Faktenblatt Nr. 11: Gutachterliche Stellungnahme zu PPP-Projekten in Witten

Das Rathaus von Witten (Bild: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY 3.0)

Faktenblatt Nr. 11 • Hrsg. Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e.V.

Zum herunterladen: FB-11-Gutachterliche Stellungnahme zu PPP-Projekten in Witten

In Witten wird gegenwärtig die Sanierung des Rathauses mittels Public-Private-Partnership (PPP) diskutiert. Im Zuge dessen bat die Ratsfraktion des Bürgerforums Witten Gemeingut in BürgerInnenhand um ein Gutachten, in dem einerseits zwei Proseminararbeiten zu PPP-Schulprojekten wie auch die geplante PPP-Rathaussanierung überprüft werden sollten. Das Gutachten, das im folgenden ungekürzt nachgelesen werden kann, zeigt auf, welche der vorgebrachten Argumente sowohl für die PPP-Schulen als auch für die PPP-Rathaussanierung angezweifelt werden müssen. 

Auftraggeber: Ratsfraktion des Bürgerforums Witten

Gutachter: Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e.V.

VerfasserInnen: Carl-Friedrich Waßmuth, Laura Valentukeviciute, Timo Pilgram
Redaktion: Prof. em. Dr. Jürgen Schutte, Markus Henn

Berlin, 10.02.2013

Inhalt

1       Über Gemeingut in BürgerInnenhand. 4

2       Veranlassung sowie Zusammenfassung der Ergebnisse. 4

3       Bewertete Dokumente. 5

3.1         Dokumente, die im Rahmen der Stellungnahme geprüft wurden. 5

3.2         Dokumente, die für die Prüfung berücksichtigt wurden. 5

4       Die Stellungnahmen der Rechnungshöfe. 6

4.1         Effizienzvorteil ÖPP: zu hoch oder nicht schlüssig nachgewiesen. 6

4.2         ÖPP-Vertragsmodelle sind Kredite. 7

4.3         Risiken infolge Forfaitierung mit Einredeverzicht. 7

4.4         Keine Abstriche an der Bedarfsermittlung. 8

4.5         Kostennachteile PSC: unbegründet und stets ohne Beleg. 8

4.6         Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen: Grenzen zum Lobbying fließend. 8

4.7         Verträge häufig unvollständig und/oder fehlerhaft. 9

4.8         Liste mit ineffizienten PPP-Projekten. 10

5       „Die Fortschreibung des PSC zum PPP-Projekt Schulen Witten“. 11

5.1         Relevanz des Dokuments. 11

5.2         Mögliche Interessenkonflikte nicht offen gelegt. 11

5.3         Errechneter Wirtschaftlichkeitsvorteil: 2% in 2029. 12

5.4         Unzutreffende Grundannahmen des Textes. 13

5.4.1          Finanzierung angenommen, obwohl Eigenmittel vorhanden waren. 13

5.4.2          Zinssatz für die Finanzierung der Eigenrealisierung viel zu hoch angesetzt. 13

5.4.3          Auswirkungen der Forfaitierung mit Einredeverzicht nicht berücksichtigt. 14

5.4.4          Finanzierungskosten für PPP immer höher als für Eigenrealisierung. 15

5.4.5          Behauptete Risikokosten machen den Effizienzvorteil aus. 17

5.4.6          Spezifische Risiken der öffentlichen Hand bei PPP vernachlässigt. 17

5.4.7          PSC: Risikozuordnung nicht nachvollziehbar. 18

5.4.8          PPP: Auftragnehmer trägt das Risiko doch nicht

5.4.9          Transaktionskosten nicht berücksichtigt. 19

5.4.10        Höhe der Baukosten ist unbekannt. 19

5.4.11        Bauunterhalt zu hoch angesetzt. 20

5.4.12        Controlling. 20

5.4.13        Anmietung zusätzlicher Räume ab Juli 2009. 20

5.5         Fehlende Evaluation von offizieller Seite. 21

5.5.1          Evaluation über Vertragscontrolling der Stadt Witten. 21

5.5.2          Überprüfung des PSC durch den Landesrechnungshof. 21

5.5.3          Auswertung des NRW-Pilotprojekts „PPP Schulen Witten“. 21

6       Rathaus Witten, Sanierung und Erhöhung der Anzahl der Büroarbeitsplätze. 22

6.1         Grundfrage 1: Ist diese Form der Rathaussanierung an sich sinnvoll?. 22

6.2         Grundfrage 2: Ist der zugrunde gelegte Zeitplan realistisch?. 23

6.2.1          Denkmalschutz. 24

6.2.2          Lange Dauer der PPP-Ausschreibung verschlingt das Zeitpolster. 25

6.2.3          Widerstand von Bevölkerung und Beschäftigten zu erwarten. 26

6.3         Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Assmann Beraten + Planen. 26

6.3.1          Mögliche Interessenkonflikte nicht offen gelegt. 26

6.3.2          Lebenszyklus. 27

6.3.3          Zinssatz für die Finanzierung der Eigenrealisierung viel zu hoch angesetzt. 27

6.3.4          Risiko Mietausfall vernachlässigt. 28

6.3.5          Risiko Personalbeteiligung vernachlässigt. 28

6.3.6          Transaktionskosten nicht berücksichtigt. 28

7       Verwaltungsvorlage Nr. 0647/V 15, 13.11.2012. 29

8       Beispiele von PPP-Projekten im Bereich Schulen und Rathäuser. 30

8.1         Bildungseinrichtungen. 30

8.1.1          90 Schulen Landkreis Offenbach. 30

8.1.2          Hamburg Katharinenschule. 30

8.1.3          Alfons-Kern-Schule in Pforzheim.. 30

8.1.4          Duale Hochschule Heidenheim.. 31

8.1.5          Bildungszentrum Ostend. 31

8.2         Rathäuser. 31

8.2.1          Rathaus Moers mit Bildungszentrum.. 31

8.2.2          Rathaus Freudenberg. 32

8.2.3          Rathaus Gladbeck. 32

8.2.4          Rathausneubau Königswinter. 32

8.2.5          Rathaussanierung Mülheim.. 32

9       Liste empfohlener Anfragen und einzufordernder Unterlagen. 34

9.1         Allgemeine Fragen zu den PPP-Schulprojekten. 34

9.2         Fragen zu Grundannahmen von Text (1) mit der „Stadt Witten“ als Quelle. 34

9.3         Fragen zu Grundannahmen von Text (1) zu dessen nichtöffentlichen Quellen. 36

9.4         Allgemeine Fragen zu dem PPP-Rathausprojekt. 37

9.5         Fragen zu Grundannahmen von Text (2) mit der „Stadt Witten“ als Quelle. 38

9.6         Fragen zu Grundannahmen von Text (2) zu dessen nichtöffentlichen Quellen. 38

9.7         Nutzungsrechte und Haftung. 38

10     Literatur. 39

10.1      Weiterführende Literatur zu PPP in Witten. 39

10.2      Weiterführende Literatur zu PPP (Deutschland). 40

10.3      Weiterführende Literatur zu PPP (international). 40

 

Über Gemeingut in BürgerInnenhand

Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) ist ein gemeinnütziger Verein, der sich überwiegend aus Spenden und Fördermitteln finanziert. GiB ist bundesweit tätig, Sitz und Büro ist in Berlin.

Satzungsgemäße Zwecke des Vereins sind die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens sowie die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten dieses Zweckes. Darunter fällt, das Ansehen und die Bedeutung öffentlicher Daseinsvorsorge für das Gemeinwohl sowohl in der Bevölkerung als auch bei den politischen EntscheidungsträgerInnen zu stärken und den Erhalt öffentlichen Eigentums bzw. die Rückführung zu öffentlichem Eigentum zum Nutzen des Gemeinwohls zu fördern.

Im Rahmen einer Anhörung zu Public Private Partnership (PPP) im Bau- und Verkehrsausschuss des Bundestags stellte GiB am 24.10.2013 einen der acht geladenen Sachverständigen.

Weitere Informationen zu GiB sind zu finden unter www.gemeingut.org.

2 Veranlassung sowie Zusammenfassung der Ergebnisse

Am 21.2.2013 soll die Zusammenfassung zweier Proseminararbeiten zu PPP-Schulprojekten (1) öffentlich vorgestellt werden. Parallel dazu wird die Realisierung einer Rathaussanierung in Witten per PPP im Rat diskutiert, ein erstes Wirtschaftlichkeitsgutachten (2) dazu liegt vor.

In der vorliegenden gutachterlichen Stellungnahme werden die Dokumente (1) und (2) aus Sicht der BürgerInnen bewertet. Als maßgebliche Bewertungsgrundlage dient der „Gemeinsame Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten“ der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder vom September 2011 (24). Der Erfahrungsbericht der Rechnungshöfe wird eingangs anhand von Zitaten zentraler Aussagen vorgestellt (Kapitel 4).

Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass das Dokument zu den Wittener Schulen unwissenschaftlich ist und an zentralen Punkten von falschen Annahmen ausgeht. Zudem ist in Frage zu stellen, ob der Text interessenunabhängig erstellt wurde (Kapitel 5).

Einer Bewertung des Wirtschaftlichkeitsgutachtens zum Wittener Rathaus wird empfohlen, die Beantwortung der Frage voranzustellen, ob das Projekt überhaupt sinnvoll ist und dem Daseinsvorsorgeauftrag der Stadt gerecht wird. Ebenfalls vor einer Bewertung „PPP-Kostenvorteil: ja oder nein“ sollte die Frage geklärt werden, ob die vorgeschlagene Durchführung im vorliegenden sehr knappen Zeitrahmen überhaupt machbar ist (Kapitel 6).

Die Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Rathaussanierung per PPP gemäß Gutachten (2) muss stark in Frage gestellt werden. Zur Bewertung des Gutachtens sowie der Frage generell werden Hinweise gegeben, es wird zudem empfohlen, das Gutachten in seiner Gänze hinsichtlich seiner Aussagekraft bewerten zu lassen, z.B. durch den Landesrechnungshof.

Zu einer Verwaltungsvorlage zum Rathaus Witten wird hinsichtlich der unzulässigen Verquickung historisch errechneter mit zukünftig prognostizierten Effizienzvorteilen Stellung genommen (Kapitel 7).

Als Grundlage für eine ergänzende Bewertung sind je fünf Beispiele von PPP-Projekten im Schulbereich sowie im Bereich von Rathaussanierungen beigefügt (Kapitel 8).

Eine Liste empfohlener Anfragen und einzufordernder Unterlagen soll die konkrete weitere Befassung mit der Thematik unterstützen (Kapitel 9).

Kapitel 10 enthält Literaturhinweise zu PPP in Witten, in Deutschland sowie international, insbesondere in zu PPP in Großbritannien, wo ein besonders langer Erfahrungszeitraum vorliegt.

3 Bewertete Dokumente

3.1         Dokumente, die im Rahmen der Stellungnahme geprüft wurden

(1)    „Zusammenfassung zu den Proseminararbeiten »Die Fortschreibung des Public Sector Comparators (PSC) zum PPP-Projekt ‚Schulen Witten‘“, von Marco Schmidt, Robert Schneider, Freiberg, 05.07.2011, Seiten 1 – 41

(2)   „Zukunftsprojekt Rathaus Witten, Bestandsaufnahme und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung“, Stand 16. April 2012, Kapitel 10: Schlussbericht und Handlungsempfehlung, Auftraggeber: Stadt Witten, Auftragnehmer: ASSMANN BERATEN + PLANEN GmbH, Seiten 1 – 44

(3)  Verwaltungsvorlage Nr. 0647/V 15, 13.11.2012, Kurzbezeichnung: „Sanierung, Moderni­sierung und Nutzungsverdichtung des Rathauses als zentraler Teil einer umfassenden Neuordnung der Standorte der Stadtverwaltung, hier: Entscheidung über die Realisierungs­variante der Rathaussanierung (Beschaffung), Seiten 1 – 8

3.2 Dokumente, die für die Prüfung berücksichtigt wurden

(4)  Verwaltungsvorlage Nr. 0550/V 15, 25.05.2012, Kurzbezeichnung: „Sanierung, Modernisierung und Nutzungsverdichtung des Rathauses als zentraler Teil einer umfassenden Neuordnung der Standorte der Stadtverwaltung, hier: Entscheidung über die Realisierungsvariante der Rathaussanierung (Beschaffung), Seiten 1 – 5

(5)  Zukunftsprojekt Rathaus Witten, Bestandsaufnahme und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, Hier: Berechnung gemäß Verfahren „PPP-Task-Force“, Stand: 16. April 2012 ABP/mo, Vergleich der Varianten gemäß Textteil „Bericht zur Untersuchung der Auswirkungen von unterschiedlich umfangreichen Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen an kommunalen Gebäuden“, Seite 1 bis 3

(6)    Darstellung Nominalwerte, Gesamtaufwendungen und Gesamterträge, I Vergleich Buchwerte und Restnutzungsdauer (s.h. Ziffer 75), Stand: 16. April 2012 ABP/mo, Seite 1 von 1

(7)     Tabelle Bilanzentwicklung 0-Variante, ohne Angabe von Autor und Datum, Seite 1 von 1

(8)    Stadt Witten: Angebot und Bearbeitungskonzept im Rahmen der Stadtratsitzung am 03.12.2012, ASSMANN BERATEN + PLANEN, Seiten 1 – 18

(9)    Präsentation „Sitzung des Rates am 3. Dezember 2012, TOP 7, Sanierung, Modernisierung und Nutzungsverdichtung des Rathauses, hier: Entscheidung über die Realisierungsvariante“, Stadt Witten, Dez. IV, Seiten 1 – 11

4 Die Stellungnahmen der Rechnungshöfe

Der Bundesrechnungshof sowie die Rechnungshöfe der Länder begleiten seit 10 Jahren kritisch den zunehmenden Trend zu PPP. 2006 veröffentlichten sie in diesem Zusammenhang wesentliche Grundsätze im Umgang mit ÖPP-Projekten, insbesondere:

„ÖPP-Projekte, die sich die öffentliche Hand konventionell finanziert nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert leisten. Bei ÖPP-Projekten treten laufende Zahlungsverpflichtungen aus Projektverträgen an die Stelle von Zins und Tilgungslasten und belasten künftige Haushalte in gleicher oder ähnlicher Weise.“

„Die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts muss in jedem Einzelfall und über die gesamte Laufzeit hinweg (Lebenszyklusansatz) nachgewiesen sein.“

Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe, 3./4. Mai 2006, München

Es bestand offenbar Grund zur Annahme, dass dennoch weiter gegen die genannten Grundsätze verstoßen wird:

„Inzwischen liegen den Rechnungshöfen aufgrund ihrer Prüfungstätigkeit zahlreiche Erkenntnisse vor, die belegen, dass diese Grundsätze bei der Realisierung von ÖPP-Projekten nicht ausreichend Beachtung finden.“

(24), 1 Vorbemerkungen

Dabei sind die Rechnungshöfe durchaus keine prinzipiellen ÖPP-Gegner:

„Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder sind der Auffassung, dass eine Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) eine wertneutrale Beschaffungsvariante zu konventionellen Bau- und Finanzierungsmodellen darstellt. Sie stellen sich damit nicht grundsätzlich gegen ÖPP-Projekte, sondern fordern den Nachweis, dass die Vorteilhaftigkeit dieser Beschaffungsvariante gegenüber der Eigenbesorgung der öffentlichen Hand in jedem Einzelfall objektiv und transparent nachgewiesen wird.“

(ebd.)

Im Herbst 2011 fassten die Rechnungshöfe ihre Prüfungserkenntnisse zu ÖPP-Projekten in einem gemeinsamen Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten zusammen (24). Die Rechnungshöfe, die nicht auf eigene Initiative in PPP-Projekten aktiv werden, waren zuvor in 30 ÖPP-Projekten mit einem Gesamtprojektvolumen von 3,2 Mrd. Euro in die Prüfung eingebunden. Das sind etwa 15 % der PPP-Projekte sowie des PPP-Gesamtprojektvolumens in Deutschland.

Der „gemeinsamen Erfahrungsbericht“ stellt methodisch und hinsichtlich der ableitbaren empirischen Sachverhalte das derzeit bedeutendste Dokument zur Bewertung von PPP-Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen dar. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung werden nachfolgend zentrale Aussagen des Erfahrungsberichts hervorgehoben.

4.1        Effizienzvorteil ÖPP: zu hoch oder nicht schlüssig nachgewiesen

„Bei ihren Untersuchungen deckten die Rechnungshöfe in vielen Fällen methodische oder rechnerische Fehler in den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf.“

(24), 5.1 Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen

„Die Rechnungshöfe stellten fest, dass die Effizienzvorteile der ÖPP-Varianten häufig zu hoch ermittelt oder nicht schlüssig nachgewiesen wurden.“

(24), 5.2 Berechnung der Effizienzvorteile

Detailliert ausgewertet wurden 18 Projekte. Davon stellten die Rechnungshöfe bei neun Projekten fest, dass die Wirtschaftlichkeit von den Beratern nicht schlüssig nachgewiesen wurde. Bei weiteren sechs Projekten ermittelten die Rechnungshöfe einen geringeren Effizienzvorteil als die privaten Gutachter, bei vier der sechs Projekte verwandelte sich der Effizienzvorteil dadurch faktisch in einen Effizienznachteil. Im Ganzen bestätigten die Rechnungshöfe nur bei vier der 18 Projekte, dass ein Effizienzvorteil gegeben war. Bei dreien dieser vier Projekte war der bestätigte Vorteil klein bis sehr klein (4,8%, 3,4% und 1,7%), nur für eines wurde ein Vorteil von über 5% bestätigt. Der Durchschnitt der von den Rechnungshöfen festgestellten Differenz zu dem von den Beratern ermittelten Vor- bzw. Nachteil lag bei -5,5%. Nur für eine von 18 Wirtschaftlichkeits­untersuchungen wurde somit von den Rechnungshöfen ein Effizienzvorteil von über 5% bestätigt. Für Projekte im Volumen von 1,65 Milliarden Euro (von einem insgesamt untersuchten Projektvolumen von 3,2 Mrd. Euro) konnte hingegen noch nicht einmal ein geringfügiger Effizienzvorteil bestätigt werden.

4.2 ÖPP-Vertragsmodelle sind Kredite

ÖPP- Vertragsmodelle im kommunalen Bereich sind als Kredite zu verstehen, müssen im Haushalt entsprechend dargestellt werden und sind auch genehmigungspflichtig.

„Im Rahmen von ÖPP-Projekten im kommunalen Bereich stellt die gegenüber dem Privaten eingegangene Verpflichtung der Kommune zur Zahlung des Leistungsentgelts über die Vertragslaufzeit im Allgemeinen ein kreditähnliches und damit genehmigungspflichtiges bzw. gegenüber der Aufsichtsbehörde anzeigepflichtiges Rechtsgeschäft dar.“

(24), 2 Haushaltsrechtliche Behandlung von ÖPP-Projekten

 „Im kommunalen Bereich stellen ÖPP-Vertragsmodelle hingegen kreditähnliche Geschäfte dar, die wirtschaftlich gesehen einer Kreditaufnahme gleichkommen (vgl. Empfehlungen des Bund-/Länder-Arbeitsausschusses „Haushaltsrecht und Haushaltssystematik“ zur haushaltsrecht­lichen und haushaltssystematischen Behandlung von ÖPP-Projekten vom 5. September 2007).“

(24), 3 Finanzierung von ÖPP-Projekten

4.3Risiken infolge Forfaitierung mit Einredeverzicht

Häufig wird Forfaitierung mit Einredeverzicht vereinbart (zu weiteren Details siehe auch 5.4.3). Die Rechnungshöfe weisen darauf hin, dass dem Finanzierungskostenvorteil Risiken und Kosten gegenüber stehen, die den Vorteil in einen Nachteil verwandeln können:

„Im Gegensatz zur Projektfinanzierung kommt es bei dem Finanzierungsmodell der Forfaitierung mit Einredeverzicht zu einer eindeutigen Verschiebung der Risiken in Richtung öffentlicher Hand. Diese Risikoverschiebung hat nach den Prüfungserkenntnissen der Rechnungshöfe vor allem im Wirtschaftlichkeitsvergleich bislang nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden.

Bei einer Insolvenz der Projektgesellschaft muss der öffentliche Auftraggeber nicht nur seine Verpflichtungen gegenüber der finanzierenden Bank erfüllen, sondern ggf. auch forfaitierte Leistungen in der Betriebsphase übernehmen bzw. neu ausschreiben. Das bedeutet unter Umständen, dass zumindest streckenweise die Entgeltzahlung für Leistungen fortdauert, die von der Projektgesellschaft nicht mehr erbracht werden. Es ist deshalb sorgfältig zu regeln, welche Gewährleistungs- und Vertragsrechte Bestandteil des Einredeverzichts werden sollen. Ergänzend sei darauf verwiesen, dass diese Maßnahmen jedoch zur Reduzierung des Finanzierungskostenvorteils bei der Forfaitierung mit Einredeverzicht führen und diesen aufgrund zusätzlicher Risiken und Transaktionskosten ins Gegenteil verkehren können.

(24), 3 Finanzierung von ÖPP-Projekten

4.4 Keine Abstriche an der Bedarfsermittlung

Die Rechnungshöfe heben die Unverzichtbarkeit einer sorgfältigen Bedarfsermittlung hervor:

Mit der Bedarfsermittlung ist zu klären, ob ein konkreter Investitionsbedarf der öffentlichen Hand gegeben ist. Die Notwendigkeit ergibt sich aus den originären staatlichen Aufgaben für die Daseinsvorsorge und der Umsetzung der politischen Ziele. Die Zielstellungen sind auf dieser Grundlage für konkret zu realisierende Projekte herauszuarbeiten.

An der Verantwortung der öffentlichen Hand für die Bedarfsermittlung kann es keine Abstriche geben. Sie hat die Ziele, die zu erbringenden Leistungen sowie den quantitativen und qualitativen Standard der geplanten Projekte vorzugeben.

Bereits in dieser Phase muss nachgewiesen werden, ob die Maßnahme grundsätzlich finanzierbar ist. Dabei sind auch die Kostenanteile über den Zeitraum des Betriebs zu prüfen. Die Entscheidung über die Art der Realisierung (konventionelle Finanzierung oder Finanzierung im Rahmen eines ÖPP-Projekts) muss solange wie möglich offenbleiben.

(24), 4 Vorbereitung und Vergabe von ÖPP-Projekten

4.5 Kostennachteile PSC: unbegründet und stets ohne Beleg

Die Rechnungshöfe stellten in ihren Prüfungen fehlende Vergleichbarkeit fest. Zusammen mit pauschalen, unbelegten Annahmen ging dies stets zu Lasten des Public Sector Comparator (PSC).

„In vielen Fällen ergaben die Untersuchungen der Rechnungshöfe, dass ungleiche Rahmenbedingungen rechnerisch zu erheblichen Kostennachteilen der konventionellen Beschaffungsvariante führten. Dadurch war die Vergleichbarkeit beider Varianten eingeschränkt oder nicht mehr gegeben. Häufig fanden sich in den Wirtschaftlich­keitsprognosen pauschale Annahmen, die das konventionelle Bauen und Betreiben mit Mehrkosten belasteten.

Beispiele dafür sind:

• längere Planungs- und Bauzeiten,

• geringeres Innovationspotenzial,

• höhere Baukosten,

• höheres Nachtragsvolumen und schlechteres Nachtragsmanagement,

• höhere Kosten des laufenden Betriebs,

• höherer Sanierungs- und Instandhaltungsaufwand,

• höhere Risikokosten.

Bei näherer Betrachtung erwiesen sich die Annahmen oft als unbegründet. Belege für die getroffenen Annahmen fehlten regelmäßig.

In den Wirtschaftlichkeitsberechnungen führte dies dazu, dass die konventionelle Beschaffungsvariante gegenüber der ÖPP-Variante teilweise deutlich weniger wirtschaftlichausfiel, als dies bei gleichen Rahmenbedingungen der Fall gewesen wäre.“

                                                                                                         (24), 5.3 Vergleichbarkeit der Beschaffungsvarianten

4.6        Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen: Grenzen zum Lobbying fließend

Die Rechnungshöfe fanden in den Projektbegründungen sowohl einseitige Interessenabhängigkeiten als auch unseriöse Angebote:

„Die Rechnungshöfe stellten fest, dass günstige „Lockangebote“ für Machbarkeitsstudien angeboten wurden, um Folgeberatungsaufträge zu erlangen (z. B. Projekt-Nr. 14). In vielen Fällen zeichneten sich die Arbeitsergebnisse der Berater durch mangelnde Nachvollziehbarkeit aus. Zum Teil waren die Grenzen zwischen Beratung und Lobbying fließend.

Auf die Problematik der eigennutzorientierten Beratung weist auch ein vom Bundesrechnungshof in Auftrag gegebenes wissenschaftliches Gutachten hin. Demnach „…kön­nen involvierte Berater an einem bestimmten Ausgang einer WU (Wirtschaftlichkeits­untersuchung) interessiert sein, um z. B. etwaige Folgeaufträge erhalten zu können“ (Beckers, T./Corneo, G./Klatt, J. P./Mühlenkamp, H., Zeitliche Homogenisierung und Berücksichtigung von Risiken im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Berlin/Speyer 2009, S. 40)“.

(24), 4.2 Einsatz externer Berater und Transaktionskosten

„Die für die externen Berater notwendigen Ausgaben sind Teil der Transaktionskosten und bewegen sich in der Größenordnung von Projektsteuerungskosten. Bei einigen geprüften Maßnahmen überstiegen die Transaktionskosten den ursprünglich geplanten Betrag erheblich, sodass – bei nur geringen Vorteilen der ÖPP-Maßnahme gegenüber der herkömmlichen Beschaffung – die Wirtschaftlichkeit der ÖPP-Beschaffungsvariante bereits dadurch infrage gestellt war.“

(24), 4.2 Einsatz externer Berater und Transaktionskosten

4.7        Verträge häufig unvollständig und/oder fehlerhaft

Die mangelnde Qualität der Beratungen in wirtschaftlicher Hinsicht setzt sich nach Erkenntnis der Rechnungshöfe in unzureichender Qualität der juristischen Beratung fort:

„Wegen der Komplexität der zu vereinbarenden Leistungen, der Verknüpfung von Bau und Betrieb sowie der sehr langen Vertragslaufzeit stellt die Ausgestaltung der Verträge sehr hohe Anforderungen. Entsprechende Kompetenz war bei den geprüften Stellen nicht immer vorhanden. […] Bei ihren Prüfungen stellten die Rechnungshöfe fest, dass die Verträge häufig unvollständig und/oder fehlerbehaftet waren.“

(24), 4.6 Vertragsgestaltung

Wie viele dieser Fehler in den teilweise mehrtausendseitigen Verträgen werden erst in den kommenden Jahren vor Gericht offenbar werden? Der Bund selbst hat als PPP-Vertragspartner ebenfalls gezeigt, dass er nicht imstande war, seine Ansprüche in den PPP-Verträgen zu sichern: Die Verträge zum Einzugssystem der LkW-Maut per PPP betragen 17.000 Seiten. Infolge der 16-monatigen Verspätung bei der Einführung entstand dem Bund ein Ausfall von 3,5 Milliarden Euro, Dieser Fehlbetrag erhöhte sich zusammen mit der vereinbarten Konventionalstrafe und den Zinsen auf 7 Milliarden Euro, der Bund prozessiert seit neun Jahren, konnte aber bis heute nicht einen Cent davon geltend machen. Die Schätzungen bei einem Vergleich gehen von 550 Millionen Euro (telepolis, 17.01.2013) bis maximal 2,5 Milliarden Euro (manager magazin, 30.11.2012) aus.

4.8        Liste mit ineffizienten PPP-Projekten

Die Rechnungshöfe listen eine Zahl von Projekten auf, die eine geringeren Effizienzvorteil aufweisen oder deren Effizienzvorteil gar nicht schlüssig nachgewiesen wurde:

– eigene Darstellung auf Basis von (24) –

5 „Die Fortschreibung des PSC zum PPP-Projekt Schulen Witten“

5.1 Relevanz des Dokuments

In der „Zusammenfassung zu den Proseminararbeiten »Die Fortschreibung des Public Sector Comparators (PSC) zum PPP-Projekt ‚Schulen Witten‘«“ von Marco Schmidt und Robert Schneider, Freiberg, 05.07.2011, Seiten 1 – 41, (1) werden die PPP-Projekte zweier Wittener Schulen behandelt.

Als Autoren angegeben sind zwei Bachelor-Studenten des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen, Fachrichtung Infrastrukturmanagement. Es fehlen in der Zusammenfassung jedoch wesentliche Angaben:

  • Titel der zugrunde liegenden Proseminararbeiten
  • Betreuer der Proseminararbeiten
  • Ergebnis der Arbeiten (bestanden / nicht bestanden, Note)
  • Verzeichnis der Quellen

Es ist somit unklar, bei welchem Professor und mit welchem Ergebnis die Arbeiten gefertigt wurden. Da die zugrunde liegenden Proseminararbeiten nicht öffentlich sind, kann noch nicht einmal überprüft werden, ob die Arbeiten zutreffend zusammengefasst wurden. Die Arbeiten beziehen sich an mehreren zentralen Stellen auf Angaben der Stadt Witten. Wo und in welcher Form diese Angaben gemacht wurden, kann aufgrund des fehlenden Quellenverzeichnisses nicht überprüft werden.

Der Text (1) verfehlt elementare wissenschaftliche Standards. Er stellt nicht mehr und nicht weniger als eine Meinungsäußerung der beiden Studenten dar.

5.2 Mögliche Interessenkonflikte nicht offen gelegt

„Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen beauftragte den Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, speziell Baubetriebslehre der TU Bergakademie Freiberg mit dem Forschungs- und Entwicklungsvertrag „Vert(r)agsmanagement und –controlling“ bei PPP-Projekten, der im Jahr 2010 abgeschlossen wurde. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurde in den PPP-Pilotkommunen in NRW auch die erzielten monetären und nicht monetären Effizienzvorteile der in der Betriebsphase befindlichen Projekte untersucht. Im Rahmen der empirisch durchgeführten Erhebungen vor Ort wurde der Kontakt zwischen der Stadt Witten und der TU Bergakademie Freiberg hergestellt.“

(1), 1 Einleitung

Inhaber des Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, speziell Baubetriebslehre der TU Bergakademie Freiberg ist Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Dieter Jacob (http://fak6.tu-frei­berg.de/baubetriebslehre). Jacob ist zugleich Gründungsgesellschafter der Private Sector Participation Consult (PSPC) GmbH (siehe http://www.psp-consult.de/de/ueber-uns/personen, abgerufen am 3.2.2013).

Die PSPC GmbH war Verfasserin der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen 2002 bis 2004, sie hat die Stadt Witten entgeltlich umfangreich beraten. Es steht vermutlich nicht im Interesse der PSCP GmbH, den Nachweis erbracht zu sehen, dass sich der damals errechnete Effizienzvorteil heute als unzutreffend erweist. Von diesem Interessenkonflikt ist Professor Jacob zweifellos mitbetroffen. Studenten, deren Abschluss(-note) maßgeblich von Jacob abhängt, können ebenfalls nicht als frei von Interessenkonflikten oder Fehlanreizen bezeichnet werden.

Die für den Text (1) verantwortlich zeichnenden Studenten waren nach eigenen Angaben im Karriere-Portal Xing während ihres Studiums in Praktika für Zweige der Bauindustrie tätig, die besonders vom Geschäftsmodell PPP profitieren: Marco Schmidt arbeitete von 09/2010 – 01/2011 und von 04/2011 – 06/2011 für die Bilfinger Berger Hochbau GmbH. Robert Schneider arbeitete von 03/2011 – 10/2011 für die Via Solutions Thüringen GmbH & Co. KG, der PPP-Konzessionsnehmerin auf dem Autobahnabschnitt A4 in Thüringen. Beide Autoren geben keine Praktika bei der Öffentlichen Hand an (vgl. www.xing.com/profile/Marco_Schmidt140 und www.xing.com/profile/Robert_Schneider93, abgerufen am 10.2.2013).

Die genannten möglichen Interessenkonflikte werden in dem Text für Außenstehende nicht transparent gemacht. Im Gegenteil: dass Professor Jacob als Lehrstuhlinhaber oder möglicherweise Betreuer der Arbeit sowie Betreuer des Forschungsprojekts, in das die Arbeit eingebettet ist, nicht genannt wird, ist in zweierlei Hinsicht unüblich. Zum einen ist die Nennung des betreuenden Professors in Studienarbeiten wissenschaftlicher Standard. Zum anderen wird damit auf die umfangreiche Reputation von Professor Jacob im Bereich PPP verzichtet, allein auf der Internetseite des Lehrstuhls werden 57 Veröffentlichungen von oder mit ihm zum Thema PPP aufgelistet (http://fak6.tu-freiberg.de/baubetriebslehre/ppp/, abgerufen am 3.2.2013).

5.3 Errechneter Wirtschaftlichkeitsvorteil: 1,6% in 2029

Der Text gibt an, dass beide Projekte zusammen in der Laufzeit 1.9.2004 bis 31.8.2029 infolge der Vergabe über PPP 7,24% (nominal) bzw. 7,15% (diskontiert) günstiger kommen werden als die eigene Erbringung der Leistungen. Die Zusammenfassung der Arbeit datiert vom 5.7.2011. In der ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bei Vertragsabschluss hatte der Effizienzvorteil nach Angaben der Nordrhein-Westfälischen Finanzverwaltung 9,3% betragen.

„Durch die Realisierung als PPP-Projekt und das Verhandlungsverfahren konnte ein Effizienzvorteil von 9,3 Prozent gegenüber einer traditionellen Eigenrealisierung erzielt werden.“                                     www.ppp.nrw.de/pilotprojekte/bildung/schulen/witten/witten_start.php

Lineare Extrapolation des Effizienzvorteils auf Basis von (1):

(eigene Berechnung und Darstellung)

Unterstellt man, dass beide Angaben zum jeweiligen Zeitpunkt zutreffend ermittelt wurden, so ist der Effizienzvorteil bereits in den ersten sieben Jahren um 2 Prozentpunkte gefallen. Bleibt diese Entwicklung konstant, beträgt der Effizienzvorteil vor der Übergabe der beiden Schulen im Jahr 2029 nur noch 1,6%.

5.4 Unzutreffende Grundannahmen des Textes

5.4.1 Finanzierung angenommen, obwohl Eigenmittel vorhanden waren

Die Angaben zur Finanzierung sind in mehrfacher Hinsicht nicht plausibel. Es wird zunächst davon ausgegangen, dass bei Eigenrealisierung das Projekt voll fremdkapitalfinanziert wird. Tatsächlich waren aber Mittel in der Investitionsplanung vorhanden. Dieser Umstand wurde von der „Antiprivatisierungswerkstatt“ erarbeitet und dokumentiert:

„Bei der Eigenrealisierung durch die Stadt wurde in der Studie davon ausgegangen, dass die Stadt die nötigen Mittel als Darlehen aufnehmen müßte. Dies war nicht der Fall, denn die Stadt hatte die Mittel bereits in der eigenen Investitionsplanung eingestellt, wie den damaligen Verwaltungsvorlagen zu entnehmen ist: 5.779.000 EURO waren für die Sanierung des Schillergymnasiums vorhanden (Verwaltungsvorlage 694 aus 2002) und zusätzlich waren für die Adolf-Reichwein-Schule 2.900.000 EURO vorgesehen (Verwaltungsvorlage 893 aus 2003), also insgesamt 8.679.000 EURO. Die Baukosten, die der PPP-Partner Strabag AG im Zusammenhang mit der Proseminarstudie nannte, betrugen 7 Mio EURO brutto. Eine Darlehensfinanzierung mit entsprechender Verzinsung war also nicht nötig, die vorhandenen Mittel hätten ausgereicht.“

(10), 1. „Zinsen berechnet, obwohl kein Darlehen nötig war“

Auch wenn man berücksichtigt, dass die Stadt Witten bereits 2003 verschuldet war, ist es definitiv unzulässig, anzunehmen, dass die Schulen voll fremdfinanziert und andere Projekte aus den eingehenden Steuermitteln bezahlt wurden. Es hätte höchstens eine Fremdfinanzierung in der prozentualen Höhe des Verhältnisses der damaligen Neuverschuldung zu den Gesamteinnahmen angenommen werden dürfen. Folgt man umgekehrt der Annahme von Text (1), so hätte die Stadt Witten 2003 keine Einnahmen gehabt und deswegen alle ihre Ausgaben fremdfinanziert.

5.4.2 Zinssatz für die Finanzierung der Eigenrealisierung viel zu hoch angesetzt

Der zugrunde gelegte Zinssatz ist für einen Kommunalkredit unrealistisch hoch:

„Dritter Eingangsparameter der annuitätischen Finanzierung bildet der Zinssatz. Dieser wurde mit 4,60% festgelegt. Dieser deckt alle Kostenbestandteile die üblicherweise anfallen wie Basiszinssatz, Zinssicherung und Marge des Kreditinstituts.“

(1), 3.1.2 Kosten der Endfinanzierung

http://www.aktuelle-bauzinsen.info/entwicklung-bauzinsen.html, abgerufen am 5.2.2013

Die öffentliche Hand kann sich wegen des geringeren Ausfallrisikos zu geringeren Zinsen refinanzieren als Private. Aber auch reguläre Zinsen für private „Häuslebauer“ liegen aktuell auch bei 100%-Finanzierung bei 3,23% (laut http://www.aktuelle-bauzinsen.info/entwicklung-bauzinsen.html, abgerufen am 5.2.2013). Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung lagen die Zinsen etwa bei 4% (siehe auch das zugehörige Diagramm auf der Vorseite).

Allein der Unterschied eines 0,5 Prozent geringeren Zinssatzes macht bezogen auf die gesamten Kosten der Finanzierung einen Unterschied von 5,5-6,5 Prozent aus. Legt man einen konservativen Zinssatz von 3 Prozent zugrunde, hätte bei Annahme einer Investitionssumme von 10 Millionen Euro die Stadt Witten statt 7,033 Millionen Euro – bei einem Zinssatz von 4,6 Prozent gemäß (1) – nur 4,356 Millionen Euro bezahlen müssen. Das ist ein Effizienzvorteil der Finanzierung bei Eigenrealisierung von 27% gegenüber der angenommenen Variante in (1).

(Eigene Berechnung und Darstellung)

Legt man einen realistischen Zinssatz für einen Kommunalkredit von 1,5 Prozent zugrunde, hätte bei Annahme einer Investitionssumme von 10 Millionen Euro die Stadt Witten statt 7,033 Millionen Euro nur 2,066 Millionen Euro bezahlen müssen. Das ist ein Effizienzvorteil der Finanzierung der Eigenrealisierung von beachtlichen 49% gegenüber der angenommenen Variante.

5.4.3        Auswirkungen der Forfaitierung mit Einredeverzicht nicht berücksichtigt

In den Zinsannahmen von Text (1) ist die Forfaitierung mit Einredeverzicht nicht berücksichtigt. Bei Forfaitierung mit Einredeverzicht erleichtert die öffentliche Hand privaten Investoren durch Abtreten von Rechten die Kreditaufnahme. Nach der Unterschrift der Oberbürgermeisterin geht der Investor mit dem Mietvertrag zu seiner Bank und verkauft ihr die Mietforderungen. Die Bank schätzt den Gesamtwert der Mieten, hier für 25 Jahre. Die Bank zahlt dann an den Investor den Gesamtbetrag mit gewissen Abzügen sofort aus. Die Stadt bezahlt also nach Vertragsabschluss die Mietzahlungen bzw. Betreibergebühren an die Bank. Bei dieser Form von Finanzierung verringert sich die Differenz für private Kreditzinsen zu den Zinsen für Kommunalkredite. Die Banken gehen von einer enormen Rückzahlsicherheit aus, da sich die Kommune verpflichtet, Zins und Tilgung in jedem Fall zu bedienen, ganz unabhängig von den Leistungen der privaten Investoren. Der Vorteil der geringen Kosten bringt bedeutende Nachteile mit sich:     

  • Zahlungskürzungen sind künftig unmöglich, gleichzeitig stellt Forfaitierung eine Verschuldungsform mit enorm eingeschränkten späteren Gestaltungsmöglichkeiten dar.
  • Begibt sich die Kommune der Einrede, nimmt sie sich das bei einem konventionellen Bauvorhaben übliche Mittel, bei Schlechtleistung die Zahlungen zu kürzen oder zu verweigern, oder über die Androhung einer solchen Maßnahme auf die Qualität der Baumaßnahme Einfluss zu nehmen.
  • Ein weiteres Risiko bei der Forfaitierung besteht in der Weiterverkäuflichkeit des Kredits. Nicht selten geschieht dies bereits zum ersten Mal unmittelbar nach Vertragsabschluss.

Die genannten Risiken Weiterverkäuflichkeit, eingeschränkte Umschuldungsfähigkeit, fehlende Möglichkeit der Veräußerung bei beabsichtigter Nutzungsänderung und Verzicht auf Minderung bei Schlechtleistung stellen für sich Risiken dar, die auch kalkuliert und mit dem Zinsvorteil verrechnet werden müssten. Diese Verrechnung ist in (1) nicht erfolgt.

5.4.4 Finanzierungskosten für PPP immer höher als für Eigenrealisierung

Text (1) kommt zu der überraschenden Aussage, dass die Finanzierungskosten für die PPP-Variante deutlich geringer sind als im Falle der Eigenrealisierung. Kommunen haben bei aller Verschuldung weiterhin ein geringes Ausfallrisiko und können sich günstiger refinanzieren als private Investoren. Demgegenüber haben PPP-Projekte höhere Risiken:

„[…] the typical PPP project is structured to achieve a BB+ or BBB- rating […]

(34), 2. Key characteristics of bond financing: Credit quality

Verbunden mit den höheren Risiken sind höhere Kosten für die PPP-Finanzierung.

Mittels Forfaitierung mit Einredeverzicht können die Kreditzinsen den Zinsen für einen Kommunalkredit angenähert werden, wenn die damit verbundenen Risiken (unzulässigerweise) wie im vorliegenden Fall außer Acht gelassen werden. Sie liegen aber dennoch immer noch darüber!

In (1) wird angenommen, dass die öffentliche Hand nominale Finanzierungskosten von 5,983 Millionen Euro hat, der private Investor hingegen nur von 3,795 Millionen Euro, also nur 63% der Finanzierungskosten der öffentlichen Hand. Diese Annahme ist gänzlich unrealistisch. Sie kommt durch den Ansatz deutlich zu hoher Zinsen für den Kommunalkredit und auch dadurch zustande, dass günstige Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nur der PPP-Variante zugesprochen werden. Tatsächlich hätte die Kommune ebenso gut KfW-Kredite abrufen können.

Es wird auch nicht berücksichtigt, dass die Kommune ihren Kredit im Falle der Eigenrealisierung deutlich früher ablösen kann. Selbst wenn man davon ausgeht, dass zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung für die Schulen keine Mittel im Haushalt bereit standen oder vorgesehen waren, so hat die Stadt Witten doch jährlich neue Einnahmen aus den Steuerzuweisungen des Bundes und der Länder, mit den sie imstande und gehalten ist, Mehrkosten durch einen derart langlaufenden und über den Zinseszinseffekt teuren Kredit zu minimieren.

(eigene Berechnung, Formeln: Wikipedia)

5.4.5Behauptete Risikokosten machen den Effizienzvorteil aus

Die prozentualen Risikoansätze für die Eigenrealisierung werden wie folgt angesetzt:

Baukosten:
12,5% der Baukosten brutto

Bauzeit:
5,0% der Baukosten brutto

Planungskosten:
12,0% von 12% der Baukosten brutto

Betriebskosten:
4,0% der indexierten Betriebskosten

Bauunterhaltungskosten:
12,5% der indexierten Bauunterhaltungskosten.

(1), PSC: 3.1.4 Kosten für kalkulatorische Risiken der Bau- und Betriebsphase

Unter diesen Annahmen kommt der Text (1) zu einer Summe von Risikokosten für die Eigenrealisierung von 5,564 Millionen Euro, das sind 4,880 Millionen Euro mehr als beim PPP-Modell. Die prozentualen Risikoansätze für die PPP-Variante werden wie folgt angesetzt:

Baukosten:
1,0% der Baukosten brutto

Bauzeit:
1,0% der Baukosten brutto

Planungskosten:
1,0% von 12% der Baukosten brutto

Betriebskosten:
1,0% der indexierten Betriebskosten

Bauunterhaltungskosten:
1,0% der indexierten Bauunterhaltungskosten.

(1), PPP: 3.2.4 Kosten für kalkulatorische Risiken der Bau- und Betriebsphase

Unter diesen Annahmen kommt der Text (1) zu einer Summe von Risikokosten für die PPP-Variante von 684.290 Euro, also zu nur 12,2% der Risikokosten der Eigenrealisierung. Damit ist die Einschätzung der Risikokosten für 95% des behaupteten Effizienzvorteils (6,8 % von insgesamt 7,2%) verantwortlich. Die Rechnungshöfe vermerken zu Risikokosten in ihrem Erfahrungsbericht:

„Häufig wurden fehlerhafte oder überzogene Einschätzungen bei den Risikokosten für die konventionelle Beschaffungsvariante festgestellt. Dagegen wurden die beim Auftraggeber verbleibenden Risikokosten der ÖPP-Variante zu gering eingeschätzt. Über diese Stellschraube der Risikoübernahme ließen sich die geschätzten Kosten der konventionellen Beschaffungsvariante so zielorientiert festlegen, dass der wirtschaftliche Vorteil augenscheinlich aufseiten des ÖPP-Modells lag und dadurch die ÖPP-Variante rechnerische Effizienzgewinne auswies. Deshalb sind die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnungen dann besonders kritisch zu hinterfragen, wenn sich Effizienzvorteile zugunsten ÖPP maßgeblich aus einer günstigeren Risikoeinschätzung der ÖPP-Variante ergeben. Teilweise machten diese deutlich mehr als 50 % des gesamten Wirtschaftlichkeitsvorteils aus. Wichtig ist, dass sämtliche Risikobewertungen plausibel begründet und entsprechend dokumentiert werden.“

(24), 5.4 Fehlerquellen bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen

5.4.6 Spezifische Risiken der öffentlichen Hand bei PPP vernachlässigt

Der Text (1) vernachlässigt Risiken, die der Stadt Witten entstehen, wenn sie Leistungen wie Bauen, Bauunterhalt und Betrieb per PPP vergibt.

Bei einer Insolvenz der Projektgesellschaft muss der öffentliche Auftraggeber nicht nur seine Verpflichtungen gegenüber der finanzierenden Bank erfüllen, sondern ggf. auch forfaitierte Leistungen in der Betriebsphase übernehmen bzw. neu ausschreiben. Das bedeutet unter Umständen, dass zumindest streckenweise die Entgeltzahlung für Leistungen fortdauert, die von der Projektgesellschaft nicht mehr erbracht werden.                                            

(24), 3.2 Forfaitierung mit Einredeverzicht

5.4.7 PSC: Risikozuordnung nicht nachvollziehbar

„Die prozentualen Ansätze der Risiken, entsprechend dem Faktor aus voraussichtlicher Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit, wurden aus der ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung übernommen. Das Abstimmungsgespräch mit der Stadt Witten hat ergeben, dass eine Neuermittlung im Sinne einer rückwirkenden Neuberechnung der Risikoansätze nicht nötig ist, da sich die damals getroffenen Annahmen nicht wesentlich geändert haben.“

(1), 3.2.4 Kosten für kalkulatorische Risiken der Bau- und Betriebsphase

Die Zuordnung der einzelnen Risiken ist nicht transparent, die angenommene Höhe der Risiken nicht nachvollziehbar. Die getroffenen Annahmen sind für tragbare Haushaltsentscheidungen unzureichend.

5.4.8 PPP: Auftragnehmer trägt das Risiko doch nicht

„Abweichend von der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung aus dem Jahre 2004 wird für die PPP-Variante davon ausgegangen, dass der private Auftragnehmer die entsprechenden Risikoansätze in sein Angebot eingepreist hat. Daher werden die Ansätze für das Risiko heruntergesetzt. Dennoch werden kalkulatorisch Risikoansätze in Höhe der unten angegebenen Höhe fortgeführt, falls sich entsprechende Änderungen aus dem Vertrag ergeben könnten.“

(1), PPP: 3.2.4 Kosten für kalkulatorische Risiken der Bau- und Betriebsphase

Die Vorgehensweise, bei der PPP-Variante die Risikoansätze als „eingepreist“ zu betrachten, impliziert zweierlei:

  • Die zweifelsfrei weiterhin vorhandenen Risiken werden seitens des PPP-Auftragnehmers der Stadt Witten zugerechnet. Aufgrund der vertraglichen Regelungen geht der Auftragnehmer davon aus, dass er die Kosten für diese Risiken, sofern sie eintreten, nicht tragen muss.
  • Sollte eine solche Überwälzung der Kosten auf die Stadt Witten im Eintrittsfall vertraglich doch nicht möglich sein, gibt es für die Übernahme keine Rückstellungen oder Sicherheiten. Kosten von 5,564 Millionen führen somit zwangsläufig zur sofortigen Insolvenz der Auftragnehmerin PPP SchulManagement Witten GmbH & Co. KG, die laut Handelsregister nicht mehr als 10.000 Euro haftendes Eigenkapital führt:

„Kommanditistin: STRABAG Projektentwicklung GmbH, Köln (AG Köln HRB 2740), Einlage: 10.000,00 EUR“

Handelsregister HRA 22175, Wiedergabe des aktuellenRegisterinhaltsvom 10.2.2013, 11:11

Die „persönlich haftende Eigentümerin „PPP Management GmbH“ hat selbst wiederum „50.000 DEM Grund- oder Stammkapital“ und haftet überdies vermutlich für mehrere weitere Gesellschaften:

Gegenstand des Unternehmens: die Beteiligung an geschlossenen Immobilienfonds und an anderen Unternehmen, auch als persönlich haftende, geschäftsführende Gesellschafterin an Gesellschaften in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft.

Handelsregister HRB 23908, Wiedergabe des aktuellenRegisterinhaltsvom 10.2.2013, 11:13

5.4.9 Transaktionskosten nicht berücksichtigt

Die Transaktionskosten der Eigenrealisierung werden mit 133.698 Euro angegeben. Darunter werden die folgenden Kosten verstanden:  

„Der Bereich Transaktionskosten enthält sämtliche seitens der Stadt Witten angefallenen Kosten für Personal in Bauherrenfunktion während der Realisierung der Objekte.“

(1), 4.2.2 Tabellenblatt „Eingaben monatlich“

Die Transaktionskosten der PPP-Variante werden mit Null Euro angegeben. Nicht enthalten sind somit die Kosten für die Erstellung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durch die PSCP GmbH und für die Rechtsberatung durch die Luther Menold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Ebenso fehlen vermutlich Kosten für die Beratungen bei Ausschreibung und Vergabe sowie Bieterentschädigungen. Dass solche Kosten angefallen sind, ist schon daran zu erkennen, dass das NRW-Finanzministerium nach eigenen Angaben einen Zuschuss zu den Beraterkosten gewährt hat. Transaktionskosten von vermutlich deutlich über einer Million Euro bleiben somit unberücksichtigt. Das verfälscht das Ergebnis erheblich, ist aber offenbar kein einmaliger Vorgang:

„Die Rechnungshöfe stellten vereinzelt fest, dass die Transaktionskosten nicht oder nicht ausreichend in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen berücksichtigt wurden. In Einzelfällen hätte dies das Ergebnis maßgeblich verändert, da bei ÖPP-Verfahren regelmäßig sechs- bis siebenstellige Transaktionskosten, insbesondere für die umfangreichen Beratungsleistungen, anfallen.“   (24), 5.4 Fehlerquellen bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen

5.4.10    Höhe der Baukosten ist unbekannt

„Auf Basis von Kostenschätzungen taxierte die Stadt Witten 2004 die voraussichtlichen Kosten der Eigenrealisierung der Objekte, in der durch den privaten hergestellten Qualität, auf 12,9 Mio. € inkl. Umsatzsteuer. Da sich jedoch die Kosten für die PPP-Variante im Laufe des Verfahrens reduziert haben, wurden auch die Kostenansätze für den PSC entsprechend verringert. Im Modell wird mit Kosten in Höhe von 9 Mio. € gerechnet.                   

(1), 3.1.1 Kosten der Erstinvestition: Baukosten und Bauzeit

Diese Annahme von neun Millionen Euro wird nicht weiter belegt und ist nicht nachvollziehbar. Kostenschätzungen entsprechen der Leistungsphase 1 bis 2 nach HOAI und haben eine gerichtlich anerkannte Schwankungsbreite von 30 bis 40 Prozent (siehe „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Vorhaben“, Felix Wagemann, Thorsten Beckers, Andrej Ryndin, Konferenz „Kommunales Infrastruktur-Management“, 1.6.2012). Kostenschätzungen sind als Basis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bzw. ex-post-Evaluation eines Vorhabens, dessen Bau bereits abgeschlossen ist, ungeeignet. Vielmehr müsste die Kostenfeststellung zugrunde gelegt werden.

„Als Basis für die Baukosten und die Bauzeiten wurden die Mittelabflusspläne zugrunde gelegt, wie sie in den Dateien „Anlagen 8 bis 11 Mietobjekt 1 260106_neu.xls“ und „Anlagen 8 bis 11 Mietobjekt 2 220206.xls“ hinterlegt sind.

Die Kosten fließen jedoch nicht in die Berechnung ein, da durch die Stadt Witten die Gesamtinvestitionskosten im Rahmen der langfristigen Finanzierung getilgt werden. Vielmehr werden die Mittelabflusspläne zur Vollständigkeit mitgeführt. Von Bedeutung sind die Kosten der Bauphase direkt bei der Berechnung des PSC.“

(1), 3.2.1: Kosten der Erstinvestition: Baukosten und Bauzeit

Mittelabflusspläne besagen nur, dass die STRABAG-Tochter Geld bekommen hat. Wie viel davon in den Bau gesteckt wurden, ist nicht ausgesagt. Offenbar ist jedoch nach wie vor unbekannt, wie viel der Bau tatsächlich gekostet hat. Da diese Summe Basis für die noch bedeutend höheren Beträge des Bauunterhalts ist, ist dringend anzuraten, sich hier Gewissheit zu verschaffen.

Der vorliegende zieht die Mittelabflusspläne nicht zur Berechnung der Baukosten heran, sondern bezieht sich auf einen theoretischen Wert. Abgesehen davon, dass diese Berechnung nicht nachvollziehbar ist, muss auch hier die Kostenfeststellung zugrunde gelegt werden.

5.4.11 Bauunterhalt zu hoch angesetzt

Der Ansatz von 2% („dauerhafter Werterhalt“) anstelle des nach der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) üblichen von ca. 1,2% führt zu immensen Bauunterhaltskosten. Statt 22 Millionen Euro müsste die Stadt Witten nach KGSt nur etwa 13 Millionen Euro aufwenden. Bis Ende 2012 hätten die privaten Auftragnehmer demnach über sechs Millionen Euro allein in den Bauunterhalt stecken müssen. Eine Angabe zu den tatsächlichen Bauunterhaltsmittelflüssen fehlt jedoch. Geld an den privaten Auftragnehmer zu bezahlen, sichert allein noch nicht, dass diese Gelder tatsächlich vollständig und werterhaltend investiert werden und am Ende in den Schulen als Wert stecken. Das könnte nur ein detailliertes Vertragscontrolling sowie eine echte, kritische Evaluation zeigen.

5.4.12 Controlling

 „Die Kosten, welche der Stadt Witten für Controlling im Rahmen der Bauphase entstehen, werden bei der PPP-Variante mit 50.000€ p.a. angesetzt.“                                                                                                                                    

(1), PPP: 3.2.1 Kosten der Erstinvestition

Diese Kosten sind bereits angefallen. Da die Position in der Verwaltung angefallen ist, muss die sie im Haushalt abgebildet sein. Anstelle einer Schätzung sind daher die tatsächlichen Kosten gemäß Kostenfeststellung einzusetzen.

5.4.13Anmietung zusätzlicher Räume ab Juli 2009

„Die Kosten für die Anmietung zusätzlicher Räume werden in beiden Szenarien betrachtet, da diese durch die ab Juli 2009 erfolgte Einführung der Ganztagesbetreuung notwendig wurden.“

(1), 2 Aufgabenstellung

„Zudem wurden auch Kosten die durch die Anmietung zusätzlicher Räumlichkeiten mit in die Berechnung eingebracht und berücksichtigt. Diese Kosten fallen der Stadt Witten seit Juli 2009 an und wurden ursprünglich nicht im Projekt berücksichtigt.“

(1), PSC: 3.1.3 Betriebskosten der Objekte

Tatsächlich lag der Einführung der Ganztagesbetreuung eine Gesetzesänderung zugrunde, die nicht zwingend zusätzliche Räume sondern vielmehr eine Änderung des Raumkonzepts erforderlich machte. Die entsprechenden vertraglichen Regelungen im vorliegenden Fall sind infolge der Geheimhaltung der Verträge nicht bekannt. PPP-Verträge sind hinsichtlich solcher Änderungen enorm unflexibel. Gerade Gesetzesänderungen werden als ein Risiko angesehen, das in der Einfluss-Sphäre der öffentlichen Hand liegt. Soll die Vergleichbarkeit gewährleistet werden, ist deswegen zu prüfen, ob nicht mit Hilfe von Umbauten und Nutzungsänderungen der bestehenden Räume eine Anmietung zusätzlicher Räume und die damit verbundene langfristigen Kosten (abzüglich der einmaligen Investitionskosten) hätte vermieden werden können.

5.5 Fehlende Evaluation von offizieller Seite

Der Text (1) ist definitiv keine Evaluation des Projekts. Um die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens bewerten zu können, ist jedoch eine sorgfältige Evaluation erforderlich. Eine solche Evaluation bedarf der Erhebung der tatsächlich angefallenen Kosten, der tatsächlich vereinbarten Regelungen und eine aktualisierte, realistische Einschätzung der als Vergleichswert hinzuzuziehenden theoretischen Kosten bei Eigenerbringung. Dazu wird empfohlen, mindestens die folgenden drei Stellen anzufragen.

5.5.1 Evaluation über Vertragscontrolling der Stadt Witten

Die Stadt Witten hat offenbar eine Stelle für das Vertragscontrolling der PPP-Verträge eingerichtet. Von dieser Seite müsste eine detaillierte, transparente und nachvollziehbare Evaluation des Projekts hinsichtlich der tatsächlich angefallenen Kosten und der tatsächlich vereinbarten Regelungen erbracht werden.

5.5.2 Überprüfung des PSC durch den Landesrechnungshof

Werden die Angaben zum PSC vom Text (1) weitgehend zutreffend wiedergegeben, so kann daraus abgelesen werden, das die Berechnung des PSC bereits seitens der Beratungsfirmen Private Sector Participation Consult GmbH (PSPC) und die Luther Menold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Frage gestellt werden müssen. Empfohlen wird eine Überprüfung durch den Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen.

5.5.3 Auswertung des NRW-Pilotprojekts „PPP Schulen Witten“

Das PPP-Projekt „Schulen Witten“ war Pilotprojekt des Landes Nordrhein-Westfalen:

„NRW-Finanzministerium begleitet und bezuschusst das Projekt. Nachdem sich die Stadt im Juli 2002 beim NRW-Finanzministerium um Teilnahme am Modellversuch beworben hatte, wurde das Vorhaben nach einigen Vorgesprächen zu den Realisierungschancen verschiedener Varianten im Oktober 2002 in das Projekt des Landes aufgenommen, ein Zuschuss zu den Beraterkosten gewährt und von der PPP-Task Force beim Finanzministerium fachlich begleitet.“

http://www.ppp.nrw.de/oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilungen/a_pressemitteilung.pdf

Es kann erwartet werden, dass der Einsatz öffentlicher Gelder des Landes verantwortlich erfolgt. Ein Pilotprojekt, das nicht ausgewertet wurde, wäre eine unzulässige verdeckte Förderung.

5.5.4 Abgleich mit der Bedarfsplanung

Die Rechnungshöfe weisen auf die Notwendigkeit einer sorgfältigen Bedarfsplanung hin (siehe auch Kapitel 4.4). So ist im Fall der beiden Schulen in Witten zu klären, ob ein von der Schulaufsicht genehmigtes Raumprogramm und eine hinreichend konkrete Belegungsplanung für die nach der Sanierung in den Bestandsgebäuden unterzubringenden Raumnutzungen vorlag.

Es ist auch zu klären, ob mit der Änderung der Gesetzeslage zur Gesamtschule eine Aktualisierung erfolgte. So ist denkbar, dass die Gesetzesänderung so wesentlich war, dass eine außerordentliche Kündigung der PPP-Verträge im Rahmen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage geboten ist.

Auch im Falle des Rathauses Witten ist eine belastbare Bedarfsermittlung einzufordern. Sollte diese nicht vorgelegen haben, ist sie zu erstellen. Dabei sind alle städtischen Verwaltungen mit den zugehörigen Arbeitsplätzen und den weiteren Nutzungen einzubeziehen. Hinsichtlich der sich ergebenen Investitionsnotwendigkeiten ist eine Prioritätenliste anzufertigen.

6 Rathaus Witten, Sanierung und Erhöhung der Anzahl der Büroarbeitsplätze

6.1 Grundfrage 1: Ist diese Form der Rathaussanierung an sich sinnvoll?

Es kommt nicht selten vor, dass die Diskussion “ PPP oder konventionell?“ die Frage überdeckt, ob die betreffende Maßnahme an sich sinnvoll ist. Diese Frage scheint auch im vorliegenden Fall nicht geklärt. Von außen betrachtet mutet das Projekt fragwürdig an: Die Stadt Witten hat seit 90 Jahren ein Rathaus, seit 60 Jahren den zugehörigen Anbau. Beide Gebäude sind im Grunde intakt, bedürfen jedoch der stets in größeren Zeitabständen erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Zudem steht aus ökologischen und ökonomischen Gründen eine energetische Sanierung an.

Nun soll jedoch diese verhältnismäßig kleine und keineswegs ungewöhnliche Maßnahme zu einem gigantischen, finanziell und denkmalpflegerisch riskanten Umbau erweitert werden. Einzige Motivation ist die Hoffnung, dadurch auf sehr lange Sicht Mietkosten einsparen zu können. Dazu soll die Stadt jedoch Verpflichtungen von sage und schreibe über 70 Millionen Euro eingehen, und es ist noch nicht einmal gesichert, dass daraus nicht 100 Millionen oder mehr werden. Der erhofften und durchaus noch nicht schlüssig belegten Einsparung stehen erhebliche finanzielle Risiken gegenüber. Diese ergeben sich insbesondere aus dem engen Zeitplan, aber auch aus dem Auftreten als Investor für fremdvermietete Büroimmobilien. Dazu kommen Risiken, die nicht unmittelbar kostenwirksam quantifizierbar sind, aber doch eine enorme Relevanz für die Allgemeinheit haben:

  • Sollen Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut und durch „Dumping-Jobs“ des privaten Bieters ersetzt werden?
  • Soll der Denkmalschutz ökonomischen Erwägungen geopfert werden?
  • Soll das Rathaus als Sitz und Hort der kommunalen Selbstverwaltung künftig 30 Jahre lang in fremde Hände gegeben werden?
  • Soll man sich an der zunehmenden Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge, an der Umwandlung der Daseinsvorsorge in handelbare Finanzprodukte aktiv beteiligen?
  • Soll man einen Großteil des städtischen Auftragsvolumens der kommenden 30 Jahre an einen Großkonzern (gegebenenfalls mit Sitz in Spanien oder in Luxemburg) und nicht mehr an den regionalen Mittelstand vergeben?

Zunächst ist deswegen einzufordern, die ergebnisoffene Prüfung fortzusetzen. Es wird dazu empfohlen, vorrangig vor den Kosten einen Kriterienkatalog zu entwickeln, der dann für alle drei Anforderungen (Sanierung/energetische Sanierung/Kostenreduktion Miete bzw. Betrieb) einzeln nach „+“ bzw. „-“ abgearbeitet werden kann.

Anforderung 1: Das Gebäude muss saniert werden. Dabei geht es um eine Grundsanierung, da sich in der Vergangenheit aufgeschobene Maßnahmen aus dem Bauwerks­unterhalt aufgestaut haben.

„Insgesamt ist allerdings die Mehrheit der Bauteile am Ende ihrer Lebensdauer angekommen und zu ersetzen“

(2),10.2 Situation

Anforderung 2: Es hat sich der Standard der energetischen Ausstattung und des nachhaltigen Betriebs geändert. Das Gebäude soll daher auch eine energetische Sanierung erfahren.

„Das Rathaus (Marktstr. 16) besteht aus dem Hauptgebäude (Altbau – Baujahr 1922 – 1927) und einem Anbau (Neubau – Baujahr 1950 – 1951), der in den 50er Jahren erstellt wurde.“

ebd.

Anforderung 3: Das Gebäude fasst derzeit 350 MitarbeiterInnen, das sind jedoch nicht alle Angestellten der Stadt. Ca. 150 weitere sind in einem angemieteten Gebäude (technisches Rathaus in der Annenstraße) untergebracht. Die Miete für diese Arbeitsplätze wird als zu hoch angesehen. Es wird daher vorgeschlagen, durch Verdichtung im denkmalgeschützten Rathaus diese 150 Arbeitsplätze zu schaffen.

„Im Rathaus stehen 14.000 m² für 358 Mitarbeiter (Stand September 2011) zur Verfügung.“

„Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass mit einer verdichteten Planung, die hochwertige Arbeitsplätze enthält, ca. 500 Mitarbeiter untergebracht werden können.“

(2), 10.5

Im Kriterienkatalog sollten mindestens die folgenden Fragen enthalten sein:

  • Erfüllt die Maßnahme die elementaren Aufgaben der Kommune im Rahmen der Daseinsvorsorge?
  • Liegt die Maßnahme hinsichtlich der Dringlichkeit und hinsichtlich ihrer finanziellen Ausstattung vor anderen anstehenden elementaren Aufgaben?
  • Liegt ein ausgearbeiteter und qualifizierter Bedarfsplan vor?
  • Widerspricht die Erfüllung einer Anforderung der Erfüllung einer der anderen Anforderungen? (z.B. ökologisch kontraproduktive Entkernung versus energetische Sanierung: Eine Verdichtung wie vorgeschlagen erfordert erhebliche Abriss- und Umbaumaßnahmen. Diese Maßnahmen verursachen maßgebliche Emissionen und verbrauchen Energie und Rohstoffe, eigentlich noch intakte Bausubstanz muss Jahrzehnte vor ihrem erforderlichen Rückbau weggeworfen bzw. recycelt werden. Dennoch wird durch so einen Umbau bei weitem noch kein Niedrig-Energie-Standard zu schaffen sein. Es sollte daher im Zuge einer Ökobilanz der Umbaumaßnahme geprüft werden, ob die Umbaumaßnahme bezogen auf die Restlebensdauer des Altbaus und unter Berücksichtigung von Emissionen und Energieverbrauch ökologischer ist als z.B. ein Neubau oder die Einmietung in einem energetisch hochwertigen Neubau.)
  • Ist die konkret vorgeschlagene Maßnahme zur Erfüllung einer Anforderung innerhalb der Kategorie alternativlos bzw. das erwiesene Optimum? (Wurden z.B. Varianten wie eine maßvolle Verdichtung ohne nennenswerte Umbauten, alternative Mietstandorte, Nachverhandlungen bezüglich der Miethöhen oder ein Neubau qualifiziert geprüft?)

Bei Hinzuziehung externer Beratung hinsichtlich der Bewertung der Kriterien sollte für jeden Berater extra geprüft werden: Wurde im Wettbewerb vergeben? Ist auszuschließen, dass der Berater Eigeninteressen an einer bestimmten Variante hat? Hat die Stadt mit diesem Berater in der Vergangenheit positive Erfahrungen gemacht? Ist eine der Fragen mit „nein“ zu beantworten, sollte die entsprechende „+“ bzw. „-“ -Bewertung nur eingeschränkt mit in Betracht gezogen werden, kenntlich zu machen z.B. durch „(+)“ oder „(-)“.

6.2 Grundfrage 2: Ist der zugrunde gelegte Zeitplan realistisch?

Geht man davon aus, dass die Grundfrage 1 dahingehend beantwortet wird, dass eine Sanierung, eine energetische Sanierung und ein Umbau zur Mietkostenreduktion gewünscht wird, stellt sich im weiteren die Frage, ob die dritte der Anforderungen im vorgesehenen Zeitplan realistisch und kostensicher umsetzbar ist.

Das Projekt ist enorm zeitkritisch. Ist das umzubauende Rathaus Ende 2018 nicht bezugsfertig, verwandelt sich der anvisierte Einsparvorteil in einen enormen Kostennachteil. Es stehen dann 500 Angestellte buchstäblich über Nacht auf der Straße: Das technische Rathaus ist gekündigt und wird vom Eigentümer vermutlich anderweitig vermietet. Die für die Bauzeit umgesetzten MitarbeiterInnen können nicht an ihre Arbeitsplätze zurück, müssen möglicherweise aber ihre zwischengemieteten Räume verlassen. Mit enormem Zeitdruck und hohen Kosten müssen neue Zwischenlösungen gefunden werden, die Verwaltungstätigkeit wird durch Mehrfach-Umzüge blockiert und möglicherweise dauerhaft beschädigt (Verlust von Unterlagen). Der Stadt drohen in der Folge Schadensersatzansprüche, in anderen Fällen kann sie ihre Interessen nicht fristgerecht wahren und erleidet Vermögensschäden.

Wird einer Fristüberschreitung mit Blick auf 2018 durch den Kauf der Objekte in den Annenstraße vorgebeugt, können zwar ca. 150 Beschäftigte auch über das anvisierte Datum zunächst an ihrem Arbeitsplatz verbleiben, es entstehen jedoch erhebliche andere Risiken.

6.2.1        Denkmalschutz

„Seit 04.09.1985 besteht Denkmalschutz für die innere und äußere Architektur.“

(2), 10.2 Situation

„Die reglementierenden Faktoren für die Planung waren Aspekte des Denkmalschutzes und Brandschutz. Hinsichtlich der reglementierenden Aspekte wurden die entsprechenden Ämter einbezogen, um eine realisierbare und wirtschaftliche Lösung zu bestätigen.“

(2), 10.5

Bauen im Bestand birgt an sich schon zahlreiche Unvorhersehbarkeiten. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) sieht deswegen bei ansonsten gleichen Bedingungen 20 bis 80 Prozent höhere Kosten vor (als sogenannter Umbauzuschlag):

§ 35 Leistungen im Bestand: (1) Für Leistungen bei Umbauten und Modernisierungen kann für Objekte ein Zuschlag bis zu 80 Prozent vereinbart werden. Sofern kein Zuschlag schriftlich vereinbart ist, fällt für Leistungen ab der Honorarzone II ein Zuschlag von 20 Prozent an.

http://www.hoai.de/online/HOAI_2009/HOAI_2009.php#35

Damit wird der Erfahrung Rechnung getragen, dass zwischen ursprünglicher Planung und gebautem Endzustand auf zahlreiche im Bestandsbau vorgefundene Entitäten eingegangen werden muss. Das können beschädigte Materialien, gesundheitsgefährdende Substanzen oder Fehler in der ursprünglichen Planung sein, die nun korrigiert werden müssen. Diese Maßnahmen verursachen nicht nur höhere Kosten, sondern erfordern auch zusätzliche Zeit. Das Risiko für solche Zusatzmaßnahmen trägt stets der Bauherr. Der Auftragnehmer kann dergleichen in seinem Angebot nicht einkalkulieren, da es sich um für ihn unsichtbare Mängel oder Besonderheiten des Bestandsbaus handelt. Selbst wenn er vor der Angebotserstellung eine vollständige Bestandsaufnahme mit Aufmaß und Materialprobenentnahme vornimmt – was sehr teuer und deswegen unüblich ist -, verbleiben Besonderheiten des Bestandsbaus, die erst im Zuge der Baumaßnahme offenbar werden, z.B. weil sie erst im Zuge von Abbrucharbeiten sichtbar oder wirksam werden.

Besteht nun Denkmalschutz wie im vorliegenden Fall, so ist bei jeder aufgefundenen Besonderheit im Zuge der Baumaßnahme die für den Denkmalschutz zuständige Behörde einzuschalten. So ist z.B. abzuwägen, ob und wie eine Wand oder Fassade, deren Erhalt Bedingung für die Baugenehmigung war, auch unter den Bedingungen einer bisher unbekannten Vorschädigung erhalten werden kann. In diesem Prozess bestehen erhebliche Interessenkonflikte zwischen dem Bauherrn, der möglichst geringe zusätzliche Erhaltungskosten tragen möchte, der bauausführenden Firma, die Kosten infolge Umplanung und Baustillstand nicht tragen möchte und der Denkmalpflege, die verhindern möchte, dass die zu schützenden kulturellen Inhalte der Bausubstanz im Zuge des Baufortschritts Schritt für Schritt ökonomischen Zwängen geopfert werden. Ein simpler „Einbezug“ im Vorfeld einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ist hier alles andere als ausreichend oder gar abschließend zu betrachten. Die erforderlichen Abstimmungsprozesse können dementsprechend viel Zeit in Anspruch nehmen.

Im vorliegenden Fall ist eine sehr weitreichende Umgestaltung der denkmalgeschützten Innenräume vorgesehen, das Risiko einer bedeutenden Verlängerung geplanter Planungs- und Bauabläufe ist als hoch bis sehr hoch einzuschätzen.

6.2.2        Lange Dauer der PPP-Ausschreibung verschlingt das Zeitpolster

PPP hat – insbesondere bei europaweiter Ausschreibung – eine enorm lange Verfahrensdauer allein für die Ausschreibung. Diesem Umstand trägt Dokument (9) Rechnung:

In Dokument (2) ist kein Zeitplan enthalten. Eine Risikobewertung hinsichtlich Bauverzug und anderer möglicher Verzögerungen fehlt. Gerade diese Risiken sind jedoch elementar und können, sofern sie wirksam werden, Effizienzgewinne durch Einbezug privater Partner in Bau und Betrieb um ein Vielfaches überschreiten.

Aus der Präsentation wird deutlich, dass im Falle einer PPP-Ausschreibung frühestens im 3.Quartal 2014 mit der Planung begonnen wird – ein Jahr später als bei konventioneller Ausschreibung. Die Planungsdauer selbst wird auf ein Jahr geschätzt. Beide Schätzungen sind, vorsichtig ausgedrückt „ambitioniert“. In jedem Fall aber beginnen die ersten Bauleistungen im Falle einer Vergabe per PPP nicht vor Mitte 2015. Deutlich realistischer erscheinen ein Vergabezeitpunkt Ende 2014 und ein Baubeginn nach anderthalbjähriger Planungsdauer, also Mitte 2016.

Es wird dringend empfohlen, zunächst eine realistische Risikobewertung für das enorm zeitkritische Vorhaben zu erstellen. Dazu muss von der PPP-Task-Force NRW oder alternativ von der ÖPP Deutschland AG eine Liste bisheriger Altbau-PPP-Projekte angefordert werden, die die Dauer vom (Rats-)Beschluss bis zur Vertragsunterzeichnung ausweist, um die Dauer der PPP-Ausschreibung realistisch einschätzen zu können. Für den Rathaus-Altbau ist eine detaillierte Bestandsanalyse hinsichtlich der Bausubstanz, der vorhanden Materialien und der vorhanden technischen Bestandsunterlagen vorzunehmen, mit deren Hilfe das Risiko von terminkritischen Bauleistungen in dem denkmalgeschützten Gebäude besser bewertet werden kann.

6.2.3 Widerstand von Bevölkerung und Beschäftigten zu erwarten

PPP-Projekte sind in der Bevölkerung umstritten. 2012 verhinderten die BürgerInnen Frankfurts a.M. ein PPP-Projekt im Volumen von über einer halben Milliarde Euro. In Niedersachsen wurde das Thema Autobahnprivatisierung per PPP zum Thema im Wahlkampf, ein geplantes A7-PPP-Projekt wurde in der Folge gestoppt.  Es ist damit zu rechnen, dass Informationsbegehren, Bürgerbegehren und Klagen von BürgerInnen das Verfahren bedeutend verzögern.

Auch der Personalrat muss beteiligt werden. Es sind alle Arbeitsplätze (räumlich) sowie einige Stellen betroffen. Es müssen ca. 350 Beschäftigte für die Zeit der Umbaumaßnahme umgesetzt werden. Auch für die Bedingungen der Arbeitsplätze der Zwischennutzung besteht Beteiligungspflicht. Die Beteiligung könnte durchaus aufschiebende Wirkung haben.
Die Beteiligung des Personals ist in der Zeitschiene gar nicht einkalkuliert.

6.3 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Assmann Beraten + Planen

Von der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (hier Wirtschaftlichkeitsbetrachtung) liegt nur der 44-seitige Schlussbericht vor. Das vergebene Ziel ist ambitioniert:

„Dabei hat ASSMANN BERATEN + PLANEN das Ziel, nicht nur die Vorteilhaftigkeit oder Nachteiligkeit der bisherigen Bauunterhaltsstrategie zu bestätigen, sondern darzustellen, in welcher Ausprägung eine Sanierung sinnvoll ist. Somit nicht nur ob, sondern wie eine wirtschaftliche Lösung aussieht.“

(2), 10.3 Aufgabenstellung

Allerdings wird in dieser Zielstellung bereits eine ungute Verquickung verschiedener Beratungsleistungen deutlich. Im Interesse der Stadt Witten liegt es, möglichst bis zum Ende der Bedarfsplanung in technischer und in ökonomischer Hinsicht ergebnisoffen beraten zu werden. Das Gutachten von Assmann erfüllt auch nach eigener Aussage diesen Anspruch nicht.

Der angegebene Effizienzvorteil ist in Frage zu stellen. Der Text (2) enthält zahlreiche Grundannahmen, die zu hinterfragen sind.  So sind die Auswirkungen der Forfaitierung mit Einredeverzicht nicht berücksichtigt und andere spezifische Risiken der öffentlichen Hand bei PPP vernachlässigt.

Nachfolgend werden weitere zu problematisierende Punkte des Textes (2) exemplarisch aufgeführt. Dabei besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr lässt der vorgegebene Zeitrahmen in vielen Punkten nur ein Anreißen der betreffenden Problematik zu. Es wird empfohlen, das Gutachten (möglichst auch mit den derzeit nicht öffentlichen Teilen 1 bis 9) in seiner Gänze kritisch untersuchen zu lassen.

6.3.1 Mögliche Interessenkonflikte nicht offen gelegt

Assmann B+P sind keine unabhängigen Gutachter. Sie haben Aussicht auf (sehr) gute Geschäfte, wenn das Projekt im Rahmen von PPP zustande kommt. Dann können sie vom ganzen Volumen (ca. 45 Millionen Euro) profitieren und nicht nur vom Investitionsvolumen.

Assmann B+P sind als Berater nicht die einzigen, die versuchen, die öffentliche Hand zur Privatisierung ihres künftigen Auftragsvolumens im Rahmen von PPP zu bewegen. Der Bundesrechnungshof hat in einem Bericht zu PPP bereits 2011 festgestellt, dass „die Grenze zwischen Beratung und Lobbying teilweise fließend ist.“

Sicher nicht hinreichend, aber aufschlussreich wäre es, Assmann B+P um eine Erklärung zu bitten, nicht für einen der Bieter tätig zu werden. In einem zweiten Schritt müsste so eine Erklärung für weitere Beratungsaufträge mit einer Strafzahlung im Falle der Abweichung bewehrt werden. Die Verwaltung ist zu fragen, warum ein derartiger Ausschluss von möglichen Interessenkonflikten nicht im Zuge der Vergabe des Beratungsauftrags erfolgt ist.

6.3.2 Lebenszyklus

„In jedem Fall wird die Sanierung aller Bauteile in den Betrachtungsraum (25-50 Jahre) fallen.“

(2), 10.8.2

Der Betrachtungsraum (bis 50 Jahre) steht im Widerspruch zur maximal möglichen PPP-Vertragsdauer von 30 Jahren. Tatsächlich beträgt die maximale Lebensdauer öffentlicher Gebäude sogar 80 Jahre und mehr, wie das 90 Jahre alte Rathaus eindrücklich belegt. Was hier fälschlicherweise Lebenszyklus genannt wird, ist somit zum einen hinsichtlich der eigenen Aussagen inkonsistent und behandelt zum anderen nicht den für die öffentliche Hand bedeutsamen Zeitraum, sondern nur den für den privaten Partner relevanten Zeitabschnitt davon.

6.3.3 Zinssatz für die Finanzierung der Eigenrealisierung viel zu hoch angesetzt

Im Vergleich dazu hat die Eigenrealisierungsvariante 6.165.356 Euro Finanzierungskosten (ohne Kassenkredit), die PPP-Variante 5.733.781 Euro (S. 18). Diese Annahme erscheint enorm unrealistisch. Es sind keine Fälle bekannt, in denen bei PPP die Finanzierungskosten niedriger sind als die der öffentlichen Hand. Hingegen sind zahlreiche Fälle und auch zusammenfassende Auswertungen bekannt, bei denen allein die Finanzierungskosten der privaten Bieter 20 bis 40% höher lagen als die der öffentlichen Hand.

Auf eine detaillierte Zinsberechnung wird an dieser Stelle verzichtet, es wird auf die Beispielrechnung in Kapitel 5.4.2 verwiesen. Der Finanzausschuss des britischen Unterhauses hat 2011 den systematischen und gravierenden Zinsnachteil von PPP (dort: PFI, Private Finance Initiative) wie folgt zusammengefasst:

„Assuming that PFI does not deliver efficiencies in construction, maintenance and/or services then, for the same present value of finance-related payments, the government could have secured 71% more investment by borrowing on its own account.”

„Sofern sich das PPP-Modell bei Bau, Instandhaltung und/oder Leistungserbringung nicht als effizienter erweist, hätte der Staat für denselben Kapitalwert der Finanzierungsaufwendungen 71 % mehr Investitionen vornehmen können, wenn er Gelder auf eigene Rechnung aufgenommen hätte.“(Übersetzung: Übersetzungsdienst des dt. Bundestags)

(31), Box 1: Private finance comparison with public finance – worked example

“The price of finance is significantly higher with a PFI. The financial cost of repaying the capital investment of PFI investors is therefore considerably greater than the equivalent repayment of direct government investment. We have not seen evidence to suggest that this inefficient method of financing has been offset by the perceived benefits of PFI from increased risk transfer. On the contrary there is evidence of the opposite.“

„Die Finanzierung einer PPP ist erheblich teurer. Die Kosten für die Rückzahlung der Aufwendungen an die PFI-Investoren sind daher erheblich höher als bei der Tilgung entsprechender direkter staatlicher Investitionen. Wir haben keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Nachteile dieser ineffizienten Finanzierungsmethode durch die angeblichen Vorteile der PPP in Form einer verstärkten Risikoübertragung aufgewogen würden. Es gibt vielmehr starke Belege für das Gegenteil.“(Übersetzung: Übersetzungsdienst des dt. Bundestags)

(31), Value for money

6.3.4        Risiko Mietausfall vernachlässigt

Im Zusammenhang mit dem Text steht eine Präsentation von Assmann B+P (8). Darin wird der Kauf des technischen Rathauses in die Planung einbezogen:

„Um langfristig die Mieten für das technische Rathaus einzusparen wird der Kauf der Mietobjekte Annenstr. 111b und Annenstr. 113 vorausgesetzt (Szenario 1) bzw. betrachtet (Szenarien 2 bis 3).“(8), Seiten 10 bis 12

Wird das umgesetzt, so verwandelt sich die heute bestehende Unterkapazität (Arbeitsplätze müssen angemietet werden) 2019 in eine Überkapazität (Arbeitsplätze müssen vermietet werden). 150 Angestellte ziehen dann in das neu sanierte Rathaus, das dann ehemalige technische Rathaus muss von der Stadt anderweitig vermietet werden. Ein Auftreten als Vermieter von Büroflächen steht im Widerspruch zum primären Daseinsvorsorgeauftrag für steuergeldfinanzierte Investitionen. Zudem entsteht der Stadt Witten das beträchtliche Risiko, überhaupt eine angemessene Anschlussvermietung für die Immobilie zu erreichen.

6.3.5 Risiko Personalbeteiligung vernachlässigt

Die wesentlichen Einsparbehauptungen betreffen die Reduktion von Personalkosten in den Bereichen „Gebäudemanagement“, „Verwaltungsaufgaben“ und „arbeitsplatzbezogene Sachkosten“. Hier wird davon ausgegangen, dass ab 2015 ca. 266.000 Euro jährlich eingespart werden können. (Eigenrealisierung: -8.089.937 Euro, PPP: -2.402.094 Euro, ab 2015 ca. 266.000 Euro jährlich). Das ganze Projekt steht und fällt jedenfalls mit Stellenabbau im öffentlichen Dienst. Die betroffenen Beschäftigten werden sich vermutlich zur Wehr setzen. Dem Personalrat müssen erhebliche Mitspracherechte eingeräumt werden, die sich an vielen Stellen auf die kalkulierte Wirtschaftlichkeit auswirken.

6.3.6 Transaktionskosten nicht berücksichtigt

Es fehlen weitere Kostenbestandteile der PPP-Variante. Unterstellt man, dass der PSC zutreffend prognostiziert wurde – tatsächlich ist er viel zu hoch – reichen bei dem enorm geringen errechneten Kostenvorteil die folgenden Unvorhersehbarkeiten aus, um diesen Vorteil aufzuzehren:

  • Remanenzkosten, d.h. die Stellen können nicht sofort abgebaut werden, Abfindungen oder vorgezogene Pensionen sind zu zahlen.
  • Wiederaufbau der Verwaltungsbereichs nach 30 Jahren. Um die Immobilie und ihren Betrieb wieder zu übernehmen, müssen die Stellen, die zu 2015 abgebaut werden, bis spätestens 2039 wieder aufgebaut werden. Andernfalls ist die Stadt erpressbar, der private Betreiber (dann möglicherweise ein Infrastrukturinvestment-Fonds mit Sitz im Ausland) kann eine Fortsetzung des Betriebs zu deutlich höheren Kosten verlangen.
  • Zusätzliche Vertragscontrolling-Kosten im Vor- und Nachgang der Wiederübernahme nach 30 Jahren. Hintergrund: Das eingeplante Vertragscontrolling kann (bestenfalls) die Einhaltung der Bedingungen für den Betrieb überwachen. Die Prüfung, ob die Infrastruktur und ihre Dokumentation zum Übergabezeitpunkt im vereinbarten Zustand ist, bedarf eines erheblichen zusätzlichen Personaleinsatzes. Kommt es zu festgestellten Mängeln, sind die Nachbesserungen zu begleiten.
  • Kosten für die wirtschaftliche Beratung. Diese sind zumeist ganz erheblich, siehe auch 5.4.11.
  • Kosten für die Bieterentschädigung sowie für Gerichtskosten zur Abwendung von Forderungen nicht berücksichtigter Bieter.
  • Kosten für die Angebotserstellung bei den Bietern. Laut Aussage des Vertreter des deutschen Bauhauptgewerbes in der Bundestagsanhörung am 24.10.2012 liegen diese Kosten pro Bieter im sechs- bis siebenstelligen Bereich. Es ist zu befürchten, dass sich ohne eine zumindest teilweise Entschädigung für die Angebotserstellung kein ausreichender Wettbewerb einstellt.
  • Kosten in der Verwaltung durch die PPP-Ausschreibung. Da bei PPP die Ausschreibung der Aufträge für Wartung, Instandhaltung Betrieb und Verwertung für die kommenden 30 Jahre auf einen Schlag erfolgt, sind erhebliche zusätzliche juristische und administrative Anstrengungen zu leisten, um gegenüber der konventionellen und somit sukzessiven Ausschreibung keinen finanziellen Nachteil zu erleiden. Diese Zusatzleistung ist unter anderem am Umfang der Unterlagen für die Ausschreibung ablesbar. Im Fall der PPP-Ausschreibung für 72,5 km Autobahn (A1 vom Bremer Kreuz bis zum Autobahndreieck Buchholz) betrugen die Ausschreibungs-Unterlagen nach Aussage des Bundesrechnungshofs 155 Leitz-Ordner. Der (nichtöffentliche) Vertrag soll nach einem Bericht des NDR („Todesfalle Autobahnbaustelle“ – NDR Markt vom 09.11.2009 20:15 Uhr) 36.000 Seiten umfassen. Das Projektvolumen lag bei ca. 650 Millionen Euro, dem zehnfachen des vorliegenden Projekts. Geht man von linearen Zusammenhängen aus, ist mit Ausschreibungs-Unterlagen im Umfang von 15 Leitz-Ordnern und einem Vertragswerk im Umfang von 3.600 Seiten zu rechnen.
  • Kosten für die juristische Beratung in der Phase der Vertragsausarbeitung.
  • Kosten für Rechtsstreitigkeiten im Vertragszeitraum. PPP-Verträge müssen die Entwicklungen, die ansonsten im Verlauf von 30 Jahren sukzessive angepasst würden, soweit irgend möglich antizipieren. Je länger die Laufzeit und je umfangreicher das Vertragswerk, umso größer ist das Risiko, dass Dinge nicht geregelt wurden oder getroffene Regelungen sich als mehrdeutig erweisen.

Die PPP-Kostenaufstellung ist derart unvollständig, dass die getroffene Aussage für eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens wertlos ist.

7 Verwaltungsvorlage Nr. 0647/V 15, 13.11.2012

Die Vorlage (3) kann im Rahmen des vorgegeben Zeitbudgets nicht detailliert kommentiert werden. Es wird nur auf einen zentralen Widerspruch hingewiesen, der die beiden hauptsächlich betrachteten Dokumente (1) und (2) betrifft. In der Vorlage heißt es dazu:

„Gegenüber der Variante „Eigenrealisierung“ geht die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Büros ASSMANN BERATEN + PLANEN GmbH darüber hinaus von einer weitergehenden Vorteilhaftigkeit von pauschal 7 % bei einer Realisierung des Sanierungsvorhabens im Rahmen eines PPP-Verfahrens aus. Dieser pauschalierte Ansatz entspricht den Ergebnissen einer unabhängigen Evaluierung des Wittener PPP-Modells für das Schiller-Gymnasium und die Adolf-Reichwein-Realschule durch die Technische Universität Bergakademie Freiberg (2011).“

Es wird hier die angenommene Vorteilhaftigkeit der Wittener PPP-Schulprojekte auch auf das Wittener Rathaus-PPP übertragen. Auch wenn die Vorteilhaftigkeit für die Schulen erwiesen wäre – was sie nicht ist – gibt es keinerlei Anhaltspunkt, dass die beiden Werte in irgendeiner Weise korrelieren. Auf die Bedeutung des Einzelnachweises weisen die Rechnungshöfe explizit hin:

„Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts in jedem Einzelfall und über die gesamte Laufzeit hinweg (Lebenszyklusansatz) nachgewiesen sein muss.“

(24), 5.2 Berechnung der Effizienzvorteile

Anders ausgedrückt: Eine nachgewiesen Vorteilhaftigkeit der Schulen von 15 % wäre nicht imstande, eine Nachteilhaftigkeit der Rathaussanierung von 25% zu verhindern.

8 Beispiele von PPP-Projekten im Bereich Schulen und Rathäuser

Es gibt eine stetig anwachsende Liste von PPP-Projekten, die teurer werden als erwartet oder später fertig werden (Elbphilharmonie Hamburg: statt 77 Millionen Euro jetzt 684 Millionen Euro. Der Betrag errechnet sich aus 575 Millionen Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Allein die Architekten erhalten 94 Millionen Euro). Auch von enormen Kostensteigerungen nach Beginn der Betriebsphase wird häufiger berichtet (z.B. Schulen Landkreis Offenbach). Bei einer dritten Kategorie von PPP-Projekten sind die Betreiber bereits insolvent. Nachfolgend werden exemplarisch je fünf PPP-Projekte aus dem Bereich Schulen und Rathäusern vorgestellt, um einen Eindruck davon zu vermitteln, dass PPP keineswegs eine Garantie gegen Kosten- und Terminüberschreitungen darstellt.

8.1 Bildungseinrichtungen

8.1.1 90 Schulen im Landkreis Offenbach

Mit allen 90 Schulen des Landkreises Offenbach ist es das größte Schul-PPP-Projekt in Deutschland. Die Investoren Hochtief und SKE (Vinci, Frankreich) sollen von 2005 bis 2020 sanieren und betreiben. Die PPP-Lösung sollte um 18,5 Prozent günstiger sein, bescheinigten für etwa 30 Millionen Euro die Berater wie BBD und Ernst & Young, die Kanzlei Freshfields, Bruckhaus, Deringer erhielt mindestens 7 Millionen. Durch Nachforderungen der Investoren stieg die Anfangsmiete von jährlich 52 Millionen Euro (2005) auf 73 Millionen Euro (2010). Die anfänglich vereinbarte Gesamtsumme aller Mieten würde sich so von 780 Millionen um 520 Millionen auf 1,3 Milliarden Euro erhöhen. Um die Mieten zahlen zu können, werden unter anderem einige hundert Arbeitsplätze in der Landkreisverwaltung abgebaut. Im benachbarten Landkreis Darmstadt-Dieburg werden 81 Schulen ebenfalls 15 Jahre lang für nur 455 Millionen Euro durch die öffentliche Hand saniert und betrieben, das sind pro Schule weniger als 40% der Kosten gegenüber dem Landkreis Offenbach.

8.1.2 Katharinenschule in Hamburg

Öffentliche Investitionsvorhaben werden verstärkt im Wege einer vertraglich geregelten und langfristig angelegten Kooperation mit privaten oder städtischen Unternehmen realisiert. Vor einer Entscheidung hierüber bedarf es einer Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls. Generelle Erwartungen zur Wirtschaftlichkeit reichen nicht aus. Zum Projekt Neubau der Katharinenschule in der HafenCity stellt der Hamburgische Rechnungshof fest: „Der RH hat die Errichtung der dreizügigen Ganztagsschule als erstes Projekt im Hamburger Schulbau im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP) mit Lebenszyklusansatz, begleitend geprüft. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit wurde bisher nicht rechtzeitig vor der Beschlussfassung durchgeführt. Die geforderte Bürgerschaftsbeteiligung erfolgte am 29. Mai 2007, und erst gleichzeitig mit dieser wurde auch das Ergebnis der nachträglich durchgeführten Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorgelegt.“

8.1.3 Alfons-Kern-Schule in Pforzheim

Die Stadt Pforzheim beschloss den Neubau einer gewerblichen Berufsschule für ca. 1.400 Schüler in einem PPP-Modell (Bau, Finanzierung und Betrieb) für 2009. Das Projektvolumen betrug 80 Millionen Euro. Die Stadtverwaltung erwartete eine Effizienzrendite von 12,9 Prozent.

Stadtrat Wolfgang Schulz hält eine Effizienzrendite in dieser Höhe dagegen für unwahrscheinlich: „Im Zuge der PPP-Entscheidung im Gemeinderat bezüglich der Alfons-Kern-Schule hatten wir damals als BiB-Aktivisten in einem Offenen Brief im März 2008 und mit einem Bürgerantrag im April 2008 an die Gemeinderäte darauf hingewiesen, dass unseres Erachtens kein formgerechter Wirtschaftlichkeitsvergleich für die Vorteilserwartung von angeblich 12,9% vorliege und die konventionelle Bauweise gegenüber der PPP-Variante ‚teuer gerechnet‘ wurde“, ließ er mitteilen. Ähnlich sah dies der Rechnungshof Baden-Württemberg der das Vorhaben kritisierte und einen Bau in öffentlicher Regie als kostengünstiger befand.

Seit der Fertigstellung im Jahr 2009 folgten verschiedene Nachforderungen seitens des PPP-Betreibers, der die Schule nun 30 Jahre lang betreiben soll. Die Kosten des Projekts erhöhten sich auf diese Weise noch einmal.

8.1.4 Duale Hochschule Heidenheim

Die Duale Hochschule in Heidenheim wurde in einer Bauzeit von 20 Monate neu errichtet. Für die bislang auf sechs Häuser verteilte Schule wurde von einer Tochter der Strabag AG in einem PPP-Modell für 67 Millionen Euro bis Oktober 2010 ein zentrales Gebäude gebaut. Die Strabag AG wird die Hochschule im Anschluss 20 Jahre lang betreiben.

Die laut Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erreichbare Effizienzrendite von 13% muss stark angezweifelt werden. So befindet etwa der Rechnungshof Baden-Württemberg: Es „ergibt sich bei der Berufsakademie Heidenheim ein geringer Wirtschaftlichkeitsvorteil zugunsten der Eigenrealisierung von 0,54 % bei einer Laufzeit von 20 Jahren inklusive Risikokosten (1,78% ohne Risikokosten). Die Eigenbewirtschaftung der Berufsakademie durch das Land wäre im Vergleich zum Privaten dabei um anfänglich 10% günstiger.“

8.1.5Bildungszentrum Ostend

In Frankfurt erfolgt die Errichtung des Bildungszentrums Ostend, bei dem eine räumliche Zusammenfassung bestehender Bildungseinrichtungen erreicht werden sollte. Das Projekt hat ein Investitionsvolumen in Höhe von 94 Millionen Euro und eine Vertragslaufzeit von 20 Jahren. Erwartet wurde ein Effizienzvorteil von ganzen 21% gegenüber einer konventionellen Vergabe. Auch dieser Wert muss stark angezweifelt werden. Nach der Fertigstellung errechnete das Revisionsamt beispielsweise, dass ein Eigenbau mindestens 4,27 Mio. Euro günstiger gewesen wäre. Darüber hinaus seien beim Bau vor allem billige Materialen verbaut worden, der Investor habe kein Interesse daran gezeigt, die Energiekosten, die er schließlich nicht zahlen muss, zu reduzieren. So hätte die Energieeffizienz des Gebäudes mit nur geringen Mehrkosten um bis zu 30% gesteigert werden können. Noch nicht einbezogen sind zudem die Honorare für externe Berater, die sich auf 1,46 Millionen Euro belaufen und die PPP-Variante noch einmal verteuern.

8.2 Rathäuser

8.2.1 Rathaus Moers mit Bildungszentrum

Die Stadt Moers hat die HOCHTIEF PPP Solutions 2009 beauftragt, das neue Rathaus mit benachbartem Kultur- und Bildungszentrum auf Basis eines PPP-Vertrags zu planen, zu finanzieren, zu bauen und anschließend 23 Jahre lang zu betreiben. Das Vertragsvolumen beläuft sich auf zirka 150 Mio. Euro. Der investive Anteil liegt bei 41 Mio. Euro. Die Baumaßnahmen werden im Konzernverbund von HOCHTIEF Construction übernommen. Mit dem anschließenden Betrieb der Immobilien ist HOCHTIEF Facility Management beauftragt. Da Hochtief in das Projekt kein eigenes Kapital einbrachte, musste die Stadt Moers bei Vertragsabschluss eine Anzahlung in Höhe von 67,1 Mio. Euro leisten, hierfür wurde ein Kredit aufgenommen, der mit Monatsraten von 0,4 Mio. Euro bei der DKB-Bank abgezahlt wird. Zusätzlich wird die Miete an Hochtief bereits Monate vor Beginn der Baumaßnahmen gezahlt, also noch bevor auch nur mit einer entsprechenden Gegenleistung begonnen wird. Bis Ende des ersten Baujahres kassierte Hochtief so bereits 3,2 Mio. Euro Miete, die Stadt musste auch hierfür einen Kredit aufnehmen, was 80.000 Euro Zinsen kostete. Die Kritik der Gemeindeprüfungsanstalt war folgerichtig vernichtend. 2010 wurde schließlich das Bildungszentrum eingeweiht, 2012 folgte das Rathaus. Zu den Baukosten von 150 Mio. Euro kommen auf die Stadt bis Ende der Laufzeit vermutlich noch etwa 120 Mio. Euro Zins und Zinseszinsen für die Kreditaufnahmen hinzu.

8.2.2 Rathaus Freudenberg

Die Stadt Freudenberg hat den Neubau des Rathauses im Rahmen eines PPP-Projektes realisiert. Ziel war die Zentralisierung der Verwaltung von bisher drei Standorten auf nunmehr einen. Die alten Gebäude waren durch einen hohen Instandsetzungsstau so marode, dass die Sanierung und der Weiterbetrieb nicht mehr wirtschaftlich darstellbar erschienen. Die Finanzierung des Neubaus wird über den Zeitraum von 25 Jahren erfolgen.

Da die Stadt hochverschuldet ist, wurden die Pläne von Anfang an von Kritik begleitet. Neben den hohen Schulden war zudem problematisch, dass die komplizierten PPP-Verträge kaum in Gänze zu durchschauen sind, das gilt umso mehr als es in der kleinen Stadt viele ehrenamtlich tätige KommunalpolitikerInnen gibt. Das Projekt war einst mit einer Investitionssumme von 3,6 Mio. Euro geplant, inzwischen stellte sich heraus, dass das Vorhaben wohl mehr als 9 Mio. Euro kosten wird. Entsprechend haben sich auch die Mietzahlungen an den PPP-Betreiber erhöht. Die Stadtverwaltung spricht von „Marktschwankungen und steigenden Referenzzinssätzen“, beteiligt sich darüber hinaus aber kaum an der Aufklärung dieser Kostenexplosion, daher bleiben ihre Ursachen und genau Höhe weitgehend unbekannt.

8.2.3 Rathaus Gladbeck

2006 wurde das neue Rathaus der Stadt Gladbeck eröffnet. Es wurde als erstes PPP-Verwaltungsgebäude in NRW hoch gelobt. Nach dem PPP-Muster baute der Investor Hochtief das Rathaus und vermietet es bis 2031 an die Stadt. Damit schnell und billig gereinigt werden kann, dürfen die Beschäftigten im Büro keine Pflanzen aufstellen. Die Mieten im Gesamtwert von etwa 100 Millionen Euro wurden an eine Bank verkauft (Forfaitierung mit Einredeverzicht). Für das eingebaute Restaurant fanden sich nacheinander drei Pächter, die alle nach kurzer Zeit aufgaben: Eine ausreichende Zahl an Gästen kommt an dieser Stelle nicht zustande. Jetzt stehen die Räume leer, die Stadt muss für sie trotzdem Miete zahlen. Die Anfragen des Architekten Luggenhölscher, wie viele Zinsen die Stadt zusätzlich für die Darlehen und Kassenkredite aufbringen muss, mit denen die Stadt die Mieten bezahlt, wurden bisher nicht beantwortet.

8.2.4 Rathausneubau Königswinter

Die Stadt Königswinter plante 2010 zwei Rathausstandorte und einen Verwaltungsbau zusammenzuführen und dafür einen Rathaus-Neubau via PPP zu errichten. 14 Millionen Euro hätte das Projekt gekostet und die Zusammenführung hätte damit, über 30 Jahre gerechnet, günstiger als der Betrieb der drei Standorte sein sollen. Der Einspareffekt wurde zuerst auf rund 300.000 Euro jährlich beziffert. Später sprach die CDU-Fraktion davon, dass es die Einsparung von mindestens 200 000 bis 250 000 Euro geben sollte. Zum Schluss schmolz das Einsparpotenzial dahin, die Vermarktung der Alt-Standorte funktionierte nicht wie geplant und die Bürgerinitiative „Kein Rathausneubau in Königswinter“ baute so viel öffentlichen Druck auf, dass die Ratsmehrheit von CDU und FDP das Vorhaben endlich absagen mussten. Unterstützt wurden die Initiatoren des Begehrens von der SPD Königswinter und den Freien Wählern Königswinter. Auf eine Anfrage der SPD-Fraktion wurde bekannt gegeben, dass für die Planungen für das zentrale Rathaus insgesamt mehr als 160.000 Euro für Gutachter, Rechtsberater sowie Personalkosten in der Verwaltung und in den Stadtbetrieben ausgegeben worden sind.

8.2.5 Rathaussanierung Mülheim

In der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause 2009 hat die hoch verschuldete Stadt Mülheim die Sanierung des alten Rathauses und den Abriss des neuen Rathausbaus beschlossen. Per Dringlichkeitsbeschluss und unter Geheimhaltung hat die große Koalition unter der SPD-Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld die 40 Millionen Euro teure Ausgabe genehmigt. Da die Stadt dies von der Kommunalaufsicht nicht genehmigt bekommen hätte, wurde auf PPP ausgewichen: Das Mülheimer Rathaus wurde für 50 Jahre an die Firma SWB übertragen und dann zurückgemietet. SWB finanzierte das Projekt ohne eigenes Kapital und nahm einen Kredit bei der Sparkasse auf, den die Stadt mit einer Ausfallbürgschaft in der Höhe von 40,5 Millionen Euro garantieren musste. Damit sollte SWB die günstigen Kommunalkonditionen für den Kredit bekommen, gleichzeitig konnte die Stadt so Verschuldungsobergrenzen umgehen. Die Übertragung an SWB erfolgte ohne ein ordentliches Vergabeverfahren, weil die SWB als eine Tochtergesellschaft gehandhabt wurde. Dabei wurde übersehen, dass die Hälfte der SWB dem Energiekonzern RWE gehört.

Im Laufe der Sanierungsarbeiten mussten weitere bislang unvorhersehbare Kostenfaktoren berücksichtigt werden, die drei Mal jeweils mit 700.000 Euro zu Buche schlugen, insgesamt also mit 2,1 Mio. Euro. Und nach der Sanierung kommt die Erhaltung, und beides zusammen ergibt den Gesamtbetrag von 77 Millionen Euro für die ersten fünfundzwanzig Jahre.

9 Liste empfohlener Anfragen und einzufordernder Unterlagen

9.1 Allgemeine Fragen zu den PPP-Schulprojekten

  • Ist es zutreffend, dass Anteile der auftragnehmenden PPP-Gesellschaft PPP SchulManagement GmbH & Co. KG veräußert werden können? (analog den PPP-Beispiel Gefängnis Burg und Feuerwache Mülheim)
  • Wie hoch lagen die Baukosten für das PPP-Projekt „Schulen Witten“ gemäß der Kostenfeststellung (detaillierte Einzelauflistung)?
  • Es wurde vom Schulleiter des Schiller-Gymnasiums von „zwei Bombenfunden“ berichtet. Sind in der Folge Zusatzkosten entstanden? Wenn ja, in welcher Höhe und wer hatte diese Kosten zu tragen?
  • Wie lautete der vereinbarte Zeitplan für die beiden PPP-Schulprojekte? Wurden die Zeitpläne eingehalten (Teilgebäude wurden offenbar erst 2007 übergeben)? Wenn nein, sind in der Folge Zusatzkosten entstanden? Wenn ja, in welcher Höhe und wer hatte diese Kosten zu tragen?
  • Wie kommt es zu dem großen Zeitabstand zwischen Erstellung und Vorstellung von Text (1)? Weswegen wurden die Arbeiten nicht unmittelbar nach Fertigstellung vorgestellt?

9.2 Fragen zu Grundannahmen von Text (1) mit der „Stadt Witten“ als Quelle

Der Text (1) bezieht sich an zahlreichen Stellen in seinen Grundannahmen auf die „Stadt Witten“ als Quelle. Bevor Aussagen der Studie als Grundlage für politische Entscheidungen herangezogen werden, wird empfohlen, zu prüfen, ob und wenn ja von wem diese Aussagen getroffen wurden. Damit kann geprüft werden, ob seitens von Akteuren in Verwaltung oder Amtierenden der ehemaligen Stadtregierung im Sinne einer „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“ vorgegangen wurde. Es sollte durch entsprechende Fragestellung sichergestellt werden, ob die folgenden Aussagen von der Stadt getätigt worden sind, wer sie getätigt hat, ob sie heute noch als zutreffend angesehen werden und welche zugehörigen Daten dazu vorliegen.

„Die 2004 getroffenen Annahmen und Kostenansätze bilden die Grundlage für die Berechnungen und wurden entsprechend mit der Stadt Witten besprochen und auch hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit ergänzt, plausibilisiert und aktualisiert. Genauere Aussagen zur verwendeten Datenbasis werden im Kapitel 3 der vorliegenden Arbeit getroffen.“

(1), 2 Aufgabenstellung

„Die Eingangsgrößen zur Fortschreibung des Public Sector Comparators im Kick-Off Meeting wurden mit der Stabsstelle PPP der Stadt Witten mit Herrn Klass abgestimmt und festgelegt.“

(1), 3 Datenerhebung

„Auf Basis von Kostenschätzungen taxierte die Stadt Witten 2004 die voraussichtlichen Kosten der Eigenrealisierung der Objekte, in der durch den privaten hergestellten Qualität, auf 12,9 Mio. € inkl. Umsatzsteuer.“

(1), 3 Datenerhebung

„Zur korrekten Darstellung des Mittelabflusses in der Bauzeit und der daraus resultierenden Berechnung eines Zwischenfinanzierungsplans war weiterhin eine Annahme bezüglich der voraussichtlichen Bauzeit bei der konventionellen Realisierung notwendig. Seitens der Stadt Witten wurde eine 24 monatige Bauzeit als realistische Größe genannt.“

(1), 3 Datenerhebung

„Der Zinssatz für die Zwischenfinanzierung wurde mit 4,60% festgelegt. Dieser Festzinssatz wurde von der Stadt Witten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung direkt bei möglichen Finanzierungspartnern abgefragt.“

(1), 3.1.1 Kosten der Erstinvestition

„Im Abstimmungsgespräch wurde festgelegt, dass einhundert Prozent des Mittelabflusses durch Fremdkapital finanziert werden. Ein Eigenkapitalanteil in der Zwischenfinanzierung war somit nicht zu berücksichtigen.“

(1), 3.1.1 Kosten der Erstinvestition

„Wie im Kick-off Meeting mit Herrn Klass festgelegt, wurde die Endfinanzierung als Annuität über die Betriebszeit berechnet.“

(1), 3.1.2 Kosten der Endfinanzierung

 

Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung, Schönheitsreparaturen, Wartung und Inspektion:
Als Ausgangspunkt dieser Kostengruppe wurde in Abstimmung mit der Stadt Witten ein modifizierter Ansatz gewählt. Die KGSt (1) empfiehlt einen Richtwert in Höhe von ca. 1,2%auf den Wiederbeschaffungswert als anzusetzende Aufwendung für den Bauunterhalt. Dieser Wert wird in der täglichen Praxis der Stadt Witten aufgrund haushaltstechnischer Vorgaben nicht erreicht. Um dem im konkret vorliegenden Projekt gewählten Instandhaltungsniveau „dauerhafter Werterhalt“ gerecht zu werden, wird mit einem Prozentsatz von 2% gerechnet, der sich auf die Kostenansätze der KG 300 und KG 400 gemäß den Ausführungen der Baukosteninformationszentrum (BKI) für Schulgebäude aus dem ersten Quartal 2010, als Richtwert für die Berechnung der Wiederbeschaffungswerte bezieht.

(1), 3.1.3 Betriebskosten der Objekte

„Zur Ermittlung der Reinigungskosten über die Laufzeit wurden die seitens der Stadt Witten die Reinigungsflächen der Objekte und der Preis für die Reinigungsdienstleistungen je Quadratmeter Reinigungsfläche genannt. […]Als Quelle wurde hier der Jahresbericht 2009 des Amtes für Gebäudemanagement der Stadt Witten herangezogen.“

(1), 3.1.3 Betriebskosten der Objekte

„Gemäß den Angaben der Stadt Witten wären im Falle der Eigenrealisierung für den geregelten Schulbetrieb für jedes Objekt je ein Hausmeister und eine besondere Dienstkraft (stellvertretender Hausmeister) erforderlich. Vereinfachend wurden die Lohnkosten der Hausmeisterstellen in einem Mittellohn von 59.000 € p.a. zusammengefasst. Der jährliche Mittelbedarf ergibt sich also zu viermal 59.000 € = 236.000 €.“

(1), 3.1.3 Betriebskosten der Objekte

„Das Abstimmungsgespräch mit der Stadt Witten hat ergeben, dass eine Neuermittlung [der Risiken] im Sinne einer rückwirkenden Neuberechnung der Risikoansätze nicht nötig ist, da sich die damals getroffenen Annahmen nicht wesentlich geändert haben.“

(1), 3.1.4 Kosten für kalkulatorische Risiken der Bau- und Betriebsphase

„Die Verwaltungskosten wurden in Abstimmung mit Herrn Klass mit den Kosten eines Arbeitsplatzes der Besoldungsstufe A14 angesetzt.“

(1), 3.2.3 Betriebskosten der Objekte

„Zunächst erfolgt die Aufstellung der Baukosten inkl. Mehrwertsteuer. An dieser Stelle besteht keine Eingabemöglichkeit, da die konkreten Werte in Form der Mittelabflusspläne seitens der Stadt Witten zur Verfügung gestellt wurden.“

(1), 4.2.2 Das Tabellenblatt „Eingaben monatlich“

„Der Bereich Transaktionskosten enthält sämtliche seitens der Stadt Witten angefallenen Kosten für Personal in Bauherrenfunktion während der Realisierung der Objekte.“

(1), 4.2.2 Das Tabellenblatt „Eingaben monatlich“

9.3 Fragen zu Grundannahmen von Text (1) zu dessen nichtöffentlichen Quellen

Der Text (1) bezieht sich an zahlreichen Stellen in seinen Grundannahmen auf nichtöffentliche Quellen. Bevor Aussagen der Studie als Grundlage für politische Entscheidungen herangezogen werden, wird empfohlen, die Offenlegung dieser Quellen einzufordern. Dies sind insbesondere die ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sowie die Verträge, hier insbesondere die Mietverträge. Wie die Rechnungshöfe mehrfach belegt haben, erfolgt die Ermittlung des PSC häufig fehlerhaft und einseitig interessengesteuert. Der PSC ist mithin zumeist zu hoch, wird jedoch dann ohne weitere Überprüfung oder Anpassung 25 Jahre als Referenzwert herangezogen. Eine interessenunabhängige Überprüfung des PSC ist daher unerlässlich, das ist wiederum möglich, wenn die zugehörigen Unterlagen öffentlich gemacht werden.

Nachfolgend Stellen aus dem Text (1), die sich auf nichtöffentliche Quellen beziehen:

„Der fortzuschreibende PSC wurde im Jahre 2004 durch die Beratungsfirmen Private Sector Participation Consult GmbH (PSPC) und die Luther Menold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH erstellt.“

(1), 2 Aufgabenstellung

 

„Die Hauptkostengruppen werden aus der ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, welche von der Private Sector Participation Consult GmbH (PSPC) und Luther Menold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH durchgeführt wurde, übernommen.“

(1), 2 Aufgabenstellung, wortgleich in 3 Datenerhebung

 

„Die Kosten, welche der Stadt Witten für Bauherrenaufgaben bei einer Eigenrealisierung entstehen würden, wurden aus dem Annahmenkatalog der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Private Sector Paticipation GmbH (PSPC) und Luther Menold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH entnommen. Diese belaufen sich auf 133.698,00 € über eine Bauzeit von 18 Monaten.“

(1), 3.1.1 Kosten der Erstinvestition

 

„Die Kosten für Wartung und Inspektion wurden analog den Ansätzen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung angesetzt […].“

(1), 3.1.3 Betriebskosten der Objekte

 

„Die prozentualen Ansätze der Risiken, entsprechend dem Faktor aus voraussichtlicher Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit, wurden aus der ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung übernommen.“

(1), 3.1.4 Kosten für kalkulatorische Risiken der Bau- und Betriebsphase

„Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung, Schönheitsreparaturen, Wartung und Inspektion: Als Ausgangspunkt der einzelnen Kostengruppen dient der jeweilige Paragraph in den jeweiligen Mietverträgen für das Schiller-Gymnasiums und die Adolf-Reichwein-Realschule.“

(1), 3.2.3 Betriebskosten der Objekte

„Aus Vereinfachungsgründen wurde auf die Kostenschätzung der Gesamtbausumme zurückgegriffen, die über einen exemplarischen Mittelabflussplan verteilt wurde. Die Daten wären durch die Stabsstelle PPP anhand der Mittelabrufe aufbereitbar gewesen, der jedoch hiermit verbundene Aufwand hätte jedoch in keinem sinnvollen Verhältnis mit der Rechengenauigkeit gestanden.“

(1), 4.2.2 Das Tabellenblatt „Eingaben monatlich“

„Im Bereich Transaktionskosten sind die Annahmen aus der ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung geführt.“

(1), 4.2.2 Das Tabellenblatt „Eingaben monatlich“

„Weiterhin erfolgte entsprechend des Vertrages zum 01. Oktober 2005 eine Erhöhung der Boni, ausgenommen die Bonuszahlungen auf Avalkosten, von 2,5% auf 5% auf die jährliche Entgeltzahlung inkl. Umsatzsteuer.“

(1), 4.3.2 Das Tabellenblatt „Berechnungen jährlich“

9.4 Allgemeine Fragen zu dem PPP-Rathausprojekt

  • Wann war die letzte Sanierung, was wurde saniert, was hat es gekostet?
  • Wie hoch waren die Aufwendungen für den Bauwerksunterhalt in den vergangenen 5 / 10 / 15 Jahren?
  • Welches Alter haben welche Bauteile?
  • Welche Bauteile sind besonders schadhaft, schränken die Nutzung ein oder werden in absehbarer Zeit weiter Schäden (z.B. durch Wassereintritt) verursachen?
  • Welche Kosten würde eine Sanierung verursachen?
  • Wer hat diese Kosten bisher geschätzt, gibt es Zweitgutachten dazu, gibt es Aussagen aus der zuständigen Verwaltung dazu?
  • Liegen die geschätzten Kosten im Rahmen des „Bauwerksunterhalt-Staus“ oder deutlich darüber?
  • In welchem Zeitraum amortisieren sich die energetischen Maßnahmen?
  • In welchem prozentualen Umfang ist bei Fremdfinanzierung mit günstigen Krediten der KfW-Bank zu rechnen?
  • Wem gehört die Immobilie in der Annenstraße, die derzeit als technisches Rathaus genutzt wird?
  • Wie hoch die ist die Miete im technischen Rathaus?
  • Wie hoch sind Vergleichsmieten?
  • Es gibt ein Verkaufsangebot des Eigentümers, wie hoch ist der geforderte Preis, wie viele Jahresmieten wären das (12 Jahresmieten: günstig, 20 Jahresmieten: teuer)
  • Wie ist die Büroflächenauslastung in der Stadt und gibt es Objekte mit vergleichbar großen freien Büroflächen?
  • Wurden Alternativen zur derzeitigen Mietsituation geprüft?
  • Wurden Verhandlungen mit dem Vermieter hinsichtlich einer Reduktion der Miete geführt?

9.5 Fragen zu Grundannahmen von Text (2) mit der „Stadt Witten“ als Quelle

Der Text (2) bezieht sich an zahlreichen Stellen in seinen Grundannahmen auf die „Stadt Witten“ als Quelle. Bevor Aussagen der Studie als Grundlage für politische Entscheidungen herangezogen werden, wird empfohlen, zu prüfen, ob und wenn ja vom wem diese Aussagen getroffen wurden. Es sollte durch entsprechende Fragestellung sichergestellt werden, ob die entsprechenden Aussagen von der Stadt getätigt wurden sind, wer sie getätigt hat, ob sie vom Stadtrat als zutreffend angesehen werden und welche zugehörigen Daten dazu vorliegen.

Eine Aufstellung der betreffenden Stellen konnte im Zeitrahmen der vorliegenden Beauftragung nicht erbracht werden. Es wird jedoch empfohlen, eine solche Auflistung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen.

9.6 Fragen zu Grundannahmen von Text (2) zu dessen nichtöffentlichen Quellen

Der Text (2) bezieht sich an einigen Stellen in seinen Grundannahmen auf nichtöffentliche Quellen. Bevor Aussagen der Studie als Grundlage für politische Entscheidungen herangezogen werden, wird empfohlen, die Offenlegung dieser Quellen einzufordern. Dies sind insbesondere die ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sowie die Verträge, hier insbesondere die Mietverträge. Wie die Rechnungshöfe mehrfach belegt haben, erfolgt die Ermittlung des PSC häufig fehlerhaft und einseitig interessengesteuert. Der PSC ist mithin zumeist zu hoch, wird jedoch dann ohne weiter Überprüfung oder Anpassung 30 Jahre als Referenzwert herangezogen. Eine interessenunabhängige Überprüfung des PSC ist daher unerlässlich, das ist wiederum möglich, wenn die zugehörigen Unterlagen öffentlich gemacht werden.

Eine Aufstellung der betreffenden Stellen konnte im Zeitrahmen der vorliegenden Beauftragung nicht erbracht werden. Es wird jedoch empfohlen, eine solche Auflistung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen.

9.7 Nutzungsrechte und Haftung

Getätigte Aussagen aus dieser gutachterlichen Stellungnahme können frei verwendet werden. Davon unabhängig behält Gemeingut in BürgerInnenhand sich jedoch die Nutzung, insbesondere die Veröffentlichung für eigene Zwecke vor. Enthaltene Aussagen sind Empfehlungen im Rahmen einer Politikberatung zur Förderung des demokratischen Staatswesens sowie der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements. Eine Haftung für solche Empfehlungen kann nicht übernommen werden.

10 Literatur

10.1 Weiterführende Literatur zu PPP in Witten

(10)   „Bewusste Manipulation: Das Wittener PPP-Schulprojekt ist ein finanzielles Desaster für die Stadt “, Elisa Rodé , Fachbeitrag der Antiprivatisierungswerkstatt, veröffentlicht am 03.2.2013, www.antiprivatisierungswerkstatt.de/?p=586#more-586, abgerufen am 5.2.13

(11)  „PPP für BBB. Stadt Witten will mit PPP wieder Millionen an Baukonzerne, Banken und Berater verschenken“, Elisa Rodé , Fachbeitrag der Antiprivatisierungswerkstatt, veröffentlicht am 22. November 2012, www.antiprivatisierungswerkstatt.de/?cat=21

(12)  Schlussbericht ASSMANN Rathaus Witten, www.antiprivatisierungswerkstatt.de/wp-content/uploads/2012/11/0550_V_15_Anlage_2_Schlussbericht_und_Handlungsempfehlung.pdf

(13)  Variantenvergleich Rathaus Witten, www.antiprivatisierungswerkstatt.de/wp-content/
uploads/2012/11/0550_V_15_Anlage_3_Variantenvergleich.pdf

(14)  Nominalwerte Rathaus Witten, www.antiprivatisierungswerkstatt.de/wp-content/
uploads/2012/11/0550_V_15_Anlage_4_Nominalwerte.pdf

(15)  Beschlussvorlage 647 aus 2012 Rathaus Witten, www.antiprivatisierungswerkstatt.de/wp-content/uploads/2012/11/0647_V_15_Vorlage-1.pdf

(16)   „Trotz der Zeitverzögerung durch zwei Bombenfunde wurde der Neubau in weniger als einem Jahr erstellt“, Rede des Schulleiters Gerhard Koch zur Einweihung des Erweiterungsbaus am Schiller-Gymnasium am 25.11.2005,               
www.schiller-witten.de/PREVIOUS/history/redekoch.html

(17)   „PPP-Schulmanagement: Altbaudach wird in Ferien saniert“, lokales online-Magazin, Beitrag von Thomas Strehl aus Witten am 13.07.2011, www.lokalkompass.de/witten/politik/ppp-schulmanagement-altbaudach-wird-in-ferien-saniert-d75562.html

(18)  „Die Adolf-Reichwein-Realschule in der Almstraße 11 im Stadtteil Heven befindet sich seit 2007 an diesem neuen Standort“, www.arr-witten.de/index.php?menuid=26&reporeid=36

(19)  „PPP-Variante: Tauziehen um Rathaussanierung“, Der Westen, 29.11.2012,           
www.derwesten.de/staedte/witten/tauziehen-um-rathaussanierung-id7343391.html

(20)  „PPP-Projekt: Schiller-Gymnasium und Adolf-Reichwein-Realschule, Sanierung, Modernisierung und Nutzungsverdichtung des Rathauses“, Präsentation Stadt Witten, Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt auf der Regionalkonferenz für wirtschaftliche Infrastruktur im Regierungsbezirk Arnsberg, „Die Wittener Beispiele“, www.ppp-nrw.de/veranstaltungen_dokumentation/regionalkonferenzen/11-11-03_kleinschmidt_regionalkonferenz_arnsberg.pdf

(21)  Schulen in Witten in der ÖPP-Plattform der deutschen Bauindustrie , www.oepp-plattform.de/projektdatenbank/offentlicher-hochbau/hochbau-projekte-nach-bundesland/hochbau-nordrhein-westfalen/_/artikel/schulen-witten/

(22)  Schulen Witten in der PPP-Projektdatenbank des Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Wohnen, www.ppp-projektdatenbank.de/index.php?id=27&tx_ppp_controller_searchmap
[projectId]=41&tx_ppp_controller_searchmap[action]=showProject

(23)   Schulen Witten auf der Seite der PPP-Task-force NRW,   
www.ppp.nrw.de/pilotprojekte/bildung/schulen/witten/witten_start.php

10.2 Weiterführende Literatur zu PPP (Deutschland)

(24)  „Gemeinsamer Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten“, herausgegeben von den Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder, Wiesbaden, 14. September 2011,        
www.orh.bayern.de/files/ORH/Aufgaben/Zusammenarbeit/Bund%20und%20Laender/Gemeinsamer%20Erfahrungsbericht%20OEPP-Projekte.pdf

(25)  >>Heuschrecken<< im öffentlichen Raum, Public Private Partnership – Anatomie eines globalen Finanzinstruments, Werner Rügemer, 2. aktualisierte und erweiterte Auflage, Bielefeld 2011

(26)  „Public Private Partnership – Organisationsvarianten für eine nachhaltigkeitsgerechte Entsorgung. Evaluierung von Fallbeispielen für die Praxis. ‚Studien zur Öffentlichen Verwaltung Bände 1 und 2‘ “, Arno Gahrmann, Ernst Mönnich, Malte Moewes, Silke Overmann, Benno Reinhardt, Thomas Wüst, Lit Verlag, 2012

(27)  Bundestagsausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung „Öffentlich Private Partnerschaften im Verkehrswesen“, Dipl.-Ing. Carl-Friedrich Waßmuth, 24.10.2012; www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a15/oeffentliche_anhoerungen/2012/2012_10_24_oeffentlich_private_partnerschaften/Stellungnahmen/A-Drs__17_15_446-B.pdf

(28)  Bundestagsausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung „Öffentlich Private Partnerschaften im Verkehrswesen“, Prof. Dr. Thorsten Beckers, 24.10.2012,       
www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a15/oeffentliche_anhoerungen/2012/2012_10_24_oeffentlich_private_partnerschaften/Stellungnahmen/A-Drs__17_15_446-C.pdf

(29)  Bundestagsausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung „Öffentlich Private Partnerschaften im Verkehrswesen“, Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e. V. (ZDB), 24.10.2012,      
www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a15/oeffentliche_anhoerungen/2012/2012_10_24_oeffentlich_private_partnerschaften/Stellungnahmen/A-Drs__17_15_446-A.pdf

10.3 Weiterführende Literatur zu PPP (international)

(30)  Global Auction of Public Assets: Public sector alternatives to the infrastructure market & Public Private Partnerships, Dexter Whitfield, Director, European Services Strategy Unit, and Adjunct Associate Professor, University of Adelaide, Spokesman, 2010

(31)   “Private Finance Initiative: Seventeenth Report of Session 2010–12”, House of Commons, Treasury Committee, www.parliament.uk/business/committees/committees-a-z/commons-select/treasury-committee/inquiries1/private-finance-initiative-/

(32)  “SALE OF EQUITY IN PFI COMPANIES, Private Finance Initiative – Treasury Contents, Written evidence”, submitted by Dexter Whitfield,  
www.publications.parliament.uk/pa/cm201012/cmselect/cmtreasy/1146/1146vw43.htm

(33)  PPP Wealth Machine: UK and Global trends in trading project ownership, Launch of a UK PPP Equity Database and full report, Dexter Whitfield , 2012, www.european-services-strategy.org.uk/publications/essu-research-reports/essu-research-report-no-6-ppp-wealth-machine-u/ppp-wealth-machine.pdf

(34)  „Financing PPPs with project bonds Issues for public procuring authorities“, European PPP Expertise Centre (EPEC), 10/2012,    
www.eib.org/epec/resources/Financing%20PPPs%20with%20project%20bonds%20-%20October%202012.pdf

PPP und Förderrecht

Von Carl Waßmuth

Kurzzusammenfassung

Ein bereits fünf Jahre alter, aber nach wie vor hochaktuelle Bericht des Verkehrsministeriums legt offen, dass es bei PPP nicht nur nebensächlich darum geht, als Privatunternehmen an staatliche Förderung für öffentliche Infrastruktur zu kommen. Es werden explizit Wege aufgezeigt, um an Mittel zu kommen, die auf Europa bezogen im dreistelligen, auf Deutschland bezogen im zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich liegen.

In zweiten Teil des Textes wird dokumentiert, dass auch für die PPP-Lobby offenbar ist, dass der Begriff PPP „schillernd“ ist und „nach einer begrifflichen Klärung verlangt“. Dies ist umso interessanter, als der Bericht nach Verabschiedung des PPP-Beschleunigungsgesetztes veröffentlicht wurde, das bis heute Grundlage für PPP in Deutschland bildet. Die Definition kann gut als Basis für zukünftige Kritik verwendet werden.

Bericht und Autoren

2006 hat die damalige PPP Task Force im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) ein Gutachten „PPP und Förderrecht“ vorgelegt, 319 Seiten stark, erarbeitet unter der Mitarbeit von:

  • Private Sector Participation Consult (PSPC)
  • Barth Baumeister Griem Rechtsanwälte
  • Technische Universität Bergakademie Freiberg
  • Technische Universität Berlin

Die Federführung hatte Prof. Dr. Dieter Jacob aus Freiberg inne. Die Studie ist nach eigener Angabe wie folgt gegliedert:

 

PPP als Weg, um als Privatunternehmen an staatliche Förderung für öffentliche Infrastruktur zu kommen

Dieser bereits fünf Jahre alte Bericht ist trotz seines für Papier durchaus ansehnliches Alter in mehrfacher Hinsicht interessant. So wurde Bericht nach Verabschiedung des PPP-Beschleunigungsgesetztes veröffentlicht, das bis heute Grundlage für PPP in Deutschland bildet. Vor allem macht der Bericht deutlich, dass es bei PPP nicht nur nebensächlich um, zugespitzt ausgedrückt „das Abfassen von Staatsknete“ geht. Staatsgelder und die Förderung aus öffentlichen Kassen sind für PPP essentiell, auch die viel gepriesene „Wirtschaftlichkeit“ beruht darauf. Dieser enge Zusammenhang war in diesem Maße bisher nur im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe offiziell. Dort war es auch schon vor Minister Niebel selbstverständlich, dass Hilfsgelder, Zuschüsse und Spenden in PPP-Projekte wandern. Kritische NGOs der Entwicklungszusammenarbeit haben vorgerechnet, dass auf diesem Wege unterm Strich deutlich mehr Gelder vom Süden in den Norden fließen als umgekehrt. Im Falle von PPP in Europa stellt man sich das so vor:

Man beachte, dass die Pfeile von der öffentlichen Hand stets zu den „Investoren“ zeigen, niemals zurück. Dass die anvisierten Fördermittel ganz erheblich sind, zeigen schon einzelne Auszüge:

Förderung des Hochschulbaus in Deutschland

Art und Umfang der Förderung: „Der Haushaltsansatz des Bundes für das Jahr 2005 beträgt 925 Mio. EUR. Der Bund erstatten den Ländern 50% der entstandenen Kosten, so dass das gesamte Finanz-volumen 1,85 Mrd. EUR umfasst.“

Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“

 „Der Bund stellt Mittel in Höhe von insgesamt 4 Mrd. EUR für die Jahre 2003 bis 2007 zur Verfügung.“

Europäische Investitionsbank

„Die Beteiligung fordert auch nicht die Wahl eines bestimmten PPP-Vertragsmodells, d.h. sie fordert weder die Eigentumsstellung des Begünstigten noch ist die Beteiligung auf investive Mittel beschränkt. Das Projekt muss ausschließlich den Kriterien der Förderfähigkeit der EIB entsprechen und technisch, finanziell und wirtschaftlich tragfähig sein. Die Bank verfolgt keinerlei Gewinnabsicht und gibt daher ihre vorteilhaften, auf ein AAA-Rating zurückzuführenden, Mittelbeschaffungskosten zuzüglich einer geringen Marge direkt an die Darlehensnehmer weiter.“

Veränderungsvorschläge der Europäischen Kommission zur Reform der Kohäsionspolitik (Zeitraum 2007 – 2013):

  • Ziel „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ (EFRE): „Die der territorialen Zusammenarbeit zugewiesenen Mittel betragen 13,2 Mrd. Euro.“
  • Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“: „Die Mittel für das Ziel „Konvergenz“ betragen 57,9 Mrd. EUR“
  • Ziel „Konvergenz“ (EFRE, ESF und Kohäsionsfonds): „Die Mittel für das Ziel „Konvergenz“ betragen 264 Mrd. EUR“

Begriffliche Klärung für PPP aus Sicht der PPP-Lobby

Nachfolgend soll noch ein anderer Passus aus dem Bericht zitiert werden. Die Verfasser sind nämlich zu nachfolgender erstaunlicher Erkenntnis gekommen:

„Public Private Partnership (PPP) ist ein ebenso schillernder Begriff wie der Terminus „Förderrecht“. Beide Begriffe verlangen daher nach einer begrifflichen Klärung (Kapitel 2.1.1 und 2.2).“

Wir hatten selbst die völlige Unbestimmtheit des Begriffs oft kritisiert. Je nachdem, ob sich ein Projekt aus Sicht der Befürworter erfolgreich oder problematisch erwies, wurde auf den PPP-Charakter hingewiesen (Elbphilharmonie 2007, Berliner Wasserbetriebe 2009) oder dieser Zusammenhang verschwiegen (PPP-Datenbank des Bundes 2011: Berliner Wasserbetriebe tauchen nicht auf). Wie diese begriffliche Klärung aus Sicht der PPP-Lobby für PPP aussieht, wird hier, zunächst kommentarlos, dokumentiert. Man sieht, dass jede Menge von Privatisierungsvorhaben unter PPP subsummiert werden können, die verwendeten Definitionen können sicherlich gut als Basis für zukünftige Kritik verwendet werden.

Förderrecht und Public Private Partnership im Hochbau,
2.1 : Fördervorschriften im System des öffentlichen Rechts

2.1.1 Public Private Partnership

Der Begriff „Public Private Partnership“ zielt auf eine Kooperation staatlicher und privater Akteure. Er erhält seine aktuelle Dimension dadurch, dass damit nicht kooperatives Verhalten schlechthin gemeint ist, wie es etwa der Begriff des „kooperativen Staates“ als ein allgemeines Muster der Interaktion von Staat und Wirtschaft in einer komplexen Gesellschaft nahe legt[i], sondern darin, dass er auf die Nutzung der komparativen Vorteile unternehmerischen Handelns für die staatliche Aufgabenerfüllung zielt[ii]. Es geht also weder um eine Vermögensprivatisierung noch um eine Organisationsprivatisierung oder um eine Aufgabenprivatisierung, sondern um eine funktionelle Privatisierung von Tätigkeiten, die zwar in Zusammenhang mit einer öffentlichen Aufgabe stehen, aber diese nicht selbst ausmachen. Von einer funktionellen Privatisierung spricht man, wenn sich der öffentliche Aufgabenträger durch Auslagerung einzelner Bereiche an private Partner von Tätigkeiten zu entlasten versucht, die nicht zum Kernbereich der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe gehören. Die Sachaufgabe selbst wird nicht privatisiert. Demnach bleibt hier das Handlungsmuster gegenüber dem Bürger öffentlich-rechtlich, während sich das Binnenverhältnis zum privaten Partner privatrechtlich gestaltet. Ziel ist hier, eine Kostenentlastung des öffentlichen Aufgabenträgers zu erreichen.

Die funktionelle Privatisierung offeriert den zweifachen Vorteil, dass sich hier tradierte Verwaltungsaufgaben, die größtenteils hoheitlich erfüllt werden (allgemeine Schul-flicht, Strafvollzug, Anschluss- und Benutzungszwang etc.), beibehalten lassen, aber gleichzeitig die Vorteile ertragswirtschaftlicher Leistungserstellung genutzt werden können. Damit wird nach dem Vorbild des unternehmerischen Outsourcing eine doppelte Staatsentlastung angestrebt. Zum einen kann sich die öffentliche Verwaltung von Aufgaben befreien, die mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen, zum anderen kann die Beauftragung Dritter zu einer Kostenentlastung bzw. zu einer Steigerung der Effektivität führen. Da die gesetzlich und verfassungsmäßig definierten öffentlichen Aufgaben unberührt bleiben, besteht auch insoweit kein Änderungsbedarf in Bezug auf die Rechtsformen, in denen die öffentliche Verwaltung in Kontakt zum Bürger tritt. Dagegen können die Kosten- und Leistungsvorteile des privaten Partners im Binnenverhältnis gegenüber dem öffentlichen Aufgabenträger zum Tragen kommen. Entscheidend für den Begriff von PPP ist damit, dass die gesetzlich definierte öffentliche Aufgabe und die Rolle des öffentlichen Aufgabenträgers gegenüber dem Bürger unberührt bleiben. Die Ein-schaltung privater Partner im Vorfeld des Gesetzesvollzugs darf nicht auf die Aufgabenerfüllung selbst durchschlagen.

Die im Folgenden zu behandelnden Rechtsprobleme der finanziellen Förderung solcher Modelle durch staatliche Stellen fokussieren sich daher auf das Binnenverhältnis. Mit ihnen beginnt das „Privatisierungsfolgenrecht“[iii]. Es ist im Wesentlichen durch das öffentliche Haushaltsrecht, das Vergaberecht und das Vertragsrecht determiniert. Dabei regelt das Haushaltsrecht die Bedingungen der Finanzierung, das Vergaberecht die Bedingungen der Ermittlung eines geeigneten privaten Partners und das Vertragsrecht die Verteilung von Rechten, Pflichten und Risiken zwischen den Partnern. Werden die hier auftretenden Probleme allerdings nicht zufrieden stellend gelöst, stehen sie der Durchführung von PPP-Projekten insgesamt im Wege. Dies kann wiederum auch auf das Außenverhältnis der Aufgabenerledigung gegenüber dem Bürger durchschlagen.

2.1.2 PPP-Modelle im Hochbau

Als besonders wichtiges Feld von PPP-Initiativen hat sich der Bau und Betrieb von Gebäuden durch private Partner für die öffentliche Verwaltung herausgestellt. Der Gesamtbereich des Hochbaus ist relativ leicht von der Erfüllung der Sachaufgaben abgrenzbar, die weiterhin in den hergebrachten Formen des Verwaltungshandelns gegenüber dem Bürger erbracht werden. Auf den Hochbau konzentriert sich dieses Untersuchungsvorhaben. Dagegen werden die Bereiche der Wirtschaftsförderung und der öffentlichen Infrastruktur – mit Ausnahme der Verkehrsinfrastruktur –, die gleichfalls für PPP-Konzepte von Interesse sind, nicht untersucht.

Leistungs- und Kostenvorteile durch Einschaltung privater Partner werden beim Bau und Betrieb von Gebäuden insbesondere aus der am Lebenszyklus orientierten Managementkonzeption erwartet. Der private Partner übernimmt die Finanzierung, die Planung, den Bau und im Weiteren auch den Betrieb und den Unterhalt von öffentlich genutzten Gebäuden. Die öffentliche Hand verpflichtet sich, ihm dafür ein laufendes Entgelt zu zahlen. Analytisch betrachtet ist darin also ein Finanzierungs-, Investitions- und ein Nutzungsanteil enthalten. Die allgemeine rechtliche Herausforderung an das Förderrecht besteht damit darin, lebenszyklusorientierte Fördertatbestände zu entwickeln.

Für den Hochbau sind sieben unterschiedliche PPP-Modelle entwickelt worden. Da-bei handelt es sich allerdings lediglich um modelltheoretische Typisierungen. Sie können in der praktischen Umsetzung durch die jeweiligen Partner modifiziert, variiert und weiter ausdifferenziert werden. Im Einzelnen können folgende Kooperationstypen unterschieden werden:

PPP-Erwerbermodell (Vertragsmodell I)

Der private Auftragnehmer übernimmt bei diesem Modell auf einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück Planung, Bau, Finanzierung und den Betrieb einer Im-mobilie, die von der öffentlichen Hand genutzt wird; die Laufzeit beträgt i.d.R. 20 – 30 Jahre. Zum Vertragsende geht das Eigentum an Grundstück und Gebäude auf den öffentlichen Auftraggeber über. Das Entgelt besteht in einer regelmäßigen Zahlung an den Auftragnehmer; es wird bei Vertragsschluss festgesetzt und besteht aus den Komponenten für Planung, Bau, Betrieb (Facility Management), Finanzierung und Erwerb der Immobilie inkl. Grundstück, einschließlich möglicher Zuschläge für den betriebswirtschaftlichen Gewinn, der auch die Risikoübertragung abdeckt.

PPP-FM-Leasingmodell (Vertragsmodell II)

Der private Auftragnehmer übernimmt hier Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb einer Immobilie. Anders als beim Erwerbermodell besteht jedoch keine Verpflichtung zur Übertragung des Gebäudeeigentums am Ende der Vertragslaufzeit. Der Auftrag-geber hat vielmehr ein Optionsrecht, die Immobilie entweder zurückzugeben oder zu einem vorab fest kalkulierten Restwert zu erwerben. Neben der Kaufoption sind auch Mietverlängerungsoptionen oder Verwertungsabreden möglich. Als Nutzungsentgelt zahlt der Auftraggeber regelmäßige Raten („Leasingraten“) an den Auftragnehmer in bei Vertragsschluss feststehender Höhe; Bestandteile dieser Raten ist das Entgelt für die (Teil-)Amortisation der Planungs-, Bau- und Finanzierungskosten einerseits und den Betrieb (Facility Management) andererseits. Der Preis, zu dem der öffentliche Auftraggeber das Eigentum am Ende der Vertragslaufzeit erwerben kann, ist eben-falls bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses fixiert.

PPP-Mietmodell (Vertragsmodell III)

Das Mietmodell entspricht weitgehend dem Leasingmodell, jedoch ohne Kaufoption mit zuvor festgelegtem Kaufpreis. Allenfalls kann das Gebäude zum im Zeitpunkt des Vertragsablaufs zu ermittelnden Verkehrswert erworben werden. Der Auftraggeber zahlt regelmäßige Raten an den Auftragnehmer in bei Vertragsschluss feststehender Höhe; Bestandteile dieser Raten sind das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung („Miete“) und den Betrieb (Facility Management).

PPP-Inhabermodell (Vertragsmodell IV)

Das Inhabermodell entspricht grundsätzlich dem Erwerbermodell. Im Unterschied zu diesem betrifft das Projekt aber ein Grundstück des öffentlichen Auftraggebers. Auf diesem wird vom privaten Auftragnehmer ein Gebäude neu errichtet oder saniert. Der öffentliche Auftraggeber wird bzw. bleibt daher bereits mit der Errichtung bzw. Sanierung Eigentümer des Gebäudes. Das Entgelt besteht in einer regelmäßigen Zahlung an den Auftragnehmer; es wird bei Vertragsschluss festgesetzt und besteht aus den Komponenten für Planung, Bau, Betrieb (Facility Management) und Finanzierung einschließlich möglicher Zuschläge für den betriebswirtschaftlichen Gewinn, der auch die Risikoübertragung abdeckt.

PPP-Contractingmodell (Vertragsmodell V)

Beim Contractingmodell übernimmt der private Partner bestimmte Leistungen wie etwa Energieversorgung oder Telekommunikation gegen laufendes Entgelt. Die dafür erforderlichen Anlagen hat er einzubauen, zu warten und zu modernisieren. Das Ge-bäude selbst steht im Eigentum der öffentlichen Hand.

PPP-Konzessionsmodell (Vertragsmodell VI)

Der private Partner verpflichtet sich ein Gebäude für die öffentliche Hand zu planen und zu errichten (Baukonzession) und bestimmte Dienstleistungen gegenüber den Nutzern zu erbringen (Dienstleistungskonzession). Er finanziert sich unmittelbar bei den Nutzern.

PPP-Gesellschaftsmodell (Vertragsmodell VII)

Nach dem Gesellschaftsmodell errichten und betreiben öffentliche Hand und privater Partner ein Gebäude über eine gemeinsame Gesellschaft.

In den bisherigen Umsetzungsversuchen sind die Modelle I, II und IV deutlich präfe-riert worden. Dies hat nicht nur steuer- und vertragsrechtliche, sondern auch haushalts- und vergaberechtliche Gründe. Auf die Modelle I, II, III und IV stellt das im Fol-genden zu entwickelnden Bewertungsraster insbesondere ab. Das Modell V (Contracting) hat eine zu geringe Aufgabenspanne, um als Alternative zum Staatshochbau eingesetzt zu werden. Es ist eine Alternative im Staatshochbau. Das Konzessionsmodell setzt bestimmte Nutzungskonstellationen voraus, die es erlauben, die Finanzierung über die Nutzer zu organisieren.

Dabei bleibt festzuhalten, dass die meisten eben dargestellten PPP-Konstruktionen mit Ausnahme der Modelle III und IV auf neue Vorhaben fokussiert sind. Daher kommt für bereits vorhandene öffentliche Gebäude insbesondere das Inhabermodell in Betracht. Sollen auch die anderen Kooperationsmodelle für bereits vorhandene Gebäude eingesetzt werden, muss ein „Sale-and-lease-back“-Geschäft vorgeschaltet werden, durch die Veräußerung des Gebäudes an den privaten Partner mit anschließender Vereinbarung einer Nutzung durch den öffentlichen Aufgabenträger im Rahmen des PPP-Vorhabens vereinbart wird. Diese komplizierte Operation wird von der Praxis besonders kritisch bewertet.


[i] Vgl. dazu Ernst-Hasso Ritter, Der kooperative Staat. Bemerkungen zum Verhältnis von Staat und Wirtschaft, AÖR 1979, S. 321 ff.

[ii] Werner Heinz (Hg.), Public Private Partnership ein neuer Weg zur Stadtentwicklung, 1993; Dietrich Budäus/Gernod Grünning, Public Private Partnership – Konzeption und Probleme eines Instruments zur Verwaltungsreform aus der Sicht der Public Choice Theorie, 1996; Sybille Roggencamp, Public Private Partnership – Entstehung und Funktionsweise kooperativer Arrangements zwischen öffentli-chem Sektor und Privatwirtschaft, 1999

[iii] Vgl. dazu Burgi, Kommunales Privatisierungsfolgenrecht: Vergabe, Regulierung und Finanzierung, NVwZ 2001, 601 ff.

Architekturqualität und PPP

Wir hatten in unserem Aufruf ArchitektInnen & IngenieurInnen gegen PPP darauf hingewiesen, dass Architekturqualität und PPP Gegensätze sind. Das zu verschleiern wurde von verkehrsminister Ramsauer eine dicke Studie beauftragt und am 11. November 2011 vorgestellt. Ganz haben sich die beaufragten Architekten nicht vor den Karren spannen lassen, wie aus einer Mitteilung der PPP-Lobby hervorgeht:

Im Rahmen einer Vortragsveranstaltung wurde am 11. November 2011 der Forschungsbericht „Architekturqualität für ÖPP“ vorgestellt, der im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erarbeitet wurde. Mit der Beschaffungsvariante ÖPP lassen sich öffentliche Hochbauprojekte in herausragender Qualität realisieren. Jedoch führt ÖPP nicht automatisch zu hoher Qualität. Zentrale Fragestellung des Projekts war daher, welche Instrumente und Maßnahmen eine angemessene Qualität sicherstellen können. Zusammenfassend kommt die Forschungsgruppe zum Ergebnis, dass der vorgeschaltete Architektenwettbewerb die beste Form der Qualitätssicherung ist. Für den Fall, dass die Architekturqualität im Rahmen des ÖPP-Gesamtangebots gewertet wird, plädieren die Gutachter für eine Gewichtung der architektonischen Qualität zu mindestens 50 % – besser 60 %.

Wenn man sich die Studie ansieht, kommt schon beim Durchblättern der Verdacht methodische Mängel auf.
Zwar haben die Autoren schnell bemerkt, dass die Daten, die der Bund zur Verfügung stellt, unbrauchbar sind:

Der Datenbestand über realisierte ÖPP-Objekte in Deutschland bot keine ausreichende Grundlage für diese Arbeit. Erst ausführliche Recherchen lieferten die erforderlichen Daten und Abbildungen der bis Herbst 2010 fertiggestellten, als ÖPP beschafften Neubauobjekte im Hochbau. Die Erfahrungen und Beurteilungen von Vertretern der Nutzer sowie der öffentlichen Auftraggeber mit diesen Objekten wurden anhand von Befragungen erhoben. Deren Ergebnisse flossen zusammen mit den Daten in eine umfassende Datenbank ein.

Allerdings erfolgt die eigene Datensammlung wieder nur auf Umfragen! (Dazu unsere Kritik im Faktenblatt PPP – zum Verbleib von zig Milliarden Euro gibt es nur Meinungsumfragen)

Diese Datenbank erfasst 92 Objekte, aus denen 17 als Fallstudien für eine differenzierte Analyse von Vergabe- und Projektsteuerungsverfahren auf der einen Seite und für eine Bewertung der architektonischen Qualität im Sinne von Funktionalität, Bauqualität und Wirkung auf der anderen Seite ausgewählt wurden.

Noch schlimmer: In den Umfragen werden „Nutzer“ und „AG“ befragt. Nutzer sind z.B. bei Schulen: die Direktorin bzw. der Direktor, also die, die durch Wohlverhalten in irgendeiner Weise durch eine Schulsanierung belohnt wurden, wohingegen weniger gefälligen Kollegen, die vielleicht gar PPP in Frage gestellt haben, weiter der Regen durch löchrige Dach läuft. Und „AG“ sind die vormaligen Befürworter im Stadtrat, die das PPP überhaupt durchgesetzt haben. In den meisten Fällen ist der Zeitraum zwischen Neubau/Sanierung und Befragung auch sehr kurz, von den 15 bis 30 Jahren unter der Ägide der Privaten hat man erst wenig zu spüren bekommen.
Für all diese Einseitigkeiten fällt dann die Bewertung erstaunlich gemischt aus! Man kan sich also doch etwa vorstellen, wie in einigen Jahren das Ergebnis mit einer neutralen Auswahl der Befragten ausfallen würde.

Wollt ihr wissen …

Fragen zum Berliner Wasser

Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) tritt ein für die Bewahrung und umfassende Demokratisierung öffentlicher Einrichtungen der Daseinsvorsorge ein. Gemeingüter wie Wasser, Bildung, Mobilität, Energie und vieles andere soll zurückgeführt werden unter demokratische Kontrolle. Ein erstes Projekt von GiB  2011 war die Kampagne “Wollt-ihr-wissen” zur Unterstützung des Wasser-Volksentscheids in Berlin zur Offenlegung der PPP-Geheimverträge am 13. Februar 2011.

Wir stellten 140 Fragen zum Berliner Wasser und formulierten zugespitzt: “Die von uns vorgelegten Fragen sind bei Weitem nicht vollständig. Aber jede einzelne Frage erfordert für ihre Beantwortung, dass die weiter geheim gehaltenen Verträge und Nebenabreden offengelegt werden. Angaben zu den Grundstücken – geheim! Eingeführte Technologien – top secret! Wohin die investierten Gelder geflossen sind, wer für Schäden haftet, wenn sich herausstellt, dass die Rohrnetze zu Gunsten der Rendite wie bei der S-Bahn kaputtgespart wurde: Was immer man zum Berliner Wasser wissen will – es ist geheim.” (aus unserer Pressemitteilung vom 17.02.2011)

Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) reagierten schnell: Sie ließen drei Tage später elf gleichlautende Webadressen registrieren („Typosquatting“, eine vor allem von der Pornoindustrie angewandte Praxis). Und sie ließen „Antworten“ auf unsere Fragen ausarbeiten. Die Antworten der BWB sind sehr kurz, teilweise um Humor bemüht und manche sogar provokant. Nichtsdestotrotz enthalten sie einige Aussagen, die von den BWB in dieser Form bisher nicht zu erhalten waren. Am Stand dieser Antworten werden sich zukünftige Aktivitäten der BWB, aber auch Erkenntnisse aus der Offenlegung der Verträge messen lassen. Wir dokumentieren hier die Fragen und die Reaktion der BWB.

Dieser Beitrag zum herunterladen als pdf-datei (24 Seiten, 698 kB): Wollt Ihr wissen Antworten der BWB Kommentare GiB 2012

Inhalt:

  • Presseberichte
  • Typosquatting
  • Dokumentation des Kommentars der BWB zu „Wollt-ihr-wissen“
  • Dokumentation der Antworten der BWB auf die „Wollt-ihr-wissen“-Fragen, kommentiert von GiB

 

Presseberichte

Tagesspiegel vom 11.02.2011

 „Entscheidung am Sonntag Streit ums Wasser kocht hoch“

 „Vor dem Volksentscheid kämpfen die Initiatoren um Aufmerksamkeit, um genug Bürger zur Abstimmung zu bewegen. Politiker und die Wasserbetriebe reagieren nach wie vor ablehnend, Senator Wolf will nicht abstimmen.

Vor dem Volksentscheid am Sonntag fahren die Beteiligten die Ellenbogen aus. Am Donnerstag erhob die Initiative „Berliner Wassertisch“ schwere Vorwürfe gegen Senat und Opposition. Zudem haben sich die Berliner Wasserbetriebe (BWB) inzwischen selbst in die Debatte eingeschaltet, in der sie über Monate nur das Objekt der Diskussion waren.

Auf den Plan gerufen wurden die Wasserbetriebe durch eine Liste von rund 140 Fragen, mit denen die Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“ auf angebliche Misstände bei den teilprivatisierten BWB hinweisen will. Die Initiative arbeitet mit dem „Wassertisch“ zusammen. Unter der Adresse „www.wollt-ihr-wissen.de“ werden passend formulierte Anschlussfragen formuliert wie: „… warum euer Keller immer feuchter wird?, „… warum man in der Spree nicht baden sollte?“ und „… ob auch Babys ohne Schaden zu nehmen unser Trinkwasser trinken können?“

Die Wasserbetriebe reagierten, indem sie die gleiche Internetadresse mit anderen Endungen (.net/.com/.eu/.info) aufkauften und dort die meisten Fragen aus ihrer Sicht beantworten. Die feuchten Keller werden mit ungewöhnlich regenreichem Wetter begründet, das Badeverbot in der Spree mit den Dampfern und die Baby-Sicherheit mit Verweis auf Spitzenergebnisse des Berliner Wassers bei der Stiftung Warentest. „Wir wollen und müssen hier ein paar Dinge klarstellen“, schreiben die Wasserbetriebe: Durch die Art der Fragen würden die BWB diskreditiert. In vielen Punkten würden „Unterstellungen mitschwingen“, die „die Grenze zur Lüge streifen“, aber wegen der Frageform rechtlich unangreifbar seien.“

Neues Deutschland vom 18.01.2011

Wasserentscheid gar nicht überflüssig

„Bürgerinitiative setzt bei Abstimmung auf Sieg / Klage gegen veröffentlichte Verträge angekündigt“

»Wollt ihr Wissen«. Die drei Wörter haben Aktivisten an vielen Stellen in der Stadt plakatiert. Dabei handelt es sich um keine gewöhnliche »Street Art«-Aktion, sondern einen PR-Gag des Vereins »Gemeingut in BürgerInnenhand« (GiB), mit der dieser die Aufmerksamkeit der Berliner auf den kommenden Wasservolksentscheid in der Stadt lenken möchte. Insgesamt 100 Fragen ergänzen dabei den Slogan. Sie sollen die schädlichen Auswirkungen und Probleme mit der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) darstellen.

Die Plakate der Kampagne zeigen: Der Wahlkampf für den Volksentscheid »Unser Wasser«, der am 13. Februar berlinweit stattfinden soll, geht in die heiße Phase. Damit der Volksentscheid erfolgreich wäre, müssten von allen wahlberechtigten Berlinern mindestens 25 Prozent (612 000) mit »Ja« stimmen. Natürlich muss dazu auch die Mehrheit unter den abgegebenen Stimmen erreicht werden. Weder in den gelaufenen Abstimmungen zum Flughafen Tempelhof noch zu Pro Reli wurde das Quorum allerdings erfüllt.

Gestern präsentierten der Berliner Wassertisch und seine Bündnispartner im Haus der Demokratie in Prenzlauer Berg ihre Strategie für die Abstimmung, mit der sie gewinnen und die Annahme ihres Gesetzesentwurfes durchsetzen wollen. Das Hauptproblem der Initiativen dabei: Den Bürgern verständlich zu machen, warum sie beim Volksentscheid überhaupt mit »Ja« stimmen sollen. Schließlich erklärt der rot-rote Senat laufend, dass es für die Abstimmung keinen Grund mehr gebe, nachdem im November gemeinsam mit den privaten Investoren RWE und Veolia die Teilprivatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe (BWB) veröffentlich wurden. Mithin alle Papiere, die zur skandalösen Privatisierung im Jahr 1999 führten, der Öffentlichkeit also vorliegen. Außerdem sei der Gesetzesentwurf vom Wassertisch verfassungswidrig, so der Senat.

An dieser Stelle kommt wieder der Verein »Gemeingut in BürgerInnenhand« ins Spiel. Die mit Attac kooperierende Initiative visualisiert das Problem: Insgesamt 180 Aktenordner verbergen sich bei der Pressekonferenz hinter einem riesigen »Wollt ihr wissen«-Banner. Nur ein einziger trägt einen gelben Aufkleber »offen«, alle anderen 179 Ordner tragen dagegen eine Beschriftung »geheim«. »Wir wollen das Schlaglicht auf all das lenken, was nicht offen liegt«, sagt Carl Waßmuth von GiB. Nach seiner Meinung und der der anderen Bündnispartner ist nämlich das Gros der Verträge und Absprachen weiterhin nicht bekannt. Es sei etwa nicht klar, wer für Schäden haftet, sollte sich herausstellen, dass die Rohrnetze zur Gunsten der Rendite wie bei der S-Bahn kaputtgespart wurden, sagt Waßmuth.“

Wikipedia zu Typosquatting

„Ein Beispiel aus jüngster Zeit bietet sich bei den aus wirtschaftlichen und politischen Gründen geführten Kämpfen um die Abstimmung beim Berliner Volksbegehren „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“. Dabei haben sich die Berliner Wasserbetriebe zahlreiche Domains (.net, .com, .info) gesichert, die starke Ähnlichkeit zur Original-Domain wollt-ihr-wissen.de[3] der Initiatoren des Volksentscheid haben. „wollt-ihr-wissen.de“ bestand laut DENIC mindestens seit 15. Dezember 2010, während die Berliner Wasserbetriebe ihre Seiten am 21. Januar 2011 registrieren ließen.[4]

Dokumentation des Typosquatting

Lars Boljahn, Geschäftsführer des Grafik- und Werbebueros „idee³“ aus Berlin liess am 21.01.2011 die folgenden Adressen reservieren: www.wollt-ihr-wissen.net , www.wollt-ihr-wissen.com, www.wollt-ihr-wissen.org, www.wolltihrwissen.net , www.wolltihrwissen.de , www.wollt-ihr-wissen.net, www.wollt-ihr-wissen.com, www.wolltihrwissen.info, www.wollt-ihr-wissen.info, www.wolltihrwissen.com. Etwa seit 15.12.2011 sind auf den Seiten keine Inhalte mehr hinterlegt. Bis dorthin war nachfolgendes zu lesen:

Dokumentation des Kommentars der BWB zu „Wollt-ihr-wissen“

„Wollt Ihr wissen:

Mit den Worten „Wollt Ihr wissen“ beginnen 133 Fragen, die der Wassertisch und seine Mitstreiter im Internet publizieren. Sie schreiben dazu, dass sie diese Fragen gerne beantwortet hätten, was aber leider nicht ginge, da der Großteil des Vertrages und der Nebenabreden und Beschlüsse zwischen dem Berliner Senat und den privaten Anteilseignern Veolia und RWE weiterhin geheim sei.

Wir – die Berliner Wasserbetriebe – haben uns bisher nicht an den politischen Auseinandersetzungen u.a. um die – im Herbst 2010 längst geschehene – Offenlegung der Verträge beteiligt. In diesen seit langem geführten Debatten waren wir zwar Objekt, aber nicht Subjekt. Inzwischen hat sich der Charakter der Auseinandersetzung leider verändert. Neben der politischen Auseinandersetzung wird jetzt – und das ist neu – die Arbeit der Berliner Wasserbetriebe sowie deren Produkte und Dienstleistungen gezielt diskreditiert. Und dabei sparen die Betreiber der Seitewww.wollt-ihr-wissen.de nicht mit scharfer Polemik. Das geht so lange in Ordnung, wie Fakten zugespitzt werden. Bei diesen 133 Fragen aber wird ganz gezielt eine Grenze überschritten. Denn in vielen dieser Fragen schwingen Unterstellungen gegen uns, unsere Mitarbeiter und unsere Produkte und Dienstleistungen mit, die die Grenze zur Lüge streifen. Weil aber Lügen strafbar sind, wird das Ganze einfach in Frageform verpackt. Denn Fragen ist ja schließlich erlaubt. Und das Kalkül dabei ist, dass garantiert immer etwas hängen bleibt.

Wir wollen und wir müssen hier ein paar Dinge klarstellen. Das sind wir unseren Kunden aber auch uns selbst schuldig. Also haben wir die Fragen beantwortet, zumindest all jene, für die wir im engeren oder weiteren Sinne Adressat sind.

Editorial

Wie der Wassertisch aus politischen Gründen gute Arbeit diskreditiert.

Von Stephan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe

Übernahme aus dem “Wasserspiegel”, Mitarbeitermagazin der Berlinwasser Gruppe

Der Volksentscheid zur Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge bei den Berliner Wasserbetrieben hat sich eigentlich erledigt. Denn seit dem vergangenen Herbst stehen die Verträge im Internet für jeden lesbar. Dennoch sind die Berliner am 13. Februar an die Wahlurnen gerufen. Damit hier auch möglichst viele – gegen die Empfehlung des Senats und des Abgeordnetenhauses – für den Gesetzentwurf des Wassertisches stimmen, spart dieser nicht mit Polemik. Das geht so lange in Ordnung, wie Fakten zugespitzt werden. Der Wassertisch geht aber ein Stück weiter. Er polemisiert mit Unterstellungen, die oft die Grenze zur Lüge streifen. Weil aber Lügen strafbar sind – auch wenn der Wassertisch das Gegenteil behauptet –, wird das Ganze einfach in Frageform verpackt. Denn Fragen ist ja erlaubt. Und das Kalkül dabei ist, dass garantiert immer etwas hängen bleibt.

Die „Amtlichen Informationen“

Jeder Berliner Wahlberechtigte hat mit seiner Wahlbenachrichtigung eine kleine Broschüre mit „Amtlichen Informationen zum Volksentscheid“ zugestellt bekommen. Und darin schreibt der Wassertisch, dass aus Gründen der Gewinnmaximierung massiv Arbeitsplätze abgebaut, Wasserwerke geschlossen, ca. 30 km² Wasserschutzgebiet „geopfert“ und Investitionen unterblieben wären, weshalb „marode Rohre und Rohrbrüche“ die Trinkwasserqualität gefährdeten.

In der „Amtlichen Information“ dürfen die Träger eines Volksbegehrens ihre Inhalte ungeprüft veröffentlichen. Ob sie richtig sind oder nicht, das soll der Bürger im Wahllokal selbst entscheiden. Aber dafür braucht der Bürger eben auch Informationen. Und deshalb wollen wir mal ein paar Polemiken des Wassertischs klarstellen:

Massiver Arbeitsplatzabbau:

Ja, den gab es auch bei den Berliner Wasserbetrieben. Er begann übrigens schon viele Jahre vor der Teilprivatisierung, und hatte drei ganz normale Gründe: Es gab aus der Zeit vor der Wiedervereinigung Doppelstrukturen, seit 1989 hat sich der Wasserverkauf in Berlin halbiert und wir sind im Interesse unserer Kunden ein modernes Unternehmen. Drei Gründe, die erklären, warum es richtig ist, Arbeit durch Automatisieren leichter und auch günstiger zu machen und manche Arbeiten auch ganz wegfallen zu lassen. Maschinenstürmerei liegt Technikern wie uns naturgemäß fern. Und: Jeder Mitarbeiter der Berliner Wasserbetriebe ist bis 2020 vor betriebsbedingten Kündigungen sicher. Das ist einmalig in Berlin.

Wasserwerke geschlossen, ca. 30 km² Wasserschutzgebiet „geopfert“:

Von den 1990 in Berlin betriebenen 16 Wasserwerken wurden bis 1997 – die Teilprivatisierung war 1999 – fünf geschlossen, nämlich Friedrichsfelde 1992, Altglienicke 1993, Riemeisterfenn 1995, Köpenick 1996 und Buch 1997.

2001 folgten dann die beiden Werke in Johannisthal und Jungfernheide. Heute versorgen wir Berlin über neun Wasserwerke. Warum wurden die sieben zumeist kleineren Wasserwerke geschlossen? Weil sich die Wassernutzung in Berlin schlicht seit der Wende halbiert hat. Das hat mit der Abwanderung der Industrie nach dem Mauerfall zu tun, aber auch mit moderner Technik, die Wasser spart. Also haben wir zumindest auf der Werksseite die Strukturen angepasst. Auf Basis der Netze ging das nicht. Im Gegenteil: Dort haben wir durch immer neue städtische Erschließungsgebiete unsere Rohr- und Kanalnetze seit 1990 sogar noch um 1600 km auf 18 500 km Gesamtlänge ausgebaut. Gegen den sinkenden Mengentrend.

Ein Drittel Berlins sind Wasserschutzgebiete. Also 300 km² von 900 km². Wenn von diesen 300 km² zehn Prozent aufgegeben worden sind, dann folgt das der Mengenentwicklung. Und auch nur zum Teil, denn die Menge ist weitaus stärker gesunken. Und: Wasserschutzgebiete sind Sache des Staates. Kein Unternehmen, auch die Berliner Wasserbetriebe nicht, kann solche Gebiete begründen oder aufgeben.

Unterbliebene Investitionen, marode Rohre, Rohrbrüche, gefährdete Trinkwasserqualität:

Dass das Berliner Trinkwasser von einer Qualität ist, die der von Mineralwasser in nichts nachsteht, wurde auch von unseren massivsten Kritikern bisher nicht bestritten. Wie auch, wenn es von der Stiftung Warentest bis hin zu Umweltverbänden dafür immer wieder Bestätigung von dritter Seite gibt. Und diese Qualität ist kein Gottesgeschenk, sondern hat sehr viel mit Investitionen in eine vernünftige Infrastruktur und in die Sicherung (Trinkwasser) und den Ausbau (Abwasser) der Güte unserer beiden Hauptprodukte zu tun. Fast siebeneinhalb Milliarden Euro haben wir seit 1990 in unsere Anlagen und Netze investiert, davon rund drei Milliarden seit der Teilprivatisierung. Dass die Investitionen in den 1990er Jahren höher lagen als heute, ist aber nur natürlich, denn seinerzeit musste nicht nur in den Ostbezirken eine Menge Versäumtes nachgeholt werden. Die Erneuerung faktisch aller Klärwerke erfüllte darüber hinaus ansteigende Umweltvorgaben der EU. Diese Aufgaben sind heute bewältigt und Investitionen sind kein Selbstzweck. Denn sie führen zu Abschreibungen und die schlagen sich auf die Preise nieder. Deren Stabilisierung verfolgen wir mit Nachdruck, ohne dabei unsere Produkte zu vernachlässigen. Und das belegt nicht nur die Qualität (siehe oben), sondern auch die Sicherheit der Wasserversorgung. Die Zahl der Rohrbrüche sinkt seit mehr als zehn Jahren, die Wasserverluste in Berlin liegen etwa auf der Hälfte des bundesdeutschen Niveaus, das international beispiellos den Standard markiert.

Die Wollt-ihr-wissen-Fragen

Über die Internetseite wollt-ihr-wissen. de werden 133 Fragen verbreitet. Die meisten dieser Fragen spielen mit Ängsten und suggerieren, dass etwas im Argen liege. Beantwortet könne jede Frage erst werden, wenn nach einem erfolgreichen Volksentscheid die angeblich fehlenden 99 Prozent der Unterlagen zum Berliner Wasser offengelegt würden.

Da wird zum Beispiel gefragt, warum außerhalb von Berlin das Grundwasser sinkt, wohin die Rückstände aus Berliner Krankenhäusern fließen, ob auch Babys ohne Schaden zu nehmen unser Trinkwasser trinken können, warum man in der Spree nicht baden sollte, warum in eurem Haus der Leitungswasserdruck fällt, wann der nächste große Wasserrohrbruch sein wird usw. usf.

Man könnte natürlich auf die meisten dieser Fragen antworten. Auf manche fällt das angesichts der Absurdität schwer. Aber das ist garantiert gar nicht gewollt. Gewollt ist eher, dass bei den Berlinern das diffuse Gefühl entsteht, dass hier etwas nicht gut läuft. Dass mit der Daseinsvorsorge Schindluder getrieben und dass ein Unternehmen auf Verschleiß gefahren wird.

Die Initiatoren der Kampagne freuen sich ihrer Cleverness. Denn juristisch kann ihnen keiner. Dass sie dabei zynisch unsere Arbeit für bestes Wasser, bessere Umweltqualität und besseren Service mit Füßen treten, ist ihnen egal.“

Dokumentation der Antworten der BWB auf die „Wollt-ihr-wissen“-Fragen, kommentiert von GiB

 

1. Wollt ihr wissen … was passiert, wenn Veolia Wasser, die Tochter von Veolia, Konkurs geht?

Antwort BWB 2011:     Nichts. In den (öffentlichen) Verträgen steht, dass für alle Verpflichtungen die Aktiengesellschaften RWE und Veolia als Gesamtschuldner haften.
Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

2. Wollt ihr wissen … warum die SPD und die LINKE im Abgeordnetenhaus nicht das entsprechende Gesetz zur Offenlegung mit eigener Mehrheit beschließen?

Antwort BWB 2011:        Weil sie es für verfassungswidrig halten, wie man überall lesen konnte.             Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

3. Wollt ihr wissen … wie hoch das haftende Kapital der Veolia Wasser GmbH sowie der RWE Aqua GmbH ist, die zusammen über unsere Trinkwasserinfrastruktur bestimmen?

Antwort BWB 2011:        Das kann man in den Handelsregistern von Berlin und Essen nachlesen. Vertragspartner des Landes sind die Aktiengesellschaften RWE und Veolia, deren Finanzlage ist öffentlich im Internet nachzulesen.            Kategorie BWB:     Teilprivatisierung

4.  Wollt ihr wissen … wer gegen das über den Volksentscheid geforderte Gesetz zur Offenlegung der Verträge klagen sollte?

Antwort BWB 2011:        Keine Ahnung, denn die Verträge sind ja schon offengelegt.
Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

5. Wollt ihr wissen … ob in der Spree bald 75% der Fische weiblich sind?

Antwort BWB 2011:        Weil ein Verbot der „Pille“ nicht durchsetzbar war, arbeiten die Berliner Wasserbetriebe derzeit an der Einführung vierter Reinigungsstufen in ihren Klärwerken. Die halten viele Spurenstoffe zurück, auch Hormone.   Kategorie BWB:               Wasserqualität und Umwelt

6. Wollt ihr wissen … welche Konsequenzen ein Börsengang der Holding der Wasserbetriebe haben könnte?

Antwort BWB 2011:        Keine, denn es gibt keinen Börsengang.              Kategorie BWB:  Teilprivatisierung

7. Wollt ihr wissen … wie oft es zu einem Abwasserrohrbruch wie vor drei Monaten in Tempelhof schon gekommen ist – und noch kommen kann?

Antwort BWB 2011:        Im Durchschnitt kommt es jeden Tag zu knapp zwei Rohrbrüchen. Das ist im Vergleich wenig, wenn man sich die Dimensionen der Druck-Netze vor Augen führt: rund 7.900 Kilometer Trinkwasserrohre und 1.150 Kilometer Abwasserdruckleitungen. Zwar ist kein Rohrbruch schön, angesichts der Verkehrslast auf den Straßen aber selbst mit der vorausschauendsten Instandhaltung nicht zu vermeiden. Aber: Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich die Zahl der Rohrbrüche nahezu halbiert. Und: Große Rohrbrüche wie unter dem Tempelhofer Damm sind selten, kommen vielleicht alle zwei Jahre einmal vor. Die meisten Rohrbrüche würden Laien kaum bemerken, weil technisch auch ein feiner Haarriss, durch den nur wenig Wasser tropft, ein Rohrbruch ist. Siehe Fragen 19, 44, 93 und 125             Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

8. Wollt ihr wissen … von wem Wowereit nach einer Wahlniederlage ein Stellenangebot bekommt?

Antwort BWB 2011:        Spannende Frage, die allerdings eine Abwahl voraussetzt. Und selbst für diesen Fall können wir sie nicht beantworten.
Kategorie BWB:               Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

9.            Wollt ihr wissen … was der Unterschied zwischen dem Bankenskandal und der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe ist?

Antwort BWB 2011:        Ja, das Ergebnis: Bankgesellschaft zerschlagen und verkauft. Berlinwasser Gruppe zu erfolgreichem Unternehmen umgebaut. Während bei der Bankgesellschaft ein erheblicher Schaden für den Landeshaushalt eingetreten ist, sichern die Wasserbetriebe verlässliche Einnahmen für die öffentliche Hand.           Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

10.          Wollt ihr wissen … in wessen Hand die Geschäftsleitung der Berliner Wasserbetriebe liegt?

Antwort BWB 2011:     In der Hand des Vorstandes.     Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

11.          Wollt ihr wissen … warum gerade ein Drittel des Stammkapitals der Wasserbetriebe entnommen wurde – 526 Millionen €?

Antwort BWB 2011:       Es war deutlich weniger als ein Drittel, aber die 526 Mio. € wurden entnommen, weil das Land Berlin nach einem verlorenen Rechtsstreit über nicht beglichene Kosten für die Straßenregenentwässerung aus den Jahren 1997 bis 2007 die Konsequenzen des Urteils nicht mit Steuergeld, sondern durch Verrechnung mit seinen Kapitalanteilen an den Berliner Wasserbetrieben beglichen hat. Damit das Anteilsverhältnis zu den privaten Gesellschaftern unverändert bleibt, hatten diese ebenfalls ihr Kapital in den Wasserbetrieben reduziert. Siehe Frage 61                                  Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

12.          Wollt ihr wissen … wer Annette Fugmann-Heesing ist (und für wen sie arbeitet)?

Antwort BWB 2011:                 Ehemalige Berliner Finanzsenatorin. Mitglied der SPD. Heute – ausweislich Wikipedia – Vorsitzende des Hochschulrates der Universität Bielefeld und selbständige Unternehmensberaterin.                   Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

13.          Wollt ihr wissen … wohin die zugesagten 2,55 Milliarden Euro Investitionen für den Zeitraum 1999 – 2009 geflossen sind?

Antwort BWB 2011:       In die Berliner Infrastruktur zur Wasserversorgung und Abwasserbehandlung, wobei 85 % der Aufträge an regionale Firmen vergeben worden sind.  Kategorie BWB:                 Unternehmen, Infrastruktur und Netz

14.          Wollt ihr wissen … warum Senator Harald Wolf 2003 eine Änderung zu den Wasserverträgen unterschrieben hat?

Antwort BWB 2011:        Weil der Berliner Verfassungsgerichtshof den Gesellschaftern der Wasserbetriebe Änderungen dieser Verträge aufgegeben hat.            Kategorie BWB:              Teilprivatisierung
Kommentar Gemeingut in BürgerInnenhand:  Das ist eine interessante Antwort. Zunächst bezieht sich die Antwort nicht auf Harald Wolf, die Frage aber schon. Warum? Noch interessanter: Die BWB kennen die Aussagen des Berliner Verfassungsgerichtshof zu ihrem Fall vermutlich in- und auswendig. Das Urteil betrifft insbesondere einen für ungültig erklärten Passus in einer Gesetzesregelung. Die Verträge selbst sind und waren privatrechtlich und lagen dem Gericht leider nicht einmal vor, ganz zu schweigen davon, dass das Gericht eine Änderung daran vorgeschrieben hätte oder hätte vorschreiben dürfen. Wieso also wurde dann die Änderung unterschrieben, oder noch präziser, warum genau diese Änderung? Und warum wurde Harald Wolf vom Kritiker der Verträge zu deren Vollstrecker, zum so willigen Vollstrecker, dass er selbst die Passagen neu und schärfer einsetzte, die durch den entfallenen Gesetzeshintergrund nichtig geworden waren, und zwar nichtig zugunsten des Landes, dessen Wohl zu wahren und zu mehren er seinen Eid abgelegt hatte? Das ist doch gar zu spannend, um sich mit ein paar kargen Zeilen Antwort zufrieden zu geben.

15.          Wollt ihr wissen … wer etwas zu verbergen hat?

Antwort BWB 2011:        Keine Ahnung, wir nicht.
Kategorie BWB:               Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

16.          Wollt ihr wissen … warum die Wasserpreise privater Betreiber im Durchschnitt 30 % über denen der kommunalen Betreiber liegen?

Antwort BWB 2011:        Ist das so? Eine solche Statistik ist uns nicht bekannt.
Kategorie BWB:               Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

17.          Wollt ihr wissen … wie hoch die Standgebühr eines Würstchenverkäufers auf dem Eis ist?

Antwort BWB 2011:                 Das sind 70 Euro für eine Wintersaison, vorausgesetzt der Frager meint den Schlachtensee, der den Berliner Wasserbetrieben gehört. Achtung: den Wasserbetrieben gehören der Schlachtensee, der Nikolassee und die Krumme Lanke, alle anderen Berliner Gewässer aber nicht. Als Eigner des Schlachtensees halten wir über die Oberflächenwasseraufbereitungsanlage Beelitzhof diesen See sowie den Waldsee, die Krumme Lanke, das Riemeisterfenn und den Grunewaldsee nicht nur mit jährlich 2,9 Millionen Kubikmetern gereinigtem Havelwasser voll, sondern auch klar. Dem Wasser werden vor dem Überpumpen in die Seenkette 99 % des gelösten Phosphors entzogen. Dafür wenden wir rund eine halbe Million Euro im Jahr auf. Eine bescheidene Gebühr für kommerzielle Tätigkeiten Dritter dort ist durchaus angebracht. Siehe Frage 86
Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

18.          Wollt ihr wissen … was in einem Vertrag der Unterschied zwischen „können” und „müssen” ist?

Antwort BWB 2011:        Wie es die Verben schon sagen, können und müssen. Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

19.          Wollt ihr wissen … nach wie vielen Jahren die Rohre des Berliner Wasserleitungsnetzes als erneuerungsbedürftig gelten?

Antwort BWB 2011:       In der deutschen Wasserwirtschaft gilt der Grundsatz, dass ein Rohr 100 Jahre halten soll. Erneuert wird aber nicht schematisch, sondern nach Schadenswahrscheinlichkeit. Es gibt Materialien, die erst 30 Jahre alt sind, und ausgetauscht werden müssen, es gibt andere, die seit mehr als 100 Jahren keinen Verschleiß zeigen. Das Durchschnittsalter des Berliner Wasserrohrnetzes liegt bei 55 Jahren. Siehe Fragen 7,44 93,123 und 125
Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

20.          Wollt ihr wissen … ob nach einer Rekommunalisierung Jahre lang viel Geld an Veolia + RWE für den Betrieb von Anlagen bezahlt werden muss?

Antwort BWB 2011:       Dann wäre es ja keine Rekommunalisierung.    Kategorie BWB:     Teilprivatisierung

Kommentar Gemeingut in BürgerInnenhand:  Das ist sehr sinnig gesagt. Wir hatten nicht mit der radikalen Offenheit der BWB gerechnet. Hätten wir das, hätten wir gefragt: Wollt ihr wissen … ob bei Einhaltung der Verträge nach einer Rekommunalisierung Jahre lang viel Geld an Veolia + RWE für den Betrieb von Anlagen bezahlt werden muss? Derzeit wird ja immer noch mit RWE über eine “Rekommunaliserung” verhandelt. Dabei sollen Anteile zurückgekauft werden. Der Preis seitens RWE wird nicht nur durch die “zukünftig entgehenden Gewinne” bestimmt, es geht auch um Lieferverträge für Technologien und Patente, die RWE den BWB in den letzten 11 Jahren “freundlicherweise” zur Verfügung gestellt hat. Bleibt man in der Logik der BWB, dann bedeutet Rekommunalisierung: Die Daseinsvorsorge den Privaten wegnehmen und ihnen nie wieder einen Cent geben. Nicht die schlechteste Lösung. In Potsdam hat das so leider nicht geklappt. Man hat das Potsdamer Wasser den Privaten weggenommen, die Zahlungsverpflichtungen blieben leider erhalten. Die Leimener zahlten bei ihrem PPP-Projekt sogar für ein bereits geschlossenes Stadtbad weiter. Wir wollten gerne mal ausloten, was uns da in Berlin droht. Nichts, wenn man den BWB Glauben schenkt. Schön. Fast zu schön, möchte man meinen. Auf jeden Fall würde eines unser Vertrauen in diese Aussage bestärken: Wenn wir es schwarz auf weiß lesen dürften.

21.          Wollt ihr wissen … ob ab 2014 bei den Berliner Wasserbetrieben Leute entlassen werden?

Antwort BWB 2011:     Nein, der Vertrag des Vertrauens, der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor betriebsbedingten Kündigungen schützt, gilt bis 2020, er wurde erst vor anderthalb Jahren verlängert.  Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

22.          Wollt ihr wissen … wem wertvolle ökologische Schutzgebiete verloren gehen?

Antwort BWB 2011:                 Niemandem. Die Fakten: 2008 wurden die in den Jahren 1993, 1997 und 2001 außer Betrieb genommenen früheren Wasserwerke Altglienicke, Buch und Jungfernheide aufgegeben und die Schutzgebietsverordnungen aufgehoben. Das kleine Werk Buch liegt inmitten von bebauten (Wohn-)Gebieten. Dort geht ökologisch nichts verloren. Jungfernheide zwischen der Siemensstadt und der Spree steht weitestgehend unter Landschaftsschutz und Altglienicke überwiegend unter Naturschutz. Auch damit ist ein ökologischer Verlust nicht zu erkennen.                Kategorie BWB:                 Wasserqualität und Umwelt

23.          Wollt ihr wissen … ob auch Babys ohne Schaden zu nehmen unser Trinkwasser trinken können?

Antwort BWB 2011:        Ja, denn Berliner Trinkwasser hat beste Qualität, die von uns bis zum Übergabepunkt an der Wasseruhr garantiert wird. Für die daran anschließenden Rohre in den Häusern ist der jeweilige Hauseigentümer verantwortlich, der rechtlich einem Wasserversorger gleichgestellt ist. Wenn in diesen Häusern keine Bleirohre (mehr) sind – deren Einbau seit den 1930er Jahren verboten ist – und man mit dem Wasser wie ein denkender Mensch umgeht, also Wasser frisch und nicht abgestanden verwendet, dann ist alles bestens. Im Übrigen wurde Generationen von Berliner Babys ihr Fläschchen mit Berliner Wasser gekocht. Es ist ihnen bestens bekommen.
Kategorie BWB:               Wasserqualität und Umwelt

Kommentar Gemeingut in BürgerInnenhand:   Was ist aus dieser Aussage nur wenige Monate später geworden?

http://www.tagesspiegel.de/berlin/wasser-wird-weiter-gereinigt-spandauer-schmutzquelle/4449220.html

“Nach wie vor unklar ist aber die Ursache des Keimbefalls. „Wir gehen von einem defekten Brunnen aus. Es kann aber auch eine defekte Zuleitung sein“, sagte Sprecher Beck. Solange die Keimquelle nicht gefunden ist, wird das Trinkwasser, das im Wasserwerk Spandau eingespeist wird, weiter mit Chlorgas gereinigt.”

http://www.tagesspiegel.de/berlin/nachrichten/4512140.html

„Berliner Trinkwasser wird nach Verkeimung weiter gechlort

Berlin – Der viele Regen der vergangenen Wochen hat nach Angaben der Berliner Wasserbetriebe (BWB) das Spandauer Trinkwasser mit coliformen Keimen verschmutzt.

Durch undichte Stellen sei Oberflächenwasser eingedrungen. Da noch Keime vorhanden sein können, werde das Wasser in Teilen von Berlin vorerst weiter mit Chlor behandelt. Laut BWB ist es zwar ohne Einschränkungen als Trinkwasser geeignet, allerdings sei Chlorgeruch nicht auszuschließen.“

24.          Wollt ihr wissen … wie die Tochterfirma Veolia Environnement am Berliner Wasser verdient?

Antwort BWB 2011:     Die Tochter ist die Mutter, denn an den Berliner Wasserbetrieben ist Veolia Wasser beteiligt, die zu Veolia Environnement gehört. Sie bekommt, wie auch die anderen beiden Gesellschafter, Land Berlin und RWE Aqua, den ihr für ihren Anteil am Unternehmen (24,95 %) zustehenden Gewinn. Dessen Höhe schwankt jährlich mit der Geschäftsentwicklung. Die Unternehmensergebnisse werden im Geschäftsbericht veröffentlicht, nachzulesen u.a. auf www.bwb.de   Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

25.          Wollt ihr wissen … was heute der Grundstückspreis für einen Quadratmeter eines ehemaligen Wasserschutzgebietes ist?

Antwort BWB 2011:       Durch die Aufhebung eines Schutzgebietes ändert sich nicht automatisch der Grundstückspreis, weil sowohl das jeweilige Planungs- und Baurecht als auch die übrigen, gesetzlich festgelegten Schutzbelange wie z.B. Landschafts- und Naturschutz oder Denkmalschutz weiterhin bestehen bleiben. Siehe Fragen 36, 85, 92, 105 und 122   Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

26.          Wollt ihr wissen … wer die Rechte an den Patenten und den seit der Privatisierung eingeführten Technologien inne hat?

Antwort BWB 2011:       Wenn die Erfindungen bzw. technischen Lösungen bei den Berliner Wasserbetrieben entstanden, zum Patent angemeldet und diese erteilt sind, dann haben die Wasserbetriebe als Inhaber der Patente auch die Rechte. Siehe Frage 133. Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

27.          Wollt ihr wissen … ob die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe gegen europäisches Recht verstößt?

Antwort BWB 2011:       Nein, sonst wäre sie ja Unrecht. Das ist sie aber nicht, wie das Verfassungsgericht 1999 bestätigt hat.          Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

28.          Wollt ihr wissen … warum vor den Toren von Berlin Wasserschutzgebiete aufgegeben werden?

Antwort BWB 2011:        Das müsste man diejenigen fragen, die dort etwas aufgegeben haben. Die Berliner Wasserbetriebe haben nur ein Wasserwerk vor den Toren Berlins: das Wasserwerk Stolpe. Das wird aber nicht aufgegeben. Alle anderen Wasserwerke sind in Berlin.
Kategorie BWB:               Wasserqualität und Umwelt

29.          Wollt ihr wissen … mit wie hoch der Rückkaufpreis der Wasserbetriebe im Vergleich zum Einkaufspreis anzusetzen ist?

Antwort BWB 2011:       Eine spannende und derzeit theoretische Frage, über die sich aber die Gelehrten streiten.        Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

30.          Wollt ihr wissen … warum in Berlin das Grundwasser immer weiter steigt?

Antwort BWB 2011:       Weil sich die Wassernutzung in Berlin seit 1990 halbiert hat. Weil es mehrere niederschlagsreiche Jahre in Folge gab. Und weil heute bei Tiefbauvorhaben Grundwasser nicht mehr großflächig abgepumpt, sondern mit Gelsohlen von den Baugruben ferngehalten wird. Im Übrigen kommt das Grundwasser nur zurück, es stellt sich das natürliche Gleichgewicht wieder ein.                Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

31.          Wollt ihr wissen … wer bei den Glühweinverkäufern auf dem Eis der Berliner Seen kassiert?

Antwort BWB 2011:     Siehe Frage 17
Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

32.          Wollt ihr wissen … wer für die Entsorgung des Regenwassers bezahlt?

Antwort BWB 2011:       Immer derjenige, von dessen Grundstück Regenwasser in einen Kanal eingeleitet wird. Bei Straßen und Plätzen das Land Berlin, sonst der jeweilige Eigentümer.
Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

33.          Wollt ihr wissen … was Harald Wolf 2003 mit RWE ausgehandelt hat – und warum RWE diesen Handel so gut findet?

Antwort BWB 2011:       Das müssen Sie die handelnden Personen fragen.
Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

34.          Wollt ihr wissen … in welchem Zustand unser Abwassersystem ist?

Antwort BWB 2011:       In einem guten.                 Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

35.          Wollt ihr wissen … inwieweit sich für das Land Berlin nach der Wasser-Teilprivatisierung die Möglichkeiten der Umweltvor- und Nachsorge verändert haben?

Antwort BWB 2011:       Zumindest nicht zum Negativen. Im Gegenteil. Im Berliner Betriebe-Gesetz und im Berliner Wassergesetz, beide zur Teilprivatisierung 1999 umfangreich novelliert, sind detailliert die Umweltvorgaben Berlins an die Wasserwirtschaft geregelt. Darüber hinaus gelten selbstverständlich alle einschlägigen Bundes- und Landesgesetze.        Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

36.          Wollt ihr wissen … ob die Gewinne der Wasserbetriebe auch durch Grundstücksverkäufe erfolgen?

Antwort BWB 2011:        Ja, gleichzeitig wurden damit aber auch unnötige Kosten vermieden. Siehe Fragen 25, 85, 92, 105 und 122                               Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

37.          Wollt ihr wissen … wieviel Neuinvestitionen und Sanierungsinvestitionen („Wartung”) vorgenommen wurden?

Antwort BWB 2011:       Im Jahr 2010 wurden von den Berliner Wasserbetrieben rund 264 Millionen Euro investiert. Hiervon entfallen auf die Erneuerungsinvestitionen etwa 70 %.        Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

38.          Wollt ihr wissen … ob unser Wasser bald mit Chlor versetzt wird?

Antwort BWB 2011:       Nein, das wird es nicht. Unsere Philosophie ist und bleibt die naturnahe Aufbereitung, die lediglich aus einer Enteisenung und Entmanganung besteht – wie bei Mineralwasser.          Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

Kommentar Gemeingut in BürgerInnenhand:   Was ist aus dieser Aussage nur wenige Monate später geworden?

http://www.tagesspiegel.de/berlin/wasser-wird-weiter-gereinigt-spandauer-schmutzquelle/4449220.html

“Nach wie vor unklar ist aber die Ursache des Keimbefalls. „Wir gehen von einem defekten Brunnen aus. Es kann aber auch eine defekte Zuleitung sein“, sagte Sprecher Beck. Solange die Keimquelle nicht gefunden ist, wird das Trinkwasser, das im Wasserwerk Spandau eingespeist wird, weiter mit Chlorgas gereinigt.”

http://www.tagesspiegel.de/berlin/nachrichten/4512140.html

„Berliner Trinkwasser wird nach Verkeimung weiter gechlort

Berlin – Der viele Regen der vergangenen Wochen hat nach Angaben der Berliner Wasserbetriebe (BWB) das Spandauer Trinkwasser mit coliformen Keimen verschmutzt.

Durch undichte Stellen sei Oberflächenwasser eingedrungen. Da noch Keime vorhanden sein können, werde das Wasser in Teilen von Berlin vorerst weiter mit Chlor behandelt. Laut BWB ist es zwar ohne Einschränkungen als Trinkwasser geeignet, allerdings sei Chlorgeruch nicht auszuschließen.“

39.          Wollt ihr wissen … wie das Bieterverfahren bei der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe gelaufen ist?

Antwort BWB 2011:       Unter Leitung einer Steuerungsgruppe mit den damaligen Berliner Senatoren Anette Fugmann-Heesing (Finanzen), Wolfgang Branoner (Wirtschaft) und Peter Strieder (Stadtentwicklung) hat die Investmentbank Merill Lynch ein internationales Investorenauswahlverfahren durchgeführt, bei dem sich die heutigen Gesellschafter RWE und Veolia (anfangs zusätzlich mit der Allianz AG) mit ihrem Angebot gegen mehr als 20 Interessenten durchgesetzt haben.     Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

40.          Wollt ihr wissen … ob es eine kostengünstige Rekommunalisierung gibt?

Antwort BWB 2011:       Eine spannende Frage, über die manche Gelehrte derzeit heftig nachdenken.         Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

41.          Wollt ihr wissen … wohin die Rückstände aus den Berliner Krankenhäusern fließen?

Antwort BWB 2011:                 In die Kanalisation. Das ist in aller Regel auch kein Problem, die Klärwerke schaffen die meisten der darin enthaltenen Stoffe. Darüber hinaus wären individuelle Abwasser-Vorbehandlungen vor Ort oder die getrennte Sammlung und Entsorgung bestimmter Abwässer logistisch und finanziell darstellbar, wie Forschungsprojekte der Berliner Wasserbetriebe und des Kompetenzzentrums Wasser Berlin bewiesen haben. Allerdings sollte auch hier das Verursacher-Prinzip gelten, sonst würde die Wasserwirtschaft zum Reparaturbetrieb am Ende der Leitung. Siehe Frage 57                Kategorie BWB:               Wasserqualität und Umwelt

42.          Wollt ihr wissen … warum Teile der 1999 abgeschlossenen Wasserverträge für verfassungswidrig erklärt worden sind?   

Antwort BWB 2011:       Weil diese Teile offensichtlich nicht verfassungskonform waren und durch Neureglungen geändert werden mussten, was 2003 geschehen ist.     Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

43.          Wollt ihr wissen … wie die vom Senat zugesagten Gewinne für die privaten Konzerne zustande kamen?

Antwort BWB 2011:       Die berechnen sich ebenso wie die Gewinne des Landes Berlin im Einklang mit den einschlägigen gesetzlichen Regelungen, vor allem aus der kalkulatorischen Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals.                Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

44.          Wollt ihr wissen … was passiert, wenn das Berliner Rohrnetz von Veolia und RWE ähnlich vernachlässigt wird wie die S-Bahn von der DB?

Antwort BWB 2011:       RWE und Veolia könnten – selbst wenn sie wollten – das Rohrnetz nicht vernachlässigen. Denn über die Investitionen entscheiden die Berliner Wasserbetriebe, an denen das Land Berlin die Mehrheit hält. Siehe Fragen 7, 19, 93, 123 und 125.    Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

45.          Wollt ihr wissen … ob die Praxis der Entscheidungsfindung bei den Berliner Wasserbetrieben mit den Prinzipien des Urteils des Verfassungsgerichts vereinbar ist?

Antwort BWB 2011:       Davon kann man getrost ausgehen, sonst hätte garantiert schon jemand dagegen geklagt.                Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

46.          Wollt ihr wissen … warum öffentliches Eigentum nicht unter den Bedingungen des öffentlichen Rechts, sondern des Privatrechts verkauft wurde?

Antwort BWB 2011:       Das sollte man die damaligen Verkäufer fragen.                Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

47.          Wollt ihr wissen … wie sich bei den BWB das Betriebsklima durch den Abbau von mehr als 2000 Stellen seit der Teilprivatisierung verändert hat?

Antwort BWB 2011:       Das Betriebsklima ist dadurch nicht schlechter geworden. Bei den Berliner Wasserbetrieben ist man stolz, in vielen Bereichen Technologieführer zu sein. Das impliziert Fortschritt. Der Abbau von Stellen hat insbesondere viele einfache, anstrengende und Schichtarbeits-Stellen verschwinden lassen. Und: Gekündigt wurde dafür niemand. Das Betriebsklima wird sogar alle zwei Jahre durch eine Mitarbeiterumfrage qualitativ bestimmt – mit Tendenz zum Sonnenschein. Im Übrigen: einen Stellenabbau hat es seitdem auch bei anderen Landesunternehmen wie der BSR gegeben.      Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

48.          Wollt ihr wissen … warum außerhalb von Berlin das Grundwasser sinkt?           

Antwort BWB 2011:       Das kann viele Ursachen haben: Geologie, Klima, Bodennutzung, falscher Waldbau, Festhalten an Melioration usw. Übrigens, zurzeit säuft das Berliner Umland im Binnenhochwasser förmlich ab, von sinkenden Grundwasserständen ist nicht viel zu sehen.  Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

49.          Wollt ihr wissen … warum es in Berliner Gewässern vermehrt zu Bildung der giftigen Blaualgen kommt?

Antwort BWB 2011:       Erfreulicherweise ist das Gegenteil der Fall. Selbst im letzten Jahrhundertsommer, als die Spree faktisch stand und sich weitgehend aus Kläranlagenabläufen gespeist hat, ist sie nicht umgekippt. Das sagt eine Menge über die nachhaltigen Steigerungen der Reinigungsleistung der Klärwerke, die sich in Berlin seit 1990 um etwa 80 % verbessert hat. Aber keine Angst: Die Blaualgen, die ja in Wahrheit keine Algen, sondern Cyanobakterien sind, sterben nicht aus. Sie waren die ersten Lebewesen der Erde und haben bisher alles und jeden überlebt, bisher auch uns. Die verbliebenen schmollen in Ecken.          Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

50.          Wollt ihr wissen … wer 1.270 Millionen und wer 696 Millionen Euro erhalten hat?

Antwort BWB 2011:                 Wer wie viel Gewinne und andere Einnahmen aus der Tätigkeit der Berliner Wasserbetriebe bekommt, kann jeder nachlesen, z.B. in den Geschäftsberichten die auch unter www.bwb.de online stehen.             Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

51.          Wollt ihr wissen … ob das Vermögensgeschäft ausschließlich zur Sanierung des Haushalts benutzt wurde?

Antwort BWB 2011:       Nein. Neben den damals 3,1 Milliarden D-Mark für den Berliner Haushalt wurden weitere 200 Millionen D-Mark für die Sanierung der damaligen Wasserbetriebe-Tochter SVZ Schwarze Pumpe gezahlt.             Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

52.          Wollt ihr wissen … was ein Meter Rohrleitung bei kommunalen Zulieferbetrieben vor der Privatisierung kostete, und was er seitdem kostet?

Antwort BWB 2011:       Kommunale Zulieferbetriebe gibt es nicht, wohl aber Berliner und Brandenburger Baufirmen, die für die Berliner Wasserbetriebe arbeiten. Die Indizes für Baupreise sind Marktschwankungen unterworfen und unterliegen der Inflation. Zudem gab es im vergangenen Jahrzehnt Phasen mit und Phasen ohne gesetzlichen Mindestlohn. Insofern sind diese Preise, wie alle anderen Preise auch, nach elf Jahren nicht mehr miteinander vergleichbar.              Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

Kommentar Gemeingut in BürgerInnenhand:  Viele der “Antworten” der BWB sind ja sehr kurz. Hier war man mal ein wenig ausführlicher. Wir fassen daher noch einmal zusammen: Marktschwankungen. Mindestlohn. Inflation. Preise nicht vergleichbar. Was war noch mal die Frage? Ach ja, die Zulieferer, sind sie nun heute teurer oder billiger? Kann es sein, dass sich alles quantifizieren lässt, sogar Dinge, die man für unverkäuflich gehalten hätte, aber so etwas für das Wirtschaften der BWB Elementares wie ‘was-kostet-ein-Meter-Rohr’ nicht? Wir staunen.

Preise zu vergleichen, auch über längere Zeitachsen zu vergleichen, erscheint uns als eines der Hauptbeschäftigungen zu sein, die ein ökonomisches Subjekt tun muss, um sich im real existierenden Kapitalismus zu orientieren. Und auf einmal geht das nicht mehr. Nun sind wir ökonomisches Subjekt im Falle des Berliner Wassers nur noch in Form eines Partikels in der amorphen Masse der Gebührenzahlenden. Fragen wie unsere, die noch die alte Perspektive einnehmen, in der wir uns noch dafür interessieren, was mit den Gebühren angestellt wird, scheinen irgendwie ungebührlich.

Inflation ist nichts weiter als eine Zeitreihe mit gebündelten Preisen. Manchmal müssen Sondereffekte berücksichtigt werden. Das Benzin war zum Beispiel aus einem Grund extra teuer, der uns momentan nicht interessiert. Dann rechnet man einfach den Energiepreis heraus. Wir sind bereit, dergleichen Arbeit auch bei den Zulieferpreisen für verlegte Rohre zu leisten. Eine kleine Zahlenreihe hätte uns genügt. Fünf Zahlenpaare, zur Not sogar zwei – wir hätten uns schon damit auseinander gesetzt. Wir sind wissbegierig. Die BWB sind ja seit 1999 eine Art Black Box. Da geht ganz viel Geld rein, aber es kommen nur sehr wenig Dienstleistungen und Investitionen heraus. Wir wollen gerne verstehen, wie dieses Mirakel zustande kommt.

Andere Methoden gäbe es schon, um der Sache auf die Spur zu kommen. Eine Idee wäre die: Man hält mal die Hand vor den Geldfluss nach drinnen. Dann wartet man ein wenig. Vielleicht kommt einer aus der Kiste heraus und sagt was interessantes. Eine andere Methode ist die: Man macht mal den Deckel auf und schaut rein. Genau das ist es, was wir mit der Offenlegung der Verträge und Nebenabreden verfolgen. Wir wollen wissen. Auch wie die Rohrpreise waren und sind. Denn die Rohre wurden und werden von unserem Geld bezahlt.

53.          Wollt ihr wissen … wer die Entchenwerbung der Wasserbetriebe bezahlt hat?

Antwort BWB 2011:       Die „Entchenwerbung“ ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens und dient als Anreiz, mehr über die Produkte und Leistungen, über ökologisches Verhalten, Bauvorhaben, Jobangebote u.a.m. zu erfahren, sich im Internet, bei Werksbesuchen oder Veranstaltungen tiefer zu informieren. Für die gesamte Öffentlichkeitsarbeit, von der die Werbung nur ein Teil ist, wenden die Berliner Wasserbetriebe knapp drei Promille vom Umsatz auf. Siehe Frage 102      Kategorie BWB:     Unternehmen, Infrastruktur und Netz

54.          Wollt ihr wissen … warum der Senat versucht hat, verfassungswidrige Teile der Wasserverträge durch neue, aber inhaltsgleiche Regelungen zu ersetzen?

Antwort BWB 2011:                       Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

55.          Wollt ihr wissen … ob RWE und Veolia 2029 eine Ablösesumme verlangen können, wenn der Vertrag dann gekündigt wird?

Antwort BWB 2011:       Ablösesummen gibt’s im Sport, bei Unternehmen gibt es Kaufpreise. Bei einem Ende der Partnerschaft müsste man den privaten Miteigentümern den Wert der ihnen gehörenden Anteile am Unternehmen ausbezahlen. Details stehen in den Verträgen, und die sind öffentlich. Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

56.          Wollt ihr wissen … warum die Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen der Wasserverträge den Anfangsverdacht z.B. wegen Untreue sieht?

Antwort BWB 2011:       Den sieht sie ja gar nicht, sonst müsste sie ja ermitteln.           Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

57.          Wollt ihr wissen … was Kontrastmittel im Tegeler See verloren haben?

Antwort BWB 2011:       Nichts. Wenn sie dennoch darin nachgewiesen werden können, dann weil nach wie vor auch Schwerpunktpraxen Patienten-Urin nicht gesondert sammeln und entsorgen, obwohl das weder logistisch noch finanziell besonders aufwändig ist, wie Forschungsprojekte der Berliner Wasserbetriebe und des Kompetenzzentrums Wasser Berlin bewiesen haben. Siehe Frage 41              Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

58.          Wollt ihr wissen … ob die Politik geregelt hat, unter welchen Bedingungen öffentliches Eigentum überhaupt verkauft werden darf?

Antwort BWB 2011:       Das wird nach jeder Wahl durch die jeweils demokratisch legitimierte Partei bzw. Koalition entschieden.       Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

59.          Wollt ihr wissen … wie hoch der berlinweite Phosphatgehalt unserer Gewässer ist?      Antwort BWB 2011:                 Einen berlinweiten Phosphatgehalt gibt es nicht. Die Wassergütewerte veröffentlicht die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Gegenüber 1990 werden aus den Berliner Kläranlagen 81 % weniger Phosphor und 98 % weniger Ammoniumstickstoff in Spree und Havel eingetragen, haben wir schon 2004 bilanziert. Seither ist es durch weiteren Mengenrückgang und weitere technische Verbesserungen noch weniger geworden, wir haben aber noch keine neue Bilanz errechnet.         Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

60.          Wollt ihr wissen … warum Paris den Vertrag mit Veolia nicht verlängert hat (und nun eine rekommunalisierte Wasserwirtschaft hat)?

Antwort BWB 2011:       Warum hat der größte kommunale Wasserverband Europas, der das Umland von Paris versorgt, seinen Vertrag mit Veolia gerade um zwölf Jahre verlängert? Und warum sinken dort – anders als in Paris – erheblich die Preise?               Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

61.          Wollt ihr wissen … warum die BWB gegen den Senat mit Forderungen in Millionenhöhe klagten?

Antwort BWB 2011:        Siehe Frage 11  Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

62.          Wollt ihr wissen … wie der Filz regiert?

Antwort BWB 2011:       Keine Ahnung. Kann denn Filz regieren?                Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

63.          Wollt ihr wissen … warum das Klärwerk in Marzahn geschlossen wurde?

Antwort BWB 2011:       Das Klärwerk Falkenberg wurde 2003 geschlossen, weil die Abwägung der notwendigen Modernisierungsinvestitionen dazu geführt hat, die dort zuvor behandelten Abwassermengen auf die Klärwerke Waßmannsdorf und Schönerlinde umzuleiten, die einen deutlich höheren Reinigungsstandard haben. Dadurch wurde die aus Berlin stammende Phosphatfracht in der Spree um 85 Prozent gesenkt. Dies war ein deutlicher Beitrag zur Verbesserung der Wasserqualität der Berliner Flüsse und Kanäle.                Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

64.          Wollt ihr wissen … warum der Abwasserpreis in Tarife für Schmutzwasser und Niederschlagswasser aufgesplittet wurde?

Antwort BWB 2011:       Weil es einschlägige Gerichtsurteile gibt, die besagen, dass diese Kosten zu separieren sind, wenn die Kosten für die Niederschlagsentwässerung mehr als zwölf bzw. 15 Prozent der Gesamtkosten der Abwasserentsorgung ausmachen. In Berlin waren es 1999 (das Tarifsplitting kam zum 1. Januar 2000) 19 Prozent. Bereits Jahre zuvor hatte der Verein der Haus- & Grundbesitzerverbände darauf gerichtlich gedrungen. Heute haben nahezu alle deutschen Großstädte diese Tarifstruktur. Mit der Einführung des Niederschlagstarifs wurde der Schmutzwassertarif im Gegenzug entlastet. Bei der Einführung ging es ausschließlich um die möglichst verursachungsgerechte Verteilung der entstandenen Kosten.                Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

65.          Wollt ihr wissen … wie Veolia seine geplante Klage gegen den Film “Water Makes Money” mit dem Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit vereinbart?

Antwort BWB 2011:       Auch wenn es alle behaupten: Es gab und gibt keine ‚Klage gegen den Film‘, keinen Versuch ihn zu verbieten oder seine Ausstrahlung zu verhindern. Was stimmt: Schon im Dezember hat Veolia in Paris Anzeige gegen unbekannt wegen bestimmter falscher Anschuldigungen eingereicht, die in dem Film transportiert werden. Ob diese eine üble Nachrede darstellen, und wer dafür verantwortlich ist, werden die Ermittlungen klären.      Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

66.          Wollt ihr wissen … warum euer Keller immer feuchter wird?      

Antwort BWB 2011:       Weil sich die Wassernutzung in Berlin seit 1990 halbiert hat – ein unumkehrbarer und noch nicht beendeter Prozess. Außerdem wird bei Tiefbauten heute – z. B. durch die Anwendung spezieller Trogbauweisen – weniger Grundwasser abgesenkt. Wir haben heute in Berlin Grundwasserstände wie in vorindustrieller Zeit vor 165 Jahren. Ökologen feiern das. Viele Bauherren haben ihre Häuser ohne entsprechende Abdichtung errichtet, weil sie erwartet haben, dass die Wasserförderung so hoch bleiben werde, wie sie über viele Jahrzehnte Industriegeschichte war.               Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

67.          Wollt ihr wissen … warum die Staatsanwaltschaft noch keine Anklage z.B. wegen Untreue gegen die Verantwortlichen der Wasserverträge erhoben hat?    Antwort BWB 2011:       Weil es dafür offensichtlich keinen Grund gibt.       Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

68.          Wollt ihr wissen … warum alle Namen und alle Unterschriften im vom Senat veröffentlichten Konsortialvertrag geschwärzt oder unkenntlich gemacht wurden?

Antwort BWB 2011:       Weil die jeweils Unterzeichnenden nie als selbständige Person, sondern immer stellvertretend für ihr Unternehmen, ihre Behörde etc. unterzeichnet haben. Und diese sind nicht geschwärzt.              Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

69.          Wollt ihr wissen … ob Berlin zukünftig technische Anlagen zur Wasserklärung überhaupt noch ohne Hilfe von Veolia und RWE betreiben kann?

Antwort BWB 2011:       Natürlich, denn RWE und Veolia haben ja kein Geheimwissen mitgebracht. Und die Anlagen werden von Mitarbeitern der Wasserbetriebe betrieben. Wer´s nicht glaubt kann uns dort besuchen kommen. In allen Wasser- und Klärwerken gibt es Führungen für Besucher. An jedem Werktag.     Kategorie BWB:     Teilprivatisierung

70.          Wollt ihr wissen … warum die Waldmoore vor Berlin – Kumme Lake und Pelzlaake – austrocknen?

Antwort BWB 2011:        Das hat verschiedene Gründe: Daran sind klimatische Veränderungen ebenso Schuld wie Melioration oder Bodenversiegelung im weiteren Umfeld. Auch die – seit Jahren stark rückläufige Nutzung des Grundwassers – trägt dazu bei. Übrigens: die Moore sind nicht ausgetrocknet.              Kategorie BWB:                 Wasserqualität und Umwelt

71.          Wollt ihr wissen … wieviel uns unser Berliner Wasser wirklich kostet?

Antwort BWB 2011:       2,169 €/m³ zuzüglich eines Grundpreises, der je nach individueller Wohnsituation berechnet wird, praktisch aber nur wenige Cent beträgt. Mehr dazu unter www.bwb.de             Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

Kommentar Gemeingut in BürgerInnenhand:  Wir fragten nicht, was in der Preisliste steht, sondern bewußt “wirklich”. Zunächst hat ja das Bundeskartellamt deutlich gemacht, dass der von der BWB abverlangte Preis um zumindest 19% zu hoch ist. Darüberhinaus möchten uns die BWB glauben lassen, die BerlinerInnen liessen sich immer noch mit den TRINKwasserpreisen blenden Es hat sich allerdings herumgesprochen, dass das Abwasser mit dem Trinkwasser mitbezahlt wird, schliesslich haben die wenigsten einen eigenen Abwasserzähler. Und so kommt es auch, dass das Kartellamt für kommendes Jahr eine weitere Preissenkung um 25 Prozent für möglich hält. Günstiger wird das Wasser für die Berliner damit noch nicht. Schliesslich bekommen  veolia und RWE ihre Rendite so oder so, zur Not aus den Steuergeldern. Und die größte Rechnung kommt ohnehin am Schluß: der Preis für die Totalsanierung der heruntergewirtschafteten Infrastruktur 2029.

72.          Wollt ihr wissen … was es kosten wird, wenn nicht vor 2029 rekommunalisiert wird?   

Antwort BWB 2011:                                 Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

73.          Wollt ihr wissen … was die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe für die privaten Investoren RWE und Veolia zu einem Steuersparmodell gemacht hat?

Antwort BWB 2011:       Keine Ahnung. Das Land Berlin bekommt jedenfalls mehr Steuern als vorher, schon weil die privaten Partner am Standort Berlin Gewerbesteuer zahlen.           Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

74.          Wollt ihr wissen … warum RWE jetzt seine Anteile verkaufen möchte?

Antwort BWB 2011:       Das muss man RWE fragen.      Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

75.          Wollt ihr wissen … warum Sorgen um Arbeitsplätze bei den Wasserbetrieben bestehen?           

Antwort BWB 2011:     Die bestehen nicht. Der Vertrag des Vertrauens, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, ist erst vor anderthalb Jahren bis 2020 verlängert worden.               Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

76.          Wollt ihr wissen … wie RWE und Veolia (jenseits der Rendite) ihr eingesetztes Kapital zurückbekommen?

Antwort BWB 2011:       RWE und Veolia bekommen ebenso wie das Land Berlin eine Dividende, die aus dem Ergebnis der Wasserbetriebe erwirtschaftet wird. Ihr eingesetztes Kapital können sie nur bei einem Verkauf von Anteilen durch den Kaufpreis zurückerhalten.    Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

77.          Wollt ihr wissen … warum zusätzlich zu den Verbrauchspreisen ein monatlicher Grundpreis eingeführt wurde?

Antwort BWB 2011:       Er wurde nicht zusätzlich eingeführt, sondern der bis Mitte 2007 reine Mengenpreis wurde reduziert und ein Grundpreis wurde wieder eingeführt. Er bildet teilweise ab, dass gut 80 % der Kosten der Wasserversorgung mengenunabhängig sind. Denn Werke und Rohre müssen für Generationen vorgehalten werden. Ein wichtiger Grund für den Grundpreis, den übrigens alle anderen deutschen Wasserversorger zumeist viel höher als in Berlin haben, ist die Stabilisierung des Wasserabsatzes und damit der Kubikmeterpreise. Damit dient er vor allem den Berlinerinnen und Berlinern.     Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

78.          Wollt ihr wissen … ob ein Weiterverkauf von Anteilen (z.B. von RWE) an die internationalen Finanzmärkte für Infrastruktur ausgeschlossen ist?

Antwort BWB 2011:       Ja. Das Land Berlin hat immer ein Vetorecht.     Kategorie BWB:     Teilprivatisierung

Kommentar Gemeingut in BürgerInnenhand:  Ach ja? Immer? Für alle Teile? Das Konstrukt der BWB ist ja alles andere als simpel. Es wurde eine Berlinwasser Holding (eine Aktiengesellschaft) gegründet. Diese Holding beteiligte sich mit zwei stillen Gesellschaften an den Teilgeschäftsbetrieben Wasserversorgung und Abwasserentsorgung der BWB und ist seitdem damit mit 49,9% am Vermögen der BWB beteiligt. Es wurde auch eine „RWE/Vivendi Beteiligungs AG“ geschaffen. Die wiederum wurde durch Einbringung von 3,05 Mrd. DM in Form einer atypischen stillen Gesellschaft in die Holding zu 100% an den zwei stillen Gesellschaften beteiligt. Alles klärchen? Wir wollen jetzt nur noch einmal wissen, was alles genau nicht verkauft werden darf: Nicht die Anteile an der Holding, keine Anteile der stillen Gesellschaften, keine Anteile der Beteiligungsgesellschaft, nicht deren Vermögen und Grundstücke, nicht die RWE auqa GmbH, nicht die veolia water GmbH? Viele werden das schade finden, manche unglaubwürdig. Die EU wird das sogar verdächtig finden, nimmt sie doch immerhin gerade einen neuen Anlauf, um bei VW mit der sogenannten goldenen Aktie aus Gründen des Wettbewerbsrechts Schluß zu machen. Kurzum: Wir glauben’s gerne, bestimmt gebt ihr uns das noch schwarz auf weiß – bis zum 13. März 2012 ist ja noch etwas Zeit.

79.          Wollt ihr wissen … warum der Senat in seiner Argumentation so stark die Interessen der Privaten und nicht die der Öffentlichkeit vertritt?

Antwort BWB 2011:       Diese Sichtweise ist Ansichtssache. Aus den Berliner Medien ergibt sich in dieser Frage eher ein gegenteiliges Bild.                Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

80.          Wollt ihr wissen … welche Kosten(rechnung) zu den exorbitant hohen Wasserpreisen in Berlin geführt haben?

Antwort BWB 2011:       Die Tarifhöhe ist keine Frage der Kosten(rechnung). In den Tarifen der Berliner Wasserbetriebe spiegelt sich die tatsächliche Kostenstruktur der ansatzfähigen Kosten im Sinne des Berliner Betriebe-Gesetzes bzw. der Wassertarifverordnung wieder. Die im Vergleich zu manchen anderen Versorgern höheren Tarife sind neben strukturellen Unterschieden nicht zuletzt auch auf die gesetzlichen Kalkulationsvorgaben (Abschreibung auf Wiederbeschaffungszeitwerte, Verordnungszinssatz bzw. kalkulatorische Verzinsung) sowie auf die Gebührensituation in Berlin (u.a. Grundwasserentnahmeentgelt, Sondernutzungsentgelt) zurückzuführen.               Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

81.          Wollt ihr wissen … von wem die teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe kontrolliert werden?

Antwort BWB 2011:        Ob wir eine gute Arbeit machen, können alle 3,4 Millionen Berlinerinnen und Berliner täglich rund um die Uhr überprüfen. Außerdem werden wir kontrolliert von unserem Aufsichtsrat, der Tarifgenehmigungsbehörde, von der Rechtsaufsicht, von den Steuerbehörden, von Wirtschafts- und Tarifprüfern, vom Berliner Rechnungshof, von Gerichten, von den oberen und unteren Wasser-, Naturschutz und Gesundheitsbehörden, von Kunden, Verbrauchern und Bürgern…   Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

82.          Wollt ihr wissen … was an den Verträgen zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe sittenwidrig (und damit gerichtlich anfechtbar) ist?

Antwort BWB 2011:       Eine derzeit theoretische Frage, über die manche Gelehrte nachdenken.     Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

83.          Wollt ihr wissen … wie viel die Berliner Wasserbetriebe für die Wasserentnahme an den Senat bezahlen?

Antwort BWB 2011:       Gut 51 Millionen Euro pro Jahr. Mit 31 ct/m³ ist das Berliner Wasserentnahmeentgelt das höchste im nationalen Vergleich. Bei unserem Trinkwassermengenpreis von 2,169 €/m³ macht das Wasserentnahmeentgelt rd. 14,3 % aus.             Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

84.          Wollt ihr wissen … welche Zusagen der Senat den privaten Konzernen gemacht hat?

Antwort BWB 2011:                                 Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

85.          Wollt ihr wissen … wie viele Grundstücke den Berliner Wasserbetrieben noch gehören?

Antwort BWB 2011:     Rund 350 in einer Gesamtfläche von rund 15 Millionen m². Siehe Fragen 25, 36, 105 und 122    Kategorie BWB:                 Unternehmen, Infrastruktur und Netz

86.          Wollt ihr wissen … wem die Berliner Seen gehören?

Antwort BWB 2011:       Überwiegend dem Land Berlin. Der Frager stellt vermutlich auf die Krumme Lanke, den Schlachten- und den Nikolassee ab, die den Berliner Wasserbetrieben gehören und von diesen mit zuvor in einer eigenen Anlage eigens aufbereitetem Havelwasser sauber und auch gefüllt gehalten werden. Siehe Frage 17         Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

87.          Wollt ihr wissen … warum zwei Wasserwerke in Berlin geschlossen wurden?

Antwort BWB 2011:       Genau genommen waren es sogar sieben überwiegend kleinere Wasserwerke seit 1990. Und zwar, weil sich seither die Wassernutzung in Berlin halbiert hat – ein unumkehrbarer und noch nicht beendeter Prozess. Es wäre wirtschaftlich widersinnig, Werkskapazitäten vorzuhalten, die nie mehr benötigt werden.    Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

88.          Wollt ihr wissen … ob in Berlin Verfahren nach dem Stand der Technik zur Verbesserung der Abwasserreinigung genutzt werden?

Antwort BWB 2011:       Ja. Zum Teil bestimmen Berliner Verfahren sogar den Stand dieser Technik. Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

89.          Wollt ihr wissen … wie die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe zustande gekommen ist?

Antwort BWB 2011:        Das Land Berlin hat in den 1990er Jahren eine Politik der so genannten Vermögensaktivierung verfolgt, um den Landeshaushalt nach dem Abbau der Berlinförderung und zahlreichen wiedervereinigungsbedingten Lasten zu stabilisieren. Dazu gehörte der Verkauf von Landesbeteiligungen, auch der von 49,9 % an den Berliner Wasserbetrieben.          Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

90.          Wollt ihr wissen … zu welchen Investitionen die Wasserbetriebe seit 2009 verpflichtet sind?

Antwort BWB 2011:     Die Investitionsverpflichtung ist 2009 nach zehnjähriger Dauer und Erfüllung ausgelaufen. Unabhängig davon werden die Berliner Wasserbetriebe das durchschnittliche jährliche Niveau eigenfinanzierter Investitionen in Höhe von 250 Millionen Euro in den nächsten Jahren sogar noch schrittweise anheben. Diese Ausgaben sollen insbesondere die Pflege und Erneuerung der Kanalisation sowie die Einführung vierter Reinigungsstufen in den Klärwerken sichern.   Kategorie BWB:     Teilprivatisierung

91.          Wollt ihr wissen … was das Kartellamt zu den Berliner Wasserpreisen sagt?

Antwort BWB 2011:       Bislang noch gar nichts. Es untersucht nämlich noch.     Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

Kommentar Gemeingut in BürgerInnenhand:  Das war vor dem Volksentscheid. Mittleweile gibts eine Aussage zu den Frischwasserpreisen: 19 Prozent gegenüber 2010 runter. Die BWB wollen dagegen klagen. Nächstes Jahr kommen die Abwasserpreise dran. Da sollen nochmal 25 Prozent an “Luft” rausgelassen werden. Generell ist das Kartellamt zwar kein Garant für bürgerfreundliche und ökologische Wasserpolitik. Bestimmte Auswüchse – und in Berlin gibt es nahezu nur Auswüchse – stutzen sie aber doch im Sinne der BürgerInnen zurecht. Vor allem wird klar – eine Entwicklung, die die Berliner Wasser- und Abwasserpreise gänzlich loslöst von der bundesdeutschen Wasserpreisgestaltung ist so einfach nicht möglich. Veolia und RWE müssen sich andere Bereiche der BWB suchen, die ihnen ihre Rendite garantieren. Vorerst wollen sie es verzögern: “Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) wollen auf jeden Fall gerichtlich dagegen vorgehen, sollte das Bundeskartellamt Anfang 2012 eine Preissenkung anordnen. Dann werde man eine zivilrechtliche Klage einreichen, sagte Vorstandschef Jörg Simon. ” Aber wenn sie doch müssen, finden sie sicher noch andere Wege. Wir tippen auf: Unterinvestitionen und In-sich-Geschäfte. Aber dazu gibt es weitere Fragen, die kommen später (noch mal) dran.

92.          Wollt ihr wissen … wer am Verkauf ehemaliger Wasserschutzgebiete verdient?

Antwort BWB 2011:                 Die Berliner Wasserbetriebe sind überwiegend nicht Eigentümer der in Berlin rund 212 km² festgesetzten Wasserschutzgebiete. Auch ändert sich für den Verkauf durch die bloße Aufhebung eines solchen Schutzgebietes gar nichts, weil sowohl das jeweilige Planungs- und Baurecht als auch die übrigen, gesetzlich festgelegten Schutzbelange wie z.B. Landschafts- und Naturschutz oder Denkmalschutz bestehen bleiben. Also verdienen die Berliner Wasserbetriebe daran nichts. Wohl aber gewinnen die Bewohner und Unternehmen in diesen Gebieten durch Aufhebung mancher Nutzungsbeschränkung. Siehe Fragen 25, 36, 85, 105 und 122   Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

93.          Wollt ihr wissen … in welchem Zustand RWE und Veolia uns das Trinkwassernetz zurückgeben müssen?

Antwort BWB 2011:       Die Frage ist irrelevant, denn das Trinkwassernetz liegt rechtlich bei den Berliner Wasserbetrieben und faktisch im Berliner Boden. Sein Zustand wird – ausweislich beispielsweise der Rohrbruchquote – seit Mitte der 1990er Jahre stetig besser. Siehe Fragen 7, 19, 44, 123 und 125   Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

94.          Wollt ihr wissen … was in 180 Ordnern zu den Berliner Wasserbetrieben in der Senatsverwaltung für Finanzen steht?

Antwort BWB 2011:       Siehe Frage        Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

95.          Wollt ihr wissen … warum man in der Spree nicht baden sollte?

Antwort BWB 2011:       Weil das wegen der vielen Dampfer gefährlich ist.            Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

96.          Wollt ihr wissen … warum der Londoner Bürgermeister dazu geraten hat, zum Wassersparen “nicht nach jedem Pipi-Machen zu spülen”?             Antwort BWB 2011:       Das wissen wir auch nicht. Aber wir sind dafür auch nicht verantwortlich. Das gilt auch für eventuelle Fragen nach dem Brotpreis in Ghana und dem Fährschifffahrplan über den Bosporus.           Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

97.          Wollt ihr wissen … wem genau unsere Wasserwerke gehören?

Antwort BWB 2011:       Die Anlagen gehören den Berliner Wasserbetrieben, Anstalt des öffentlichen Rechts.             Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

98.          Wollt ihr wissen … wie es erlaubt sein kann, dass der Staat Monopolbetriebe an Private verkauft mit dem Argumenten der Marktwirtschaft?

Antwort BWB 2011:       Damit verband sich die berechtigte Hoffnung, dass durch das Know-how der privaten Gesellschafter die Unternehmen effizienter geführt werden.               Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

99.          Wollt ihr wissen … welche Technologien Veolia und RWE seit der Teilprivatisierung für die Wasserbetriebe eingeführt haben?

Antwort BWB 2011:       Der Wissenstransfer erfolgt auf ganz vielfältige Weise. Beide Gesellschaften haben z. B. qualifiziertes Personal zur Verfügung gestellt. Außerdem haben RWE und Veolia entscheidend dazu beigetragen, das Controlling zu modernisieren, das Berichtswesen zu verbessern, die Organisation und den Ablauf des Einkaufs zu verbessern, die Kundenorientierung noch weiter auszubauen. Ihr Wissen hat es u. a. ermöglicht, dass alle neun Wasserwerke von vier Standorten überwacht und gesteuert werden können. Alle 150 Abwasserpumpwerke werden heute über eine Leitzentrale gesteuert. Außerdem wurden alle technischen Einrichtungen untersucht, um Prioritäten für die Instandhaltung festzulegen. Auch die Finanzierung der Wasserbetriebe wurde optimiert. Insgesamt konnten die beeinflussbaren Kosten seit 1999 um rund ein Viertel gesenkt werden. Das dürfte auch den Fragesteller freuen.         Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

100.       Wollt ihr wissen … was bei einem Börsengang der Holding der Wasserbetriebe passiert?          

Antwort BWB 2011:     Gar nichts, denn den gibt es nicht. Siehe Frage 6             Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

101.       Wollt ihr wissen … wie private Betreiber mit einer Monopolsituation umgehen?

Antwort BWB 2011:                 Alle Wasserversorger in Deutschland – auch die rein öffentlichen – sind Monopolisten. Wenn Kommunen private Unternehmen als Partner an Bord holen, ob als Anteilseigner oder als Betriebsführer, ändert sich daran nichts.            Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

102.       Wollt ihr wissen … was die BerlinerInnen mehr kostet: die Durchführung eines Volksentscheids oder eine Werbekampagne zur Wasserqualität der Berliner Wasserbetriebe – bei der niemand wählen darf, ein anderes Wasser zu beziehen?

Antwort BWB 2011:       Die Werbekampagne ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens und dient als Anreiz, mehr über die Produkte und Leistungen, über ökologisches Verhalten, Bauvorhaben, Jobangebote u.a.m. zu erfahren. Sich im Internet, bei Werksbesuchen oder Veranstaltungen tiefer zu informieren. Für die gesamte Öffentlichkeitsarbeit, von der die Werbung nur ein Teil ist, wenden die Berliner Wasserbetriebe knapp drei Promille vom Umsatz auf. Die offenbar gemeinten Kampagnen kosteten rund eine Million Euro im Jahr bzw. ein Promille vom Umsatz. Insofern ist die Kampagne preiswerter. Man erfährt durch sie auch mehr. Denn der Volksentscheid hat im Ergebnis nach der erfolgten Veröffentlichung der Verträge wenig Erkenntnisgewinn. Und beim Thema Wasser hat sich der Gesetzgeber aus gutem Grund für einen Wettbewerb um den Markt und gegen einen Wettbewerb im Markt entschieden. Das gilt übrigens nicht nur in Berlin, sondern weltweit. Siehe Frage 53 Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

103.       Wollt ihr wissen … was die BerlinerInnen mehr kostet: die Ausübung öffentlicher Kontrolle über Investoren im Bereich der Daseinsvorsorge oder der Verzicht auf diese Kontrolle?

Antwort BWB 2011:       Wo wird darauf verzichtet? Die Tätigkeit der Berliner Wasserbetriebe wird umfassend öffentlich kontrolliert: Von der Einhaltung der Qualitäts- und Umweltstandards bis zur korrekten Kalkulation der Tarife.          Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

104.       Wollt ihr wissen … warum der Senat viel weniger Gewinne kassiert als die Privaten, obwohl die Anteile fifty-fifty sind?

Antwort BWB 2011:       Das war eine Zeit lang so, um die vertraglichen Regelungen zur Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals zu erfüllen. Grundsätzlich hat das Land Berlin den gleichen Gewinnanspruch wie die privaten Investoren. Im Detail unterscheidet sich die Gewinnabführung durch zwei Faktoren. Zum einen wird die Dividende an das Land Berlin durch die Gewerbesteuer im Bereich Wasserversorgung belastet. Bei den privaten Investoren findet die Versteuerung des Gesamtergebnisses erst auf Ebene der RWE-Veolia Beteiligungs AG statt. Damit entsteht auf Ebene der Berliner Wasserbetriebe ein leicht verzerrter Brutto-zu-Netto-Vergleich. Richtig wäre ein gemeinsamer Vorsteuervergleich, der dann ein Ergebnis nach dem Anteilsverhältnis zeigen würde.   Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

105.       Wollt ihr wissen … welche Immobilien der Wasserbetriebe 1999 mit privatisiert wurden? Und welche davon seitdem verkauft wurden?

Antwort BWB 2011:       Alle Grundstücke wurden mit teilprivatisiert. Seither wurden ca. 70 Grundstücke bzw. Grundstücksteile veräußert. Dabei reicht das Spektrum von der 30 m² großen Arrondierungsfläche bis zum stillgelegten Pumpwerk oder dem nicht mehr benötigten Bürogebäude. Siehe Fragen 25, 36, 85, 92 und 122         Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

Kommentar Gemeingut in BürgerInnenhand:  Liebe BWB, geht es etwas genauer? Warum wir das wissen wollen? Es war ja vereinbart worden, bis einschließlich 2003 keine Tarifsteigerungen vorzunehmen. In dieser Zeit mussten die Privaten aber auch auf ihre Rendite kommen. Deshalb wurde in einer – bisher nicht veröffentlichten, möglicherweise bald nichtigen ? – Nebenabrede vereinbart, dass RWE und veolia sich aus dem umfangreichen Grundvermögen der BWB schadlos halten könnten. 2000 wurden von den BWB verbunden mit einer stillen Einlage und einer Bürgschaft  zusammen mit der Commerzbank AG eine Gesellschaft Molavia gegründet und dieser zu überhöhten Preisen Grundstücke und Gebäude veräußert. Deren Einnahmen wurden im Jahr 2000 ausgeschüttet. Übrigens hatte eine Beraterfirma namens Grundconsult im Auftrag der Holding zwischen 2000 – 2003 für 360 Grundstücke des Liegenschaftsbestandes der Berliner Wasserbetriebe die stillen Reserven ermittelt. Man kam durch Gegenüberstellung der Buchwerte zu den aktuellen Verkehrswerten zu einem Gesamtwert von ca. 700 Mio. Euro. Wir wollen immer noch wissen: Wie gingen diese Immobiliengeschäfte und in-sich-Verkäufe genau vonstatten, zu wessen Gunsten, zu wessen Lasten? Wer reinen Gewissens ist wie ihr, wird uns hier sicher nichts verbergen.

106.       Wollt ihr wissen … wer uns bei einem Zusammenbruch der Trinkwasserinfrastruktur den Schaden ersetzt, nicht zu schweigen von Sofortmaßnahmen und der Totalsanierung unter Zeitdruck?

Antwort BWB 2011:       Wir wollen mal die Kirche im Dorf, oder besser, die Rohre in der Erde lassen. Die Berliner Wasserversorgung ist durch eine sinnvolle Investitions- und Instandhaltungsstrategie heute besser denn je „in Schuss“. Und sie wird ständig besser. Selbst Ausfälle anderer Strukturträger, wie z.B. Strom, können die Wasserbetriebe im Gegensatz zu Zeiten vor der Teilprivatisierung in angemessener Weise entgegnen, d.h. es wird auch Wasser aus dem Hahn kommen, wenn das Licht mal nicht gehen sollte.                Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

107.       Wollt ihr wissen … warum die Abschreibungen auf den Wiederbeschaffungspreis umgestellt werden? (Anstatt es bei den Abschreibungen nach Anschaffungs- und Herstellungskosten zu belassen?)

Antwort BWB 2011:                 Die Berliner Wasserbetriebe richten sich mit dem Ansatz der Abschreibungen auf Wiederbeschaffungszeitwerte nach den gesetzlichen Vorgaben.           Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

108.       Wollt ihr wissen … was die Rekommunalisierung kosten wird?

Antwort BWB 2011:       Das ist eine derzeit theoretische Frage, über die manche Gelehrte nachdenken.   Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

109.       Wollt ihr wissen … was die Werbeplakate mit der Ente sollen?

Antwort BWB 2011:       Das steht in Antwort 53           Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

110.       Wollt ihr wissen … ob es ein richterliches Urteil zu den Bedingungen gibt, unter denen der Staat öffentliches Eigentum verkaufen darf?

Antwort BWB 2011:                       Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

111.       Wollt ihr wissen … wieviel eine Rekommunalisierung der Wasserbetriebe kosten würde?

Antwort BWB 2011:     Siehe Frage 108               Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

112.       Wollt ihr wissen … mit welchen Medikamenten unser Wasser belastet ist?

Antwort BWB 2011:       Die gesetzlichen Maßstäbe für Trinkwasser stehen in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV). Sie spiegelt den Stand des gesicherten gesundheitlichen Wissens und wird „nachgeschärft“, wann immer sich dieses Wissen ändert. Für Arzneimittelspuren gibt es in der TrinkwV noch keinen Grenzwert, weil die Relevanz so genannter Stoffspuren noch Gegenstand von Grundlagenforschung ist. Durch das Umweltbundesamt wurde ein System zur Bewertung der gesundheitlichen Risiken von bisher nicht bewerteten und/oder bewertbaren Stoffen das so genannte GOW (gesundheitliche Orientierungswerte)-Konzept erfolgreich etabliert. Die bisher im Berliner Trinkwasser nachgewiesenen Spuren von Arzneimitteln wurden nach diesem GOW-Konzept bewertet und in allen Fällen werden die vom Umweltbundesamt festgelegten GOW-Werte unterschritten, was einen lebenslangen unbedenklichen Gebrauch des Trinkwassers garantiert. Die Quantensprünge in der Analytik lassen uns heute Spuren von Stoffen nachweisen, die sich der rationalen Einschätzung entziehen. Beispiel: Wenn jemand die Dosis des Arzneistoffes Carbamazepin einer Tablette von 200 mg über das Trinkwasser mit dem GOW von 0,1 µg/L mit täglich zwei Liter aufnehmen möchte, so müsste er 740 Jahre vor Christi Geburt begonnen haben Wasser zu trinken. Er hätte Christi Geburt nicht erlebt was weder am Carbamazepin noch am Wasser gelegen hätte….           Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

113.       Wollt ihr wissen … wieviel Geld der Zukunftsfonds, also der Berliner Innovations-, Zukunfts- und Forschungsfonds, erhalten hat?

Antwort BWB 2011:       Fragen dazu kann der Senat von Berlin sicher beantworten.                Kategorie BWB:              Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

114.       Wollt ihr wissen … weswegen der jetzt vom Senat, RWE und Veolia offengelegte Konsortialvertrag zehn Jahre so geheim gehalten wurde, wenn für eine Veröffentlichung doch gar keine Vertragsstrafe vorgesehen ist?

Antwort BWB 2011:        Die Vertraulichkeit war – wie überall bei solchen Verträgen üblich – beidseitig vereinbart. Im Sommer 2010 wurde mit der Änderung des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) eine Rechtsgrundlage für eine Offenlegung geschaffen, auf dieser Grundlage wurden die Verträge dann vollständig veröffentlicht.  Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

115.       Wollt ihr wissen … ob es möglich sein kann, dass die Bürgerinnen und Bürger, deren Eigentum verkauft wird, darüber vorher nicht informiert werden und nachher auch keinen Einblick in die Verträge bekommen?

Antwort BWB 2011:        Nein. Die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe folgte Beschlüssen von Abgeordnetenhaus und Senat, war also demokratisch legitimiert. Das kann man gut oder schlecht finden, auf diesen Prinzipien funktioniert aber unser Staatswesen. Dasselbe galt bis zur Offenlegung im Internet für die Verträge. Sie waren den Abgeordneten zugänglich, wie andere Verträge mit schutzwürdigen Interessen Dritter auch waren sie jedoch nicht allgemein öffentlich.                Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

116.       Wollt ihr wissen … was passiert, wenn RWE Aqua, die Tochter von RWE, ihre Anteile auf den internationalen Finanzmärkten für Infrastruktur verkauft?

Antwort BWB 2011:       Siehe Frage 78  Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

117.       Wollt ihr wissen … warum es heute mehr aus den Gullis stinkt als früher?

Antwort BWB 2011:       Weil sich die Wassernutzung in Berlin seit 1990 halbiert hat. Damit steht in der Kanalisation weniger Transportmedium für die gleiche Menge an Abfällen zur Verfügung. Das Abwasser fließt damit langsamer und kann faulen. Das stinkt dann. Dagegen tun wir eine Menge – mit Spülungen, Salzen und Duftstoffen. Das kostet uns inzwischen mehr als drei Millionen Euro pro Jahr.      Kategorie BWB:              Wasserqualität und Umwelt

118.       Wollt ihr wissen … wer eine garantierte Rendite bekommt – unabhängig von der Wasserqualität?

Antwort BWB 2011:        Niemand. Eine bestimmte Gewinn- oder Renditehöhe ist weder dem Land noch den privaten Gesellschaftern garantiert. Es gibt Regelungen zur Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals, aber die ziehen nicht automatisch eine bestimmte Rendite nach sich.              Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

119.       Wollt ihr wissen … wann der nächste große Wasserrohrbruch sein wird?

Antwort BWB 2011:       Das wüssten wir auch gern. Siehe Frage 7
Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

120.       Wollt ihr wissen … warum bei den Wasserbetrieben und im in der Wasserversorgung tätigen Handwerk tausende Stellen abgebaut wurden?

Antwort BWB 2011:       Weil sich die Wassernutzung halbiert hat, weil das Unternehmen mit dem Stand der Technik geht, weil die großen vereinigungsbedingten Investitionen erledigt sind… Dennoch zählen die Berliner Wasserbetriebe mit jährlich 250 Millionen Euro Investitionen und einem jährlichen Beschaffungsvolumen von 390 Millionen Euro (beides wird zu 85 Prozent in Berlin und Brandenburg ausgegeben) zu den größten Auftraggebern und damit mittelbar auch Arbeitgebern in der Region. Siehe Frage 47
Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

121.       Wollt ihr wissen … warum in Berlin Werbung für sauberes Wasser gemacht wird?

Antwort BWB 2011:                 Das haben wir schon in Frage 53 beantwortet.
Kategorie BWB:               Wasserqualität und Umwelt

122.       Wollt ihr wissen … welche vertraglichen Regelungen es zu Grundstücken und Wasserschutzgebieten gibt, z.B. wie deren Wertentwicklung berücksichtigt wird?

Antwort BWB 2011:       Den Berliner Wasserbetrieben gehören lediglich geringe Flächenanteile der Wasserschutzgebiete. Für diese sind sie jedoch Eigentümer mit allen Rechten und Pflichten. Sollten Grundstücke oder Grundstücksteile einmal nicht mehr betriebsnotwendig sein, gilt bei einer möglichen Verwertung der jeweilige ortsübliche Marktwert. Siehe Fragen 25, 36, 85, 92 und 105 Kategorie BWB:                 Wasserqualität und Umwelt

123.       Wollt ihr wissen … welche Vertragsstrafen vorgesehen sind, wenn sich herausstellt, dass unser Trinkwassernetz marode ist?

Antwort BWB 2011:       Das kann sich nicht herausstellen, weil unser Netz weder marode war, noch es ist oder sein wird. Im Gegenteil, es wird von Jahr zu Jahr durch strategische Instandhaltung und durchdachte Investitionen besser. Verlässliche Indikatoren dafür sind die Rohrbruchquote und die Braunwasser-Meldungen. Beides wird immer weniger. Braunes Wasser kann entstehen, wenn sich durch Umkehr der Strömungsrichtung im Netz die an den Rohrinnenwänden abgelagerten Mineralien (Eisen, Calcium, Magnesium, der Volksmund nennt das auch Kesselstein) lösen. Gesundheitlich völlig unbedenklich, aber das Ende jeder Weißwäsche. Siehe Fragen  7, 19, 44, 93 und 125          Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

124.       Wollt ihr wissen … wie man mit Wasser Geld drucken kann?

Antwort BWB 2011:  Gar nicht. Sonst würden ja Geldscheine beim Waschen ausbleichen.
Kategorie BWB:               Fragen, die wir wirklich auch nicht beantworten können

125.       Wollt ihr wissen … in welchem Zustand unser Trinkwassernetz ist?

Antwort BWB 2011:       In einem sehr guten, nachweisbar besseren als vor der Teilprivatisierung. Die Wasserqualität ist bestens, die Rohrnetzverluste und die Rohrbruchzahlen auf selbst im deutschen Vergleich niedrigen Niveau, vom internationalen Vergleich ganz zu schweigen. Mehr siehe Fragen 7, 19, 44, 93 und 123              Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

126.       Wollt ihr wissen … welche Ziele Veolia mit einer Klage gegen die Filmemacher von “Water Makes Money” verfolgt?

Antwort BWB 2011:       Siehe Frage 65
Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

127.       Wollt ihr wissen … warum RWE seine Anteile an Thames Water, der Londoner Wasserversorgung, verkauft hat?

Antwort BWB 2011:       Das kann,  genau wie Frage 74, nur RWE beantworten.                Kategorie BWB:                 Teilprivatisierung

128.       Wollt ihr wissen … warum in eurem Haus der Leitungswasserdruck fällt?

Antwort BWB 2011:       Das kann aus Sicht der Wasserbetriebe nicht sein. Wenn der Druck in einem Haus fallen sollte, dann sind entweder die Leitungen im Haus zu klein dimensioniert, sind sehr alt und haben sich durch Ablagerungen von Mineralien zugesetzt oder aber ein Filter im Keller des Hauses ist zugesetzt. All dies wäre einzig und allein Sache des Hausbesitzers. Im Leitungsnetz der Wasserbetriebe wird permanent an 300 Stellen der aktuelle Druck gemessen. Die Werte werden in modernen Leitwarten ausgewertet und die Betriebsweise des Netzes darauf abgestellt, dass jederzeit an jedem Ort der vorgeschriebene Versorgungsdruck eingehalten wird. Auch das wird nachgewiesen und kann im Rahmen einer Besichtigung in unseren Werken überprüft werden.
Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

129.       Wollt ihr wissen … warum günstige Verbraucherpreise nicht langfristig abgesichert wurden?

Antwort BWB 2011:     Was sind günstige Preise? Wer bestimmt das? In der Form eines Unternehmens und nach dem Kostendeckungsprinzip kann man die Mechanismen der Preisbildung langfristig festlegen, nicht aber die Preise selbst. Denn das würde bedeuten, alle anderen Faktoren zu negieren und mit Sicherheit zu mit Steuergeld subventionierten Wasserpreisen führen. Das ist in Deutschland ungesetzlich.      Kategorie BWB:              Unternehmen, Infrastruktur und Netz

130.       Wollt ihr wissen … warum der Berliner Senat nicht wenigstens das Ergebnis des Volksentscheids abwartet, bevor er Verkaufsverhandlungen mit RWE beginnt?

Antwort BWB 2011:       Diese Frage kann nur der Senat von Berlin beantworten.
Kategorie BWB:               Teilprivatisierung

131.       Wollt ihr wissen … warum spezielle Programme zur Abfindung von Mitarbeitern aufgelegt wurden?

Antwort BWB 2011:        Solche Programme gibt es nicht.
Kategorie BWB:               Unternehmen, Infrastruktur und Netz

132.       Wollt ihr wissen … ob ein verfassungswidriger Vertragspassus „heilbar“ ist oder auch bei nachträglicher Vertragsänderung nichtig bleibt?

Antwort BWB 2011:       Das müssen die Verfassungsrichter beantworten. Im Prinzip haben sie das durch faktische Akzeptanz der Heilung.  Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

133.       Wollt ihr wissen … wie es kommen konnte, dass RWE ein Patent zur Klärung von Uferfiltrat nach Spanien verkaufen kann?

Antwort BWB 2011:       Keine Ahnung. Die Uferfiltration ist ein in Berlin seit mehr als 100 Jahren angewandtes natürliches Verfahren und nicht durch Patente geschützt. Ein nicht vorhandenes Patent kann auch nicht verkauft werden. Siehe Frage 26            Kategorie BWB:              Teilprivatisierung

 

4×8=49 / Sonderzeitung vom Bündnis Bahn für Alle dokumentiert systematische Manipulation beim Stresstest für S21

+ + + Pressemitteilung vom Bündnis „Bahn für Alle“ + + +

Stuttgart 21 ist widerrechtlicher Abbau von Schieneninfrastruktur

„4×8=49“ / Sonderzeitung vom Bündnis „Bahn für Alle“ dokumentiert systematische Manipulation beim Stresstest

Symbolträchtig in der zum Abriss frei gegebenen ehemaligen Bahndirektion vis a vis vom Stuttgarter Kopfbahnhof präsentierte das Bündnis Bahn für

Alle heute Belege, nach denen mit dem Abriss des Kopfbahnhofes und dem Bau des Tiefbahnhofs Stuttgart 21 vorhandene Bahnhofskapazitäten abgebaut werden. Zentral dafür sind grobe Dissonanzen zwischen Behauptungen der Bahn beim so genannten „Stresstest“ im Juli 2011, und ihrer eigenen Datendokumentation. Der Analyst Dr. Christoph Engelhardt, der als Experte am Stresstest teilnahm, legte auf der Pressekonferenz stellvertretend für das Team von WikiReal detailliert dar, dass Datenmaterial und Ergebnisse der DB AG eklatant aus einander klaffen.

„Bei Stuttgart 21 etabliert sich ein Orwell´sches Zwiedenken, bei dem 2+2=5 ergibt, wenn die Partei das sagt“, so Engelhardt. „Recht und Gesetz kann man brechen, wenn man sicherstellt, später nicht verfolgt zu werden. Beim Bruch von mathematischen und physikalischen Gesetzen wird uns aber die Realität einholen.“

Beim Stresstest seien die Prämissen an dem erforderlichen Ergebnis einer Kapazität von 49 Zügen in einer Stunde ausgerichtet worden. So habe am Ende die Gleichung „4 x 8=49“ gestanden: Nach allen Regeln der Eisenbahnbetriebstechnik und Auswertung der bahneigenen Dokumentation können in einer Stunde bis zu vier Züge auf einem Gleis abgefertigt werden. Der geplante Tiefbahnhof hat acht Gleise. „Doch weil der Stresstest eine Kapazität von 49 Zügen in der Spitzenstunde erforderte,um die Leistungssteigerung gegenüber dem bestehenden Kopfbahnhof

nachzuweisen, ergeben in Stuttgart 4 x 8 nicht 32, sondern 49“, so Engelhardt. Selbst für Teilnehmer des Stresstest habe die Überprüfung der Datendokumentation „kriminalistische Kleinarbeit“ erfordert.

Ein solcher Rückbau von Schieneninfrastruktur muss nach §11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) auf Bundesebene beantragt und genehmigt werden. Dies ist für Stuttgart 21 nicht geschehen. Auf eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage antwortete das zuständige Bundesverkehrsministerium vor wenigen Tagen, dies könne gegebenenfalls kurz vor Inbetriebnahme des Tiefbahnhofes geschehen – also nachdem unumkehrbare Fakten geschaffen und viele Milliarden versenkt wurden.

„Der Baden-Württembergische Ministerpräsident Kretschmann muss jetzt von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen. Er hat mit seinem Amtseid verpflichtet, Schaden von den Bürgern abzuwenden. Der Abbau von Bahninfrastruktur im zentralen Bereich seines Bundeslandes, noch dazu zu einem horrenden Preis, ist ein massiver Schaden für die Bürgerinnen und Bürger“, sagt Winfried Wolf vom Bündnis Bahn für Alle.

Der Stuttgarter Schauspieler Walter Sittler forderte: „Man kann jetzt aufhören, bevor sich die Stadt Stuttgart, das Land Baden-Württemberg und die Region massiv verschulde, nur um ein Projekt zu finanzieren, dass viel Geld kostet, aber nie ein ordentlicher Bahnhof wird“.

Die Deutsche Bahn AG hat angekündigt, zu Jahresbeginn mit dem Abriss des Südflügels und dem Fällen der Bäume im Schlosspark zu beginnen. Kei Andrews, Biologin und aktiv bei ROBIN WOOD Stuttgart, warnte vor einer Wiederholung der Ereignisse vom 30. September 2010. Damals wurde mit

massiver Polizeigewalt die widerrechtliche Fällung einer über 200 Jahre alten Platane durchgesetzt. Das Vorgehen der DB AG wurde im Nachhinein mit einer lächerlichen Geldstrafe geahndet.

 

Die Sonderzeitung vom Bündnis bahn für Alle zu Stuttgart 21 finden Sie unter

http://www.bahn-fuer-alle.de/media/docs/2011/TAZ-Beilage_BfA_2011_12.pdf.

 

Einen Mitschnitt der Pressekonferenz finden Sie unter:

http://www.robinwood.de/index.php?id=749

 

Mehr Infos: www.bahn-fuer-alle.de

 

Kontakt:

• Dr. Christoph Engelhardt, WikiReal, Tel. 0179-969 369 59

• Dr. Winfried Wolf, Bündnis „Bahn für Alle“, Tel. 0172-296 99 70

• Dr. Bernhard Knierim, Bündnis „Bahn für Alle“, Tel. 0178-143 739 0, bernhard.knierim@bahn-fuer-alle.de

• Kei Andrews, ROBIN WOOD Stuttgart, Tel. 0151-2820 6614, kei.andrews@robinwood.net

• Monika Lege, ROBIN WOOD-Verkehrsreferentin, Tel. 040-380 892 12, verkehr@robinwood.de

 

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„Bahn für Alle“ setzt sich ein für eine bessere Bahn in öffentlicher Hand. Im Bündnis sind die folgenden 19 Organisationen aus Globalisierungskritik, Umweltorganisationen, politischen Jugendverbänden und Gewerkschaften vertreten: Attac, autofrei leben!, Bahn von unten, BUND, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz BBU, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Gemeingut in BürgerInnenhand, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Grüne Jugend, Grüne Liga, IG Metall, Jusos in der SPD, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, ROBIN WOOD, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken, Umkehr, VCD Brandenburg und Ver.di.