.di- oder BUND-Gruppen. Wir wollen all diese Aktivitäten gegen Privatisierungen vernetzen.

Das klingt aufwendig – welche Mittel haben Sie für Ihre Arbeit zur Verfügung?

Wir bekommen eine Anschubfinanzierung von der Bewegungsstiftung. Für dieses Jahr gibt es 30000, für das kommende 20000 und für 2013 noch einmal 10000 Euro. Auf dieser Basis müssen wir zusätzliche Spenden einwerben – im Jahr brauchen wir schätzungsweise 60000 Euro für unsere Arbeit. Wir sind ein eigenständiger Verein, der nicht von ATTAC finanziert wird.

Wofür brauchen Sie das Geld?

U. a. für eine Vollzeitstelle, die auf drei Personen aufgeteilt ist: Eine koordiniert die Kampagnen, eine kümmert sich um unseren Internetauftritt sowie die neuen Medien und die dritte macht die Pressearbeit.

Glauben Sie, daß Sie in der Öffentlichkeit auf Resonanz stoßen?

Davon sind wir fest überzeugt. Die Kritik an Privatisierungen und die Forderung, sie rückgängig zu machen, erleben im Moment eine enorme Renaissance – ganz ohne unser Zutun. Selbst die SPD hatte auf ihrem Berliner Landesparteitag die Parole ausgegeben: Alles in Volkes Hand.

Das fällt der SPD allerdings ein wenig spät ein. Wie ist Ihr Verhältnis zu politischen Parteien? Und zu den Gewerkschaften?

Wir sind und bleiben von beiden unabhängig, auch wenn wir mit Gewerkschaften eng zusammenarbeiten. Insbesondere mit ver.di – es gibt viele inhaltliche Überschneidungen.

Für die Ablehnung von Privatisierungen tritt von allen Parteien am entschiedensten Die Linke ein – gibt es da auch Gemeinsamkeiten?

So könnte man das durchaus sehen – aber der Teufel liegt nun mal im Detail. In Berlin hatten wir z. B. das Problem, daß die Linkspartei sich sehr wohl an Privatisierungen beteiligt hat. Wir sind generell von Parteien unabhängig – und das gilt auch für die Linkspartei.

Viele Kommunen wollen die Privatisierung von Stadtwerken, Verkehrsunternehmen etc. rückgängig machen – arbeiten Sie mit kommunalen Spitzenorganisationen zusammen?

Nein. Das mag sich in Zukunft vielleicht ändern, zur Zeit ist es aber so, daß diese von Parteipolitikern geführt werden. Der Landkreistag z. B. wird von CDU und CSU dominiert, der Städtetag ist ebenfalls parteipolitisch geprägt.

Sind öffentlichkeitswirksame Kampagnen geplant?

Mit Sicherheit. An diesem Wochenende werden wir bei einem Treffen in Braunschweig beraten, was wir als nächstes machen. Der Verein bringt seine zentralen Ressourcen ein, um die verschiedenen Aktivitäten zu bündeln. Die Durchführung der Kampagnen liegt dann aber in den Händen der lokalen Gruppen.

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