Gabriel gründet eine PPP-Kommission zur Privatisierung der Daseinsvorsorge
Liebe Freundinnen und Freunde der Gemeingüter,
in Sachen Privatisierung endete dieses Jahr die Sommerpause rau: Wirtschaftsminister Gabriel kündigte an, Investitionen in öffentliche Infrastrukturen in großem Stil durch Private vornehmen zu lassen. Wir wissen, was uns als Ergebnis erwartet: PPP. Möglicherweise geht es um 100 Milliarden Euro und mehr, denn es soll der Investitionsstau der letzten 15 Jahre damit aufgeholt werden. Nun hat Gabriel in der Haushaltsdebatte bei der Vorstellung seiner neuen Pläne explizit betont, es gehe nicht um neue PPPs. Auch das war zu erwarten. Denn es soll PPP werden, ohne PPP zu heißen. So war es in Großbritannien, wo PPPs jetzt PFI und neuerdings PF2 genannt werden. In was PPP hier umbenannt werden soll, das erarbeitet derzeit eine sogenannte Experten-Kommission unter Führung von DIW-Präsident Marcel Fratzscher.
Wir kennen solche Kommissionen: Da waren die Hartz-Kommission oder die Rürup-Kommission und bereiteten einschneidenden Politikwechseln den Weg. Anfangs ist der Auftrag stets angeblich breit und offen, es sollen zum Thema nur "Vorschläge erarbeitet werden". In dieser Phase soll die Arbeit der "unabhängigen" Kommissionen bitteschön nicht gestört werden. Nicht durch Vorschläge von außerhalb, und auch nicht durch Nachfragen. Denn um ungestört nachdenken zu können, arbeiten solche Kommissionen geheim. Auch von der Gabriel-PPP-Kommission gibt es keine Protokolle, man kennt keine Termine oder Orte der Treffen, ja es ist noch nicht einmal ein Einsetzungsbeschluss bekannt.
Öffentlich ist lediglich, welch illustre unabhängige Geister da gerade an einer großen Gemeinwohlaufgabe knobeln: Neben Fratzscher, der schon mal beiläufig die Privatisierung von Autobahnen forderte, sind das zum Beispiel Deutsche Bank-Chef Fitschen, Ergo-Chef Dr. Oletzky und Allianz-Vorstandsmitglied Dr. Helga Jung. Auch von Siemens ist jemand dabei, das Vorstandsmitglied Prof. Siegfried Russwurm – schließlich geht es auch um den dutzende Milliarden Euro teuren Ausbau der digitalen Netze. Dass die Auswahl der Kommissions-Mitglieder nicht unbedingt Unabhängigkeit garantiert, ist schon aufgefallen: Der Wirtschaftsweise Lars Feld diagnostizierte „zu vielen Interessenvertreter vor allem aus der Versicherungswirtschaft".
So weit, so unerfreulich. Aber das muss nicht so bleiben.
Was wäre gewesen, wenn vor der ersten Pressekonferenz der Hartz-Kommission ein gesellschaftlichesBündnis dessen Aussagen vorausgesagt hätte? Wenn die Verstrickungen von Peter Hartz in Spesenmissbrauch, Prostitution und Lustreisen damals schon publik geworden wären?
Damit Gabriels PPP-Kommission uns nicht vor vollendete Tatsachen stellt, werden wir sie nicht in Ruhe ihre Vorschläge aushecken lassen. Die flächendeckende Privatisierung der Infrastrukturen unserer Daseinsvorsorge, die hinter den bisherigen Verlautbarungen aufschimmert, muss verhindert werden. Dazu benötigen wir eure Unterstützung!
Wie immer in unseren Infobriefen finden Sie weiter unten unsere Presseschau mit ausgewählten Artikeln zu Privatisierung sowie Hinweise zu Veranstaltungen, die sie interessieren könnten.
Grüße aus dem Berliner GiB-Büro senden
Laura Valentukeviciute und Carl Waßmuth
P.S. Unterstützen Sie unsere Arbeit gegen die neue Privatisierungswelle mit einem finanziellen Beitrag! Jetzt gilt es, den Ergebnissen von Gabriels Kommission zuvorzukommen. Erste Ergebnisse sollen noch diesen Herbst vorgestellt werden. Wir versuchen daher, unser Büroteam zu erweitern und Gabriels Pläne breit bekannt zu machen.
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