Liebe Freundinnen und Freunde des SEZ,
es gibt einen Konflikt: Soll das Berliner Sport- und Erholungszentrum zugunsten von vorrangig Stadtvillen, Gewerbe und einer Schule abgerissen oder als multifunktionales Sport- und Erholungsparadies wiederbelebt werden?
Was bietet sich zur Diskussion der Fragestellung und Lösung des Konflikts um diese „Ostimmobilie“ besser an als ein Möbelstück, das im Osten des Landes seit mehr als 35 Jahren einen hohen Gebrauchswert hat: ein Runder Tisch. Das fanden zumindest wir von Gemeingut und luden für den 20. März – genau 44 Jahre nach der Eröffnung des SEZ – ins Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte ein. Und circa 60 engagierte Bürgerinnen und Bürger sowie Abgeordnete, stadtpolitische Gruppen und SEZ-Expert:innen folgten dem Ruf, obwohl der Streik der Berliner Verkehrsbetriebe die Anreise erschwerte.
Nach gut zwei Stunden konzentrierter Arbeit konstituierte sich der Runde Tisch und verabschiedete seine Gründungserklärung (siehe unten). Nun hoffen wir, dass sich vor allem der Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sowie die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM, aber auch andere politische Entscheidungsträger:innen nach Monaten eisigen Schweigens für das Dialogangebot erwärmen können.
Der zweite Runde Tisch findet am 9. April statt, dort wollen wir in die inhaltliche Diskussion um den Erhalt des SEZ einsteigen. Für den dritten Runden Tisch am 27. Mai hat jedenfalls die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann (Bü90/Die Grünen), bereits ihr Kommen zugesagt, und wir freuen uns auf die Debatte mit ihr.
Zwei Tage nach dem ersten Runden Tisch herrschte vor dem SEZ übrigens ein wenig Volksfeststimmung. Die vor allem von Anwohner:innen getragene Initiative „SEZ für alle“ hatte zu einer SportKultur-Fest-Demo eingeladen, verbreitete gute Laune und informierte und motivierte Interessierte, sich dem SEZ-Abriss zu widersetzen.
Die Presse griff die Vorgänge rund um das SEZ auf: So erschien in der Tageszeitung taz ein lesenswertes Interview zum SEZ mit Carl Waßmuth und Jorinde Schulz von Gemeingut. Der Berliner Kurier berichtete vom Runden Tisch und vom Demo-Fest. Die Berliner Zeitung hatte im Vorfeld auf die anstehenden Termine hingewiesen.
Dass jenseits von einer Neuauflage von „Medizin nach Noten“ beim Demo-Fest in der Stadt etwas in Bewegung gerät, zeigt sich im Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg, in dem sich das SEZ befindet. Am 26. März verabschiedete die Bezirksverordnetenversammlung einen Beschluss, der die erneute Überprüfung der Denkmalwürdigkeit des SEZ durch das Landesdenkmalamt fordert. Diese Prüfung ist in der Tat überfällig!
In jedem Fall: Wir bleiben dran und grüßen herzlich
Jorinde Schulz und Katrin Kusche
für Gemeingut in BürgerInnenhand
PS: Wer am Runden Tisch teilnehmen möchte, kann sich bei info@gemeingut.org dafür anmelden.
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Gemeinsame Erklärung: Der Runde Tisch SEZ beginnt seine Arbeit
Am 20. März 1981 wurde das Berliner Sport- und Erholungszentrum (SEZ) eröffnet – eine einzigartige öffentliche Infrastruktur und Ikone der Architektur. Heute, 44 Jahre später, haben wir uns zum ersten Mal zum Runden Tisch SEZ zusammengefunden, weil das SEZ akut bedroht ist.
Unser Ziel: Eine öffentliche und partizipative Debatte über die Zukunft des SEZ, die alle relevanten Zivilgesellschaft, Expert*innen und Entscheidungsträger*innen, an einen Tisch bringt.
Wir fordern die Mitglieder des Berliner Senats, insbesondere den Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen auf, sich ihrer Verantwortung gegenüber den Berliner*innen zu stellen und über ihre Pläne für das SEZ-Gelände in den offenen, demokratischen Austausch zu gehen.
Wir fordern die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM auf, den Zugang zum SEZ-Gelände zu ermöglichen, damit sich die Öffentlichkeit ein eigenes Bild vom Gebäude und seinem Zustand machen kann. Liebe WBM, öffnen Sie das SEZ für öffentliche Führungen und Zwischennutzungen. Geben Sie Sachverständigen, die vom Runden Tisch benannt werden, die Möglichkeit, den Zustand des SEZ zu begutachten.
Der Runde Tisch ist sich über die folgenden Forderungen einig:
- Abriss aussetzen (keine Abrissvorbereitung, bevor Klarheit besteht über die künftige Entwicklung)
- Verfall des SEZ stoppen (Strom- und Wasserversorgung wiederherstellen, Notreparaturen durchführen, Sicherung gegen Vandalismus)
- Partizipativ planen (vorliegende Gutachten offenlegen, Bürger*innen-Gremien einberufen)
- Ein erhaltungsorientiertes Sanierungsgutachten beauftragen (verpflichtend im Rahmen der geplanten Machbarkeitsstudie)
- Sicherung der technischen und Planungsdokumentation, die sich noch im Gebäude befindet sowie die Sicherung der Dokumentation der Betriebsführung
Herr Senator Gaebler, bitte kommen Sie zu uns an den Runden Tisch, Sie sind herzlich eingeladen.
- Gemeingut in BürgerInnenhand
- Hermann-Henselmann-Stiftung
- Initiative Jahnsportpark
- Initiative SEZ für alle
- Naturfreunde Berlin
- Hartmut Hempel, Geschäftsführer des SEZ 1991 bis 1999
- Uwe Werner Schierhorn, Experte für Gebäudetechnik im SEZ
- Günter Reiss, Architekt des SEZ
- Julian Schwarze (MdA, B90/Die Grünen)
- Damiano Valgolio (MdA, Die Linke)
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PPS: Am 28. März haben wir der Tageszeitung taz die Sonderseiten „Superreiche gerecht besteuern“ beigelegt. Damit möchten wir die Debatte über die solidarische Mitfinanzierung der Infrastrukturen der Daseinsvorsorge anstoßen, bei der auch die Reichsten unserer Gesellschaft gleichermaßen beteiligt werden. Die Zeitung ist unter Mitwirkung von Gemeingut entstanden. Exemplare zum Verteilen können mit dem Betreff „Zeitung bestellen“ ebenfalls unter info@gemeingut.org angefordert werden.