Von afrikanischen Megastaudämmen bis zu deutschen Autobahnen – Globaler Konsens zu Infrastrukturinvestitionen: Wer profitiert? Wer zahlt? Wem gehörts?


Beginn: am 13. 12. 2016 um 18:00 Uhr  
Ende: am 13. 12. 2016 um 20:00 Uhr

WO?
Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin

Die sich nun doch abzeichnende Autobahnmaut hat einen größeren Zusammenhang: Um mehr Investitionen in die Infrastruktur zu lenken, wird in Deutschland im Verkehrssektor eine privatrechtliche „Bundesfernstraßengesellschaft“ diskutiert. Sie soll die Finanzierung von Erhalt bzw. Aus- und Neubau der Autobahnen für private Investoren wie etwa Versicherungen öffnen. Damit kann zwar die Schuldenbremse umgangen werden, für eine zentrale Bewirtschaftung der Autobahnen in einer solchen Infrastrukturgesellschaft bedarf es jedoch einer Grundgesetzänderung. Eine schrittweise Privatisierung der bereits aus Steuergeldern mehrerer Generationen finanzierten Autobahnen wird befürchtet, weshalb das Projekt umstritten ist.

Die deutsche Diskussion passt sich in globale Entwicklungen ein: die Gruppe der 20 größten Industrienationen (G20), deren Vorsitz Deutschland am 1.12. übernimmt, setzen auf Infrastrukturinvestitionen, um das globale Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln. Ihre Idee ist es, öffentliches Geld (aus Rentenkassen, Nutzungsgebühren, oder Mitteln für Entwicklungszusammenarbeit) einzusetzen und damit institutionelle Anleger (Pensionsfonds, Versicherer, Staatsfonds) für Infrastrukturinvestitionen zu gewinnen. Dazu werden für jede Weltregion Infrastruktur-Masterpläne entwickelt und an konkreten Projekten gearbeitet, die vor allem als Öffentlich-Private-Partnerschaften geplant werden.

Die 2016 gegründete „Globale Infrastruktur Knotenpunkt-Allianz“ will diese Pläne unterstützen und verbinden, etwa den „Juncker-Plan“ in Europa oder das afrikanische „Program for Infrastructure Development in Africa“ (PIDA). Es wird erwartet, dass die deutsche G20-Präsidentschaft u.a. auch Investitionen in afrikanischen Ländern zur Finanzierung von großen Infrastrukturprojekten ermöglichen will. Nationale, regionale und multilaterale öffentliche Banken unter der Kontrolle der G20-Mitgliedsstaaten setzen auf die Sektoren Energie, Transport, Wasser und Informationstechnologie. Durch Investitionen in diese Bereiche sollen sogenannte Megakorridore entstehen, die Regionen und Kontinente verbinden und den Handel beflügeln.

Infrastrukturfinanzierungen haben weitreichende Auswirkungen – auf Umwelt, Gerechtigkeit, Entwicklung und Finanzen. Mit den 2015 auf UN-Ebene angenommenen globalen Nachhaltigkeitszielen (SDG) verbindet sich Hoffnung auf Fortschritt durch Infrastrukturinvestitionen, die an die globalen Herausforderungen zur Bekämpfung des Klimawandel angepasst sind. Die negativen Auswirkungen von Infrastrukturmaßnahmen in vielen Bereichen durch bestimmte Investoren sind jedoch ebenfalls wohlbekannt: von Großstaudämmen, über Bergbau-, Öl- und Gasprojekten bis hin zu Straßen und Häfen. Deshalb ist es entscheidend zu fragen, wer in Infrastruktur investiert, wer von ihr profitiert, wer für sie zahlt, und wem sie schließlich gehört.

Ablauf:

An diesem Abend benennen Expert/innen die Schlüsselelemente des globalen Konsenses zu Infrastrukturinvestitionen und diskutieren dessen Auswirkungen auf die Erschwinglichkeit von Leistungen der Daseinsvorsorge, auf Klimaziele oder auf die Verschuldung öffentlicher Haushalte ebenso wie auf den Status und die Zweckbestimmung bislang öffentlicher Güter. Sie prüfen dabei die Verbindungen zwischen Infrastrukturplänen auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene und identifizieren Probleme sowie Möglichkeiten der Zivilgesellschaft diese anzugehen.

1. Präsentation

  • Nancy Alexander, Heinrich-Böll-Stiftung, Washington DC
    Die globale Infrastrukturagenda und die Rolle der G20 (Ursprung und Perspektiven)
  • Xavier Sol, Counter Balance, Brüssel
    Der Run auf Megaprojekte und neue Finanzmechanismen in Europa
  • Jana Mattert, Gemeingut in BürgerInnenhand, Berlin
    Öffentlich-private Partnerschaften und Infrastrukturgesellschaften – die Agenda in Deutschland

2. Kommentare

Zwei Kommentator/innen reagieren auf die Präsentationen

  • Uwe Wötzel, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di Bundesverwaltung – Ressort 1, Politik und Planung
  • Sven Christian Kindler, MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Haushaltsausschuss

Moderation: Malte Kreutzfeldt, taz

Weitere Informationen:

Xavier Sol
Counter Balance (Brüssel)
E Xavier.sol@counter-balance.org

Joanna Barelkowska
Heinrich-Böll-Stiftung
E Joanna.Barelkowska@boell.de